Marktplatzangebote
9 Angebote ab € 1,69 €
  • Gebundenes Buch

Baden-Württemberg: eine Erfolgsgeschichte 60 Jahre Baden-Württemberg, 60 Einblicke in die Geschichte. In kurzweiligen Essays erzählen Andreas Braun und Gabriele Renz die Geschichte des drittgrößten Bundeslandes vom Beginn in den 1950er Jahren bis zu den Wutbürgern heute. Die Kapitel führen von den klassischen Klischees der Bausparer und Häuslebauer, den Tugenden der Schwaben über die bleierne Zeit des deutschen Herbstes als ganz Deutschland auf Stammheim blickte, bis zur feinen Küche der Sterneköche und Gourmets. Andreas Braun und Gabriele Renz werfen in einem thematischen und zeitlichen Bogen…mehr

Produktbeschreibung
Baden-Württemberg: eine Erfolgsgeschichte 60 Jahre Baden-Württemberg, 60 Einblicke in die Geschichte. In kurzweiligen Essays erzählen Andreas Braun und Gabriele Renz die Geschichte des drittgrößten Bundeslandes vom Beginn in den 1950er Jahren bis zu den Wutbürgern heute. Die Kapitel führen von den klassischen Klischees der Bausparer und Häuslebauer, den Tugenden der Schwaben über die bleierne Zeit des deutschen Herbstes als ganz Deutschland auf Stammheim blickte, bis zur feinen Küche der Sterneköche und Gourmets. Andreas Braun und Gabriele Renz werfen in einem thematischen und zeitlichen Bogen einen ganz eigenen Blick auf Baden-Württemberg. Starke Persönlichkeiten wie der Remstalrebell Helmut Palmer oder Lothar Späth werden in eigenen Kapiteln vorgestellt.
Autorenporträt
Andreas Braun war lange Zeit Chefredakteur der auflagenstarken Zeitung 'Sonntag Aktuell' und ist jetzt Geschäftsführer der Tourismus-Marketing GmbH Baden-Württemberg. Gabriele Renz berichtet seit vielen Jahren als landes-politische Korrespondentin des Südkurier aus Stuttgart.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.06.2012

Freude, schöner Kretschmann-Funken . . .
Schwergewichtiges und Leichtfüßiges zum baden-württembergischen Jubeljahr

Dieses Buch ist unlesbar. Es wiegt fast drei Kilo und passt in kein Reisegepäck. Was sich die Herausgeber des Bandes "Baden-württembergische Erinnerungsorte" dabei gedacht haben, ein so unhandliches Buch zum 60. Jubiläum der Gründung des Südweststaates herauszugeben, bleibt rätselhaft. Da es von der Landeszentrale für politische Bildung finanziert wird, ist man fast geneigt zu fragen, warum eine Einrichtung mit einem aus öffentlichen Geldern finanzierten Bildungsauftrag eine Publikation in Druck geben kann, das sich vielleicht in den Regalen von Landräten und Regierungspräsidenten gut macht, aber aus den genannten Gründen wohl nur eine schmale Lesergemeinde finden dürfte. Das ist schade wegen einiger sehr lesenswerte Beiträge.

Die Herausgeber haben sich den von Pierre Nora entwickelten und von Étienne François und Hagen Schulze auf die deutsche Nationalgeschichte übertragenen Ansatz zu eigen gemacht, Geschichte anhand von "Erinnerungsorten" zu schreiben. Ein "lieu de mémoire" kann nach einer Definition von Jan Assmann materieller wie immaterieller Natur sein, kann also reale wie mythische Gestalten und somit "Gebäude, Denkmäler, Institutionen, Begriffe, Bücher und Kunstwerke" umfassen. Lohnende und geeignete "Erinnerungsorte", die das baden-württembergische Kollektivgefühl nach 1952 geprägt haben, gibt es zahlreich: Wyhl, Stammheim, die badische Verfassung von 1818, die "Stadt des Rechts" Karlsruhe, Meßkirch oder der Pietismus.

Leider haben die drei Herausgeber keine strengen Linien gezogen. So finden sich Beiträge, die nur mit Gewalt zum Konzept der Erinnerungsorte passen, etwa der Aufsatz über Hohenlohe. Der Autor hat einen mit austauschbaren Banalitäten gespickten ("Württemberger zu sein ist Schicksal; Hohenloher zu sein ist Gnade"), klassisch regionalgeschichtliche Analyse verfasst, ohne sich um die Bedeutung der Region für das kollektive Gedächtnis zu scheren. Auch der Beitrag zur südwestdeutschen Medienlandschaft wäre verzichtbar gewesen. Ebenso verhält es sich mit dem Aufsatz über das "Einwanderungsland Baden-Württemberg", der auch noch mit politischen Statements angereichert ist: "Es wäre aber zu wünschen, dass die Ein- und Auswanderungs-Geschichte noch viel stärker in den Heimatbüchern, auf regionaler und lokaler Ebene sowie in den Museen verankert wird." Mag sein, aber eine solche Anmerkung hat in einem solchen Band nichts zu suchen. Die konzeptionelle Schwäche rückt den Band näher als nötig an den Jubiläumsband "Baden-Württemberg - Vielfalt und Stärke der Regionen" heran, der 2002 zum fünfzigjährigen Jubiläum erschien.

Andere Autoren beschreiben ihre "Erinnerungsorte" hingegen vorbildlich: So zeigt Hans-Georg Wehling in seinem Aufsatz über den Blutritt von Weingarten - bis heute die größte Reiterprozession in Europa -, welche Bedeutung die Sakrallandschaft für die Entwicklung des Landes und auch für die sechs Jahrzehnte währende Vorherrschaft der CDU hatte. Einen Einblick in kollektive Mentalitäten liefert auch Hermann Bausingers Beitrag über das "Nachleben von Baden und Württemberg" oder Franz Quarthal über vorderösterreichische Traditionsreste.

Ein leichtfüßiger Gegenentwurf zum wuchtigen Sammelband der Landeszentrale ist das kleine Bändchen "Wir können alles" von dem Journalistenpaar Andreas Braun und Gabriele Renz. In 60 kurzen launigen Kapiteln porträtieren die Autoren den Südweststaat. Dem "Wutbürger" ist genauso ein Kapitel gewidmet wie Martin Walser, dem "seealemannischen Sturkopf". In knapp gehaltenen Artikeln informieren die Autoren gut über Schwarzwaldmädel, Outlet-Center und die Gegenwart des Adels. Anregend sind die Autoren immer dann, wenn sie landestypische Phänomene mit passenden Anekdoten beschreiben, etwa im Kapitel "Identitätssuche: Ländle und Land" - wenn sie über einen Gerichtsprozess berichten, in dem der Richter einen Omnibusunternehmer dem "Jet-Setle" zurechnete: "Damit war alles gesagt: Größenwahn, Protzsucht, Schein statt Sein." Lesenswert sind auch die Artikel über "Alternative Bürgerlichkeit", die Landsleute also, die mit dem Porsche Cayenne zum Bio-Supermarkt fahren. Für den gesellschaftlichen Wandel des Bundeslandes entwickeln beide Autoren ein großes, zuweilen spöttisches Gespür.

Leider lassen sie auch nicht von ihrem luftigen Stil, wenn sie über Ministerpräsidenten scharfe Urteile fällen und hierbei vielsagende Andeutungen machen. So schreiben sie über Lothar Späth: "Auch Lustbarkeiten am Wegesrand wurden bedenkenlos mitgenommen". Und über Günther Oettinger meinen sie, ebenfalls ohne Ross und Reiter zu benennen: "Zeitweilig überschatten wilde Spekulationen um Verfehlungen, um sein Privatleben, seine Ehe, seine Lebenspartnerin und anderes mehr gänzlich die politische Debatte." Falsch ist das nicht, aber absichtsvoll nebulös. Zumal sie Oettingers eigentliche politische Leistung, in der Föderalismuskommission die Schuldenbremse im Grundgesetz durchgesetzt zu haben, völlig unerwähnt lassen.

Geradezu hymnisch ist den Autoren dann Kapitel 59 über den amtierenden Ministerpräsidenten Kretschmann geraten: "Einer, der an die Macht des Wortes glaubt und an die der Vernunft . . . Ein Politiker mit Sinn für das Machbare und Mögliche - und mit Verständnis für die Menschen." Offensichtlich ist für Andreas Braun und Gabriele Renz mit dem Regierungswechsel 2011 ein lang herbeigesehnter Zustand eingetreten. Es fragt sich aber, ob man dies so hagiographisch formulieren muss.

RÜDIGER SOLDT

Reinhold Weber/Peter Steinbach/Hans-Georg Wehling (Herausgeber): Baden-württembergische Erinnerungsorte. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2012. 616 S., 19,50 [Euro] (zu bestellen bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg).

Andreas Braun/Gabriele Renz: Wir können alles. 60 Einblicke in die Geschichte Baden-Württembergs. Konrad Theiss Verlag, Stuttgart 2012. 245 S., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Was ein Wutbürger ist und was alternative Bürgerlichkeit (mit dem Porsche zum Bio-Markt), erfährt Rüdiger Soldt von dem Autorenpaar Andreas Braun und Gabriele Renz, und zwar launig und in aller Kürze. Weitere Artikel des Bandes charakterisieren Baden-Württemberg anhand von Einträgen wie "Outlet-Center" oder "Martin Walser". Die teilweise Anreicherung der Artikel mit Anekdoten hält Soldt für besonders anregend. Stilistisch luftig und nebulös, rät er, sollten die Autoren jedoch nicht sein, wenn sie scharfe politische Urteile fällen, etwa über Lothar Späth. Und weniger hagiografisch, wenn sie über Kretschmann schreiben.

© Perlentaucher Medien GmbH