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Mit diesem Buch erscheint die erste, wissenschaftlich fundierte Biografie des berühmten Arbeiterführers Lech Walesa im deutschsprachigen Raum. Der Blick auf sein Lebenswerk offenbart eine Fülle von Material, das für die polnische und europäische Zeitgeschichte von großer Bedeutung ist, das grundlegende Erkenntnisse über die Ost-West-Beziehungen sowie das deutsch-polnische Verhältnis vor und nach der Wende vermittelt und das ebenfalls genug Stoff für die intellektuelle Durchdringung der Transformation in Ostmitteleuropa liefert. Schon 1970 revoltierte er gegen die unwürdigen Lebensbedingungen…mehr

Produktbeschreibung
Mit diesem Buch erscheint die erste, wissenschaftlich fundierte Biografie des berühmten Arbeiterführers Lech Walesa im deutschsprachigen Raum. Der Blick auf sein Lebenswerk offenbart eine Fülle von Material, das für die polnische und europäische Zeitgeschichte von großer Bedeutung ist, das grundlegende Erkenntnisse über die Ost-West-Beziehungen sowie das deutsch-polnische Verhältnis vor und nach der Wende vermittelt und das ebenfalls genug Stoff für die intellektuelle Durchdringung der Transformation in Ostmitteleuropa liefert. Schon 1970 revoltierte er gegen die unwürdigen Lebensbedingungen im sozialistischen Polen. 1980 stand er an der Spitze des Streiks, der zur Gründung der freien Gewerkschaft Solidarität führte. Im Dezember 1981 wurde er interniert. Im Frühjahr 1989 gelang es der Solidarität am Runden Tisch, den Systemwechsel in Polen und damit den epochalen Umbruch im gesamten Ostblock einzuleiten. Im Jahr 1990 bestimmte ihn die Mehrheit der Polen zum ersten frei gewählten Staatspräsidenten der nachsozialistischen Ära.
Autorenporträt
Reinhold Vetter, geboren 1946; Ingenieur für Vermessungswesen, Studium der Politikwissenschaft und Journalistik; 1984 - 1988 beim WDR-Hörfunk in Köln, 1988 - 1994 ARD-Korrespondent (Hörfunk) in Warschau; Korrespondent des Handelsblattes zunächst in Warschau (1994 - 2000), dann in Budapest (2000 - 2003) und seit 2004 wieder in Warschau. Reinhold Vetter lebt als freier Wissenschaftler und Publizist in Berlin und Warschau mit dem Arbeitsschwerpunkt: Zeitgeschichte, Politik und Wirtschaft in Ostmitteleuropa. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, Aufsätze in Fachzeitschriften und regelmäßige Beiträge für die "Neue Züricher Zeitung".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.08.2010

Der Arbeiterführer
Belächelt viel und viel gescholten, aber doch ein Held:
Reinhold Vetters Biographie des Polen Lech Walesa
Das bisher letzte Mal, dass Lech Walesa vor der Weltöffentlichkeit auftrat, war am 9.November 2009 in Berlin. An jenem Tag stellte er symbolisch den Fall der Berliner Mauer nach, indem er die erste von Hunderten wie Dominosteine aneinander gereihte Stelen anstieß, welche dann die anderen zum Einsturz brachten. Denn es war Walesa, der die Initialzündung zum Zusammenbruch des Ostblocks gegeben hatte.
Am kommenden 31.August jährt sich zum 30. Mal der Tag, an dem im Jahr 1980 zwischen der kommunistischen Staatsmacht und den Streikenden der Danziger Leninwerft jenes „Danziger Abkommen“ unterzeichnet wurde, das den Weg zur Gründung der Gewerkschaft Solidarnosc ebnete und einen Meilenstein im Leben Walesas darstellt.
Rechtzeitig hat der langjährige Polenkorrespondent Reinhold Vetter eine Biographie von „Polens eigensinnigem Helden“ vorgelegt, wie er Walesa nennt. Vetters Bericht beginnt mit Walesas Vater, der von den Nazis gefoltert wurde und der früh, 1945, zwei Jahre nach der Geburt seines Sohnes Lech starb. An diesem Punkt findet der Autor erstmals Lob für Walesa. Denn Walesa habe den Naziterror nie zum Anlass einer antideutschen Haltung genommen – im Gegensatz zu den Brüdern Lech und Jaroslaw Kaczynski, die noch sechzig Jahre nach Kriegsende eine „schroffe, unversöhnliche“ Politik betrieben hätten.
Schon in dieser Passage wird deutlich, dass der Autor seinen heute gelegentlich umstrittenen Helden schätzt und ihn gegen mancherlei Kritik in Schutz nimmt. Immer wieder etwa finden sich Stimmen, die behaupten, Walesa habe unter dem Tarnnamen „Bolek“ für den kommunistischen Geheimdienst gearbeitet. Dagegen hat Walesa unlängst Geheimdienst-Dokumente auf seine Homepage gestellt, die eine Operation der Sicherheitsbehörden aus dem Jahr 1987 gegen ihn offenbaren (wobei bis heute unklar ist, woher Walesa diese Dokumente hat; während seiner Amtszeit als Präsident waren einige Dossiers aus den Archiven der Geheimpolizei verschwunden).
Damals, 1987, kauften kommunistische Agenten ein Grundstück neben dem von Walesa im kaschubischen Ort Zdunowice. Offenbar sollte der für das System so gefährliche friedliche Revolutionär von dort bespitzelt werden. Der Autor hat sich ausführlich mit der Frage beschäftigt, ob Walesa, wie einige polnische, von Vetter als unglaubwürdig eingestufte Autoren behaupten, für den Geheimdienst gearbeitet habe. Seine Antwort ist ein klares Nein.
Eigentlich ist es schade, dass eine solche Diskussion, offenbar von journalistischen Heckenschützen angezettelt, die Lebensleistung Walesas immer wieder zu überschatten droht. Dessen ungeachtet gibt es durchaus problematische Stationen im politischen Lebensweg Walesas. Eine solche ist jene nach der polnischen Wende, als das Reformkabinett unter Tadeusz Mazowiecki Polen auf eine neue politische und wirtschaftliche Basis stellte – und Walesa, ohne den diese große Umwälzung so nicht stattgefunden hätte, kein Amt hatte und sich seinen Platz in dem von ihm geschaffenen System erst suchen musste.
Damals, so zitiert der Autor einen polnischen Zeitzeugen, „fühlte sich Walesa wie ein Fisch auf dem Trockenen. Um weiter bestehen zu können, musste er sich in einen Skorpion verwandeln“. Walesa stach zu – er begann den sogenannten „Krieg an der Spitze“: Er kritisierte die Mazowiecki-Regierung und rief zur Gründung neuer Parteien auf.
Schließlich fand er seinen Platz im neuen System. 1990 wurde er Staatspräsident. Fünf Jahre stand der Arbeiterführer nun an der Spitze des von ihm geschaffenen neuen Polen – oft kritisiert, manchmal belächelt – bis er 1995 dem Postkommunisten Aleksander Kwasniewski unterlag.
Vetter zeichnet diesen Lebensweg anhand vieler Interviews mit Walesa und anhand aller verfügbaren polnischen Quellen nach. So entstehen ein Zeitdokument erster Klasse und eine Chronologie der Ereignisse, die zum Sturz des Kommunismus führten. Dieser bedurfte eines in der polnischen Widerstandstradition stehenden, von Ausdauer geprägten Mannes wie Walesa und eines ungebärdigen Landes wie Polen, das nach Stalins Worten für den Kommunismus so geeignet sei wie eine Kuh für einen Rennpferdsattel. Zu Recht bezeichnet Vetter Walesa als einen „der polnischen Helden des 20. Jahrhunderts“. HEIKO FLOTTAU
REINHOLD VETTER: Polens eigensinniger Held. Wie Lech Walesa die Kommunisten überlistete. Berliner Wissenschaftsverlag, Berlin 2010. 414 Seiten, 37 Euro.
Polen und der Kommunismus:
„Eine Kuh mit Rennpferdsattel“
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Diesen Lech Walesa nimmt Heiko Flottau dem Autor ab. Dass der langjährige Polen-Korrespondent Reinhold Vetter "seinen" Walesa vor Heckenschützen in Schutz nimmt und für seine Rolle beim Sturz des Kommunismus hoch schätzt, findet Flottau in Ordnung. Vetters Ergebnisse bei der Untersuchung von Walesas angeblicher Geheimdienstvergangenheit ("ein klares Nein") akzeptiert er. Laut Flottau entsteht durch die Nachzeichnung des politischen Lebensweges des polnischen Helden Walesa ein quellensattes, erstklassiges Zeitdokument und eine Chronologie der Ereignisse, die zum Ende des Kommunismus führten.

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