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In diesem Band wird ein neuer Versuch vorgelegt, eine deutsche übersetzung lateinischer Briefe Francesco Petrarcas in einer sinnvollen Auswahl zu bieten. Diese kreist um die Leitgedanken eines literarischen, stark moralisierenden und politisch orientierten Humanismus, der mit einer scharfen Zeitkritik an der Moral der Gesellschaft, an Kaiserreich und Kirche die Forderung nach einer Wiederherstellung hoher Kultur und guter Weltordnung verbindet und als das ewig gültige Ideal das alte Römertum in beinah massloser Verehrung anpreist.
Die drei Teile der Auswahl umfassen
1. die Briefe, die
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Produktbeschreibung
In diesem Band wird ein neuer Versuch vorgelegt, eine deutsche übersetzung lateinischer Briefe Francesco Petrarcas in einer sinnvollen Auswahl zu bieten. Diese kreist um die Leitgedanken eines literarischen, stark moralisierenden und politisch orientierten Humanismus, der mit einer scharfen Zeitkritik an der Moral der Gesellschaft, an Kaiserreich und Kirche die Forderung nach einer Wiederherstellung hoher Kultur und guter Weltordnung verbindet und als das ewig gültige Ideal das alte Römertum in beinah massloser Verehrung anpreist.

Die drei Teile der Auswahl umfassen
1. die Briefe, die sich auf Cola di Rienzo und seinen Umsturz in Rom beziehen,
2. die Briefe an den deutschen König und Kaiser Karl IV. sowie an verschiedene Hofleute in Prag,
3. die Briefe im "Buch ohne Namen", das in erster Linie Angriffe gegen die Päpste seiner Zeit, genauer gegen die päpstliche Kurie in Avignon, für die Nachwelt festhält, anhangsweise auch Aufforderungen an Päpste.

Damit wird vor dem deutschen Leserpublikum ein Zeit- und Weltbild aus dem 14. Jahrhundert entrollt, wie es einer der berühmtesten Zeitgenossen gezeichnet hat, wobei sich diese Persönlichkeit auch selber eindrücklich in ihrer Grösse und ihrer Schwäche zeigt. Da steht er, der strenge Eiferer, der in völlig ahistorischer Denkweise meint, die gute Weltordnung, wie Gott sie für alle Zeiten geplant und wie sie unter den Römern einst in Wirklichkeit bestanden habe, sei mit kraftvoller Tat zurückzubringen. In seinem Verlangen nach Heldentum muss er allerdings ein Einzelgänger bleiben, selbst wenn er von allen Fürstenhöfen umworben wird und dank seiner Liebe zu Italien eine wichtige Stimme seines Volkes und dank seinen humanistischen Studien der vielbegehrte Helfer einer stets wachsenden Schülerzahl ist. Bei den damals herrschenden entsetzlichen Wirren und der - wie er meint - lästerlichen Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber den höchsten humanen Werten scheint ihm die Wendung zum Guten in immer weitere Fernen zu rücken, und, obwohl er als einer der Tüchtigsten den Weg über eine Epoche hinaus anbahnt, die er - hauptsächlich aus Unkenntnis - verachtet und die man später als Mittelalter bezeichnet, kann man von ihm nicht annehmen, dass er die aufkeimende Renaissance freudig zur Kenntnis genommen hätte und dass diese in ihrer Blüte seinen hohen Idealen je hätte genügen können.
Der Zugang zu den in der lateinischen Originalsprache und in deutscher übersetzung gebotenen Briefen wird durch eine ausführliche Einleitung und knappe Erläuterungen erleichtert.
Autorenporträt
Francesco Petrarca (1304 - 1374), Schriftsteller, Denker und Forscher. Am 20.7.2004 ist der 700. Geburtstag von Francesco Petrarca.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.02.2002

Leser, denke nur an mich
Als Briefschreiber hat Petrarca seinen Adressaten viel zugemutet
Es ist bekannt, dass Francesco Petrarca von seinen im Volks-Idiom, dem Volgare, verfassten süffig-melancholischen Liebesgedichten, die noch den cleanen Bann höfisch-vergeistigter Minnelyrik ahnen lassen, und welche ihm bis in die Gegenwart ein ruhmvollstes Nachleben sichern, nicht viel gehalten hat. In einem späten, in der üblichen Gelehrten-Verkehrssprache Latein geschriebenen Brief hat der Dichter für die „Canzoniere” nur den abfälligen Ausdruck „nugae” übrig: Lappalie, wertloses Zeug. Bar jeden lyrischen Schmelzes sind seine in herrischem Ton gehaltenen Briefe, in denen sein Autor (der ja davon überzeugt war, dass in Italien allein qualitätvolle Dichtung geschrieben werden könne) unausgesetzt ex kathedra sprechen will.
Vor allem will Petrarca dies: die Welt retten! Vor ihrer eigenen Dummheit, Schlechtigkeit, Verantwortungslosigkeit. Der Brief-Stil ist an der klassisch-römischen Schrift-Rede, vor allem der des unerreicht brillanten Rhetorikers und republikanischen Berufspolitikers Cicero – seinem Idol! – geschult: bei aller zitatgestützten Gelehrtheit mit nicht immer glücklichem Ergebnis. Mutig: Petrarca, selbst Kleriker, zieht auch „heidnische” Autoren für seine Argumentationen heran. Doch könnte das nicht auch, gerade bei diesem hochehrgeizigen Besserwisser, mit „antiquarischer Gelehrsamkeit” zu tun haben, die Kurt Flasch bei den frühen Humanisten festgestellt hat? Der deutlich pessimistisch grundierte Charakter Petrarcas, der hartnäckig allerhand Verkommenheiten der Epoche kritisiert, und mit grundsätzlichen Reformvorschlägen nicht hinterm Berg hält – er verlangt seinen Briefpartnern (Gelehrten, Dichtern, Adeligen) oft genug das Äußerste an Geduld ab. Typisch in der keine Widerrede duldenden Entschiedenheit ist diese Stelle, aus einem in Vaucluse verfassten Schreiben an den Florentiner Theologen Francesco Nelli vom August 1352 : „Ich will, dass mein Leser, wer es auch sei, nur an eines denkt: an mich, nicht an die Verheiratung seiner Tochter, nicht an die Nacht bei der Freundin, nicht an die Intrigen seiner Feinde, nicht an Bürgschaften, nicht an sein Haus oder Feld oder an seine Geldkasse, und dass er, zumindest solange er mich liest, bei mir ist. Wenn er mit Geschäften überbürdet ist, soll er das Lesen aufschieben, sobald er sich aber anschickt zu lesen – da soll er die Last der Geschäfte und die Sorge um seine Privatangelegenheiten von sich werfen und seinen Sinn auf das richten, was er vor Augen hat. Wenn ihm diese Bedingung nicht passt, soll er von diesen unnützen Schriften fernbleiben. Ich will nicht, dass er sich zugleich mit Geschäften befasst und sich mit mir abgibt, ich will nicht, dass er völlig ohne Mühe in sich aufnimmt, was ich nicht ohne Mühe geschrieben habe.”
Ungebetene Ratschläge
Immer wieder stellen sich bei der Lektüre Fragen: was ließ den eminent ehrgeizigen Dichter von seinen italienischen Liebesgedichten abrücken? Weshalb mischte er sich Zeit seines Lebens in die italienische Innenpolitik ein? Mehr noch: Weswegen versuchte er Weltpolitik, wenn schon nicht zu machen, so doch zu vermitteln, in unruhig wechselndem geistlichen und weltlichen Diplomaten-Dienst, in Briefschaften wie in persönlichem Vorstelligwerden? Welch irritierendes, befremdlich unhistorisches Denken (ein Vergleich mit Ezra Pound, dem Rundfunk-Herold, drängt sich auf) bewog ihn, zeitweilig zum glühenden Anhänger und Propagandisten des republikanischen Adelshassers und Umstürzlers Cola di Rienzo in Rom zu werden? Dann, sich bei der durch Rienzo schwer in Mitleidenschaft gezogenen Adels-Familie Colonna, immerhin seinen Arbeitgebern, die fünf Tote zu beklagen hatte, per Kondolenzbrief wieder einzuschmeicheln? Was bewegt ihn dazu, Kaiser Karl IV. in rechthaberischen, Irrationales fordernden, hochfahrenden, ja erstaunlich unverschämten Schreiben mit ungebetenen Ratschlägen auf die Nerven zu fallen? Sind es allein seine Mailänder Wohnungsgeber, die knallharten Visconti, die das boomende Ober- Italien hauptsächlich regieren und so mehr als ein Wörtchen mitzureden haben? (Ach, beinahe wissen wir es schon: „Ich will, dass mein Leser, wer es auch sei...”).
Diese und andere Fragen werden, immerhin zum Teil, von der Sammlung ausgewählter Briefe von und an den Lorbeerbekränzten beantwortet, die der Schwabe Verlag, von der Mediävistin Berthe Widmer betreut, nun herausgebracht hat. Da aber der Schwerpunkt der zweisprachigen Ausgabe (gut!) auf den politischen Briefen liegt, fallen wichtige, gerade poetologische Zeugnisse (wie das oben zitierte) weg, so auch der berühmte Initiations-Brief zur Besteigung des Mont Ventoux an den Sorbonne-Theologen Dionogi, der dem Dichter erst Augustins „Confessiones” zugänglich gemacht hat; oder der Köln-Brief, ein amüsanter Reisebericht an den Rhein in die barbaria – eines der Schlüsselworte zum Verständnis des chauvinistischen Diplomaten Petrarca, das er für alles Kulturland außerhalb der Italia parat hat.
Neurömisches Imperium
Seine Lebenszeit (1304-1376) fällt in die Epoche einer schweren europäischen Wirtschafts-Stagnation, verstärkt durch die Pest- Pandemie, deren Ausbruch in die Mitte des Trecento fällt, und abermals verschärft von einer tief einschneidenden politischen (Identitäts-)Krise, deren sichtbares und eklatantestes Zeichen die Verlegung der päpstlichen Kurie weg von Rom nach Avignon war. Kein Wunder, war doch der Stellvertreter auf dem Stuhle Petri ein Franzose, der für den Start in die sogenannte „Babylonische Gefangenschaft der Kirche” sorgte: die wurde, mitsamt ihrer grellen Auswüchse, für Petrarca eines der Hauptthemen, ausdauernd gegeißelt in zahlreichen Briefen, die in der vorliegenden Ausgabe den Mittelteil unter der Überschrift „Gegen die Entartung der päpstlichen Kurie und ihre Abkehr von Rom” bilden. Hier, da sich der gut informierte Autor auf seine Augenzeugenschaft der Verhältnisse zu Avignon berufen kann, hat er, auch für den gegenwärtigen Leser, eine lohnende „materia scribendi” (Schreibstoff) zu bieten. Das erste Kapitel ist den Cola di Rienzo-Briefen vorbehalten; der dritte Teil der Korrespondenz an und von Karl IV., den Petrarca überreden will, von Rom aus einen Neuaufbau des Reiches im Sinne eines neurömischen Imperiums durchzuführen, was der Luxemburger Kaiser bekanntlich tunlichst hat bleiben lassen. Nebenbei ist zu erfahren, dass die Post auch schon mal drei Jahre über die Alpen gebraucht hat.
Was und wie nun in Neuübersetzung ediert wurde, ist von recht guter Qualität; wer wissen will, wer die Briefpartner sind, wird in Kurzkommentaren bedient; es gibt ein hilfreiches Personen-Register. Das Deutsch ist manchmal etwas zu kanzleimäßig geraten, die Bibelstellen viel zu laff, so dass sie jeder Zündkraft entbehren. Anders verhielt es sich in der von Hans Nachod und Paul Stern 1931 im Berliner Verlag Die Runde vorgelegten Petrarca- Briefedition. Hier gelang es den Übersetzern, wie mir scheint, besser, das Widerspenstige, das Besessene und Durchglühte des Autors herauszupräparieren. In jedem Fall eine aufschlussreiche, dankenswerte Veröffentlichung zum Verständnis Petrarcas, gerade für diejenigen, die neue Seiten an ihm bereit sind kennenzulernen. Und die bedeutende Quellen zur Geschichte im Übergang vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit wahrnehmen wollen.
THOMAS KLING
FRANCESCO PETRARCA: Aufrufe zur Errettung Italiens und des Erdkreises. Ausgewählte Briefe, Lateinisch-Deutsch. Herausgegeben und übersetzt von Berthe Widmer. Schwabe & Co. Verlag, Basel 2001. 577 Seiten, 47 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Thomas Kling begrüßt die Neuedierung der Briefe Petrarcas und findet sie im Großen und Ganzen auch gelungen. Ausdrücklich lobend weist er auf die Zweisprachigkeit der Ausgabe hin und auch das Register und die Kurzbeschreibungen der Briefadressaten finden seinen Beifall. Wenn er etwas auszusetzen hat, dann ist es der Tonfall der deutschen Übersetzung, der ihm mitunter zu "laff" und zu "kanzleimäßig" erscheint. Dass die Briefauswahl sich allerdings auf den politischen Briefeschreiber beschränkt und deshalb poetologische Auslassungen, wie den berühmten Brief über die Besteigung des Mont Ventoux auslässt, findet er gerechtfertigt. Dadurch würde der Leser "neue Seiten" an dem italienischen Schriftsteller kennenlernen, der zu einer der bedeutendsten Stimmen seiner Zeit gehöre, so der Rezensent angetan.

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