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Nur wenige sorgfältig gewählte Worte benötigt Milena Michiko Flasar, um ihre Figuren zum Leben zu erwecken, nur wenige Szenen, um ganze Schicksale zu erzählen. Ein junger Mann verlässt sein Zimmer, in dem er offenbar lange Zeit eingeschlossen war, tastet sich durch eine fremde Welt. Eine Bank im Park wird ihm Zuflucht und Behausung, dort öffnet er die Augen, beginnt zu sprechen und teilt mit einem wildfremden Menschen seine Erinnerungen. Der andere ist viele Jahre älter, ein im Büro angestellter Salaryman wie Tausende. Er erzählt seinerseits, über Tage und Wochen hinweg, Szenen eines Lebens…mehr

Produktbeschreibung
Nur wenige sorgfältig gewählte Worte benötigt Milena Michiko Flasar, um ihre
Figuren zum Leben zu erwecken, nur wenige Szenen, um ganze Schicksale zu
erzählen.
Ein junger Mann verlässt sein Zimmer, in dem er offenbar lange Zeit eingeschlossen
war, tastet sich durch eine fremde Welt. Eine Bank im Park wird
ihm Zuflucht und Behausung, dort öffnet er die Augen, beginnt zu sprechen
und teilt mit einem wildfremden Menschen seine Erinnerungen. Der andere
ist viele Jahre älter, ein im Büro angestellter Salaryman wie Tausende. Er erzählt
seinerseits, über Tage und Wochen hinweg, Szenen eines Lebens voller
Furcht und Ohnmacht, Hoffnung und Glück. Beide sind Außenseiter, die dem
Leistungsdruck nicht standhalten, die allein in der Verweigerung aktiv werden.
Aus der Erfahrung, dass Zuneigung in Nahrung verpackt, Trauer im Lachen
verborgen werden kann und Freundschaften möglich sind, stärken sie sich für
einen endgültigen Abschied und einen Anfang.
Milena Michiko Flasar macht eine Parkbank zur Bühne, zu einem huis clos
unter freiem Himmel. Die Bank befindet sich in Japan und könnte doch ebenso
gut anderswo in der westlichen Welt stehen. Dieser Roman stellt der Angst vor
allem, was aus der Norm fällt, die Möglichkeit von Nähe entgegen - sowie die
anarchische Kraft der Verweigerung.
Autorenporträt
Milena Michiko Flasar, geboren 1980 in St. Pölten, hat in Wien und Berlin Komparatistik, Germanistik und Romanistik studiert. Sie ist die Tochter einer japanischen Mutter und eines österreichischen Vaters, lebt als Schriftstellerin in Wien und unterrichtet nebenbei Deutsch als Fremdsprache.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

In Milena Michiko Flasars Roman "Ich nannte ihn Krawatte" hat Rezensentin Anja Hirsch nicht nur ein "beklemmendes Kammerstück", sondern auch die sehr berührende Geschichte einer zarten Annäherung gelesen. Die Kritikerin erfährt hier, dass man in Japan Menschen, die aus Angst vor dem Leistungsdruck im Arbeitsleben das elterliche Haus nie verlassen, als "Hikikomori" bezeichnet, während ein typischer Anzug- und Krawattenträger schlicht "Salaryman" genannt wird. In ihrer kleinen Geschichte über die vorsichtige Begegnung zweier solcher Menschen, die in langen Monologen Einblick in ihre traurigen Lebensgeschichten gewähren, beweise die erst 32-jährige Autorin Talent zu ganz eigenen, ausdrucksstarken Bildern, lobt die Kritikerin. Und so schaut sie gern über den ein oder anderen "Anfängerfehler", etwa allzu phrasenhafte Begriffe oder "Lebensrezepte" hinweg.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.11.2020

NEUE TASCHENBÜCHER
Die Krise
buddhistisch
Der eine hat sich jahrelang nach Hause verkrochen, weil er sich mitschuldig am Suizid einer Mitschülerin fühlt, der andere verlässt das Haus, um Beschäftigung vorzugaukeln. So begegnen sie sich auf der Parkbank, wo sie sich öfter aufhalten, weil sie dort ohne Gefahr, in irgendetwas einbezogen zu werden, unbeteiligt bleiben können. Vorsichtig entfaltet sich ein Dialog. Die Situation ist klassisch, Albees „Zoostory“ oder Dieter Kühns „Op der Parkbank“ wären Beispiele. Milena Michiko Flašar nutzt die neutrale, für alles offene Situation des zufälligen Begegnens, um zwei Facetten einer Welt aneinander zu halten. Diese Welt hat es in sich: Es ist die japanische Leistungsgesellschaft. Zwei Fundamentalhaltungen stoßen aufeinander, dem europäischen Leser begegnen zwei Phänomene japanischer Kultur. Milena Michiko Flašar hätte das mit pointenreichem Radau gestalten können, doch sie lässt es behutsam angehen, man entwickelt Empathie für die zwei Außenseiter und beginnt, in deren Radikalität eigene, verwandte Ansätze zu entdecken. Der Roman, eher ein Kammerspiel, hat es auf einige Theaterinszenierungen gebracht.
RUDOLF VON BITTER
Milena Michiko Flašar:
Ich nannte ihn Krawatte.
Roman, Wagenbach
Verlag, Berlin 2020.
144 Seiten, 10 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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»Das Buch verweigert sich auf höchst eigensinnige Weise dem sattsam bekannten Realismus der Arbeitswelt und findet einen sehr besonderen, ganz ruhigen und beinahe lyrischen Ton, um etwas zu beschreiben, das weit über die bloße Gegenwart hinausreicht.« Paul Jandl, Die Welt