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Eine Frau ohne Vergangenheit, eine Schublade voller Geld, ein Geliebter, der zu lange auf sich warten lässt - mit Sevilla ist Nina Jäckle ein perfide spannender Roman über die Flüchtigkeit von Identität, die Unbeständigkeit und Eigendynamik des Lebens gelungen.
Ihren Namen, ihr Land, ihre Stadt, ihre Sprache hat sie hinter sich gelassen, die neue Stadt heißt Sevilla. Geld besitzt sie im Überfluss und fängt doch kein neues Leben an. Sie wartet - auf ihren Geliebten, ihren Komplizen, der sie mit dem erbeuteten Geld vorausgeschickt hat. Doch mit jedem weiteren Tag, den sie ohne Nachricht von…mehr

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Produktbeschreibung
Eine Frau ohne Vergangenheit, eine Schublade voller Geld, ein Geliebter, der zu lange auf sich warten lässt - mit Sevilla ist Nina Jäckle ein perfide spannender Roman über die Flüchtigkeit von Identität, die Unbeständigkeit und Eigendynamik des Lebens gelungen.
Ihren Namen, ihr Land, ihre Stadt, ihre Sprache hat sie hinter sich gelassen, die neue Stadt heißt Sevilla. Geld besitzt sie im Überfluss und fängt doch kein neues Leben an. Sie wartet - auf ihren Geliebten, ihren Komplizen, der sie mit dem erbeuteten Geld vorausgeschickt hat. Doch mit jedem weiteren Tag, den sie ohne Nachricht von ihm bleibt, verwandelt sich das Warten langsam in ein Leben allein. Beinahe unmerklich dringen die fremde Stadt, die fremde Sprache in ihr Vakuum ein, nehmen von ihr Besitz, verändern sie, bis sie merkt, dass sie gar nicht mehr bereit ist, das erbeutete Geld und ihr Leben mit ihm zu teilen. Ihr Plan ist von zwingender Logik: Einen Untergetauchten wird niemand vermissen ...Mit der Präzision und Musikalität, die sie auszeichnen, erzählt Nina Jäckle vom Vergessen und dem Verschwinden in einer anderen Sprache, von der unkontrollierbaren Dynamik des Lebens selbst.
Autorenporträt
Jäckle, Nina
Nina Jäckle wurde 1966 im Schwarzwald geboren und lebt heute in Berlin. Sie hat bereits zahlreiche literarische Auszeichnungen und Stipendien erhalten, darunter 1995 den GEDOK Literaturförderpreis, 1996 den Hamburger Förderpreis für Literatur, 2003 das Alfred Döblin Stipendium, Berlin, 2004 das Stipendium Künstlerdorf Schöppingen und das Stipendium Kloster Cismar und 2005 den 6. Karlsruher Hörspielpreis. Im Beim Berlin Verlag erschienen: »Es gibt solche« (2002), »Noll« (2004) und »Gleich nebenan« (2006) und »Sevilla« (2010).
Rezensionen
"Nina Jäckle hat etwas bewirkt, das in der deutschsprachigen Literatur selten geworden ist.

Sie hat mit ihren Büchern einen Stil geschaffen."

DEUTSCHLANDFUNK

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.07.2010

Weiße Hemden, wechselnde Herzfrequenz
Abenteuer der deutschen Prosa in Andalusien: Nina Jäckles Roman „Sevilla“ und ihre Erzählung „Nai“
Welches Bild hinterlassen wir im Kopf eines anderen, und wie beherbergt der eigene Kopf Bilder von Menschen, die uns wichtig sind? Wann verlieren diese Bilder an Kontur? Kann man jemanden aus seinem Gedächtnis tilgen? „Sevilla“, der neue Roman von Nina Jäckle, geht mit solchen Fragen um, die schlicht wirken und erst dann bodenlos werden, wenn man über sie nachdenkt. Als Kriminalgeschichte im Geist des Nouveau Roman inszeniert die 1966 geborene Autorin die großen Themen der klassischen Moderne noch einmal neu: Fremdheit, Warten, Verschwinden. Die kühle Verve ihrer Sprache, die listig die großen Begriffe, an denen sie sich ausrichtet, unterdrückt – und manch anderen Begriff geschickt als spanische Vokabel in den Text schmuggelt –, steht in schönem Kontrast zur Kulisse des sich langsam mit Hitze aufladenden andalusischen Sevilla.
Es ist Herbst, die ersten Regentropfen fallen, als die Ich-Erzählerin in Sevilla eintrifft, um dort auf ihren Geliebten zu warten, der irgendwann nachkommen will. Zehn Jahre müssen sie untertauchen, so heißt es, so lange dauere die Verjährungsfrist. Viel mehr erfahren wir zunächst nicht über das Vergehen, das sich die beiden zu Schulden haben kommen lassen. Alles hat mit kleinen Gaunereien begonnen, mit Ladendiebstählen, bei denen der schöne Geliebte, seine Eleganz als Tarnung einsetzend, die Magnetstreifen mit einem Messer entfernte und so Waren in seinen Besitz brachte, die danach verhökert wurden. Doch dann wuchs der Bedarf, „da hetzt man schnell dem Haben hinterher, da gerät man schnell ins Soll und ins Muss“. Wenn der Leser das erfährt, ahnt er längst, dass der Grund der Flucht ein Verbrechen sein könnte, das nach zehn Jahren nicht verjährt.
Ein Schlüssel zum fremden Haus
Doch wie im Nouveau Roman ist auch hier die Kriminalgeschichte nur das Handlungsgerüst, um Beschreibungen, Reflexionen und Sprachgesten in eine erzählbare Form zu bringen. Während die Erzählerin auf den Geliebten wartet – „warte nicht, aber sei gewiss“, hat er zu ihr gesagt –, vergeht die Zeit. Es wird Weihnachten, die Heiligen Drei Könige kommen, und schließlich steuert der im Winter nur von Einheimischen bewohnte Ort auf die Semana Santa zu, die Heilige Woche zwischen Palmsonntag und Ostersonntag, deren Prozessionen berühmt sind, eine katholische, in Andalusien besonders ausgeprägte Tradition, die zum Startsignal für die Touristensaison geworden ist.
Die Erzählerin, die am Anfang kein Wort Spanisch sprach und froh darüber war, hat sich mittlerweile in den Alltag der Einheimischen eingefügt. Bestimmte Wege geht sie jeden Tag zur gleichen Zeit, sie hat ein Stammcafé gefunden, sich mit dem Wirt angefreundet und auch mit seiner besten Kundin: der Trinkerin Mercedes, die Deutsch spricht und mit ihren Hunden in einem kleinen Haus wohnt, dessen Schlüssel sie bekommt: „Ich mag es, durch das fremde Haus zu gehen, ich mag es, mir heimlich in einem fremden Leben meinen Platz zuzuteilen, für einen kurzen Augenblick ein Leben zu inszenieren, das nicht das meine ist, jemandes Dingwelt in aller Ruhe zu beschlagnahmen.“ Wer Markus Orths „Das Zimmermädchen“ kennt, wird hier zwangsläufig daran denken.
Und da gibt es noch den Nachbarn José, schön auch er, immer in weißen Hemden. Freundlich und zuvorkommend schnäbelt er sich in ihr Leben, seine Küsse sind wie Mund-zu-Mund-Beatmung, beseelend und verbindend, auch ohne gemeinsame Sprache. So wird dieser Roman mit seiner strengen Versuchsanordnung schließlich auch zu einer Geschichte über den eigentlichen Skandal der Liebe: dass ihre Objekte wechseln können. „Zu viele Tage hatte er keinen Zugriff auf meine Stimmlage, auf meinen Satzbau, auf meine Herzfrequenz, auf meine Haut. Meine Sätze richteten sich nicht an ihn, meine Idee von Liebe hatte nicht mehr ihn zum Gegenstand. So schnell geht das, cambiar de ropa, so schnell wechselt man die Idee, das Glück, die Richtung, die Lust, die Sprache.“
Nicht opulent, eher wie eine Schraffur, bildet Sevilla den Hintergrund des Romans, der von der Auslöschung eines alten und dem Entwurf eines neuen Ichs erzählt. Wie die früheren Bücher der Autorin, der Erzählungsband „Es gibt solche“ und die Romane „Noll“ und „Gleich nebenan“, ist er im Berlin Verlag erschienen. Im Tübinger Verlag Kloepfer & Meyer kam zeitgleich ein weiteres Buch von Nina Jäckle heraus, das die Eigenart ihrer Schreibweise wunderbar verdeutlicht.
„Nai oder was wie so ist“ heißt die kleine Erzählung, in der die Autorin ihrer graphisch strukturierten Phantasie freien Lauf lässt. Augenzwinkernd lässt sie sich dabei auf die Finger schauen, wie sie eine Kunstfigur erschafft, die aus nichts als Sprache besteht. Nai ist ein Zwitterwesen, eine Art wandelndes Graphem, montiert aus dem Anagramm des Vornamens der Autorin.
Zunächst noch geschlechtslos, verwandelt sich Nai in einen männlichen Helden, klein zwar, aber voller Tatendrang, der sich auf die Suche nach einem „sehr meisterhaften Abenteuer“ und der „allerschönsten Frau“ begibt. Kaum hat er sie gefunden, verlässt er sie für das nächste Abenteuer, all das Gedönse ums Aussehen geht ihm auf die Nerven, und auch seine Schuhe, ein solides Paar, das er, allzeit bereit, selbst im Bett trägt, will er mit ihr nicht teilen. Dafür verwickelt er sich in einen launigen Disput mit der Erzählstimme, die, wen wundert‘s, weiblich ist, und die Konkurrentin gern wieder aus dem Spiel nimmt.
„Nai oder was wie so ist“ steht in der Tradition der Ich-Figurationen, wie sie Valéry mit seinem Monsieur Teste, Michaux mit seinem Plume, Albert Ehrenstein mit Tubutsch, Else Lasker-Schüler mit Prinz Jussuf oder in jüngerer Zeit Sibylle Lewitscharoff mit Pong geschaffen haben. Dass Nina Jäckles Poetisierung der Erfindungsgabe da durchaus mithalten kann, zeigt ihre Begabung. Leicht hat es eine solche, die Identifikation unterlaufende Literatur aber nicht. Sie verlangt einen Leser mit Spielgeist und Knobelfreude, der Spaß daran hat, was man mit Sprache alles anstellen kann.
MEIKE FESSMANN
NINA JÄCKLE: Sevilla. Roman. Berlin Verlag, Berlin 2010. 142 Seiten, 19,90 Euro.
NINA JÄCKLE: Nai oder was wie so ist. Erzählung. Verlag Kloepfer & Meyer, Tübingen, 2010. 92 Seiten, 14,90 Euro.
Regen in Sevilla: Zwei Frauen auf dem Weg zur traditionellen Feria de Abril. Foto: Cristina Quicler/AFP
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.12.2010

Atemraubend
Nina Jäckles Kurzroman ist filigran trotz Action

Ein Geldbote ist erstochen worden. Die Geliebte und Komplizin des Mörders flieht mit der Beute von Deutschland nach Sevilla. Sie wartet monatelang - auf ihren Gefährten, auf die Verjährung der gemeinsamen Tat, auf ein neues Leben. Sie lebt auf der Schnittkante von Hoffnung und Angst, Vertrautheit und Fremde.

"Me borro, me pinto" - "Ich radier' mich aus, ich mal' mich neu" hat Nina Jäckle ihrem dritten, wieder anmutig stillen Roman als Motto vorangestellt. Ihre Heldin spielt mit Identitäten und sucht sich einen neuen Liebhaber, der ihre Sprache nicht versteht. Sie bügelt ihm die unschuldigen, reinweißen Hemden, freundet sich später mit der Whiskey trinkenden Mercedes an. Und sie lernt erste Fremdwörter, die in ihre Sätze einbrechen.

"Es wird kälter, sie binden die Palmenblätter nach oben, wie Kerzen stehen die Palmen starr auf den Plätzen, für den Winter in Form gebracht." Aus Sommer wird Herbst, wird Winter. Aus Mercedes eine Vertraute. Gemeinsam geben sie einen Teil der Beute aus. Ein Alltag beginnt. Bis der längst vergessene Komplize auftaucht und berichtet, dass man in Schwierigkeiten stecke, "so richtig in Schwierigkeiten, ich hoffe, dein Bett ist groß genug, ich werde bleiben". Es gibt Ärger mit Leuten, die ihr Geld zurückhaben wollen, mit einem Bruder, der seinen Bruder rächen will. Mit der neuen Unruhe konfrontiert, erwägt die Frau, ihren einstigen Geliebten zu beseitigen. Wer vermisst einen Flüchtling? Es folgen Abstürze, bizarre Pläne, ein Mord, eine Menge Action, allerdings mit stummgeschaltetem Ton.

Nina Jäckle hat während eines halbjährigen Aufenthalts in Sevilla zugelassen, dass sich ihr Umfeld "einschleicht". Ihr neuer Roman schleicht sich ebenfalls ein. Der Puls fährt nach wenigen, impressionistisch hingetupften Absätzen herunter: "Ich bin leise, niemand soll hören, dass nur ich in diesem Zimmer atme, dass es nur meinen Körper gibt in diesem Bett." Glück bedeutet, für einen Augenblick danebenliegen zu können.

JAN DREES

Nina Jäckle:

"Sevilla".

Roman.

Berlin Verlag, Berlin 2010. 148 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Gleich zwei gerade erschienene Bücher von Nina Jäckel möchte Meike Fessmann uns ans Herz legen. Ihr neuer Roman "Sevilla" kommt als Krimi im Gewand des Nouveau Roman daher: eine Ich-Erzählerin wartet in Sevilla auf ihren Geliebten, um dort mit ihm unterzutauchen, lässt die Rezensentin wissen. Auch hier dient der Kriminalroman nur als Form für große Fragen nach "Fremdheit, Warten, Verschwinden", stellt Fessmann klar. Sie findet es ausgesprochen gelungen, wie die Autorin "listig die großen Begriffe" vermeidet oder auf Spanisch in den Text einfließen lässt und die klassischen Themen der Moderne noch einmal neu aufgreift. Die Stadt bleibe dabei schemenhaft, wichtiger sei Jäckel in ihrer streng angeordneten Geschichte, den "Entwurf eines neuen Ichs" aufzuzeigen, so die Rezensentin höchst eingenommen.

© Perlentaucher Medien GmbH