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Das halblederne Mammut im bürgerlichen Wohnzimmer ist so gut wie ausgestorben. Kaum jemand stellt sich heute noch die 25 Bände eines Lexikons ins Regal. Ein Mausklick genügt, und schon rieselt ein Haufen von Informationen auf den Bildschirm. Unser Wissen kennt keinen Kanon mehr, nur noch Bits und Bytes - Zeit für einen Rückblick auf das, was einst Bildung hieß. "Das Letzte Lexikon ist der Reader's Digest, das lebendige Poesiealbum und der nostalgische Abgesang auf ein großes literarisches Genre", schreiben die drei Autoren, die ironisch, doch ohne Häme und Besserwisserei einen riesigen…mehr

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Produktbeschreibung
Das halblederne Mammut im bürgerlichen Wohnzimmer ist so gut wie ausgestorben. Kaum jemand stellt sich heute noch die 25 Bände eines Lexikons ins Regal. Ein Mausklick genügt, und schon rieselt ein Haufen von Informationen auf den Bildschirm. Unser Wissen kennt keinen Kanon mehr, nur noch Bits und Bytes - Zeit für einen Rückblick auf das, was einst Bildung hieß. "Das Letzte Lexikon ist der Reader's Digest, das lebendige Poesiealbum und der nostalgische Abgesang auf ein großes literarisches Genre", schreiben die drei Autoren, die ironisch, doch ohne Häme und Besserwisserei einen riesigen Bücherberg durchstöbert haben. Noch einmal führen sie uns die nützlichen Handreichungen und die ideologischen Verirrungen einer 250jährigen Tradition vor Augen. Martin Halter tummelte sich im Ozean der Hoch- und der Alltagskultur, Werner Bartens taute die eingefrorenen Wissensbestände von Medizin, Technik und Naturwissenschaften auf, und Rudolf Walther fischte in den trüben Gewässern der Politik; ab und zu steigen auch Luftblasen aus Sport, Sexualität oder Theologie auf. Wer hätte nicht als Kind in einem alten "Konversationslexikon" geschmökert? Bunt und komisch, nüchtern und phantastisch wie auf den knisternden Tafeln, aus denen Max Ernst seine Collagen schuf, zeigt sich der Trümmerhaufen des vergangenen Wissens - ein rührendes und melancholisches Memento mori unserer Weltkenntnis.
Autorenporträt
Rudolf Walther geht auf seinen 80. Geburtstag zu, als er seine Lebenserinnerungen niederschreibt - immer mal ein paar Seiten, da er fürs Schreiben kaum Zeit findet. Denn voller Tatendrang managt er noch immer zehn Firmen in Deutschland, Spanien, Ungarn und Serbien und dazu die Kinderdörfer in Rumänien, Bosnien und Guatemala mit insgesamt rund 850 Mitarbeitern.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 24.04.2002

Im Kreisverkehr nach Absurdistan
Ein „Letztes Lexikon” verabschiedet seine Vorgänger und lächelt weise vor sich hin
Noch nie war so viel Wissen verfügbar wie heute, nie ist Wissen aber auch so schnell veraltet, und nie war die Nachfrage nach Büchern so groß, die Überblick und Orientierung versprechen. Heute lösen Bücher, die „Bildung” im Titel führen, dieses Versprechen ein. Für die Aufklärung war die Enzyklopädie ein solches Buch der Bücher, ein Nachschlagewerk, das den gesamten „Kreis des Wissens” ausmessen und in alphabetischer Ordnung erschließen sollte. Im Eichborn Verlag, der im vergangenen Jahr bereits die französische „Encyclopédie” neu herausgebracht hat, erscheint mit dem „Letzten Lexikon” jetzt ein weiteres Buch, das an diese Tradition anknüpft.
Mit Konversationslexika machten Verleger wie Friedrich Arnold Brockhaus und Joseph Meyer das enzyklopädische Weltwissen im 19. Jahrhundert einer breiten Leserschaft zugänglich. Diese Lexika, die in hohen Auflagen auf den Markt kamen, richteten sich in ihrem Aufbau an den älteren Enzyklopädien aus, Abstriche machten sie dagegen an deren Anspruch auf Vollständigkeit. „Nur das Wissenswerteste für allgemeine Bildung auf eine der Gestalt, dem Charakter und dem Bedürfnisse der neuesten Zeit entsprechende Art kurz und deutlich darstellen,” charakterisierte Brockhaus seine Nachschlagewerke.
Schon Goethe meldete Zweifel an, ob ein Wissen, das auf die Lektüre von Lexika zurückgeht, „wo jeder einzeln sein Bedürfnis pfennigweise nach dem Alphabet abholen kann”, überhaupt als ein solches gelten könne. Dass Goethe selbst dreißig Lexika sein eigen nannte, von denen er ausgiebig Gebrauch machte, bleibt unerwähnt. Dennoch verweist seine Kritik auf ein ernst zu nehmendes wissensgeschichtliches Dilemma. Denn je weiter die Menge an verfügbarem Wissen seit dem 18. Jahrhundert anwuchs, und dies nicht zuletzt dank Lexika und Enzyklopädien, desto schwieriger wurde es, den „Kreis des Wissens” zu schließen.
Das 19. Jahrhundert hat in Deutschland eine Reihe von Enzyklopädien hervorgebracht, die an dieser Aufgabe scheiterten. Die „Oeconomische Encyclopädie” stellte 1858 nach 247 Bänden mit dem Buchstaben L ihr Erscheinen ein. Die Herausgeber der „Allgemeinen Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste” kamen immerhin bis zum Buchstaben P, bis sie 1889 nach 167 Bänden das Unternehmen abbrachen. Dass so viele Lexika Stückwerk blieben, ist kein Zufall, sondern das Schicksal der Enzyklopädie in der Wissenskultur der Moderne.
Diese These jedenfalls legen Werner Bartens, Martin Halter und Rudolf Walter ihrem „Letzten Lexikon” zugrunde. Für das gediegen ausgestattete und im Aufbau einem klassischen Nachschlagewerk nachempfundene Buch haben sie achtundzwanzig deutsche Lexika aus drei Jahrhunderten gesichtet. Das älteste stammt aus dem Jahr 1732, das jüngste ist ein „Brockhaus” von 1999. Aus der Fülle von Vorgängerbüchern haben sie einen Querschnitt in einem Band zusammengestellt, ein „letztes Lexikon” für das 21. Jahrhundert, alphabetisch geordnet von „Abenteuer” bis „Zwerg”.
Kohlfurt liegt am Bimbes
Angesichts der ständig wachsenden Wissensmengen, mit denen Lexika seit dem 19. Jahrhundert zu kämpfen hatten, macht das Verhältnis von Umfang und Titel stutzig. In der Tat verstehen Halter, Walther und Bartens ihr Werk als ein ironisches Spiel. Das „Letzte Lexikon” ist eine Reprise, die das Projekt der Enzyklopädie noch einmal zitiert und es zu Ende bringt. „Das klassische Konversationslexikon als Kompendium und Kanon einer verbindlichen Allgemeinbildung ist tot”, heißt es in der lesenswerten Einleitung.
Wozu also die Mühe der Stoffsuche und der Auswahl, die die Herausgeber auf sich genommen haben? Was kann man aus dem „Letzten Lexikon” lernen? Das „Letzte Lexikon” lässt sich auf unterschiedliche Arten lesen. Am Naheliegendsten ist wohl eine Lektüre, die sich vom historischen Interesse leiten lässt. Die Einträge sind allesamt aus den Bruchstücken älterer Lexikonartikel zusammenmontiert. Das Nebeneinander von Begriffsverwendungen aus verschiedenen Jahrhunderten führt das Auftauchen, den Wandel und das Verschwinden von Begriffen vor. Im Spiegel der Sprache wird so der „Bodensatz der Geistesgeschichte” sichtbar, Wissen als etwas geschichtlich Gewordenes vorgeführt.
Ernsthaft betrieben, würde eine Begriffsgeschichte, die die alten Lexika auswertet und wieder neu zusammensetzt, ihrerseits vielbändige Nachschlagewerke hervorbringen. Die Auswahl in einem Band, die das „Letzte Lexikon” seinen Lesern bietet, ist dagegen eingestandenermaßen persönlich und selektiv. Das betrifft nicht nur die Auswahl der rund siebenhundert Stichwörter, auch die einzelnen Einträge lassen die Handschrift ihrer Bearbeiter erkennen. Ob man dabei der unbeteiligten Schilderung von „Querulantenwahnsinn” und „Grübelsucht” den Vorzug gibt oder dem zupackenden kritischen Kommentar zu Phänomenen wie „Kohlfurt” oder „Oggersheim”, ist letztlich Geschmackssache.
Vielleicht ist die Lehre, die man aus der Lektüre des „Letzten Lexikons” ziehen kann, sowieso eher die: dass es eine verbindliche Zusammenstellung von Wissen in der Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts nicht mehr gibt, dass die Auswahl dessen, was als wissenswert gilt, Ansichtssache geworden ist. Was bleibt, ist das Spiel mit der unverbindlich gewordenen enzyklopädischen Form. In dieser Hinsicht hat das „Letzte Lexikon” am Ende weniger Ähnlichkeit mit seinen aufklärerischen Vorläufern als mit Gustave Flauberts parodistischem „Wörterbuch der Gemeinplätze” oder Ror Wolfs absurdistischen Enzyklopädien.
Das heißt nicht, dass die Lektüre der Versatzstücke aus den alten Lexika und Enzyklopädien nicht auch einen Zugewinn an Wissen bringen würde. Erkenntnisse stellen sich ein, wenn die begriffsgeschichtlichen Fundsachen sich aneinander reiben und Funken schlagen, sie bleiben allerdings punktuell, zu einem geschlossenen „Kreis des Wissens” fügen sie sich nicht mehr zusammen. Werner Bartens, Martin Halter und Rudolf Walther wollen diese Erfahrung durchaus als Erkenntnisgewinn verstanden wissen. Sie distanzieren sich damit zugleich von allen Versuchen, in der Unübersichtlichkeit des modernen Wissens noch einmal einen verbindlichen Kanon einführen zu wollen. Wer sich derartige Ordnungsversuche erwartet, wird vom „Letzten Lexikon” enttäuscht sein. Für Leser, die sich auf das Spiel mit dem Eigenleben der Begriffe einlassen, hält es dagegen ein Fülle an Überraschungen und Funden bereit.
CAROLINE PROSS
WERNER BARTENS, MARTIN HALTER, RUDOLF WALTHER: Letztes Lexikon. Mit einem Essay zur Epoche der Enzyklopädien. Eichborn Verlag, Frankfurta.M. 2002. 329 Seiten, 27,50 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.06.2002

Der Tod war pünktlich
Fröhlich nutzlos: Ein Lexikon als Triumph der Zweckfreiheit

Wir leben in der Wissensgesellschaft und sind von Kopf bis Fuß auf Lernen eingestellt, aber was wir wissen sollen und wozu wir all dies Wissen anhäufen, wissen wir immer weniger. Unbezweifelbar aber gilt der epistemologische Hauptsatz, daß sich Wissen, exponentiell beschleunigt, in dummes Zeug verwandelt.

Werner Bartens, Martin Halter und Rudolf Walther wollen uns ein letztes Mal an die Zeiten erinnern, in denen das Wissen noch geholfen hat, und in denen "Aufklärung" bedeutete, "daß man über die wichtigsten Angelegenheiten der Menschheit nach deutlichen und richtigen Vorstellungen denkt und urtheilt". Wie drei Engel der Wissensgeschichte schauen die Verfasser des "Letzten Lexikons", das jetzt in Hans Magnus Enzensbergers "Anderer Bibliothek" erschienen ist, melancholisch zurück und bringen die zerschlagenen Glieder der abendländischen Wissenschaft noch einmal in eine konversationsgerechte Folge von "Abenteuer" bis "Zwerge".

Melancholiker finden von alters her ein sonderbares Genügen am Anblick des Vergänglichen, und ihnen verwandelt sich alles in dessen Allegorie. Nicht zufällig kam der fleißigste Lexikograph der Geschichte nur "bis zum 73. Bande, wo ihn über dem Artikel Leiche der Tod ereilte". An Johann Georg Krünitz erinnert sich heute kaum jemand, und auch die evolutionäre Fehlkonstruktion des Dodo hatte es lange "schwer, im Wissen zu überleben", obendrein wurde das letzte ausgestopfte Exemplar "von Motten zerstört, so daß nur Kopf und Füße übrig blieben". So erging es auch der Bildung als "Entwickelung der gesammten Menschenkraft zur Gottähnlichkeit".

Wunderlich verwandelt erscheinen die Dinge im Blick des Lexikonhistorikers, die Welt wird wieder zum Rätsel. Um welches "beliebte Nationalspiel" mag es sich wohl handeln, bei dem eine "mit weichem Leder überzogene Ochsenblase" lediglich "mit Hilfe der Füße auf das Gebiet der Gegenpartei zu bringen" ist, welche man von der eigenen mittels "verschiedenfarbiger Flanellanzüge" unterscheiden kann? Und wann wohl verwandelte sich solches Treiben zum Rangkampf in "Gruppen ansonsten homogener Unterprivilegierter" und zur "massenmäßigen Ersatzbefriedigung"? Und wieso ist bei dieser Übung ausgerechnet ein Volk mit "sehr bedeutendem Weinverbrauch und vier Ziegen auf hundert Einwohner" sehr erfolgreich, zumal letztere im Schnitt lediglich "1,64 Meter groß" und "von geringer Muskelkraft" sind?

Den Triumph der Zweckfreiheit, den die Naturwissenschaft jüngst in der gentechnischen Rekonstruktion des Dodo feierte, kontern die drei Lexikographen mit der "praktischen Nutzlosigkeit" ihres Werks. Das "Bewußtsein der Verluste, das aus der Begegnung mit verjährten Ansprüchen und verlorenen Hoffnungen herrührt", zeugt lediglich lexikographischen "Humor", nämlich "heitere Gelassenheit gegenüber den Unzulänglichkeiten von Welt und Menschen" wie dem "Zeitgeist": der "gerade geltenden Sprachmode".

FRIEDMAR APEL

Werner Bartens, Martin Halter, Rudolf Walther: "Letztes Lexikon". Eichborn Verlag, Frankfurt am Main 2002. 332 S., geb., 27,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Die drei Autoren betreiben mit ihrem Buch Lexikonhistorie, im Wissen darum, dass es eigentlich längst zu spät ist, meint der Rezensent Friedmar Apel. Sie rekonstruierten vergangenes Wissen, lexikongerecht, von A wie Abenteuer bis Z wie Zwerge, und offenkundig könne man viel lernen (nur wofür man's brauchen kann, muss wohl offen bleiben). Und so präsentiert Apel manches Fundstück: etwa die evolutionäre Fehlkonstruktion des Dodo (der ein Vogel ist), die Tatsache, dass der Lexikograf Johann Georg Krünitz bei Band 73 seines Unterfangens über dem Artikel Leiche verstarb. Das Wissen, das hier präsentiert wird, sorgt weniger für Aufklärung als, so Apel, für Verrätselung der Welt. Die durchschlagende Nutzlosigkeit der Kenntnisse führt, am Ende, wie die Autoren es formulieren, zur "heiteren Gelassenheit gegenüber den Unzulänglichkeiten von Welt und Menschen".

© Perlentaucher Medien GmbH