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Preußische Diven blond wie Stahl
Mythen verklären oder überhöhen Ereignisse oder Personen der Vergangenheit und beanspruchen zugleich ihren Platz in der Gegenwart. Ihre Wirkmächtigkeit im Guten wie im Schlechten mag Anlaß genug sein, sie genauer unter die Lupe zu nehmen, ohne dabei gleich die mythische Aura zu zerstören. Genau das macht das Hörspiel Marleni. Die Schriftstellerin und Dramaturgin Thea Dorn inszeniert die fiktive Begegnung zweier Frauen, die zwar beide zum Mythos geworden sind, aber gegensätzlicher nicht sein könnten: Leni Riefenstahl und Marlene Dietrich. Gisela Uhlen und…mehr

Produktbeschreibung
Preußische Diven blond wie Stahl

Mythen verklären oder überhöhen Ereignisse oder Personen der Vergangenheit und beanspruchen zugleich ihren Platz in der Gegenwart. Ihre Wirkmächtigkeit im Guten wie im Schlechten mag Anlaß genug sein, sie genauer unter die Lupe zu nehmen, ohne dabei gleich die mythische Aura zu zerstören. Genau das macht das Hörspiel Marleni. Die Schriftstellerin und Dramaturgin Thea Dorn inszeniert die fiktive Begegnung zweier Frauen, die zwar beide zum Mythos geworden sind, aber gegensätzlicher nicht sein könnten: Leni Riefenstahl und Marlene Dietrich. Gisela Uhlen und Gisela May bringen stimmlich mit Lust und wunderbar bissiger Intensität die beiden Ikonen des letzten Jahrhunderts miteinander ins Gespräch.


Leni Riefenstahl plant ihren letzten großen Film: Penthesilea. Für die Hauptrolle will sie Marlene Dietrich gewinnen, die, nur noch ein Schatten ihrer Legende, seit 8 Jahren ihr Bett nicht mehr verlassen hat. Sie bricht in deren Pariser Wohnung ein, doch mit dem berühmt gewordenen Satz ?I?ve been photographed to death? lehnt die Dietrich ab. Aber Leni gibt nicht auf. In der beiderseitigen Gewissheit, in dem verdichteten Moment zwischen abgelaufener Lebenszeit und nahem Tod zu stehen, liefern sich die beiden preußischen Diven ein Wortgefecht, das die eigene Biographie und damit auch ein ganzes Jahrhundert besichtigt und verwirft, verklärt und verflucht. In atemberaubendem Tempo wechseln die Stimmungen und Themen. Doch hinter dem antagonistischen Klischee der ungleichen Schwestern ? hier der antifaschistische ?Engel?, der einen Mann nach dem anderen verschleißt und sich selbst zum ästhetischen Experimentierfeld macht, dort die Nazinutte, die die Welt ausschließlich als ästhetisches Phänomen betrachtet ohne Rücksicht auf politische oder soziale Dimensionen ? lauern erschreckende Parallelen: Marleni - ein deutsches Schwesternmärchen? In den beiden Ikonen deutscher (Film-) Geschichte haben zwei Legenden des deutschen Theaters ihre Paraderollen gefunden. Gisela Uhlen verleiht Leni Riefenstahl etwas unnachahmlich Zähes, Exaltiertes, und die Dietrich von Gisela May verströmt noch in ihrer Matratzengruft Lässigkeit und Intelligenz. Zusammen mit den Klangpassagen von Wolfgang Florey eröffnet sich ein spannungsgeladenes Phantasiereich voller Situationskomik und Abgründe.
Autorenporträt
Ursprünglich als Jungfrau geplant, zieht Thea Dorn intuitiv ein doppeltes Feuerzeichen vor und kommt - vier Wochen zu früh - am 23. Juli 1970 in Offenbach zur Welt. Die Löwefrau mit Aszendent Schütze geht nach dem Abitur ins antarktische Südgeorgien, um dort das Verhalten der Kaiserpinguine zu erforschen. Später arbeitet sie als Dozentin für Philosophie an der Freien Universität Berlin und hält Seminare zu Fragen der modernen Ethik und Ästhetik. Veröffentlichungen: Sie veröffentlicht die Kriminalromane 'Berliner Aufklärung', 'Ringkampf' und 'Die Hirnkönigin' und erhält den Raymond-Chandler-Preis. Ihr Theaterstück 'Marleni' wird im Januar 2000 in Hamburg uraufgeführt. Nach einem für Feuerzeichen typischen anfänglichen Skeptizismus nähert sich Dorn durch die intensive Arbeit an den Astrokrimis der Weisheit der Sterne. 'Seit ich weiß, daß fast kein Krimiautor Fische ist, schaue ich bei manchen Menschen genauer hin.'
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

"Diese einstündige Hörbuch-Fassung eines Theaterstücks von Thea Dorn ist für Rezensent Tilman Spreckelsen ein Gewinn. Das Stück selbst, das seinen Informationen zufolge eine fiktive Begegnung von Marlene Dietrich und Leni Riefenstahl zum Inhalt hat, sei von Kolportage und Klamauk durchsetzt und strebe zum Boulevard. Deshalb profitiere es "nicht wenig" von der Zurückhaltung der beiden Sprecherinnen Gisela May und Gisela Uhlen, die sich - so Spreckelsen - davor hüten, die "dankbaren Pointen allzu sehr auszukosten". Im Ganzen setze das Hörbuch seine Akzente in der Hauptsache dadurch, dass es die Zeit vor 1945 durch musikalische Reminiszenzen "geradezu mühelos" wachrufe: den Bergfilmen der Riefenstahl geschuldete Windgeräusche und Schneegestöber, entsprechend pathetische Ufa-Musik, "hier die Altstimme Gisela Mays" als Marlene, "dort der helle Ton der Zielstrebigkeit" in Gisela Uhlens Leni Riefenstahl.

© Perlentaucher Medien GmbH"

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 14.08.2002

DAS HÖRBUCH
Leni und Marlene
So klingt Lebenserfahrung:
Gisela Uhlen und Gisela May
Die inkontinente Marlene Dietrich liegt in ihrem Bett und säuft sich letztes Leben aus kaputtem Leib, da klettert die Greisin Leni Riefenstahl über den Balkon von der Dietrichs Pariser Wohnung und bringt keuchend ihr Ansinnen vor, der Schauspielerin zum letzten Ruhm mittels einer Hauptrolle in der Verfilmung von Penthesilea zu verhelfen, ruhmvoll auch für sich selbst. Durch mal historisch anspielende, mal den Text interpretierende Orchestermusik und etwas Nazigebrüll wird das Hörspiel in Häppchen geteilt.
Zwei große Schauspielerinnen haben dem Stück von Thea Dorn, das auf diversen Bühnen zur Aufführung kam, ihre reichen Stimmen hingeschenkt: Gisela May als Dietrich, Gisela Uhlen als Riefenstahl. Geschenkt - denn mit Geld kann man diese Stimmen gar nicht honorieren. Fest voluminös bis zitterig stimmlos, heiser bis klangvoll wie ein großes Orchester verhöhnen zwei Frauen die Musikalität der instrumentalen Begleitung.
Jaulen, kreischen, gröhlen
Thea Dorn – das Pseudonym illustriert der Autorin Neigung zu Theodor Adorno – reüssierte bislang als Krimischreiberin und versuchte sich hier erstmalig an der Collage mit dokumentarischem Gehalt. Dokumentarisch bedeutet, dass die beiden Frauen einander ihre biographischen Stationen vorhecheln wie im Schulunterricht für Politkunde und sich für ihre Leben rechtfertigen, als sei man mit fast hundert Jahren nicht ausgerechnet dessen müde.
Umso erstaunlicher ist, was die beiden Schauspielerinnen aus diesem hohlen und charakterlosen Text machen. Das Hörbuch ist an sich langweilig, aber es provoziert den Wunsch, wertvolle Texte von diesen beiden Frauen zu hören, die ein grandioses Ausdrucksrepertoire haben. Aus ihren Stimmen tönt enorme Erfahrung nicht nur von der Bühne, sondern aus interessanten, reichen Leben. Die Stimmen von Gisela Uhlen und Gisela May können keuchen, flüstern, zischen, singen, jaulen, kreischen, gröhlen, ächzen; sie können zärtlich klingen und böse, müde und wild, betrunken und hart; sie können streicheln und schneiden – kurz, diese Stimmen leben. Oft klingen sie sogar, trotz der Sprödigkeiten, die sie reden müssen, glaubwürdig. Das ist eine erstaunliche Leistung.
Es ist seltsam, aber dieses Hörbuch wäre großartig ohne seinen Text. Der Rezensent war irritiert, dass zwei so glänzend spielende Mimen sich für diesen Stoff hergeben, und hat das Hörbuch dreimal geprüft, aber dabei wurden die Textschwäche und die dramaturgische Fadheit bloß überdeutlich. Die Beweggründe der Damen bleiben verborgen. Nun nehme man die Aufnahme eben als Reklame für bejahrte Sprecherinnen – ja dann bitte mehr von diesen Stimmgrößen! Überhaupt würden mehr gediente Stimmen auf Hörbüchern den Genuss ungemein vergrößern. Mag der Teint im Alter verlieren, für stimmlichen Ausdruck ist Jugend weniger vorteilhaft.
MARTIN Z. SCHRÖDER
THEA DORN: Marleni. Hörspiel. Mit Gisela May und Gisela Uhlen. Regie: Jörg Jannings. Musik: Walter Florey. Lido Hörbuchverlag, Frankfurt am Main 2002. 1 CD, 59 Minuten, 19,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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