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Neue Medien, Zeitung oder Literatur - was bedeutet es, populär zu sein? Was versteht man unter Popularisierung, was unter Popularität? Wie haben sich die Formen des Populären von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart verändert? Welche Medien sind besonders dazu geeignet, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen zu erreichen? Wie verändert sich die politische Dimension des Populären im Zuge seiner globalen Kapitalisierung? Popularisierung und Popularität fragt nach dem Populären in medialen Ensembles, in Zeitung, Literatur und neuen Medien. Das historische Spektrum reicht dabei von der…mehr

Produktbeschreibung
Neue Medien, Zeitung oder Literatur - was bedeutet es, populär zu sein? Was versteht man unter Popularisierung, was unter Popularität? Wie haben sich die Formen des Populären von der frühen Neuzeit bis in die Gegenwart verändert? Welche Medien sind besonders dazu geeignet, möglichst viele gesellschaftliche Gruppen zu erreichen? Wie verändert sich die politische Dimension des Populären im Zuge seiner globalen Kapitalisierung? Popularisierung und Popularität fragt nach dem Populären in medialen Ensembles, in Zeitung, Literatur und neuen Medien. Das historische Spektrum reicht dabei von der Erfindung des Buchdrucks bis zum Wirken des Populären in der Wissenschaft des 19. und der Film- und Fernsehindustrie des 20. Jahrhunderts. Heute, im Spannungsfeld nationaler und globaler Technisierung, reproduziert sich das Populäre unter der Herrschaft massenmedialer Ökonomie. Das Projekt der Popularisierung, das ehemals dazu diente, die 'Massen' mit politischen Themen zu erreichen, ist längst vom Wettbewerb um Markterfolge eingeholt worden.
Autorenporträt
Hedwig Pompe, geboren 1958, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kulturwissenschaftlichen Forschungskolleg "Medien und kulturelle Kommunikation" der Universität zu Köln. Ihre Arbeitsschwerpunkte sind Gelehrtenkommunikation im 18. Jahrhundert, historische Zeitungsforschung, Poetologie und Genderforschung.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.09.2005

Kann Pop die Welt retten?
Ohne Übersicht: Von Massen, Märkten und Verständlichkeit
„Das Problem ist, dass wir keine Übersicht mehr haben”, notierte Ludwig Wittgenstein Mitte des vergangenen Jahrhunderts in sein Tagebuch, und man kann mit einiger Berechtigung sagen, dass sich an diesem Sachverhalt seither wenig geändert hat. Wo die Informationen wuchern, die Medien ihren Umlauf beschleunigen und die Disziplinen sie in die Vornehmheit esoterischer Fachdiskurse verpacken, bleibt der gemeine Verstand auf der Strecke und der Popularisierer taucht als Heilsgestalt auf. Doch sein Erlösungsversprechen ist oft nur das eines reduzierten Glücks: statt der Einsicht die Draufsicht, statt des Arguments das Zitat, statt des Gesprächs das Mitreden-Können.
Seit seinen Anfängen in Buchdruck und Reformation ist der Prozess der Popularisierung eine Geschichte sich stetig wandelnder Fronten. Glaubte Schiller noch, dem Volk im Gestus der kunstvollen Herablassung gegenübertreten zu können, um es dem eigenen Ideal anzuerziehen, so durfte das Volk, demokratisch legitimiert, bald seinerseits höhere Ansprüche anmelden. Mit der Ausdifferenzierung der Gesellschaft und der Herausbildung einer Öffentlichkeit seit Ende des 18. Jahrhunderts musste sich das, was sich dem Gemeinverstand nicht fügt, zunehmend selbst verständlich machen, um nicht zur Randerscheinung zu werden. Ende des 19. Jahrhunderts kündigte sich schließlich ein Herrschaftsanspruch des Populären als Diktatur einer Oberfläche an, dem sich die Verachtung dieser Oberfläche unversöhnlich entgegenstellte. Seither ist der Weg der Popularisierung von intellektuellen Kreuzfeuern flankiert.
Diesen Grabenkämpfen nimmt sich der Sammelband „Popularisierung und Popularität” an. Vor allem aber versucht er, sie zu umgehen. Er tut dies, indem er sich Luhmanns Systemtheorie anvertraut. In der Systemperspektive zeigt sich, dass Popularisierung jenseits von Vorlieben und Abneigungen zunächst einmal unvermeidlich und notwendig ist. In einer funktional ausdifferenzierten Gesellschaft wird ein Bereich, der nicht den Willen zur Popularisierung aufbringt, bald der Bedeutungslosigkeit verfallen. Popularisierung ist der Kitt, der eine hochspezialisierte Gesellschaft zusammenhält.
Wenn die Chemie nicht stimmt
Stolz kündigt der Buchrücken den institutionellen Verbund von Natur- und Geisteswissenschaften an, den der Buchinhalt dann aber nur halbherzig exekutiert. Jürgen Links Beitrag über die soziale Chemie im 19. Jahrhundert legt zwar überzeugend dar, wie sich naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Diskurse in dieser Zeit vielfach verbanden und wie viel Fragwürdiges sich einer unkritischen Projektion von chemischem Wissen auf zwischenmenschliche Belange verdankte. Doch er steht zu vereinzelt im Gesamtwerk, um die Frage beantworten zu können, mit welchen Mitteln die hochformalisierten Wirklichkeiten der Naturwissenschaften dem Laien überhaupt noch zugänglich gemacht werden können und wie dieses Wissen in die öffentlichen Diskurse dringt.
Das Buch will auf anderes hinaus, und je länger seine Lektüre dauert, desto stärker macht sich bemerkbar, dass im Titel „Popularisierung und Popularität” eine verschwiegene Dreifaltigkeit steckt: Das zuspitzende Kürzel Pop, das dem Titel auf der Zunge liegt, nimmt Johannes Ullmaiers scharfzüngige Analyse über die Felder eingeschränkter Produktion in der Popkultur auf, die empiriegespickte Praxis mit theoretischer Durchdringung souverän verbindet. Die großen und ewigen Fragen des Pop (Ist Pop reine Affirmation? Ist Pop noch subversiv? Kann Pop die Welt retten?) verweist Ullmaier ins Reich des Müßigen und liefert stattdessen mit dem analytischen Inventar von Bourdieus Feldtheorie eine akribische Binnenunterscheidung des Genres, wie man sie im zumeist grobklischierten Popdiskurs selten erlebt.
Mit ähnlich subtiler Unterscheidung gelingt es Katrin Oltmann, eine scharfe Grenzziehung zwischen E und U zu umspielen. In ihrem Beitrag über das Hollywood-Remake „You’ve got mail” macht sie einsichtig, dass ein Remake nicht nur ein filmindustriell kalkulierter Coup, sondern auch eine Erweiterung und Perspektivierung seines Originals bedeuten kann. „You’ve got mail” etwa greift Idee und Handlung seines „Premakes” „The shop around the corner” nicht parasitär auf, sondern übersetzt sie mit vielfachen Brechungen in den Kontext der Globalisierung und bietet dabei eine modifizierte Lesart des ursprünglichen Plots an.
Solch individuelle Glanzleistungen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass dem Band insgesamt die konzeptionelle Strenge fehlt. Weil eine bisweilen etwas aufgetakelte Sprache die Nähe zu den Gegenständen verstellt, muss der Leser den Marsch durch die Popularisierungsebenen einigermaßen desorientiert auf sich nehmen. Die Vielschichtigkeit des Popularisierungsprozesses, die auch eine lange Theoriestrecke nicht bändigen kann, gerät schließlich im letzten Abschnitt des Buches vollends aus dem Sichtfeld: Die Beiträge über die Bollywood-Filmindustrie und die Dachmarkenstrategie des ZDF glauben sich monomedial, nämlich televisuell, den Weg durch die Gegenwartsanalyse bahnen zu können.
THOMAS THIEL
GEREON BLASEIO, HEDWIG POMPE, JENS RUCHATZ (Hrsg.): Popularisierung und Popularität. DuMont Verlag, Köln 2005. 331 Seiten, 29,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Nicht hundertprozentig überzeugend findet Rezensent Thomas Thiel diesen Band über "Popularisierung und Popularität". Die Kluft zwischen Fachdiskursen und dem seit der Reformation dauernden Prozess der Popularisierung wolle der Band mittels Luhmanns Systemtheorie umgehen. In der Systemperspektive zeige sich, so Thiel, dass Popularisierung jenseits von Vorlieben und Abneigungen zunächst einmal unvermeidlich und notwendig sei. Der Band zeichnet sich nach Ansicht Thiels vor allem durch "individuelle Glanzleistungen" aus. In diesem Zusammenhand hebt er etwa Jürgen Links Beitrag über die soziale Chemie im 19. Jahrhundert hervor, der zeige, wie sich naturwissenschaftliche und gesellschaftliche Diskurse in dieser Zeit verbanden und wie viel Fragwürdiges sich einer unkritischen Projektion von chemischem Wissen auf zwischenmenschliche Belange verdankte. Auch Johannes Ullmaiers Beitrag über die Felder eingeschränkter Produktion in der Popkultur hat Thiel überzeugt. Aber solche einzelnen Höhepunkte können zu seinem Bedauern nicht den generellen Mangel an konzeptioneller Strenge verdecken, der im Band vorherrscht. Thiel moniert zudem die "bisweilen etwas aufgetakelte Sprache", die die Nähe zu den Gegenständen verstelle und so den Leser desorientiert zurücklasse.

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