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"Ich bin niemandem begegnet, der moderne Kunst liebt": Spalding ist davon überzeugt, dass durch das Fehlen von Kreativität und handwerklichem Können vielen Menschen die moderne Kunst fremd geworden ist. Er fordert vehement, die zur Zeit elitäre und sehr kommerzielle Kunst wieder für alle verständlich und interessant zu machen. Eine scharfsinnige und brillante Analyse der Leere und Sprachlosigkeit in der zeitgenössischen Kunst.

Produktbeschreibung
"Ich bin niemandem begegnet, der moderne Kunst liebt": Spalding ist davon überzeugt, dass durch das Fehlen von Kreativität und handwerklichem Können vielen Menschen die moderne Kunst fremd geworden ist. Er fordert vehement, die zur Zeit elitäre und sehr kommerzielle Kunst wieder für alle verständlich und interessant zu machen. Eine scharfsinnige und brillante Analyse der Leere und Sprachlosigkeit in der zeitgenössischen Kunst.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 29.07.2003

Runter mit der Sonnenbrille
Julian Spalding lästert über die moderne Kunst
Italienische Ausstellungskuratoren rufen auf der Biennale in Venedig euphorisch die „Diktatur des Betrachters” aus, deutsche Universitätsprofessoren stellen dagegen skeptisch fest, dass das Publikum angesichts der gezeigten Kunstwerke mitnichten das Szepter in der Hand halte. Es stoße sich an sperrigen Installationen, werde von „hochglanzversiegelten Fotos” auf Distanz gehalten oder in finsteren Videoprojektionskojen seiner Orientierungslosigkeit überlassen. Passend zur aktuellen Diskussion hat der britische Kunsthistoriker und ehemalige Direktor der Glasgow Museums and Galleries Julian Spalding, der im letzten Jahr mit „The Poetic Museum” ein in England viel beachtetes Buch über das Museumswesen geschrieben hat, einen Essay vorgelegt, in dem er sich zum Sprachrohr eines kunstinteressierten Publikums macht, das angesichts der heutigen Kunst betreten schweige.
Nach Spalding wird der Betrachter vom Künstler und vom Kunstbetrieb ignoriert, wenn er nicht gerade ein Sammler, Kritiker oder Kurator ist. Unüberbrückbar sei die Kluft, die sich zwischen der Kunst aufgetan habe, die von einer professionellen Elite propagiert werde und dem, was sich der Normalverbraucher an die Wand hänge. Die moderne Kunst – und unter „modern” fällt bei Spalding alles nach Matisse und Picasso – tendiere dazu, das Publikum entweder à la Bruce Nauman zu schockieren oder nach dem Beuys-Prinzip mit persönlichen Assoziationsketten zu verwirren. Einleitend stellt Spalding fest: „Ich habe nie jemanden getroffen, der sagte, dass er die moderne Kunst liebe” und schlägt damit den Ton an, von dem seine Argumentation getragen wird: polemisch, dramatisch mit einem Hang zur Schwarz-Weiß-Malerei.
Spalding führt den Niedergang der modernen Kunst auf zwei Faktoren zurück: Auf die Verdrängung der klassischen künstlerischen Ausdrucksmittel wie Malerei und Bildhauerei zugunsten der auf Readymades und Multiples basierenden Konzeptkunst und auf den damit zusammenhängenden Verfall der handwerklichen Ausbildung an den Akademien. In breiten Pinselstrichen zeichnet er die Kunstgeschichte des 20. Jahrhunderts nach und interpretiert die kanonisierten Errungenschaften von Marcel Duchamp und Joseph Beuys, die für einen erweiterten Begriff von Kunst kämpften, als Schritte, die in eine Sackgasse führten. Dagegen gehören für ihn der für seine naive Malerei von der Kunstkritik des 19. Jahrhunderts verlachte Henri Rousseau, der Porträtist einsamer Vorstadt-Amerikaner Edward Hopper und David Hockney, der Ikonen des gutgelaunten kalifornischen Lebens am Pool schuf, zu den Künstlern die seiner Definition von einer betrachterfreundlichen Kunst entsprechen. In ihren Werken finde sich alles, was der Rest vermissen lasse: eine sinnlich ästhetische Wirkkraft und eine eindeutig lesbare Botschaft.
Spaldings Revision der Avantgarden liest sich wie eine Aneinanderreihung von Verschwörungstheorien. Im Gegensatz zu Serge Guilbaut, der sich in den achtziger Jahren darum bemühte, die politischen Interessen der New Yorker Kunstszene während des Kalten Krieges aufzudecken, schildert er die Entstehung des Abstrakten Expressionismus in den fünfziger Jahren als simples Planspiel: Jackson Pollock tröpfelte Bilder, während Galeristin Peggy Guggenheim und Kritiker Clement Greenberg das neue ästhetische Paradigma als Symbol des freiheitlich demokratischen Amerika in Abgrenzung zu den faschistischen und kommunistischen Kulturerzeugnissen propagierten. Die Erfolge, die der Maler Julian Schnabel in den achtziger Jahren feierte, führt Spalding allein auf die ökonomischen Interessen des Londoner Sammlers Charles Saatchi zurück, der mit den Millionen aus seiner Werbeagentur einen nach seinen Regeln funktionierenden Kunstmarkt etablieren wollte.
Apokalyptische Maler
Spaldings agitatorische Sprache suggeriert dem Leser, ein provokatives Pamphlet in Händen zu halten. Zwischen den glühend rot gestalteten Buchdeckeln wiederholt er nur überkommene Vorbehalte gegen die Mechanismen des Marktes. Zudem leistet Spalding sich Ungenauigkeiten: So wird der Turner-Preis keineswegs für das Lebenswerk eines Künstlers, sondern für ein einzelnes Objekt vergeben, und Marc Quinns Selbstporträt aus gefrorenem Eigenblut „Self”, ist nicht durch das Verschulden eines Elektrikers einfach dahingeschmolzen, sondern es ist in Saatchis neuer Galerie an der Themse zu sehen.
Als zentrale Metapher für den desolaten Zustand der Kunst um die Jahrtausendwende dient Spalding das apokalyptische Bild der Sonnenfinsternis, aber seit Vasaris Künstlerviten gehört es zum Image der Kunst, dass sie tot gesagt wird. Spaldings Ziel ist es, „den Menschen die Kraft zurückzugeben, sich eine eigene Meinung zu bilden, was gut ist und was schlecht ist in der modernen Kunst und die Waffen bereitzustellen, um die gefällten Urteile zu stützen.” Zur Schärfung des Urteilsvermögens in Sachen zeitgenössischer Kunst trägt das unterhaltsam polemische Büchlein mit Zeichnungen des Autors nur bei, wenn der Leser zusätzlich eine ausgewogenere kunsthistorische Darstellung hinzuzieht.
CLAUDIA LANFRANCONI
JULIAN SPALDING: The Eclipse of Art. Tackling the Crisis in Art Today. Prestel Verlag, München 2003. 128 Seiten, 19,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Julian Spaldings Abrechnung mit der modernen Kunst ist in den Augen von Rezensentin Claudia Lanfranconi zwar "unterhaltsam polemisch". Zur Schärfung des Urteilsvermögens in Sachen zeitgenössischer Kunst hält sie "The Eclipse of Art" allerdings nur für bedingt geeignet. Wie sie berichtet, macht sich Spalding zum "Sprachrohr eines kunstinteressierten Publikums", das angesichts der heutigen Kunst angeblich betreten schweige. Spaldings Tonfall charakterisiert Lanfranconi dabei als "polemisch, dramatisch mit einem Hang zur Schwarz-Weiß-Malerei." Zwei Faktoren mache Spalding für den Niedergang der modernen Kunst verantwortlich: die Verdrängung der klassischen künstlerischen Ausdrucksmittel wie Malerei und Bildhauerei zugunsten der auf Readymades und Multiples basierenden Konzeptkunst und den damit zusammenhängenden Verfall der handwerklichen Ausbildung an den Akademien. Duchamps und Beuys' Erweiterung des Kunstbegriffs halte Spalding für eine Sackgasse und den Kunstmark für von Verschwörungen bestimmt. Spaldings "agitatorische Sprache" suggeriere dem Leser, "ein provokatives Pamphlet in Händen zu halten", hält Lanfranconi fest. Wirklich originell findet sie das allerdings nicht.

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