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Bredekamp in all seinen Facetten: über die Antike und das Mittelalter und immer wieder über die Renaissance und den Fußball.Exemplarische und spielerische Texte, die den großen Bildwissenschaftler vorstellen.Horst Bredekamps großes internationales Ansehen rührt nicht nur von seiner immensen Forschungsarbeit und seiner ungewöhnlich hohen Produktivität. Was seine Arbeit so spannend macht - auch für Fachfremde -, ist der andere Blick, den Bredekamp auf seine Betrachtungsgegenstände wirft, seien dies die europäischen Bronzen der Renaissance, die Maschinen der Kunstkammer oder diePässe legendärer…mehr

Produktbeschreibung
Bredekamp in all seinen Facetten: über die Antike und das Mittelalter und immer wieder über die Renaissance und den Fußball.Exemplarische und spielerische Texte, die den großen Bildwissenschaftler vorstellen.Horst Bredekamps großes internationales Ansehen rührt nicht nur von seiner immensen Forschungsarbeit und seiner ungewöhnlich hohen Produktivität. Was seine Arbeit so spannend macht - auch für Fachfremde -, ist der andere Blick, den Bredekamp auf seine Betrachtungsgegenstände wirft, seien dies die europäischen Bronzen der Renaissance, die Maschinen der Kunstkammer oder diePässe legendärer Fußballspiele. Sein Betätigungsplatz: ein weites Feld.Bredekamp bleibt nicht auf den ausgetretenen Pfaden der klassischen Kunstgeschichte, sondern versucht neue, zunächst vielleicht irritierende Verknüpfungen. Er sieht genau hin, untersucht den kultur- und alltagsgeschichtlichen Hintergrund, zieht Originalquellen heran, die bisher keiner beachtet hat, oder stellt verblüffende Zusammenhänge her.Überraschend, unterhaltsam und dabei lehrreich.
Autorenporträt
Horst Bredekamp, geboren 1947, seit 1993 Professor für Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität und seit 2003 Permanent Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Er war u.a. Fellow des Institute of Advanced Study in Princeton, des Getty Center in Los Angeles und des Collegiums Budapest, erhielt 2000 den Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa, 2005 den Aby M. Warburg-Preis der Stadt Hamburg und 2006 als erster Geisteswissenschaftler den renommierten Max-Planck-Forschungspreis.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 25.04.2007

Der Kapitän der Bilderflotte
Kunst im Rorschach-Test: Horst Bredekamps Ikonologie

Grundlagentexte für die Lehre vom Sehen: Horst Bredekamp legt eine Sammlung mit Aufsätzen zur Analyse der halb- und unbewussten Bildproduktion im Verlauf der Kunstgeschichte vor.

Die Kunstgeschichte ist ein Erfolgsfall unter den deutschen Geisteswissenschaften. Seit der Gründung reißt ihre Produktion weit über das Fach hinauswirkender Studien nicht ab. Man kann von einem besonderen Typ philosophischer Forschung sprechen, der die philologische Arbeit am Detail mit der Fähigkeit verbindet, die dabei gewonnenen Befunde auf ganz grundsätzliche Fragen zu beziehen, solche der Bildwahrnehmung überhaupt, der Epochenbildung, der Formen von Überlieferung oder der Soziologie der Kunst.

Ein wichtiger Antrieb dieser Grundsätzlichkeit liegt in der Tradition der philosophischen Ästhetik in Deutschland. Ihre Fragen hat die Kunstgeschichte nie aus dem Auge verloren, aber auch nicht die Gewissheit, dass diese Fragen eben nicht philosophisch, sondern nur durch Studium der Werke zu beantworten sind. Dafür lässt sich nicht nur die Schule um Erwin Panofsky und Aby Warburg zitieren, die in die Diskussionen über das kulturelle Gedächtnis genauso hineingewirkt hat wie in die philosophische Ideengeschichte oder der Soziologie des Geschmacks. Das gilt auch für die Arbeiten Riegls über Kunstindustrie und über Denkmäler, für Studien Sedlmayrs zur Paradiesvorstellung in der französischen Kunst oder für die Versuche Wölfflins und Worringers zur Stilgeschichte.

Man könnte auch sagen: Der Wille, Genauigkeit nicht mit Langeweile zu erkaufen, hat sich in der Kunstgeschichte erfreulich oft Bahn gebrochen. Man muss nur an Hans Beltings Abhandlung über das Bild vor dem Zeitalter der Kunst, an Martin Warnkes "Hofkünstler" oder Werner Hofmanns "Das entzweite Jahrhundert" denken, um neuere Beispiele für solche augenöffnenden Beiträge zu haben.

Wie stehen die Arbeiten Horst Bredekamps, einer der bekanntesten deutschen Kunsthistoriker der Gegenwart, zu dieser Tradition? Rechtzeitig zum sechzigsten Geburtstag am kommenden Sonntag liegt eine Auswahl von Aufsätzen vor, die für sein Temperament wie für seine Arbeitsschwerpunkte charakteristisch sind. Sie reichen von der Ikonographie der Renaissance über die barocke Kunstkammer bis zur Bilderwelt des Fußballs. Zusammengehalten werden sie von einer spekulativen These: In Bildern manifestiert sich für Bredekamp eine Art kollektives Unbewußtes, wer Bilder erzeugt, auswählt und betrachtet, bewegt sich im Bereich dieser Macht. Das Bildarchiv der Humboldt Universität ist dann gewissermaßen eine Sammlung triebgeschichtlicher Präparate.

Das Seltsame an dieser These ist, dass Bredekamp sie, trotz ihres offenkundigen Zumutungsreichtums, nicht entfaltet, sondern nur illustriert. Das lässt sich gut an seinen Gedanken über den frühneuzeitlichen Topos "Nihil firmum" (Nichts ist fest) einerseits und seiner Deutung von Papst- und Fußballfotografien andererseits studieren. Nicht erst in der Postmoderne, so setzt der Beitrag über das Bildmotiv der Stabilität des Instabilen ein, sondern schon um 1500, auch schon in der Antike und in der Kunst eigentlich immerzu, gelte das "Gebot der Unbestimmtheit". Will sagen: Den Befund, nichts sei beständig, wende die Kunst sogar noch gegen ihn selbst, indem sie der Deutung, alles sei todgeweiht, entgegensetzt, alles unterliege der ewig verwandelnden Kraft des Eros. Bredekamp zeigt das anhand eines Bronzereliefs von etwa 1480, das die Erziehung Cupidos zeigt. Einmal wird dort der Liebesgott als Kind von Venus und Vulkan, dann wieder als Kind von Venus und Mars im Unterricht bei Merkur gezeigt. Läuterung des Sinnlichen in der Schule? Unterscheidung himmlischer von irdischer Liebe? Leserichtung und Gewichte im Bild lassen es anders sehen: Entscheidend an Cupido ist seine vulkanische Herkunft, vom hässlicheren, aber kräftigeren Werber um Venus.

Aus diesem Bild gewinnt Bredekamp Deutungen anderer Darstellungen des Cupido, die allesamt besagen, dass dem Humanismus der Renaissance von vornherein sprengende, anarchische Motive eingelagert waren. Selbst im Versuch, Tugend zu verbildlichen, gewinnt das Bild die Macht über die Tugend, und es wird Urtümlicheres als Tugend gefeiert. "Eine restlose Umsetzung einer Idee oder eines Gedankenbildes in die Form eines Kunstwerkes und dessen Rücktransport in Sprache ist ein Widerspruch in sich." Dass bei Minerva, der Kopfgeburt, Gewand und Haare flattern: Für Bredekamp heißt das, am Körper der Weisheitsgöttin zeige sich Unberechenbares. Dass am "fliegenden Auge", dem Emblem Albertis, seltsame nervenstrangartige Gebilde herumzüngeln: Am göttlichen Auge zeigt sich Leidenschaft.

Diese Leidenschaft, Bilder als Resonanzkörper vorbewusster Regungen zu deuten, zeigt sich ihrerseits am deutlichsten in Bredekamps Interpretation von Fotografien. Wenn der Wind dem Papst das Birett vom Kopf weht, wenn er beim Begräbnis Johannes Paul II. in die Kleider der Kardinäle fährt, dann müsse, meint Bredekamp, auch der "hartgesottene Skeptizist" erst einmal den Gedanken beiseite schieben, in solchen Bildern sei Fügung am Werk, der Wind wolle uns etwas mitteilen. Auch dass Kardinal Ratzinger das Konklave vor einer steinernen Figur mit aufgewühltem Gewand eröffnete, wird so kommentiert: "Vermutlich hat der Fotograf diese Symbolik nicht gekannt, aber ähnlich wie bei den Windstoßbildern entschied hier nicht die Intention, sondern der Sinn für eine semantische Komprimierung. Mit der Veröffentlichung fügte sich das Bild in eine ikonologische Tradition, die unabhängig vom Grad der Bewusstheit derer, die derartige Bilder produzieren, präsent ist".

Wie das geht, wüsste man gern genauer. Was ist das für eine "Energie", die sich gleichermaßen in den Figuren der Fußballer auf Fotos äußert wie in Skizzen Leonardos, die Bredekamp den Fußballhaufen ähnlich findet? Woher kommen diese Archetypen? Und wer sieht sie überhaupt? Oder anders gewendet: Sagen diese Ähnlichkeitsbefunde oder jene Leidenschaftsbefunde etwas über die Bilder, etwas über den Fundus, aus dem sie ausgewählt wurden, oder etwas über den, der sie so betrachtet? Über den eigentlichen Pfiff, den Bredekamps Arbeiten gegenüber denen seiner Zuarbeiter und Mitforscher haben wollen, erfährt man zu wenig. Vielleicht, weil die Erläuterung zeigen würde, dass es sich um eine Kunstpsychologie handelt. Und die steht in der kunstgeschichtlichen Tradition nicht in großem Ansehen.

JÜRGEN KAUBE

Horst Bredekamp: "Bilder bewegen". Von der Kunstkammer zum Endspiel. Aufsätze und Reden. Herausgegeben von Jörg Probst. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin 2007. 253 S., br., 13,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Jürgen Kaube sucht in seiner Besprechung des pünktlich zum sechzigsten Geburtstag erscheinenden Bandes mit gesammelten Aufsätzen des Kunsthistorikers Horst Bredekamp dessen Verbindung zur Tradition der philosophischen Ästhetik in der Kunstgeschichte. Durch die Beiträge zu so unterschiedlichen Themen wie der Renaissance-Ikonografie, die Kunstkammer im Barock, bis zu Fußballer-Bildern und Fotografien vom Papst, verfolge der Kunsthistoriker eine durchaus interessante These vom Wirken des "kollektiven Unbewussten", das sich in der Kunst niederschlage und nicht selten auch gegen die bewusste Intention der Darstellung wende, erklärt der Rezensent. Kaube findet es schade, dass Bredekamp diese These zwar in seinen Aufsätzen zu veranschaulichen sucht, sie aber nicht hinreichend herausarbeitet. So bleibt es bei der bloßen Behauptung dieser These, die aber nicht wirklich überzeugend nachgewiesen wird, so der Rezensent unzufrieden, der vermutet, dass Bredekamp es scheut, in die Nähe einer "Kunstpsychologie" zu geraten, die sich, wie Kaube weiß, momentan keines großen Ansehens in der Kunstgeschichte erfreut.

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