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Michel Houellebecq setzt sich in diesem Buch mit dem amerikanischen Kultautor der fantastischen Literatur auseinander: H. P. Lovecraft. Houellebecq analysiert die Außenseiterstellung des Romanciers und stößt auf die Quellen seines Rassismus. "Lovecraft starb, sein Werk wurde geboren." Und in der Tat beginnen wir gerade erst, es richtig einzuordnen, auf gleicher Ebene oder sogar höher als das von Edgar Allen Poe, auf jeden Fall als absolut einzigartig."
Michel Houellebecqs erstes Buch aus dem Jahr 1991 blieb auch in der französischen Öffentlichkeit fast unbemerkt. Gegen die Welt, gegen das
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Produktbeschreibung
Michel Houellebecq setzt sich in diesem Buch mit dem amerikanischen Kultautor der fantastischen Literatur auseinander: H. P. Lovecraft. Houellebecq analysiert die Außenseiterstellung des Romanciers und stößt auf die Quellen seines Rassismus. "Lovecraft starb, sein Werk wurde geboren." Und in der Tat beginnen wir gerade erst, es richtig einzuordnen, auf gleicher Ebene oder sogar höher als das von Edgar Allen Poe, auf jeden Fall als absolut einzigartig."
Michel Houellebecqs erstes Buch aus dem Jahr 1991 blieb auch in der französischen Öffentlichkeit fast unbemerkt. Gegen die Welt, gegen das Leben setzt sich mit dem amerikanischen Kultautor der fantastischen Literatur auseinander, und bereits in dieser ersten Veröffentlichung von Michel Houellebecq findet sich, was seine spätere Romane prägt. Michel Houellebecqs "erster Roman" kennt nur eine einzige Hauptfigur, H. P. Lovecraft selbst. Mit dem Romancier von visionärer Kraft und dem Menschen setzt sich Michel Houellebecq subtil auseinander, analysiert seine Außenseiterstellung und stößt auf die Quellen seines Rassismus. Ein Thema, das nicht nur im Werk von Michel Houellebecq zunehmend an Brisanz gewinnt.
"Diesem Mann, dem es nicht gelungen ist zu leben, ist es schließlich gelungen zu schreiben."
Autorenporträt
Michel Houellebecq wurde 1958 in La Reunion geboren und lebt in Irland. Er ist Preisträger des angesehenen Grand Prix National des Lettres. Die prominente Jury mit Julian Barnes, Philippe Sollers und Mario Vargas Llosa sprach ihm 1998 für seinen Roman "Elementarteilchen" den Prix Novembre zu.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 31.10.2002

Wir ertragen keine zusätzliche Minute Realismus mehr
Michel Houellebecqs erstes Buch ist eine Biografie, ein Manifest und fast ein Roman: In „Gegen die Welt, gegen das Leben” bekennt er sich zu H. P. Lovecraft
„Denn das waren keine Menschen mehr, nicht einmal annähernd, sondern große, grauweiße schlüpfrige Dinger, die sich nach Belieben ausdehnen und zusammenziehen konnten. Ihre eigentliche Gestalt glich – obschon sie häufig wechselte – einer Art Kröte, die keine Augen, dafür aber eine sonderbar vibrierende Masse blauroter Tentakel am Ende ihres stumpfen, vagen Mauls besaß. Diese Objekte watschelten geschäftig die Kais entlang, verluden mit übernatürlicher Kraft Lattenkisten, Ballen und Behälter.”
Howard Phillips Lovecraft, dessen Texte von Monstern überquellen, ist schon lange das, was man heute schnell jedem attestiert: eine „Kultfigur”. Doch obwohl es neben Nabokov noch einige Feinschmecker gibt, die seine mit überbreitem Pinsel gemalten Sprach-Bilder schätzen (einige Lovecrafts gibt es in Suhrkamps Phantastischer Bibliothek), hat er den Tempel der Literatur- Größen nie ganz erreicht. Nie durch Baudelaire geadelt wie Edgar Allan Poe, der lange Lovecrafts großes Vorbild war, feiert der scheue Einzelgänger aus Providence, Rhode Island (1890 dort geboren, 1937 dort gestorben), seine Triumphe anderswo: Bei „Luciferianern” im Internet, als vom Pop bewunderter Sonderling und Horror-Autor, dessen Vater an Syphilis starb, dessen Mutter verrückt wurde, der bis zu seinem Lebensende meistens bei einer seiner Tanten lebte. Lovecraft: der verklemmte, antisemitische New Hampshire-Konservativer, mit dem die jüdische Modejournalistin Sonia Greene ein bürgerliches Leben aufbauen wollte: es gibt noch viele Kuriositäten zu seinem Leben.
Schmerz und Enttäuschung
Und ausgerechnet über diesen Lovecraft hat der noch unbekannte Michel Houellebecq 1991 sein erstes Buch veröffentlicht; das er in seinem Vorwort zur französischen Neuauflage von 1998 auch noch als „eine Art ersten Roman” bezeichnet, einen „Roman mit nur einer Person, Lovecraft selbst”.
Dabei bietet das Buch, das jetzt, zusammen mit dem rückblickenden Vorwort, erstmals auch auf Deutsch erschienen ist, durchaus Informationen über Lovecraft sowie Analyse-Ansätze zu seinen Texten (eine Gliederung in verschiedene Werkphasen, die architektonischen Motive werden verfolgt), allerdings ist es ein Essay von seltener Empathie: „Wir lesen seine Erzählungen in genau dem Geist, der sie ihn hat schreiben lassen”, behauptet Houellebecq. Trotzdem verwendet er Lovecraft vor allem im Kampf gegen „den Realismus”: „Ob Satan oder Nyarlathothep, das spielt keine Rolle, aber wir ertragen keine zusätzliche Minute Realismus mehr.” Das ist kein einzelner, isolierter Satz. Der Anfang des Buches ist sein Programm: „Das Leben ist voller Schmerz und Enttäuschungen. Unnötig also, neue realistische Romane zu schreiben. Wir wissen, was wir von der Realität generell zu halten haben.”
Nun gilt ausgerechnet Michel Houellebecq als Protagonist eines „neuen Realismus” in der europäischen Literatur. Norbert Niemann hat ihn einmal von Michael Kumpfmüllers Realismus der vorgefundenen Medienbilder wie von Stuckrad- Barres Life-Style-Realismus abgegrenzt und Houellebecq zu Recht den Part eines „Realismus der Entzauberung” zugedacht. Tatsächlich gibt ja gerade Houellebecqs literarischer Bestseller „Elementarteilchen”, strukturell eine Weiterentwicklung des romantischen Reflexionsromans, das Beispiel eines mitleidlos-nüchternen, ,realistischen‘ Blicks auf Gefühlswelt wie Lebensverhältnisse seiner Hauptfiguren, ihre Sex-Verfallenheit, ihre Unfähigkeit zur Liebe.
Auch Houellebecq ist die Differenz zwischen seinen heutigen Taten und seinem „ersten Roman” aufgefallen. Er selber, schreibt er im Vorwort zur Neuausgabe, sei Lovecraft im Abscheu gegenüber jeder Art von Realismus ganz offensichtlich schließlich nicht gefolgt; er habe vor allem von Lovecrafts Sprengung der traditionellen Erzählformen, der Verwendung verschiedener „Wissenschaftssprachen” profitiert, was stimmt. Doch ganz abgesehen davon, gibt es weitere Parallelen und Differenzen zu Lovecrafts Texten, die Houellebecqs „neuen Realismus” klarer konturieren.
„Gegen die Welt, gegen das Leben” heißt die pathetische Parole der von Michel Houellebecq geschaffenen Lovecraft-Kunstfigur, die auch die Basis seines eigenen „Realismus” geblieben ist. Doch anders als die in diesem frühen Buch gefeierte Lovecraft-Haltung („Die Welt widert ihn an und er sieht überhaupt keinen Grund für die Annahme, dass die Dinge anders aussehen würden, wenn man sie nur besser anschaute”) schaut Houellebecq nicht mehr weg, sondern noch genauer hin.
Der „neue Realismus” Houellebecq’scher Bauart versucht, seine Leser in ihrer Weltwahrnehmung nicht mehr zu bestätigen. Er arbeitet (ähnlich wie Ingo Schulze in seinen „Simplen Storys” nach Carver-Muster) mit Stilmitteln wie radikaler Verkürzung oder auch klinischer Sachlichkeit. Er lässt keine Möglichkeit mehr, sich, wie bei Lovecraft, in einer alternativen Welt zu gruseln, um dann um so sicherer beruhigt in die hiesige zurückzufallen. Er schafft aber auch kein wohliges Heimat-Gefühl, indem er verdoppelt, was jeder kennt und damit Wahrnehmungsträgheit belohnt. Diese Neuauflage des Realismus will wissen; und sie hat mit ihrem Programm von Literatur als Beitrag zur „Erkenntnis der Welt” den innerlichkeits- und gedankenverliebten Literaturen Frankreichs und Deutschlands schon einigen frischen Wind zugeführt.
Wie um auf seine eigenen zukünftigen Bücher hinzuweisen, erwähnt Houellebecq schon im Lovecraft-Buch von 1991 zweimal kurz den realistischen Futuristen Richard Matheson, der, „auf dem Höhepunkt seiner Kunst”, ein offensichtliches Vergnügen daran gefunden habe, „total banale” Dekors zu beschreiben und seine fantastischen Geschichten vor Supermarkt- und Tankstellen-Kulissen spielen zu lassen, um auf den letzten Seiten der Bücher plötzlich in eindeutige philosophische Botschaften zu münden, die dem ganzen Roman noch einmal eine neue Wendung gaben.
Die Aussprache der Vokale
Auch der nur nebenher erwähnte Matheson bleibt von Houellebecq trotz Ähnlichkeiten so verschieden wie Lovecraft selbst. Doch beide, wenn man so will, Fantasy-Autoren profitieren, wie Houellebecq, von der Tatsache, dass sich „die Realität” gegenwärtig manchmal selbst ins Fantastische zu verändern scheint. In „Schatten über Innsmouth”, Lovecrafts „wahrscheinlich furchterregendster” Erzählung, so Houellebecq begeistert, werden die Menschen Opfer einer genetischen Mutation, die zuerst „die Textur der Haut, die Aussprache der Vokale verändert”, dann auf „die Form des ganzen Körpers übergreift, auf das Atemsystem und den Blutkreislauf”. Und natürlich ist es gerade die genaue Beschreibung der Details der genetischen Veränderung, die nach Houellebecq die Kraft dieser Form von „magischem Realismus” bestimmt.
In Lovecraft, dem skurrilen Außenseiter, den er mit sechzehn zum erstenmal las, hat der heutige Superstar H. früh einen verquer verzerrten Spiegel aufgespürt.
HANS-PETER KUNISCH
MICHEL HOUELLEBECQ: Gegen die Welt, gegen das Leben. H. P. Lovecraft. Aus dem Französischen von Ronald Vouillé. DuMont Verlag, Köln 2002. 115 Seiten, 17, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 08.10.2002

Fanfare für den Schund der steilsten Sorte
Michel Houellebecq über H. P. Lovecraft / Von Lorenz Jäger

Um die amerikanischen, die westlichen Werte hat man in den letzten Monaten einigen Lärm gemacht. Aber Werte kann man nicht lieben. Wie man auf eine Frau nicht dann aufmerksam wird, wenn sie besonders tugendhaft ist, sondern weil irgend etwas Besonderes, selbst ein Makel, den Blick festhält, so haben auch die Vereinigten Staaten einen oft verschwiegenen Sympathieträger ersten Ranges - den Schund. Wobei gleich hinzugefügt werden muß, daß wir mit "Schund" in diesem Fall nicht die schlechte Literatur meinen, sondern die grellen, genial-geschmacklosen Bücher jenseits der mittleren literarischen Normen. Manchmal geschieht es sogar, daß das Allerunterste, Sensationalistische, unter Überspringung des sogenannten "guten", also des Lehrer- und Buchhändler-Buches, sich mit der steilsten Artistik verbindet. Das war der Fall von Edgar Allen Poe, und Michel Houellebecq will uns davon überzeugen, daß sich H. P. Lovecraft, wenn die mittlere Literatur der mittleren Bildung einmal in den Orkus gewandert ist, als einer der Großen des vergangenen Jahrhunderts erweisen wird.

Das ist nicht ganz neu. Im deutschen Sprachraum waren es H. C. Artmann und Arno Schmidt, die schon in den siebziger Jahren in Lovecraft den Meister entdeckten. Seine Erzählungen setzten den Maßstab für den phantastischen Horror; Lovecraft hat bei seinen Schilderungen der Monster - allen voran Cthulhus - aus der Zeiten- und Meerestiefe alle nur denkbaren Register des Ekels gezogen. Zur Rationalisierung dieses Ekels gehörte sein Rassismus, der beträchtlich war und auch von Houellebecq nicht verschwiegen wird. Vielmehr hält er ihm zugute, den Rassismus auf seine "wesentliche, auf seine tiefste Quelle" zurückgeführt zu haben: "Die Furcht". Es ist ein verallgemeinerter Widerwille gegen die Welt, der Lovecrafts Haupthelden allesamt in den Wahnsinn führt.

Und dieser delirierende Widerwille gegen die Realität, gegen die realistische Literatur hat es dem französischen Schriftsteller angetan. Jeder Autor wird irgendwann seine Poetik schreiben und sich eine Vorläufer-Reihe konstruieren, eine legitimierende Genealogie. Houellebecqs Essay über Lovecraft, 1988 begonnen, erschien erstmals 1991, also lange vor den Romanen, mit denen er Ende der neunziger Jahre berühmt wurde. Es ist der Rechenschaftsbericht einer Initiation. Mit sechzehn Jahren hatte er Lovecraft entdeckt, später dann die Fortschreibungen des Cthulhu-Mythos durch andere Autoren. "Von Zeit zu Zeit - ziemlich oft - kehrte ich zu den ,großen Texten' von Lovecraft zurück. Sie übten auf mich immer wieder eine eigenartige Anziehungskraft aus, die im Gegensatz zu meinen sonstigen literarischen Vorlieben stand."

Was ihn an dem amerikanischen Autor vor allem anzieht, ist die Vision eines sinn- und götterleeren Kosmos: Piranesis Gefängnisse für das zwanzigste und einundzwanzigste Jahrhundert. "Elementarteilchen" heißt ein Roman von Houellebecq, das Stichwort findet sich schon hier: "Nur wenige Menschen waren wie er in diesem Grade von der absoluten Nichtigkeit jedes menschlichen Strebens geprägt und bis auf die Knochen durchdrungen. Die Welt ist nur ein flüchtiges Gefüge von Elementarteilchen . . . und die menschlichen Handlungen sind genauso frei und sinnleer wie die freien Bewegungen der Elementarteilchen." Lovecraft, so die Schlußfolgerung, antizipiert den heil- und hoffnungslosen Kosmos der gegenwärtigen Menschheit.

Houellebecqs Buch hat den Fanfarenklang eines literarischen Manifestes: "Wenn sich die morbiden Nebelschwaden der Avantgarden erst einmal verzogen haben", schreibt er, "wird das zwanzigste Jahrhundert vielleicht als das Goldene Zeitalter der epischen und phantastischen Literatur erscheinen. Es hat bereits das Auftauchen von Howard, Lovecraft und Tolkien erlaubt. Drei völlig verschiedene Welten. Drei Säulen einer Traumliteratur, die von der Kritik im gleichen Maße verachtet werden, wie sie vom Publikum geschätzt werden." Und nicht nur geschätzt. Das französische Original hat hier den Ausdruck "plebiscitée", also: durch einen Volksentscheid, kanonisiert. Wer will, kann von einem populistischen Gegenkanon sprechen.

Mit großem Recht steht Robert E. Howard neben Lovecraft: Er, der meist nur als Erfinder der "Conan"-Figur bekannt ist, kaum aber mit dem meisterhaften "Kull", war ein Freund und Briefpartner von Lovecraft und wurde von ihm zur Schriftstellerei ermutigt, auch wenn das schleimige Tiefsee-Grau des Cthulhu-Mythos bei Howard in allen Farben - zumeist aber blutrot - aufblühte. Auch John Norman wäre hier zu nennen, dessen sadomasochistische "Gor"- Serie inzwischen in manchen Ländern verboten wurde: Neben Lovecraft und Howard bewährt er sich als Stern von kaum geringerer Leuchtkraft.

Wer solche Bücher liest, bemerkt die eigene Nervosität: Er befindet sich in schlechter Gesellschaft, unbestreitbar handelt es sich um mindere Gattungen, und wer sich zu ihnen bekennt, wird förmlich von der eigenen Scham verzehrt. Und dennoch: Die Meisterschaft ist offensichtlich, und der Lustgewinn gibt am Ende den Ausschlag. Lichtenberg hat auch hier das rechte Wort gefunden, als er einmal lakonisch notierte: "Genie auf jeder Stufenleiter".

Michel Houellebecq: "Gegen die Welt. Gegen das Leben. H. P. Lovecraft". Aus dem Französischen übersetzt von Ronald Vouillié. DuMont Verlag, Köln 2002. 115 S., geb., 14,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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H.P. Lovecraft
Es gibt Erzählungen, Romane, Essays und Gedichte von Michel Houellebecq. Mit seinem zuletzt in deutscher Sprache erschienenen Buch Gegen die Welt, gegen das Leben wagte er sich an ein anderes Genre: der Biographie. Seine Darstellung des Lebens und des Werks H.P. Lovecrafts (1890-1937) dient ihm dabei als Hilfe zur Positionierung seines eigenen literarischen Schaffens. Nicht ohne Grund wählt er den amerikanischen Autor, der noch immer - trotz seines Kultstatus - als Außenseiter gilt, zum Gegenstand: In Lovecraft erblickt er sein verzerrtes alter ego.
Eine Art erster Roman
Gegen die Welt, gegen das Leben ist bereits 1991 erschienen und der Autor bezeichnet es weniger als Biographie denn als "eine Art erster Roman". In der Tat enthält dieses Buch romanhafte Züge, wie es gleichzeitig aber auch essayistische Formen annimmt. In tadellos literarischer Sprache und mit enormer Sachkenntnis breitet Houellebecq das Lebens des politisch nicht unumstrittenen Amerikaners vor dem Leser aus. Er beschreibt sachlich, strukturiert und differenziert das Leben eines Schriftstellers, der zumindest in Deutschland als Trivialautor keine literaturkritische Würdigung erfährt. Wichtiger aber als dessen Leben scheinen Houellebecq die gruseligen Phantasiewelten Lovecrafts, in denen er eine Ablehnung gegen den literarischen Realismus zu erkennen glaubt. Genau dessen überführt er ihn allerdings in seinen späteren Werken. Houellebecqs Bewunderung ist also keine blinde, vielmehr bleibt er kritisch, was ihm die nötige Differenz ermöglicht, in der er sich selbst literarisch verwirklichen will.
Eine wichtige Gemeinsamkeit spart er aber nicht aus: der Ekel vor dem Menschen und die Misanthropie, die wir von Houellebecq kennen, zeichnet auch das Werk Lovecrafts aus. Dessen sinn- und götterleerer, heil- und hoffnungsloser Kosmos stellt für Houellebecq eine entscheidende Prägung dar.
Für Fans
Gegen die Welt, gegen das Leben ist ein Buch für Fans von H.P. Lovecraft und natürlich von Michel Houellebecq, der sich damit eine literarische Genealogie schafft und sich selbst in die Klasse von Autoren wie Poe oder Tolkien befördert.
(Andreas Rötzer)

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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Michel Houellebecqs Essay über H. P. Lovecraft hat für Lorenz Jäger den "Fanfarenklang eines literarischen Manifests". Houellebecq will den Leser wortgewaltig von der Bedeutung des amerikanischen Fantasy-Autors überzeugen, und im Falle des Rezensenten hat er das geschafft. Jäger liest den Essay als "Rechenschaftsbericht einer Initiation", mit dem Houellebecq schon 1988 sich und dem Publikum seine Faszination für den oft als Vertreter der Schundliteratur angesehenen Lovecraft erklären wollte. Er stelle den Schöpfer des Cthulhu-Mythos in eine Reihe mit Howard und Tolkien, Autoren, die von der Kritik verachtet, vom Publikum aber geschätzt werden, und deren wahre Größe erst später erkannt werden wird. Für Houellebecq stellt der von Lovecraft geschaffene sinn- und götterleere, heil- und hoffnungslose Kosmos eine wichtige Prägung dar. In diesem frühen Text ist der französische Skandalautor nach Einschätzung des Rezensenten auf der Suche nach seinen literarischen Vorläufern, er schafft sich, wie Jäger schreibt, eine "legitimierende Genealogie".

© Perlentaucher Medien GmbH"