Marktplatzangebote
11 Angebote ab € 6,94 €
  • Broschiertes Buch

Das erste Pilgerziel der vielköpfigen Gemeinde von Renaissance-Begeisterten ist selbstverständlich Italien. Doch weit gefehlt: In unmittelbarer Nachbarschaft, in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, und Österreich finden sich einige der bedeutendsten Denkmäler der Renaissance nördlich der Alpen. Hier liegt nun ein umfassender Führer vor, der die neuen Ziele fast lückenlos erschließt.

Produktbeschreibung
Das erste Pilgerziel der vielköpfigen Gemeinde von Renaissance-Begeisterten ist selbstverständlich Italien. Doch weit gefehlt: In unmittelbarer Nachbarschaft, in Deutschland, Belgien, den Niederlanden, und Österreich finden sich einige der bedeutendsten Denkmäler der Renaissance nördlich der Alpen. Hier liegt nun ein umfassender Führer vor, der die neuen Ziele fast lückenlos erschließt.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Mit gemischten Gefühlen betrachtet Rezensent Arnold Bartetzky das "Handbuch der Renaissance". Einerseits biete das Buch einen "facettenreichen Überblick", andererseits vermisst Bartetzky zentrale Themen und Objekte. So sei zum Beispiel der Manierismus komplett ausgeblendet. Ebenso scheitern Anne Schunicht-Rawe und Vera Lüpkes in Bartetzkys Augen bei der Bestimmung des Gegenstands. Was genau die "frühneuzeitliche Kunst" der behandelten Länder zur Renaissancekunst macht, erfährt Bartetzky nur in "unverbindlichen Formulierungen". Deswegen zeuge das einführende methodologische Kapitel von einer "gewissen Ratlosigkeit". Der alphabetisch nach Ländern geordnete Hauptteil hat den Rezensenten allerdings wieder versöhnt. "Die Texte sind knapp, präzise und inhaltsreich, verfallen aber nicht in das für Kunsthandbücher typische, zermürbende Stakkato von Fakten, Namen und Daten", lobt Bartetzky. Die Darstellung der einzelnen Objekte wird durch Einführungskapitel ergänzt, die laut dem Rezensenten "überzeugend" den historischen Hintergrund beleuchten. Bartetzky gefielen auch die "instruktiven Exkurse", die über Künstler und ein "breites Spektrum an Themen, von Idealstädten über Kunstkammern bis zur Commedia dell'Arte" informieren. Schade nur dass der "interdisziplinäre Blickwinkel" sich auf vier Länder beschränkt, meint Bartetzky und wünscht sich in einem weiteren Band eine Auseinandersetzung mit der Renaissance in Osteuropa.

© Perlentaucher Medien GmbH
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.02.2003

Verlangen nach transalpiner Wiedergeburt
Ist das Renaissancekunst oder einfach nur exaltiert? Ein Handbuch schaut hinter unsere Fassaden

Als der Kunsthistoriker Carl Horst in den zwanziger Jahren ein Buch über die Architektur der "Deutschen Renaissance" vorbereitete, erklärte ihm ein Kollege kurz und bündig, so etwas gebe es überhaupt nicht. Horst blieb unbeirrt und publizierte seine Abhandlung, nicht ohne darin genüßlich die Anekdote zu erwähnen. Es war nicht das erste und blieb nicht das letzte Werk zu dem Thema. Dennoch hat sich bis heute der latente Zweifel gehalten, ob die Baukunst der beginnenden Neuzeit in Deutschland tatsächlich das Prädikat "Renaissance" verdiene.

Denn der Maßstab für den Stilbegriff ist die italienische rinascita, die die Antike wiederzubeleben suchte. Im Norden indes spielte das antike Vorbild mangels eigenen klassischen Erbes eine untergeordnete Rolle. Nur sehr zögerlich wurden antikisierende Formen aus Italien aufgenommen, meist als modische Applikation an Bauten, die in Großform und Raumauffassung noch der Spätgotik angehörten. Bis tief in das siebzehnte Jahrhundert schwelgte die Baukunst diesseits der Alpen in einer Dekorationslust, die sich das klassische Formenvokabular recht zügellos untertan machte.

Der klaren Gliederung und Tektonik florentinischer und römischer Bauten setzte sie eine wuchernde Ornamentfülle entgegen, selbst die tragende Säule mutierte zum Ornament. Der von Erik Forssman beschriebene "Griff des Nordländers um den kalten Marmorschaft" führte zu Exaltiertheiten, die das Rationale der italienischen Renaissance mit Wonne konterkarieren. Zwar entstanden hierzulande zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg auch einige Bauten von monumentaler Strenge wie die Landshuter Stadtresidenz oder das Augsburger Rathaus. Sie koexistierten allerdings mit Bizarrerien, wie sie etwa die "Weserrenaissance" hervorbrachte. Nicht nur in der Architektur, auch in Skulptur und Malerei war der Übergang von der Spätgotik zur Renaissance im Norden fließender, zugleich widersprüchlicher als in Italien. Albrecht Dürer, Inbegriff des sich emanzipierenden Renaissancekünstlers, hatte in seiner Zeit eine Ausnahmestellung.

Wer sich mit Renaissance in Mittel- und Nordeuropa beschäftigt, sieht sich dementsprechend nach wie vor genötigt, zunächst zu sagen, was er darunter versteht. Deshalb haben die Autoren des neuen "Handbuchs der Renaissance" für Deutschland, die Niederlande, Belgien und Österreich dem Kompendium ein methodologisches Kapitel vorangestellt. Was die frühneuzeitliche Kunst dieser Länder zur Renaissancekunst macht, erfährt man darin allerdings nicht. So unverbindliche Formulierungen wie "neue Kunst einer neuen Zeit" oder "Netzwerk wechselseitiger Rezeptionsprozesse" zeugen von einer gewissen Ratlosigkeit angesichts der Heterogenität der Kunstströmungen.

Dennoch bietet der reich illustrierte Band, Ergebnis eines Projekts des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake, einen facettenreichen Überblick. Dafür sorgt vor allem der interdisziplinäre Blickwinkel, der die klassischen kunsthistorischen Gattungen Architektur, Skulptur und Malerei ebenso umfaßt wie Gartenbaukunst, Musik und höfische Festkultur.

Einführungskapitel zur politischen Entwicklung des Heiligen Römischen Reiches, zum Humanismus und zur Kunstpatronage der Fürstenhöfe beleuchten den historischen Hintergrund. Besonders Stephan Hoppes Darstellung der Rolle der erstarkten Territorialherrscher, die in den neuen Kunstformen ein wirksames Mittel zur Selbstdarstellung entdeckten, bindet die ästhetischen Prozesse überzeugend in machtpolitische Zusammenhänge ein.

Den Hauptteil bilden alphabetisch und nach Ländern geordnete Einträge zu den wichtigsten Kunstzentren, von Aschaffenburg bis Wolfenbüttel, Amsterdam bis Utrecht, Antwerpen bis Mechelen und Graz bis Wien. Die Texte sind knapp, präzise und inhaltsreich, verfallen aber nicht in das für Kunsthandbücher typische, zermürbende Stakkato von Fakten, Namen und Daten. Einige Dutzend instruktive Exkurse informieren über Künstler und ein breites Spektrum an Themen, von Idealstädten über Kunstkammern bis zur Commedia dell'Arte. Einige von ihnen wünschte man sich zu einem Einführungskapitel ausgebaut, etwa die zu Architekturtraktaten und ornamentalen Vorlageblättern, die für die Ausbreitung der Renaissanceformen noch wichtiger waren als die internationalen Kontakte der Auftraggeber und die Wanderungen der Künstler und Bauleute.

Auffällig ist die Ausblendung des Manierismusproblems. Der Begriff, der die antiklassischen Strömungen der Spätrenaissance charakterisiert, taucht nicht einmal im Register auf. Im Text wird er nur verwendet, wenn es sich nicht vermeiden läßt, wie bei den sogenannten "Haarlemer Manieristen". Daß ihn die Autoren selbst bei einem Künstler wie Adriaen de Vries oder einem Bau wie dem Hexenbürgermeisterhaus in Lemgo scheuen wie der Teufel das Weihwasser, wirkt ein wenig verspannt - als wären die Schlachten der Kunstgeschichte um Renaissance und Manierismus nicht schon längst geschlagen.

Auch über die Auswahl der Objekte ließe sich in einigen Fällen streiten. Sind das Leipziger Rathaus oder die Renaissancelaube des Lübecker Rathauses keiner Beschreibung wert? Bedauerlicher ist die Beschränkung auf die vier Länder. Die Niederlande und Norddeutschland bildeten eine Kunstlandschaft mit Dänemark, Nordpolen und dem Baltikum, Sachsen ging Wechselwirkungen mit Schlesien ein, und die Renaissance in Österreich läßt sich kaum von der in Ungarn, Böhmen und Südpolen isolieren. Freilich, ein Handbuch, das sich als kompakter Kunstreiseführer versteht, darf nicht ins Uferlose wachsen. Es wäre indes gut europäisch, wenn der Verlag in einem weiteren Band den Blick nach Osten richtete.

ARNOLD BARTETZKY

"Handbuch der Renaissance". Deutschland, Niederlande, Belgien, Österreich. Hrsg. von Anne Schunicht-Rawe und Vera Lüpkes. DuMont Literatur und Kunst Verlag, Köln 2002. 544 S., zahlr. Farb- u. S/W-Abb., br., 29,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr