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Liebe, Sehnsucht und Melancholie sind die Fäden, aus denen Martin Klugers hochgestimmte Erzählungen gewoben sind: Ein wunderlicher Koch verliebt sich unsterblich in eine Krankenschwester, die jeden Morgen zu ihrer Arbeitsstelle schwimmt. Um sie zu gewinnen, kocht er sich die Seele aus dem Leib. Ein ferner Onkel wird schwermütig, "er studierte das Fach Sehnsucht, reduzierte es auf das Wesentliche, die Sucht, und verspielte, was ihm unter seine schönen schlanken Finger kam, Jahresgehälter, Tageslöhne, Portokassen."Zwischen Litauen, Uruguay und Berlin-Steglitz erschafft Martin Kluger eine…mehr

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Produktbeschreibung
Liebe, Sehnsucht und Melancholie sind die Fäden, aus denen Martin Klugers hochgestimmte Erzählungen gewoben sind: Ein wunderlicher Koch verliebt sich unsterblich in eine Krankenschwester, die jeden Morgen zu ihrer Arbeitsstelle schwimmt. Um sie zu gewinnen, kocht er sich die Seele aus dem Leib. Ein ferner Onkel wird schwermütig, "er studierte das Fach Sehnsucht, reduzierte es auf das Wesentliche, die Sucht, und verspielte, was ihm unter seine schönen schlanken Finger kam, Jahresgehälter, Tageslöhne, Portokassen."Zwischen Litauen, Uruguay und Berlin-Steglitz erschafft Martin Kluger eine strahlend schöne, strahlend traurige Welt. Seine Geschichten sind Erinnerungen, farbenfrohe Denkmäler für das zwanzigste Jahrhundert und den Nachhall seiner Katastrophen. Wir betreten eine untergegangene Epoche, die bevölkert ist von Feuerspuckerinnen, Frauenärzten, Frisören und "meinen Leutchen" aus dem europäischen Osten. Es sind wilde Geschichten, die die Zerrissenheit eines ganzen Jahrhunderts enthalten - jede dieser eigenwilligen Figuren zieht einen Schweif aus Vergangenheit hinter sich her. Weltumspannend, hymnisch und reich führen Martin Klugers Erzählungen ihre Herkunft vor: aus verschiedenen Ländern und Sprachen, von der Flucht und aus dem Exil. Mit Wehmut und Witz fabuliert Martin Kluger im Ton chassidischer Märchenerzähler aus einer Zeit, die immerzu zwischen den Kriegen steckt.
Autorenporträt
Martin Kluger wurde 1948 in Berlin geboren und lebt dort. Er studierte Anglistik und Linguistik und arbeitete als Werbetexter und literarischer Übersetzer (u. a. Malcolm Lowry, Donald Barthelme, John Fowles, Iris Murdoch, Aharon Appelfeld). Außerdem schreibt er Drehbücher für Film und Fernsehen. 1998 veröffentlichte er den Roman "Die Verscheuchte", bei DuMont erschienen der Erzählungsband "Der Koch, der nicht ganz richtig war" (2006) sowie seine Romane "Abwesende Tiere" (2002), "Die Gehilfin" (
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.02.2007

Das Schicksal ist eine solide Nähmaschine
Universum der Emigration: Martin Klugers Erzählungen

Von Wolfgang Schneider

Mit seinem tausendseitigen Zoo-Epos "Abwesende Tiere" (2002) hat der 1948 geborene Martin Kluger die Kritiker entzückt, mit dem Charité-Roman "Die Gehilfin" im vergangenen Jahr auch den Durchbruch beim Publikum geschafft. Jetzt kann man den subtilen erzählerischen Witz dieses Autors in einem Erzählungsband kennenlernen. Es ist ein kleines Universum der Emigration, von Menschen handelnd, die in Zeiten des "Verfolgungssports" zu Umhergetriebenen und großen "Länderverlassern" wurden. Zu den Schauplätzen gehören Steglitz und Las Vegas, Oberschlesien und Uruguay, Israel und Kanada.

"Schicksal" - das klinge wie der Name einer soliden Nähmaschine, heißt es an einer Stelle. Klugers schicksalsgenähte Familiengeschichten sind voller Aberwitz und Melancholie, mit so viel Neigung zu Sprachspiel und exotischem Wortzauber, dass man fast von Prosagedichten sprechen kann. Manchmal scheinen sie geradezu aus dem Wortmaterial herauszuwachsen, den Namen von Orten und Menschen. Ludovico Weintraub zum Beispiel. Die Geschichte eines erzwungenen Heimatverlusts macht sich da schon lautlich geltend. Von Litauen nach Südamerika führt der Lebensweg dieses Frauenlieblings, dubiosen Geschäftemachers, Bankrotteurs und Verfassers einer Monographie über Exportbestimmungen für Lendensteaks in Dosen.

Klugers Figuren sind "Seelen im Unruhezustand"; sie verfügen über "tempestuöse Temperamente" und studieren die Wissenschaft der Sehnsucht. Wenn sie lieben, geht es um alles oder nichts. Das gilt verstärkt für den Koch in der Titelgeschichte. Er firmiert unter dem Namen "Graf Leopold Friedrich Suleiman Hagendorn"; auf ewig angetan hat es ihm die krausköpfige Gleiwitzer Krankenschwester Franziska Vogel. Allerdings verschmäht sie seine kulinarischen Kreationen und krault lieber geschmeidig im Fluss. Der Koch, der tatsächlich "nicht ganz richtig" ist, schreibt ihr leidenschaftliche Briefe, die allerdings "aufdringlich nach Makrele riechen", schickt fetttriefende Pakete mit zerdrückten Torten und irritiert sie durch "mesopotamisches Benehmen". Doch er kommt nicht an gegen seinen Nebenbuhler, den fünfsprachigen Dichter Gershon Schwander, einen "tollkühnen Automobilisten und kecken Kussdieb", der sich schließlich in Montevideo einer neuen Klarheit verschreibt: in der Fensterscheibenbranche.

Die Genauigkeit der Wahrnehmung verbindet sich mit der poetischen Unschärfe der Erinnerung: "Meine Mutter starb, als ich drei Jahre alt wurde, an unerwiderter Liebe und anderen Leiden. Niemand wusste Genaues." Jeder Mensch erfindet sich eine Biographie und eine Abstammungsgeschichte. Um solche Erinnerungsspiele geht es in diesem Buch. Aber weil das Gedächtnis keine aufgeräumte Schublade ist, überlappen sich die Zeiten. Dem Leser wird viel Konzentration abverlangt. Kluger ist auch ein versierter Drehbuchautor, aber diese Geschichten lesen sich anders: kein zielstrebiger Plotverlauf, keine flott getrimmten Dialoge, kein erzählerisches Effizienzstreben.

Bisweilen scheint es, als füge sich der Band zum Zyklus einer Familiensaga. An ominösen Verknüpfungen mangelt es nicht. Durch das Buch zieht sich die Hommage an ein schönes Mädchen, Djuna Weintraub Trenado, wie überhaupt die Sippe der Weintraubs immer wiederkehrt. Die jüdischen "Leutchen" aus dem Osten haben es Kluger angetan. Er probiert das Gewand des chassidischen Geschichtenerzählers, und es sitzt gar nicht schlecht. Mit ihrem Märchenaroma, ihrer Vorliebe für Gaukler und Feuerschlucker, Bärenkostüme und Spielzeugläden, erinnern die Geschichten an die "Zimtläden" des Bruno Schulz, manchmal allerdings auch an die feine Kunstgewerblichkeit Chagalls. Wiederholt ist von "mosaisch mandelförmigen Augen" die Rede, die "prähistorische Müdigkeit" ausstrahlen. Solche leicht preziösen Formeln haben etwas zu tun mit Klugers Ablehnung der Psychologie als "Weltkältetod des Herzens". Einmal wird sie gar geschmäht als die "Grütze, die voriges Jahrhundert das Etikett ,Psychologie' trug". Dann lieber zurück ins Mythische, "Prähistorische" - als wäre es die Rückversicherung vor einer Geschichte, der selten Gutes gelingt.

Wer die Story spannend will, ist verloren für den eigenwilligen Zauber dieser poetischen Meditationen, dieser Beschwörungen voller Erinnerungssüße und Erfahrungsbitterkeit. Manchmal wirkt das Buch sehr hermetisch, als hätte sich der Autor, der selbst wechselnd in Berlin und Montevideo lebt, eine Art Privatmythologie geschaffen, an der sich die Martin-Kluger-Forscher in einigen Jahrzehnten womöglich noch die Zähne ausbeißen. Das hat seinen Reiz; trotzdem hoffen wir, dass das nächste Werk dieses außerordentlichen Erzählers wieder etwas leserzugewandter gerät.

- Martin Kluger: "Der Koch, der nicht ganz richtig war". Geschichten. DuMont Verlag, Köln 2006. 146 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Klugers Texte sind reich, nicht nur welthaltig (...), und sprachverliebt, rhythmisch, verspielt, man möchte sie laut lesen oder vorgelesen bekommen; sie haben einen Drive, nehmen Fahrt auf, galoppieren und stolzieren mal wieder, brillieren und alliterieren (...). Diese Erzählungen glimmen und glitzern." -- FRANKFURTER RUNDSCHAU

"Wie er da die Bälle hochwirft, dieser Jongleur, wie er mit den hochgejazzten Bildungsklunkern und Geschichtsbrocken, Geografiepuzzleteilchen, Fetzen fremder Sprachen und Menschenseufzern brilliert, uns schon in der ersten Geschichte Hunderte dahinter verborgene Geschichten verweigert, da möchte man fast ärgerlich werden als mitfühlender Leser. Aber dann hat er uns auch schon am Haken, verführt uns in eine ganz eigene Welt aus alten, beinahe zu Grabe getragenen Werten, macht uns stumm vor glühenden Bildern im Goldrand (...)." -- DIE ZEIT

"Wer in Klugers Welt zwischen Litauen, Uruguay und Berlin-Steglitz eintaucht, wird mit einer der schönsten, traurigen Liebesgeschichten belohnt." -- WIRTSCHAFTSWOCHE

"Einmal mehr erweist sich Kluger als exzellenter Geschichtenerzähler, ein Fabulierer des Fantastischen, dessen erzählerischer Erfindungsgeist keine Grenzen zu kennen scheint." -- KÖLNER STADTANZEIGER

Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Rezensent Ulrich Rüdenhaus ist sehr begeistert von den in diesem Band versammelten "träumerisch hingeworfenen" Erzählungen, mit denen Martin Kluger sich aus seiner Sicht erneut als einer der bemerkenswertesten Gegenwartsautoren ausgewiesen hat. Kluger konfrontiere in seinen Erzählungen das "furchtbare letzte Jahrhundert" mit "der Idylle, der Genauigkeit des Blicks" und der "Unzuverlässigkeit der Erinnerung". Schon die Namen der Figuren, die diese Geschichten bevölkern, sprechen Bände für den Rezensenten und schließen ihm ganz eigene Sprach- und Erzählgebäude auf. In den kurzen Inhaltsskizzen klingen die Geschichten oft skurril und melancholisch grundiert. Manchmal gerieten sie tatsächlich ins "manieriert Lyrische", gibt Rüdenhaus zu Protokoll. Aber diese Sprachverliebtheit empfindet er meistens als Stärke, und zwar so sehr, dass er die Geschichte laut lesen oder vorgelesen bekommen möchte. Er liebt auch ihre "Welthaltigkeit", die beiläufige Verdichtung, und "kleine Irritationen" sowie die Art, wie Kluger aus seinen Erzählungen sich Erinnerung herausschälen lässt.

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