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Familienidylle, in der Lilly mit Erik und den Kindern lebt, gerät aus dem Gleichgewicht. Nicht nur ihr Ehemann erscheint Lilly zunehmend rätselhaft, auch die befreundeten Nachbarn auf der anderen Straßenseite bedrohen sie mit ihren Liebesfantasien. An einem Sommervormittag passiert es: Aus einem Moment der Hingabe entwickelt sich ein riskantes Versteckspiel, bei dem niemand weiß, auf welcher Seite er steht. Alexa Hennig von Lange liefert ihre Helden einem Alptraum aus: Hinter der Freundes- und Familienkulisse tun sich die Abgründe einer unmoralisch verstrickten Wahlverwandtschaft auf. Die…mehr

Produktbeschreibung
Familienidylle, in der Lilly mit Erik und den Kindern lebt, gerät aus dem Gleichgewicht. Nicht nur ihr Ehemann erscheint Lilly zunehmend rätselhaft, auch die befreundeten Nachbarn auf der anderen Straßenseite bedrohen sie mit ihren Liebesfantasien. An einem Sommervormittag passiert es: Aus einem Moment der Hingabe entwickelt sich ein riskantes Versteckspiel, bei dem niemand weiß, auf welcher Seite er steht.
Alexa Hennig von Lange liefert ihre Helden einem Alptraum aus: Hinter der Freundes- und Familienkulisse tun sich die Abgründe einer unmoralisch verstrickten Wahlverwandtschaft auf. Die Sehnsucht nach Nähe und Geborgenheit führt zur Zerstörung zweier Familien, bis sich am Ende die Kinder gegen die haltlosen Eltern zur Wehr setzen müssen. Was als harmlose Familiengeschichte beginnt, mündet in einen atemberaubend spannenden Showdown, in dem es um das nackte Überleben geht
Autorenporträt
Alexa Hennig von Lange, geb. 1973 in Hannover, begann bereits mit acht Jahren zu schreiben. 1997 erschien ihr Debütroman 'Relax', mit dem sie über Nacht zu einer der erfolgreichsten Autorinnen und zur Stimme ihrer Generation wurde. Es folgten zahlreiche Romane für Erwachsene wie Kinder, außerdem Erzählungen und Theaterstücke. Alexa Hennig von Lange lebt mit ihren beiden Kindern in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.09.2007

Der reine Zufall
Alexa Henning von Lange demontiert das Familienleben

Gleich zu Beginn ein vorausdeutendes Kapitel: Greta und ihr Bruder Matti stehen an einem Steilhang. Sie sind erschöpft, hinter ihnen surren die Insekten des Waldes, aber vor ihnen liegt das Watt wie eine Verheißung. Alexa Henning von Lange hat die Kinder in eine augenscheinlich missliche Lage gebracht; doch welcher Art die genau ist, kann der Leser zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkennen. Richtig spannend wird es erst, als die Handlung von vorne beginnt. Denn Greta und Matti wachsen behütet auf, haben liebevolle Eltern und auch ansonsten keinen Grund, allein durch Wälder zu laufen. In der Vorstadtidylle singt der Vater mit ihnen christliche Lieder, die Mutter macht belegte Brote, und auch die Nachbarn springen schon mal ein, wenn die Kinder zur Schule gebracht werden müssen.

Wie also kommt es zum unfreiwilligen Waldlauf? Diese Frage schärft von Anfang an die Sinne des Lesenden für eine Indiziensuche nach Abgründen in der heilen Welt. Alexa Henning von Lange hat zwar einen Teil der Spannung durch ihren Anfang genommen, doch sie hat sich dadurch auch vom Thriller wegbewegt und mehr Gewicht auf den psychologischen Aspekt gelegt. Die Marotten der Familie und der befreundeten Nachbarn sammeln sich zu einem blühenden Neurosengarten: Gretas und Mattis Vater Erik will seit einem Erlebnis im Nahen Osten, das nicht näher beschrieben wird, gegen Angriffe aller Art gerüstet sein. Deshalb mauert er die Kellerfenster zu, lehrt seine Kinder den Umgang mit einer Unterwasserharpune und macht täglich ein Überlebenstraining mit ihnen: um den Block joggen und verstecken in einem Brunnenschacht im Garten, mit der Stoppuhr in der Hand.

Kein Wunder, dass Greta auch schon leicht zwanghafte Züge zeigt und jeden Tag unmittelbar nach dem Aufstehen ihren Schreibtisch ordnet: Blöcke nach rechts, Radiergummis nach links. Ihre Mutter, die Stewardess Lilly, hängt immer wieder ihrer Jugendliebe zu Nachbar Helge nach, die vor wenigen Monaten heftig aufflammte. Der säuft mittlerweile deutlich zu viel und stellt Lilly dann plump hinterher: "Wollen wir das mal machen, dass du dich nackt auf den Küchentisch setzt?" Er ist allerdings mit Irene verheiratet, eindeutig die merkwürdigste Person von allen, jedoch nicht unrealistisch gezeichnet: Sie beschreibt gerne mit plastischer Wortwahl im Supermarkt ihre Zahnfleischverpflanzung, ist eine begeisterte Verfechterin von Permanent-Make-up, rasiert ihre Arme und ist stolz auf ihre mit Botox versetzte Gesichtscreme, denn "die hemmt die Mienentätigkeit".

Das alles wäre nicht weiter beunruhigend, wenn man nicht den Showdown erahnen würde, in dem zwei Kinder in ernster Gefahr sind. Die Spannung liegt in der Frage, wie es zu dieser Situation kommt. Alexa Henning von Lange gibt Hinweise, legt aber auch ein paar falsche Fährten und macht sich zusätzlich einen Spaß daraus, ständig die Erzählperspektive zu wechseln: Zwar ist sie stets allwissend, doch begleitet sie abwechselnd die Gedanken und Sehweisen der Figuren und dringt dort so tief ein, als handele es sich bei jedem Einzelnen um den Protagonisten. Wie ein Schmarotzer setzt sich das Bewusstsein von Erzähler und Leser mal bei diesem, mal bei jenem auf die Schulter und zapft sein Gehirn an - bis auf den Schluss, wo eine Information über den Verbleib des Aggressors die Dramatik vernichten würde.

Das alles wird verhandelt in einer unaufgeregten Sprache, überwiegend nicht aus einer Erzähler-, sondern aus wechselnder Figurenperspektive. Da wechseln dann saloppe, metaphorisch-blumenreiche und förmliche Ausdrucksweise miteinander ab. So glaubt sich Helge "im dicken, klebrigen Brei des Lebens, der von unten bereits am Topfboden anbrannte und zu stinken begann"; Erik stellt lakonisch fest: "Irene war bekloppt und hatte jeglichen Bezug zur Realität verloren."

Die Autorin hat den Albtraum einer verhängnisvollen Affäre mit einer zutiefst wertkonservativen Familiengeschichte verknüpft. Deren Figuren haben zwar alle mit sich zu kämpfen, sind einander jedoch in großer Liebe zugetan. Da macht es nichts, dass sie immer wunderlicher werden, Freundschaften zu zerbrechen drohen und die Nachbarskinder im Drogenrausch durchdrehen. Eine gewisse Grundstabilität ist immer vorhanden. Mit großem psychologischem Gespür hat Alexa Henning von Lange ihre Figurenkonstellation seziert. Dabei hat sie nicht nur die Schichten des Zusammenhalts freigelegt, sondern auch seine Gegenspieler: die alltäglichen Mechanismen des Zerfalls.

JULIA BÄHR

Alexa Henning von Lange: "Risiko". Roman. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2007. 252 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 21.09.2007

Kein Schutzbunker ist sicher
Alexa Hennig von Langes Thriller „Risiko” lässt die Familienidylle kollabieren
Familie kann grausam sein: Der ach so süße Sohnemann klettert am liebsten mit seinen schlammverklumpten Stiefelchen über das weiße Sofa, der zerstreute Ehemann zerstört mit sicherem Griff die frisch gebügelte, gerade sorgfältig einsortierte Wäsche, und die Nachbarin wünscht man sich überall hin, nur nicht nach nebenan. Die Schriftstellerin Alexa Hennig von Lange hat ihren ersten Thriller genau hier platziert, im pastellfarbenen Kleinstadtidyll von Lilly und Erik, inmitten ihrer vierköpfigen Wohlfühlfamilie.
Aber egal wie perfekt der Nachmittagstee auch arrangiert sein mag, ähnlich wie auf den Hochglanzfotos von Jeff Wall liegt von Anfang an etwas Abgründiges in jeder Szene. Denn Hennig von Lange begnügt sich nicht, den mörderischen Plot in möglichst starkem Kontrast zu einem harmonischen Familienleben zu setzen, sondern verknüpft geradezu meisterhaft den Thriller mit einem bestechend genau analysierten Gesellschaftsdrama. Gekonnt fängt sie dafür den teilweise lästigen Familienalltag in winzigen Beobachtungen ein: Das aufgestapelte Frühstücksgeschirr, das keiner wegräumt, oder die Angewohnheit des Ehemanns, nasse Handtücher auf trockene Bettlaken zu schmeißen. All das, was den Anschein von familiärer Banalität suggeriert, die bald in gefährliche Langweile umschlägt, benützt die 1973 in Hannover geborene Autorin, um damit ein feines Netz aus Enttäuschungen, kleinen Lügen und Abneigungen zu knüpfen. Vom Leser wie auch von den Charakteren anfangs kaum bemerkt, werden sich sämtliche Protagonisten unerbittlich darin verfangen.
So perfekt erscheint das Glück der Stewardess Lilly mit dem Bildhauer Erik sowie ihren Kindern Matti und Greta, dass die Falltür, durch die es zu den versteckten Finsternissen der Vergangenheit und den verborgenen Wünschen der Gegenwart geht, nicht lange auf sich warten lassen kann. In Halbsätzen kündigt sich das Unheil an, zementschwere Geister der Erinnerung, kaum zu überwinden, aber selten mehr als eine Ahnung: „Hinter den wehenden Grashügeln lag die Vergangenheit, atmend und wartend, um im entscheidenden Augenblick durch den Rahmen in die Gegenwart zurück zu kriechen.”
Sinnloses Überlebenstraining
Sowohl Lilly als auch Erik sind in ihrem Leben schwer getroffen worden: Die weibliche Hauptfigur durch den frühen Verlust der Mutter und des Bruders, ihr Mann durch eine Schusswunde, die er sich auf einer Reise im Nahen Osten zuzog. Keiner von beiden kann sich von seiner Verletzung lösen, und so flüchtet sich die eine in die Affäre mit dem Jugendfreund Helge, der mit seiner Familie fatalerweise auf der gegenüberliegenden Straßenseite wohnt, und der andere in ein überzogenes Sicherheitsbedürfnis, was dazu führt, dass ihre Kinder täglich ein absurdkomisches Überlebenstraining absolvieren müssen und das Haus sich langsam in einen Schutzbunker verwandelt. Schnell gerät das über Bande Spielen der vier Erwachsenen außer Kontrolle, Zimmer werden zu Verstecken und Häuser zu vermintem Terrain. Die familiäre Oberfläche erweist sich als so porös, dass nur wenig nötig ist, um sie zum Einstürzen zu bringen.
Wunderbar ruhig beschreibt die erfolgreiche Schriftstellerin, die 1997 nach ihrem Debütroman „Relax” schon mal als „Spice Girl der Literaturszene” bezeichnet wurde, in „Risiko” das aufziehende Grauen, zwingend die Hinführung zum Kollaps des mühsam Aufgebauten: Dem familiären Hochseilakt fehlt zusehends das doppelte Netz. Der Roman braucht nicht viele Seiten, um seine Charaktere zu skizzieren. Vielleicht passt deswegen hier und da der Vorwurf des Klischeehaften, möglicherweise ist es aber auch nur Hennig von Langes sezierende Beobachtungsgabe, die sie durch schnelle Perspektivenwechsel schlüssig unterstützt, welche den Protagonisten so rasch ihr plastisches Eigenleben verschafft.
Ihre kühlen Beschreibungen erscheinen zuweilen filmisch, was das Beklemmende der Szenerie erhöht und das Gefangensein in dem Gerüst der heilen Familie immer offener zu Tage treten lässt. Faszinierend erfassen in „Risiko” dabei die schnörkellosen Sätze den jeweiligen Augenblick und entfalten sukzessive einen gewaltigen Sog. Denn die deutsche Schriftstellerin beherrscht die hohe Kunst des Thrillers anscheinend perfekt: Sie lässt die Spannung aufbrausen und wieder zurückziehen, ohne überköpfte Welle, aber mit einem leichten Frösteln beim Leser, welches sich steigert, während der guerillahafte Nachbarschaftskrieg an Raum gewinnt. Wo er sich anfangs mit ein paar Nebensätzen begnügen musste, hat er schließlich die Überbleibsel des Alltags restlos verdrängt, und der Showdown kann beginnen: Die Familie wird wieder zum Schützenswertesten der Welt.LAURA WEISSMÜLLER
ALEXA HENNIG VON LANGE: Risiko. Roman. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2007. 252 Seiten, 19,90 Euro.
Hinter den Dünen allein ist Rettung: In Alexa Hennig von Langes Thriller „Risiko” kehrt alles zum Meer zurück Foto: Stefan Boness/Ipon
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensentin Katharina Rutschky ist recht angetan von diesem Thriller um ein untreues Ehepaar - trotz des offensichtlichen "Konservatismus" der Autorin Alexa Hennig von Lange. Ihr gefällt, dass das Ende bei der gesamten Lektüre eine völlige Überraschung bleibt und die beiden Hauptfiguren ihr Geschlecht in gewisser Weise als klischeehafte "Karikatur" repräsentieren und dabei ganz und gar nicht schmeichelhaft wegkommen. Darüber hinaus zeigt Hennig von Lange Rutschkys Meinung nach auch mit diesem Roman wieder ihr Talent für "scharfe Analyse des Innenlebens von Kindern und Teenagern".

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