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Eingebettet in die schleswig-holsteinische Landschaft, ihren Himmel, ihre Winde, ihre von Wasser umgrenzten Flächen, erzählt Jochen Missfeldts großer Roman die Geschichte zweier Männer, die dieselben Frauen lieben und durch ein tragisches Schicksal aneinander gekettet sind.

Produktbeschreibung
Eingebettet in die schleswig-holsteinische Landschaft, ihren Himmel, ihre Winde, ihre von Wasser umgrenzten Flächen, erzählt Jochen Missfeldts großer Roman die Geschichte zweier Männer, die dieselben Frauen lieben und durch ein tragisches Schicksal aneinander gekettet sind.
Autorenporträt
Missfeldt, Jochen
Jochen Missfeldt, geboren 1941 in Satrup bei Schleswig, war Fliegeroffizier bei der Luftwaffe und studierte dann Musikwissenschaft und Philosophie. Er veröffentlichte die Romane "Solsbüll", "Gespiegelter Himmel", "Steilküste" und "Sturm und Stille", außerdem Erzählungen, Gedichte und eine Biographie Theodor Storms. Im Jahr 2002 erhielt er den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis, später auch den Kunstpreis des Landes Schleswig-Holstein, den Theodor-Storm-Preis der Stadt Husum sowie den Italo-Svevo-Preis. Jochen Missfeldt lebt in Nordfriesland.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.01.2002

Der Schleudersitz der Vernunft
Missfeldt erzählt: Der Roman "Gespiegelter Himmel" läßt auch in der Überfülle Absicht walten

Jochen Missfeldt erzählt von Baronin Zago. "Bekannt wurde die böse Herrin eines Sommersonntags, als sie zusammen mit dem Oberheizer das Dienstmädchen an den glühenden Ofen band. Die Arme hatte Zucker genascht. Während die Naschkatze am Ofen schmorte, ließ die Freifrau anspannen; dann fuhr sie unter Donner und Blitz, Hagel und Wind zum Gottesdienst in die neue, kalte Kirche von Sankt Ursula. Nach dem Gottesdienst schien die Sonne. Es war warm geworden. Zu Hause hing die Naschkatze verbrannt und mit verdorrten Lippen am Ofen. ,Weisest du mir noch die Zähne?' rief die Zago, gab der Leiche einen Schlag, daß sie zu Staub zusammenfiel."

Missfeldt erzählt von Biene Siemsen. "Die Königin kümmerte sich weder um An- noch um Abmeldung; Biene Siemsen tat es trotzdem, weil er das beim Militär gelernt hatte. Die Königin legte seit drei Wochen ein Ei nach dem anderen und würde damit noch bis zum Herbst beschäftigt sein. In diese Arbeit war sie so versunken, daß alles andere nicht zählte. Sie konnte nicht anders: Ihr Hirn war zugunsten der Zeugungsorgane auf ein Nichts zusammengeschrumpft. Der Befehl lautete: sofort an die Arbeit und Pollen sammeln. Biene Siemsen, drolliger Ernährungssonderling, fühlte sich sofort heimisch; er tankte Honig für den Honigmagen, damit es unterwegs an Treibstoff nicht fehle. Er begab sich ans Flugloch und flog los in die wonnewarme Arizona-Frühlingsluft. Auf der Kirchturmspitze des Orgelpfeifenkaktus blühte es besonders reich und besonders schön. Da arbeitete Biene Siemsen wie im Rausch mit göttlichem Eifer und kam den Göttern nahe wie sonst keiner."

Missfeldt erzählt vom ungeborenen Kind. "Es hörte im Herzschlag seiner Mutter das ,Mama' und das ,Papa'. Nichts anderes drang so tief ein und saß so gut und fest in der tiefen Einsamkeit des Mutterleibes: Musik des Herzens. Das unter dem Herzen sitzende Kind taufte sich dreisilbig: ,Elena'. Roswitha empfing die Botschaft und sagte: ,Na gut, aber ich werde dich Lena nennen.' Die werdende Mutter saß kerzengerade und einen Apfel kauend am Wohnzimmerfenster, hundert Meter vom Herrenhaus Güldenholm entfernt. In der Ferne sah sie Baukräne und Brautkähne über Flugplatz und Himmel fahren. Ein trotziges Glück überfiel sie und riß sie mit: ,Dich kleines Ding zieh ich auch ohne Vater groß.'"

Missfeldt erzählt. Ihm fehlen für nichts die Worte. Vielleicht ist das ein Erbteil seiner Anfänge als Lyriker: die Genauigkeit und Dichte seiner Sprache. Kein Wort ist umsonst, auch im Überfluß waltet Absicht. Weiter als in seinem ersten, 1989 erschienenen Roman "Solsbüll" hat sich Missfeldt jedoch von diesen Ursprüngen entfernt. Dort wurde noch hier und da auf dem Altar der Ästhetik geopfert. Damals nahm Missfeldt um des Schönklangs willen manchmal Unklarheit in Kauf. In "Gespiegelter Himmel" ist das nicht mehr so, und trotzdem - aber nicht von ungefähr - ist die Sprache dadurch schöner und reicher geworden. Wobei der inzwischen sechzig Jahre alte, souveräne Autor mit vielen Stimmen spricht oder sie sprechen läßt: "Heute back ich, heute brau ich, heute noch fick ich der Königin ein Kind."

Das zum Beispiel ist die Stimme Zürndorfers. Der ist Flieger und büßt über der Wüste von Arizona durch einen Unfall etwas Gehirn ein, nachdem ein Starfighter seinem Starfighter die Höhenflosse weggeschlagen hat. Zürndorfer, zu diesem Zeitpunkt noch ein alerter Karriereoffizier, schießt sich mit dem Schleudersitz heraus und hängt in der Luft. "Wo war der Sitz geblieben, die Fehlkonstruktion namens C-2? Die Fehlkonstruktion überholte den havarierten Flieger, kam von oben, verhedderte sich in den Fallschirmleinen, fuhr wie ein Fahrstuhl an den Seilen entlang abwärts und sprach: ,Nun geht es ans Schädelspalten.'"

Wie man sieht, sprechen bei Missfeldt sogar Schleudersitze. Und Kühe, Silberlinden, eigentlich alles: alles spricht und alles erzählt, jeder Faden ist eine Geschichte und die zahllosen Geschichten sind kunstvoll in ein dichtes Gewebe gewirkt. Wobei der Autor den Stoff so beherrscht, daß der Leser nie den Faden verliert - oder was er gerade für den Faden halten mag, denn den kennt der Autor besser.

Irgend jemand muß Missfeldt verraten haben, daß kein Mensch freiwillig dicke Bücher liest, es sei denn, er wollte wirklich wissen, wie es weitergeht. Spannung: in feingebildeten Romanen - erst recht in literaturgeschichtlich und historisch so gebildeten wie diesem - wird ihr üblicherweise geringe Bedeutung beigemessen. Mitunter wird die Spannung gar verachtet, als sei sie die Klapper. Sie ist aber das Handwerk. Ohne dessen sichere Beherrschung kann in der Literatur, schon gar im Roman nicht große Kunst entstehen.

Große Kunst? Ja. Klingt ein bißchen voll, aber stimmt. "Gespiegelter Himmel" ist ein großer Roman, eine große Erfahrung, ein großes Vergnügen. Der zugleich banal und ein bißchen gezwungen klingende Titel mit dem unechten Adjektiv verheißt nicht, welcher Reichtum, welche Fülle auf den gut vierhundert Seiten zwischen den Buchdeckeln stecken, auch welche Empfindlichkeit und Tiefe. Vielleicht wäre der Untertitel "Titanvogeltage" besser gewesen? Er ist allerdings schwer verständlich. Erst wenn man das Buch kennt, weiß man, daß mit den Titanvögeln Düsenjäger gemeint sind, hauptsächlich Starfighter, später Phantoms, denn Missfeldt schöpft hier aus seiner Zeit als Pilot bei der Bundeswehr. Sein "alter ego" Gustav Hasse ist es, der Zürndorfers Unfall verursacht.

Und Hasse kümmert sich dann, auf Befehl und aus schlechtem Gewissen, um Zürndorfer, der durch die Blessur seines Gehirns zwar nicht den Verstand verliert, aber die Zukunft. Er kennt auch keinen Willen mehr, keine Richtung, keine Vorsicht, keinen Anstand - und keine Lüge. Die Einführung dieser (als neurologischer Fall bekannten) Figur ist ein famoser Einfall, und Missfeldt weiß ihn weidlich zu nutzen. Allein die Entfaltung von Zürndorfers Geschichte belebt unablässig die Neugier, und die Unvorhersehbarkeit seiner Sätze und Taten eröffnet immer wieder neue Blicke auf vermeintlich alte Angelegenheiten.

Missfeldt erzählt, wie in "Solsbüll", an das sein neuer Roman anknüpft, ja nicht nur persönliche, sondern auch politische, mithin bekannte Geschichten. Das Buch spielt durchweg in den sechziger und siebziger Jahren; gottlob in einer Welt, die wenig Berührung hat mit den bis zum Verdruß literarisch ausgepreßten akademischen Milieus dieser Zeit. Doch waren auch diese Jahre mit denen davor untrennbar verknüpft. Die Biographien wachsen aus der Kriegs- und Vorkriegszeit empor, sind - so oder so oder beides - verstrickt in das Geschehen der Nazi-Zeit. Darüber hinaus greift der Roman tief in das Wurzelwerk von Kultur- und sogar Naturgeschichte. Das Faust-Motiv variiert der musikliebende Autor ideenreich, ohne damit auf die Nerven zu gehen, wie einen dezenten Baß. Eine lebhafte Obertonsphäre erzeugt er dank der spielerischen Sicherheit seiner Wortwahl. Doch nie drängt er etwas auf - schon gar nicht sich selbst. Missfeldt erzählt.

Jochen Missfeldt: "Gespiegelter Himmel". Roman. Alexander Fest Verlag, Berlin 2001. 424 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Fliegen ist Gustavs Ein und Alles. Das Abitur gerade in der Tasche, macht er sich 1962 auf, um Pilot bei der Bundeswehr zu werden. Er wird in der Nähe seines schleswig-holsteinischen Heimatortes Solsbühl stationiert, wo er tagsüber das Flugtraining absolviert und nachts von Roswitha, seinem früheren Kindermädchen, träumt. Doch die Ausbildung am Starfighter wird bald zur Nebensache: Gustavs Vorgesetzter Heinrich macht sich erst an Roswitha und dann an seine neue Liebe Susanne heran. Dabei sind die beiden Nebenbuhler durch ein tragisches Schicksal aneinander gekettet ... Was klingt wie ein Groschenroman mit Militärromantik, entpuppt sich schnell als brillante Mentalitätsgeschichte der Bundesrepublik Deutschland. Missfeldt, selbst ehemaliger Starfighter-Pilot, erzählt poetisch und facettenreich die wundersame Geschichte zweier Männer, die dieselben Frauen lieben. Absolut lesenswert! (www.parship.de)

Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ein bizarres Buch muss das sein. Vom Fliegen in postheroischer Zeit erzählt es, wie Wolfgang Lange erklärt, "aber auf äußerst romantische Manier". Kann man Starfighter und Götter vereinen? Offenbar ja. Sogar einen lyrischen Roman, der den Rezensenten momentweise an Puschkin oder Byron denken lässt, kann man draus machen. Einen Fliegerroman, der mehr durch seine poetischen Qualitäten, seine ständigen "Abschweifungen ins Symbolische", besticht als durch seinen Plot oder irgendwelche dramatischen Zuspitzungen im Himmelblau. Bleibt dem Leser noch, die Warnung des Rezensenten zu beherzigen und das Buch mit Vorsicht zu genießen, "in wohldosierten Portionen", sonst "stellt sich leicht ein Gefühl der Übersättigung ein".

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Jochen Missfeldt kann das unlösbar Gemeinsame von Glück und Bedrohung, von Liebe und Verlust und ewiger Hoffnung unvergesslich beschwören. Sybil Gräfin Schönfeldt Brigitte