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Drei norddeutsche Werftarbeiter werden 1913 von Kaiser Wilhelm II. beauftragt, ein Dampfschiff in seine Einzelteile zu zerlegen und am Tanganikasee südlich des Kilimandscharo wieder zusammenzusetzen. Der Monarch will damit seine imperialen Ansprüche unterstreichen. Die drei Männer fahren nach Deutsch-Ostafrika mit der Aussicht auf guten Verdienst, lassen sich bezaubern von der exotischen Kulisse und der schönen Gouverneurin, geraten aber rasch in das gewalttätige Räderwerk des Kolonialismus, aus dem es kein Entrinnen gibt.
Zur gleichen Zeit beauftragt Winston Churchill den exzentrischen,
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Produktbeschreibung
Drei norddeutsche Werftarbeiter werden 1913 von Kaiser Wilhelm II. beauftragt, ein Dampfschiff in seine Einzelteile zu zerlegen und am Tanganikasee südlich des Kilimandscharo wieder zusammenzusetzen. Der Monarch will damit seine imperialen Ansprüche unterstreichen. Die drei Männer fahren nach Deutsch-Ostafrika mit der Aussicht auf guten Verdienst, lassen sich bezaubern von der exotischen Kulisse und der schönen Gouverneurin, geraten aber rasch in das gewalttätige Räderwerk des Kolonialismus, aus dem es kein Entrinnen gibt.

Zur gleichen Zeit beauftragt Winston Churchill den exzentrischen, aber liebenswerten Oberleutnant Spicer Simson, zwei Kanonenboote über Land durch halb Afrika an den Tanganikasee zu schleppen. Als der Erste Weltkrieg ausbricht, liegen sich Deutsche und Briten an seinen Ufern gegenüber. Keiner will, aber jeder muss Krieg führen vor der pittoresken Kulisse des tropischen Sees. Alle sind sie Gefangene der Zeit, in der sie leben, und jeder hat seine eigene Art, damit fertig zu werden.

Autorenporträt
Alex Capus, geboren 1961 in Frankreich, studierte Geschichte, Philosophie und Ethnologie in Basel und arbeitete während und nach seinem Studium als Journalist und Redakteur bei verschiedenen Tageszeitungen und bei der Schweizer Depeschenagentur. 1994 veröffentlichte Alex Capus seinen ersten Erzählband, dem seitdem neun weitere Bücher mit Kurzgeschichten, historischen Reportagen und Romanen folgten. Capus verbindet sorgfältig recherchierte Fakten mit fiktiven Erzählebenen, in denen er die persönlichen Schicksale seiner Protagonisten einfühlsam beschreibt. Seine Bücher wurden in viele Sprachen übersetzt; für seine schriftstellerische Arbeit erhielt er zahlreiche Preise. Daneben hat Capus auch als kongenialer Übersetzer von Romanen des US-amerikanischen Autors John Fante gewirkt. Alex Capus lebt als freier Schriftsteller mit seiner Familie in Olten/Schweiz.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.12.2007

Schiffe versenken

Deutsche Kolonialträume bieten seit je auch Stoff für komische Geschichten. Der Schweizer Alex Capus erzählt von einer übergeschnappten Gewalttour in Ostafrika.

Alex Capus hat ein sicheres Gespür für Trends. Sein neuer Roman "Eine Frage der Zeit" präsentiert eine Verquickung zwischen historischem Roman und Abenteuergeschichte - beides Genres, die derzeit in der deutschen Literatur fest zum Repertoire gehören. Indem er ein skurriles Kapitel deutscher Kolonialgeschichte beleuchtet, katapultiert sich der Schweizer Schriftsteller gleichzeitig aus dem traditionellen Stoffspektrum der helvetischen Literatur und verfolgt eine eigene Fährte. Inspiriert zu seinem Stoff wurde er zweifellos von Werner Herzogs Film "Fitzcarraldo", in dem ein exzentrischer Abenteurer und Opernliebhaber in einem irrsinnigen Kraftakt einen Flussdampfer über den Berg und durch den Dschungel ziehen lässt.

Bei Capus ist es die "Götzen", ein 67 Meter langes Dampfschiff, das im Auftrag von Kaiser Wilhelm II. direkt nach dem Stapellauf von drei norddeutschen Werftarbeitern in seine Einzelteile zerlegt, in 5000 Holzkisten verpackt und an den Tanganjikasee transportiert werden soll. Mit dieser übergeschnappten Gewalttour will der deutsche Kaiser am Vorabend des Ersten Weltkriegs seine imperialen Träume und den Machtanspruch in Afrika feiern. Das Gebiet gehörte damals zur deutschen Kolonie Ostafrika. Auf dem 700 Kilometer langen Gewässer soll die Seehoheit gegenüber den Kolonialmächten Belgien und Großbritannien augenfällig demonstriert werden.

Eine verstiegene Idee und ein exzellenter Romanstoff, der dem eigenwilligen Alex Capus zupass kam. Auf dem Feld der Männermythen und virilen Expeditionen ist der Schriftsteller und Historiker von jeher in seinem Element. Er entdeckte die Geschichte bei den Recherchen zu einem seiner letzten Bücher und machte sich in den Archiven in London, Brüssel, Berlin, Paris und Daressalam an die Arbeit. Auch die pittoresken Universen seines zukünftigen Romans bereiste er. Einen Monat lang besuchte er Tansania, eine ehemalige Kolonie Deutsch-Afrikas. Mit dem 100 Jahre alten Fährschiff befuhr er den Tanganjikasee und setzte sich der fremden Welt aus, um Gerüche, Geräusche und Bilder zu sammeln. Genau in der Schilderung der tollkühnen Zwischenfälle und wilden Abenteuer, die das Leben seiner Helden im fernen Land erschüttern, liegen denn auch die Qualitäten seines Romans. Um die Geschichte zu fokussieren, rückt Capus die Werftarbeiter Rüter, Wendt und Tellmann ins Zentrum. Er verfolgt das Schicksal der drei biederen Sozialdemokraten, die den Auftrag aus der deutschen Heimat in naiver Gutgläubigkeit übernahmen, nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs sich aber plötzlich mit neuen Verhältnissen konfrontiert sahen. Nicht nur Schiffsmeister Rüter, auch seine zwei Gesellen hatten den Auftrag weder aus kriegerischer Absicht noch aus Lust an aberwitzigen Abenteuern akzeptiert. Hauptsächlich lockte sie die gut bezahlte Arbeit. Mit dem Lohn wollten sie sich später in der Heimat ein Häuschen bauen - ein kleinbürgerliches Wunschdenken.

Die drei Kumpanen haben alles andere als das Zeug zum Helden. Der Ausbruch des Kriegs und damit übersteigerter kolonialer Übermut und dünkelhafter Machtanspruch machen ihnen einen Strich durch die Rechnung. Im fernen Afrika werden sie in einen absurden Nebenkriegsschauplatz verwickelt. Von der anderen Seite des Sees nähert sich der englische Captain Spicer-Simson, der auf Befehl Churchills drei Kanonenboote über den See schleppt mit dem Ziel, deutsche Schiffe zu versenken.

Alex Capus beleuchtet in einer Parallelführung die beiden Kriegsschauplätze. In schnellem Rhythmus blendet er den selbstgewissen Angriff des exzentrischen Engländers und die kaltblütige Verzögerungstaktik des deutschen Schiffbauers Rüter ein. Dieser hat keine Lust auf Konfrontation und Kriegsspiele. Mit dubiosen Schwindeleien vereitelt er ein Auslaufen der "Götzen", sabotiert die Befehle des Kapitänsleutnants von Zimmer zum Auslaufen und versenkt am Ende lieber das Schiff, als es in die Hände des Feindes fallen zu lassen.

Die historische Folie liefert Alex Capus Bühne und Kulisse zu verwegenen literarischen Planspielen. Nicht nur der exotische Alltag in Afrika und die Lebensart der Ureinwohner liefern ihm Material zum Ausspinnen der Geschichte, sondern auch die überspannten, kuriosen Charaktere seines Personals. Ausschweifend und schwadronierend zeichnet er seine Figuren. Ab und zu übertreibt er es mit der komischen Ausstaffierung der Figuren, dass sie wie aus dem Afrika-Bilderbuch geschnitten daherkommen. Tellmann etwa will seiner Frau Briefe schreiben und erzählt dabei von fremden Tieren, Zebras, Kuhantilopen, Straußen, Schabrackenschakalen, Swallahantilopen, Grantsgazellen und rosaroten Flamingos, alles Geschöpfe, die er mit Hilfe von "Petermann's Afrikanischem Tierlexikon" bestimmen kann - und der Autor selbst vielleicht auch.

Die Sache mit den nackten Weibern, den Kettengefangenen, den Peitschenhieben und den fünf Galgen will er ihr verschweigen - und der Autor plaziert mit dieser akribischen Aufzählung der Sündenfälle allzu plakativ das Verschulden der Kolonialisten. Nicht selten kommen ihm die Früchte seiner akribischen Recherchen in die Quere. Weniger wäre in manchen Fällen mehr. Die grundsätzliche Stärke des Textes - die Detailgenauigkeit und die scharfe Beobachtung - wird hier zur Schwäche. Fragezeichen setzt man besonders dann, wenn die Figuren mit schrillen Eigenschaften zugekleistert statt psychologisch ausgeleuchtet werden. Hier würde ein sparsamer Umgang mit der Sprache den Figuren mehr Tiefenschärfe und dem Roman das verleihen, was die Literatur mehr als die Geschichtsschreibung leisten kann: Hinter den kühlen Fakten und Dokumenten die Motive, die Zerrissenheit, die Doppelmoral, die Machtgier und das klägliche Scheitern der Helden zu zeigen.

PIA REINACHER

Alex Capus: "Eine Frage der Zeit". Roman. Knaus Verlag, München 2007. 303 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 09.10.2007

Nicht jedes Untier steht im Lexikon
Die Eroberung des Tanganikasees durch sich gelegentlich beschießende Schiffe: Alex Capus erzählt in „Eine Frage der Zeit” vom Ersten Weltkrieg in Deutsch-Ostafrika
Die Papenburger Meyer-Werft vor dem Ersten Weltkrieg: Ein Schiff, die „Götzen”, wird mit großem Brimborium getauft, um gleich darauf wieder in kleinste Einzelteile zerlegt um die Welt verschickt zu werden. Das Ziel: der Tanganikasee in Deutsch-Ostafrika. Drei Fachleute werden mit den Schiffsteilen auf Reise geschickt, um den ordnungsgemäßen Wiederaufbau zu garantieren. Anton Rüter leitet diese Gruppe. Ein Techniker ist er, kein Grübler.
Der Schweizer Autor Alex Capus, der sich mit dieser große Fahrt an historischen Gegebenheiten und Figuren orientiert, zeigt diesen Rüter als einen Pragmatiker, der abgesehen vom wilhelminischen Schnurrbart nichts mit seiner Zeit gemein hat – der nervös-größenwahnsinnigen Atmosphäre der Jahre 1913 und 1914. Rüter und seine Mitfahrer, der Nieter Rudolf Tellmann und der Handwerksbursche Hermann Wendt, sind keine Helden, nicht geleitet von kaiserlicher Großmannssucht. Vom Schiffsaufbau in Afrika versprechen sie sich Banaleres: dreifachen Lohn, Abbezahlung ihrer Häuser, Urlaub auf Borkum.
Die Umstände ihrer Fahrt allerdings sind titelgebend für diese Unternehmung – „Eine Frage der Zeit”. Fortschrittsoptimismus verbunden mit Kriegssehnsucht. Die „Götzen” ist eben nicht Rüters Schiff, sondern ein zukünftiges Mittel zur militärischen Kontrolle des Tanganikasees. Die Landschaft ist mäßig exotisch und vor allen Dingen heiß. „Dann lagen die Papenburger auf dem Sonnendeck in ihren Liegestühlen und betrachteten das ölige, träge Meer und die gleichförmige Düsternis der afrikanischen Küste.” Die Spannung zwischen Vorstellungskraft – äsende Drachen, feuerspuckende Vulkane – und Realität könnte enttäuschender nicht sein. Nichts Geheimnisvolles, kein exotischer Zauber: Die Fauna lässt sich europäisch korrekt benennen, mit Hilfe von „Petermann’s Afrikanischem Tierlexikon”. Der deutsche Klüngel rund um den Gouverneur zerreißt sich das Maul über die Kleiderwahl von dessen Gattin („eine unerträglich affektierte Pfauhenne”) und langweilt sich darüber hinaus schrecklich. Man sehnt sich nach Zerstreuung, wünscht sich Opernhaus, Pferderennbahn, Filmtheater – und den eigenen entscheidenden Karrieresprung.
Alex Capus entfaltet diesen wilhelminisch geprägten Mikrokosmos in Afrika kunstvoll, um dann – zeitverzögert – den großen Krieg einbrechen zu lassen. Denn die Nachricht, dass der Gymnasiast Gavrilo Prinicip den österreichischen Kronprinzen nebst Gattin erschoss, erreicht die Papenburger Schiffs-Bauer, die fern ihrer Heimat aus der Zeit gefallen sind, erst nach Wochen.
Das Schicksal seines norddeutschen Figurenensembles parallelisiert Capus mit der Schilderung des englischen Gegners – in Person des seltsam aufgeblasen handelnden britischen Commanders Geoffrey Basil Spicer Simson. Ein durch und durch verschrobener Charakter, dessen hemmungslos aufschneiderisches und exzentrisches Wesen Alex Capus hinreißend komisch erzählt. Vignettenartig verknüpft der Autor die gegnerischen Sichtweisen. Krieg aus der Doppelperspektive: während die durch und durch zivilen Gestalten von der Meyer’schen Werft ursprünglich als Techniker angereist sind, denen nunmehr der Krieg jede Illusion von Selbstbestimmtheit und sinnfällig gestaltetem Fortschritt nimmt – ist die Aussicht der heldenhaften Tat geradezu das Lebenselixier und ständiger Antrieb für Commander Simson.
Als sich der chronisch scheiternden kauzigen Person die Möglichkeit eröffnet, sich durch den Transport zweier britischer Schiffchen an den Tanganikasee mit weltgeschichtlicher Bedeutung aufzuladen, fühlt sich Simson „am Kulminationspunkt seiner Existenz” angelangt. Die aus den Fugen geratene Weltkriegszeit scheint seine Zeit zu sein. Pointiert und witzig schildert Capus die Umstände von Abreise, Ankunft und Kampf der britischen Truppe auf dem See durch Betrachtungen und Briefe des mitreisenden Doktor Hanschell – der die Facetten Simsons ironisch distanziert als unergründlich schlicht beschreibt.
Der Krieg erfasst alles, Menschen wie auch die Landschaft. Auf dem Tanganikasee treffen mehr und weniger seetüchtige Schiffe aufeinander, beschießen sich in der vagen Hoffnung, mit einem Sieg der eigenen Zeit einen Stempel aufdrücken zu können – nicht nur den See, sondern ganz Zentralafrika beherrschen zu können. „Es ist ja nicht so, dass der Mensch sich in jedem Augenblick seines Lebens darüber Rechenschaft gibt, wie wichtig oder belanglos die Dinge sind, die er so treibt, während die Zeit vergeht”, so der Erzähler.
Hier allerdings führen die seltsamen Zeitumstände zu gesteigerten Wahrnehmungen und machen etwa aus dem Papenburger Werftarbeiter und Durchschnittsdenker Rudolf Tellmann, der eigentlich in Afrika nur hundertsechzigtausend Nieten ordentlich setzen und möglichst schnell in die Heimat zurückkehren wollte, geradezu einen Philosophen der Zeiten. In ungeschriebenen Briefen an seine Gattin entfaltet er seine Reflexionen, die schließlich in einem fast vergnüglichen Fatalismus kulminieren. Es sei schließlich alles eine Frage der Zeit.
„Große” Ereignisse streift Capus nur am Rande. Er zeigt eine Gesellschaft von mehr und mehr Verlorenen, die sich in den Zwängen ihrer Gegenwart kaum mehr auskennt. Dieser Zeit, die das Handeln, die kleinen großen Hoffnungen und Enttäuschungen aller Protagonisten am Tanganikasee bestimmt, ist Alex Capus mit seinen rechercheangereicherten scharfsinnigen Charakterstudien und einer exakt komponierten Prosa auf die Spur gekommen. DAVID GELS
Alex Capus
Eine Frage der Zeit
Roman. Albrecht Knaus Verlag, München 2007. 304 Seiten, 19,95 Euro.
Man sehnt sich nach Zerstreuung, wünscht sich Opernhaus und Pferderennbahn
Der Krieg erfasst alles, die Menschen so sehr wie die Landschaft Afrikas
Alex Capus Foto: Katja Lenz/ddp
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

In dieser Kritik von Michael Rutschky macht der Ton die Tendenz. Man wird süffisant nennen dürfen, wie der Rezensent die deutsch-ostafrikanische Kolonial-Handlung hier eher vor- als ausführt, die sich um den Ersten Weltkrieg, dabei aber vor allem, wofür der Roman sehr plädiere, um den Sieg des Pazifismus dreht. Es gibt drei deutsche Protagonisten, die Schiffsbaufachleute Anton Rüter, Hermann Wendt und Rudolf Tellmann und einen Briten namens Geoffrey Spicer Simpson, den Rutschky konsequent Tommy nennt, und zwar, weil in ihm, aber auch sonst, die Kolportageromanklischees bei Alex Capus seiner Meinung nach fröhliche Urstände feiern. "Mild" scheint Rutschky der Humor, wahlweise auch "schal". Mehr als eine pikiert-spöttische Kritik hat der Rezensent dem Roman offenkundig nicht abgewinnen können.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Höchst unterhaltsam und mit einem enormen Sog: ein Buch zum Träumen, zum Schmunzeln, zum Nachdenken, das einem im Gedächtnis bleibt." Deutschlandradio