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Savio, ein kleiner Ladendieb und Träumer, lebenslustig, ohne Arbeit und verliebt, schlittert in eine dumme Geschichte, aus der es lange kein Entkommen gibt. Ein gesellschaftlich brisanter, aber auch humorvoller, poetischer Roman über unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Folgen für den, der seine eigenen aufzustellen versucht.

Produktbeschreibung
Savio, ein kleiner Ladendieb und Träumer, lebenslustig, ohne Arbeit und verliebt, schlittert in eine dumme Geschichte, aus der es lange kein Entkommen gibt. Ein gesellschaftlich brisanter, aber auch humorvoller, poetischer Roman über unsere Allgemeinen Geschäftsbedingungen und die Folgen für den, der seine eigenen aufzustellen versucht.
Autorenporträt
Schröder, Martin Z.Martin Z. Schröder, geboren 1967 in Berlin, ist gelernter Schriftsetzer und unterrichtete u. a. an der Potsdamer Fachhochschule im Fachbereich Design. 2002 erschien sein Roman «Allgemeine Geschäftsbedingungen». Martin Z. Schröder führt eine Akzidenzdruckerei in Berlin-Weißensee.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2002

Wenn die Sonne die Erde umgreift
Heiliger Lukács! Martin Z. Schröders Debütroman

Die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen", die Martin Z. Schröders Debütroman im Titel führt, sind die einfachsten Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenlebens. Du darfst niemanden niederschlagen, nur weil dir zwanzig Mark fehlen. Das sieht sogar Savio Kuszcz ein, den man "Kusch" ausspricht, was nicht ganz zufällig wie "kuschen" klingt. Doch er, ein Kaufhausdieb ohne Schulabschluß und Zukunftsplanung, hat sich dieser Tat schuldig gemacht. Sechs Wochen verbringt er in der Untersuchungshaft, weil ihm vorgeworfen wird, sein Opfer mit einer Pistole bedroht zu haben. In vier Kapiteln erzählt Schröder von Tat, Verhaftung, Knast, Prozeß und den zähen Bemühungen, mit Unterstützung des Sozialamtes einen Neuanfang oder überhaupt einen Anfang zu finden. Denn Savio hatte noch nie einen Platz im Leben. Daß das Gefängnis unausweichlich zu seinem Ort werden wird, zeigt das kurze Schlußkapitel: Savio ist schon wieder verhaftet worden, wegen Körperverletzung und Haschischbesitzes. Die "Allgemeinen Geschäftsbedingungen" sind in seinem Fall also als geschlossener Kreislauf zu verstehen. Einen Ausweg wird es nicht geben.

Schröders Stärke ist die detailgenaue Beobachtung, die alle Anteilnahme verweigert. Er psychologisiert nicht und verzichtet darauf, so etwas wie "Sinn" zu produzieren. Weil er sein Geld als Journalist verdient, hat er gelernt, aufs Faktische und auf die eigene Recherche zu vertrauen. Für den Roman hospitierte er bei der Berliner Polizei, durfte dort echte Blaulichtfahrten absolvieren und Polizisten bei ihrem Tagewerk begleiten.

Die Stärke ist zugleich die Schwäche des Buches. Es wimmelt von Details, die die Geduld des Lesers strapazieren, weil sie jenseits des Dokumentarischen keine erzählerische Bedeutung gewinnen. Viele Figuren werden umständlich beschrieben, nur um gleich wieder spurlos zu verschwinden. Weil der jugendliche Held allzu ahnungslos und unbedarft durch die Gegend taumelt, kann sich nichts entwickeln. Es gibt keine Mehrdeutigkeit, kein Geheimnis, keine Spannung. Das authentizitätsheischende Präsens ist allgegenwärtig. Es erlaubt keine Distanz und keine Reflexion, nur Fakten und nie Fiktion. Wenn Schröder versucht, den nüchternen Protokollstil poetisch zu erhöhen, kommen Sätze wie diese dabei heraus: "Der im Verschwinden begriffenen Sonne blieb keine Zeit, den Flecken Erde wärmend zu umgreifen. Schwach leuchtet sie auf die Fenster der Kästen aus Beton, die das Licht nach unten weitergeben. Die Spiegelungen lassen die feuchte Luft schimmern. Alles ist in Pastelltöne getaucht."

"Allgemeine Geschäftsbedingungen" knüpft an die Dokumentarliteratur der siebziger Jahre an, die ja auch das Ziel hatte, die bürgerliche Leserschaft mit Ausschnitten der sozialen Wirklichkeit zu konfrontieren, von denen sie wenig wußte. Schröder begreift Realismus ganz schlicht als korrekte Abbildung der Wirklichkeit, als sei er bei Georg Lukács in die Schule gegangen. Das ist für einen Autor, der 1967 in Berlin geboren wurde und in der DDR aufwuchs, ein erstaunlicher Befund.

JÖRG MAGENAU

Martin Z. Schröder: "Allgemeine Geschäftsbedingungen". Alexander Fest Verlag, Berlin 2002. 304 S., geb., 17,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Wie ein in Romangestalt exemplifizierter Foucault liest sich für Gieri Cavelty der Debütroman von Martin Z. Schröder. Im Mittelpunkt steht ein 19-jähriger Täter, der selbst zum Opfer wird und sich in den Stricken des sozialfürsorgerischen und strafrechtlichen Systems verheddert, das Foucault als "Kerkernetz" bezeichnet hat, so Cavelty, und vor allem in die unterprivilegierten Schichten hineinregiert. Angesiedelt ist die Geschichte, die soweit ganz glaubhaft und überzeugend erscheine, in Berlin-Neukölln, berichtet Cavelty. Schröder bemühe sich, alle Wertungen herauszuhalten, doch gelegentlich schimmere seine Wut durch, meint der Rezensent. Einzelne Repräsentanten des Sozialstaats erscheinen ihm beispielsweise zu überzeichnet, wogegen der Protagonist manchmal zu flach wirke. Schröder prangert nicht an, er hat ein "stilles Skandalbuch" verfasst, das wohl auf eigenen Erfahrungen als Sozialarbeiter beruht, meint unser Rezensent. Für ihn steht das Buch in der Tradition des Großstadtromans wie Döblins "Berlin Alexanderplatz", dankenswerterweise verzichte der angehende Autor jedoch auf zu viele Anspielungen oder eitle Gesten.

© Perlentaucher Medien GmbH
Man schaut in einen Winkel Deutschlands, für den man sich bislang nie interessiert hat, und schüttelt sein Desinteresse ab wie eine Last. Max Goldt