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1981 legte George Pistorius, Romanist in Williamstown/Mass. eine erste Bibliographie zu "Marcel Proust in Deutschland" vor. Mehr als zwanzig Jahre später erscheint das längst vergriffene Standardwerk - zum 80. Todestag des wohl größten französischen Schriftstellers des zwanzigsten Jahrhunderts - erneut im gleichen Verlag, nicht nur überarbeitet und ergänzt um Quellen, die seit Rilkes erstem Hinweis aus dem Jahr 1914 noch entdeckt wurden, sondern vor allem erweitert um die Fülle von Editionen, Neuübersetzungen, wissenschaftlichen Exegesen, allgemeinen Publikationen und Berichten, die sich seit…mehr

Produktbeschreibung
1981 legte George Pistorius, Romanist in Williamstown/Mass. eine erste Bibliographie zu "Marcel Proust in Deutschland" vor. Mehr als zwanzig Jahre später erscheint das längst vergriffene Standardwerk - zum 80. Todestag des wohl größten französischen Schriftstellers des zwanzigsten Jahrhunderts - erneut im gleichen Verlag, nicht nur überarbeitet und ergänzt um Quellen, die seit Rilkes erstem Hinweis aus dem Jahr 1914 noch entdeckt wurden, sondern vor allem erweitert um die Fülle von Editionen, Neuübersetzungen, wissenschaftlichen Exegesen, allgemeinen Publikationen und Berichten, die sich seit zwei Jahrzehnten mit dem Autor von A la Recherche du Temps Perdu befassten.
Dass sich der Umfang des ersten Versuchs, eine dem Deutschsprachigen gewidmete Wirkungsgeschichte allein mittels bibliographischer Daten und deren kurzer Beurteilung zu erfassen, um das mehr als vierfache erweiterte, belegt, welche eine Beachtung nicht allein der Autor sondern vor allem sein Werk und beider Rezeptionen erfahren haben.

Das Schrifttum zu Proust scheint sich verselbständigt zu haben, und seine Wertigkeit zwischen Lektüre und Forschung, zwischen Hedonismus und Hermeneutik gilt nur noch einem Ziel: den Autor in seiner ganzen Komplexität und Modernität vorzuführen und dem Menschen jeder Altersstufe von heute vertraut zu machen.

Jeder Leser, ob Wissenschaftler oder literarisch interessierter Laie, ob Feuilletonist oder Filmer, findet in dieser sich zwangsläufig fortschreibenden und dennoch schon wohlgeordneten, mit vielen Querverweisen und Würdigungen versehenen Bibliographie ein hilfreiches Instrument, an der Proust Rezeption teilzunehmen und sie mit zu gestalten.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.06.2003

Germanischer Geist
Eine Bibliografie versammelt das Deutsche an Marcel Proust
Prousts Beziehung zum deutschen Land war marginal. Gerade einmal Bad Kreuznach kannte er. Dafür von jenseits des Rheins die romantische Philosophie, Wagner, den Militarismus. Im Weltkrieg projizierte er eine provozierende Germanophilie auf seinen schwulen Outsider Charlus mit dem bayrisch-hochadligen Blut. Er ließ den Duodezfürsten Faffenheim-Munsterburg- Weinigen aufs Pariser Weltparkett schlittern, und überhaupt findet sich viel Deutsches in der „Suche nach der verlorenen Zeit”.
Quantitativ belegt dies ein einschüchternd-türkisfarbener Band des US- Emeritus George Pistorius. Auf über 400 steilformatigen Seiten und in über 1500 Nummern plus einigen Hundert Nachträgen werden, das darf man pauschal vermuten, wirklich alle deutschsprachigen Publikationen zu Proust aufgeführt – von seinem Todesjahr 1922 bis heute. So lagert sich implizit die weitschwingende Wellenbewegung ab, die Proust im Deutschland der zwanziger Jahre mitsamt seinen Propheten hoch hinauftrug, die ihn, von braunen Gewässern nur beinahe verschluckt, in eine von der ersten Gesamtübersetzung 1953-57 getragene Strömung kollektiver Erinnerungsübungen führte, um ihn, unbeschadet vom tückischen Polit- und Sozialsog der Siebziger, auf der Höhe eines nicht mehr abebbenden Enthusiasmus abzusetzen.
Die 1982 in Köln gegründete Marcel Proust-Gesellschaft ist an dieser anhaltenden Papierflut maßgeblich beteiligt; eine selbstreferentielle Pointe wäre es, wenn die noch schmale Erstauflage von Pistorius’ Verzeichnis, ein Jahr zuvor erschienen, all die Vervier- und fünffachung mit ausgelöst hätte, die sie nun dokumentiert. 1981 gab es tatsächlich eine Schublade „Proust und der deutsche Geist”, in der sich aber erfreulich wenig Gundolfsches tummelte. Um so mehr mag es heute scheinen, in Proust sei der deutsche Geist zu sich selbst gekommen.
Bei Pistorius steckt „deutsch” den weitestmöglichen Rahmen ab, so dass auch Untersuchungen über Prousts Verhältnis zur russischen Literatur aufgenommen sind, sofern nur deutsch geschrieben, andererseits Fremdsprachiges, wenn in unserem Sprachgebiet gedruckt. Eine Rubrik gilt der deutschen Proust- Forschung, doch den Hauptteil bildet „Proust in Deutschland: Einflüsse und Beziehungen”. Dabei ist das Kritiker-ABC, Adorno, Benjamin, Curtius eher tendenziell von den Dichtern (Bachmann bis Walser) zu trennen.
Wohlgemerkt: Es können nur Autoren begegnen, über deren Proust-Lektüre bereits jemand, und sei es vermutend, geschrieben hat. Dass es um beide Richtungen von Rezeption geht, d.h. auch um Prousts kreative Verarbeitung von Kulturerfahrungen, zeigt sich, wo seine Auseinandersetzung mit deutscher Musik von Bach bis Wagner und deutscher Philosophie von Leibniz bis Schopenhauer diskutiert wird. Die Einträge zu den beiden „deutschen” Filmproduktionen „Céleste” von Percy Adlon und „Un amour de Swann” von Volker Schlöndorff enthüllen indes, wie leicht die Wirklichkeit das nationale Konzept sprengt: Proust-Verfilmungen sind in vielfacher Hinsicht eine internationale Angelegenheit, während die aktuelle Comic-Fassung, „rein französisch” produziert, in Deutschland viel beachtet wurde.
Doch das Buch ist mehr als eine deutsche Bibliographie und insofern ein erstrangiger Wegweiser zu allem, was Proust betrifft. Umfangreiche Sach-, Titel- und Personenregister erschließen sein komplexes Corpus. Nützlich sind zumal die Inhaltsreferate und Auszüge, die natürlich dazu verführen, statt der Proust-Interpreten Pistorius zu lesen. Auch dieses Denkmal wird freilich kaum verhindern können, dass die Frist für gedruckte Bibliographien abläuft, nicht zuletzt, weil deren Fortschreibung immer mehr zur Gemeinschaftsaufgabe von Communities aus „Laien” und „Berufsspezialisten” wird.
ACHIM HÖLTER
GEORGE PISTORIUS: Marcel Proust und Deutschland. Eine internationale Bibliographie. Winter Verlag, Heidelberg 2002. 424 Seiten, 68 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Der Rezensent Albert Gier ist sich sicher: Angesichts der Flut von Sekundärliteratur, die Marcel Proust gewidmet ist, und in der sich der Einzelne kaum zurechtfinden kann, ist George Pistorius' Bibliografie, die in zwei Themenbereichen sowohl "Proust in Deutschland" als auch "Deutsches bei Proust" zusammenstellt, eine willkommene Orientierungshilfe. Dabei habe sie allerdings, wie alle Bibliografien, grundsätzlich mit zwei strukturellen Problemen zu kämpfen: Zum Einen könnten viele Arbeiten nicht nur einer einzelnen Rubrik zugeordnet werden und zum Anderen gebe es keine "richtige" Reihenfolge, in der diese Rubriken anzuordnen seien. In der Tat finden sich bei Pistorius einige Inkonsequenzen: Doppelnennungen, deren Motivation nicht ersichtlich sei, Abschnitte, von denen man nicht wisse, inwiefern sie sich wesentlich voneinander unterscheiden. Doch dies fällt für den Rezensenten kaum ins Gewicht, denn aus der "layrinthischen Struktur", die sich den "zalhreichen Querverweisen" und den immerhin vierzehn Registern verdankt, werde der "schmökernde" Leser zu einer bereichernden "Entdeckungsreise" verführt. Um dieses "Hilfsmittel", so Gier, können alle anderen, "auch die Franzosen", die deutschen Proust-Leser nur "beneiden". Umso mehr, als die vorliegende Bibliografie laut Herausgeber immer wieder aktualisiert werden soll.

© Perlentaucher Medien GmbH…mehr