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Die lange Welle hinterm Kiel Zwei Paare auf einer Kreuzfahrt; Die junge Psycologin Sylvia Burinova wird von ihrem Schwiegervater begleitet, der sich vergeblich bemüht, sie von ihrer Ehekrise abzulenken. Und Margarete Kämmerer hat zu dieser Fahrt in den Pazifik ihren Neffen eingeladen, der den Tod seines besten Freundes betrauert. Die Zufallsbegegnungen der beiden Paare an Bord der MS Harmonica hat höchst unterschiedliche Folgen. Während sich zwischen den beiden Jüngeren eine Liebesgeschichte anbahnt, werden die beiden Älteren von den Schrecken der Vergangenheit eingeholt: Margarete Kämmerer…mehr

Produktbeschreibung
Die lange Welle hinterm Kiel Zwei Paare auf einer Kreuzfahrt; Die junge Psycologin Sylvia Burinova wird von ihrem Schwiegervater begleitet, der sich vergeblich bemüht, sie von ihrer Ehekrise abzulenken. Und Margarete Kämmerer hat zu dieser Fahrt in den Pazifik ihren Neffen eingeladen, der den Tod seines besten Freundes betrauert. Die Zufallsbegegnungen der beiden Paare an Bord der MS Harmonica hat höchst unterschiedliche Folgen. Während sich zwischen den beiden Jüngeren eine Liebesgeschichte anbahnt, werden die beiden Älteren von den Schrecken der Vergangenheit eingeholt: Margarete Kämmerer und Sylvias Schwiegervater gehören Familien an, die der Zweite Weltkrieg zu Todfeinden gemacht hat. Die dramatische Vorgeschichte, die sie teilen, existiert gleichsam zweimal - in Versionen, wie sie gegensätzlicher nicht sein könnten. Einfühlsam und mit feiner Ironie erzählt Pavel Kohout von den Schwierigkeiten der Versöhnung.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 06.04.2001

Traumschiff mit Ballast
Pavel Kohout kreuzt auf der "Harmonia" in seichten Gewässern

In einer Nachbemerkung teilt der Autor mit, das Kreuzfahrtschiff "MS Harmonia", die Handlungsbühne seines Romans, existiere in der Realität ebensowenig wie die darauf reisenden Romanhelden. Dem Leser jedoch kommen der Luxusliner und seine Passagiere vertraut vor. In der Tat ist er ihresgleichen schon begegnet, im Fernsehen nämlich, wenn er sich eine Folge der Herz-Schmerz-Serie "Traumschiff" gönnte. Im Buch transportiert die prächtige "Harmonia" ihre Gäste in exotische Paradiese, und auch unter Pavel Kohouts Regie führt der Zufall Protagonisten vorausgegangener Schicksalsdramen zusammen, die nun in den Kabinen, auf den Decks und bei Landausflügen den Peripetien entgegenfiebern.

Es ist also vieles vorhanden, um dem Lesepublikum Spannung zu vermitteln. Doch das allein war nicht Kohouts Ziel, er wollte offenkundig auch belehren. So hat er seine Helden mit Lebensläufen ausgestattet, in denen sich Historie des zwanzigsten Jahrhunderts widerspiegelt. Nicht nur der "Prager Frühling", zu dessen Wortführern der tschechische Schriftsteller gehörte, oder Hitlers Okkupationen 1938/39, die der 1928 geborene Kohout als Knabe erlebte. Auch die Moderne der westlichen Nachkriegswelt findet ihre Modelle.

Im Vordergrund stehen zwei Paare: erstens der Exiltscheche und jetzige Schweizer Burian, Professor der Medizin, mit seiner ebenfalls tschechischstämmigen Schwiegertochter, der Ärztin Silvia, genannt Sylva. zweitens die Sudetendeutsche Margarete Kämmerer, schwerreiche Herrin eines Industrieunternehmens, mit einem Jüngling namens Siegfried Gross, genannt Sigi, ein weitläufiger Neffe, verkrachter Student und Produkt der Berliner Rauschgiftszene. Alle sind von Verhängnissen gezeichnet. Man kennt sich aus dem Volkstumskampf der dreißiger Jahre zwischen Sudetendeutschen und Tschechen; Margaretes erster Mann hat damals Burians Bruder getötet, Burian Margaretes Mann. Silvia Burian ist vom Gatten Jakub verlassen worden und will die Kreuzfahrt nutzen, um sich im Kielwasser der "Harmonia" zu ertränken. Siegfried Gross trauert um einen Herzensfreund, der einen Rauschgifttod starb.

Zwischen den Dramen und um sie herum spielt sich ab, was wir schon vom Tele-Traumschiff kennen: luxuriöses Bordleben, märchenhafte Ausflüge zu Zeugnissen fremder und Relikten versunkener Kulturen, ein paar Kabalen im Schiffspersonal. Sylva und Sigi haben eine kurze Affäre, die beide von ihren traurigen Besessenheiten kuriert. Am Ende düst Jakub dem Schiff hinterher und versöhnt sich mit der Gattin. Siegfried, durch Tantengeld saniert, schmiedet Pläne für eine vernünftigere Zukunft. Die beiden Alten kommen nicht so gut weg: Heimlich treffen sie einander, niemand weiß, ob in tradiertem Haß oder neuer Versöhnungsbereitschaft, und verschwinden für immer, wahrscheinlich im unermeßlichen Ozean, samt dem Geschichtsproblem, das sie verkörperten. Das wurde schon vorher durch die verständnislose Mißbilligung abgewertet, mit der die jüngere Generation Tantes und Schwiegervaters Voreingenommenheiten quittierte.

Auch aus Kohouts maritimen Einfällen ließe sich eine Serie drehen. Sie kommen lebhaft, stellenweise sogar amüsant daher, ein geübter Skriptschreiber könnte etwas damit anfangen. Da zudem ein Drehbuch anderen Gesetzen gehorcht als ein Roman, würden dort vielleicht die Schnitzer vermieden, die Kohout unterlaufen sind. Zum Beispiel im Umgang mit Sprachbildern: "Vor Sylva ankerte ihr uralter Wunsch, der sich inzwischen in ihr letztes irdisches Heim verwandelt hatte." Oder im sorglosen Mixen von Überlieferungen: Der jüdische Urvater Jakob besitzt beim Ringen mit Jahwes Engel die Gabe des griechischen Riesen Antäus, im Kontakt mit Mutter Erde unbesiegbar zu sein. Oder im Fehlgebrauch technischer Termini: "Lichtjahr" ist ein Begriff der Entfernung, nicht der Zeit. Doch schelten wir deshalb nicht bloß den Autor. Übersetzer und Lektor haben dergleichen Patzer auch nicht bemerkt.

SABINE BRANDT

Pavel Kohout: "Die lange Welle hinterm Kiel". Roman. Aus dem Tschechischen übersetzt von Karl-Heinz Jähn. Knaus Verlag, München 2000. 317 S., geb., 42,- DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Sabine Brandt fühlt sich von Pavel Kohouts Roman über die Ereignisse auf einem Kreuzfahrtschiff an die Fernsehserie Traumschiff erinnert, und so findet sie dann auch, dass seine "lebhaften" und "amüsanten" Einfälle ein gutes Drehbuch abgeben würden. Als Roman tragen sie aber nicht. Insgesamt findet sie das Buch seicht. Würde sich Kohout wenigstens darauf beschränken zu unterhalten, aber nein, stöhnt die Rezensentin, nein "er wollte offenkundig auch belehren", zum Beispiel mit historisch interessanten Lebensläufen der Protagonisten. Brandt bemängelt auch, dass das Buch einige sprachliche Schnitzer enthält, an denen nicht nur Autor, sondern auch Übersetzer und Lektorat Schuld sind.

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