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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

Richard J. Bernsteins Neuinterpretation von Freuds Analyse des jüdischen Monotheismus hat Rezensent Jan Assmann - selbst nicht ganz unbeschlagen auf diesem Gebiet - recht beeindruckt. Wie Assmann berichtet, sucht Bernstein gegen den Historiker Yosef H. Yerushalmi zu zeigen, dass Freud die Überlieferung nicht auf die Zwangsalternative "bewusste Tradition" versus "biologische Vererbung" reduziert hat, sondern ein Drittes im Sinn hatte: unbewusste Erinnerungsspuren, die kulturell übertragen werden. Dieser Traditionsbegriff geht nach Darstellung Assmanns über Gadamers Traditionsbegriff eines zur Selbstverständlichkeit abgesunkenen Horizonts des Vorwissens, der unser bewusstes geistiges Leben "immer schon" bestimme, hinaus. Tradition umfasse in Bernsteins Freud-Deutung darüber hinaus den Horizont des im psychoanalytischen Sinne Unbewussten, also der verdrängten psychischen Konflikte. Diese spiegelten sich in der Religionsgeschichte wider: "Religion ist Schuldgefühl, das ist Freuds Analyse." Bernstein zeige, so Assmann "wie man Freuds bahnbrechende Einsichten retten kann, ohne seine 'historischen' Konstruktionen und seinen Psycholamarckismus übernehmen zu müssen."

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