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Erstmalig in der Kunstgeschichte erkundet Werner Hofmanns weitsichtiges Buch das Phänomen des Phantastischen als Gegenwelt zur vermeintlichen Wirklichkeit. Die schöpferischen Möglichkeiten zwischen Erfahrung und Imagination zeigen sich darin als Grundlagen der modernen Kunst.
Das Phantastische ist der Gegenentwurf zur Norm, zum Gekannten und Bewußten. Aber all das, wozu es Antipode sein will, gehört notwendig zu seinem Wesen, denn das Phantastische lebt von der Abweichung, vom Tabubruch, von der Ausschweifung und dem Regelverstoß. In dieser Widersprüchlichkeit ist das Unvereinbare…mehr

Produktbeschreibung
Erstmalig in der Kunstgeschichte erkundet Werner Hofmanns weitsichtiges Buch das Phänomen des Phantastischen als Gegenwelt zur vermeintlichen Wirklichkeit. Die schöpferischen Möglichkeiten zwischen Erfahrung und Imagination zeigen sich darin als Grundlagen der modernen Kunst.

Das Phantastische ist der Gegenentwurf zur Norm, zum Gekannten und Bewußten. Aber all das, wozu es Antipode sein will, gehört notwendig zu seinem Wesen, denn das Phantastische lebt von der Abweichung, vom Tabubruch, von der Ausschweifung und dem Regelverstoß. In dieser Widersprüchlichkeit ist das Unvereinbare miteinander verschmolzen, aber es braucht die Wirklichkeit, um verstanden zu werden.

Werner Hofmanns Untersuchung ist die Grundlegung zu einer Phänomenologie des Phantastischen in den Künsten. Nicht als Bestätigung einer vorgefertigten Definition begreift der Autor die von ihm angeführten Werke, sondern durch ihre Analyse erst erschließt er dem Leser die Erscheinungsweisen der Phantastik. Leonardo da Vinci ist die legendäre Gestalt dieses Metiers und Hieronymus Bosch hat in ihm ganze Welten geschaffen. Ob Arcimboldo oder Magnasco, Piranesi oder Goya, Füssli oder Redon, fast immer reüssieren die Künstler des Phantastischen mit ihren Imaginationen beim schaubegierigen Publikum. Das 20. Jahrhundert als das Zeitalter der psychologischen Einsicht öffnet den Künstlern geistige Räume von ungeahnten Dimensionen. Magritte und Max Ernst, Paul Klee und Dali sind hier nur die Leitfiguren in der visuellen Debatte um die andere Realität.

Prof. Dr. Werner Hofmann, Gründungsdirektor des Museums des 20. Jahrhunderts in Wien und viele Jahre als Direktor der Hamburger Kunsthalle mit international beachteten Ausstellungen hervorgetreten, ist Autor einer Vielzahl von Büchern und Aufsätzen zur Kunstgeschichte. Seine Vorschläge zur Revision der Moderne haben ihn zu einem der einflussreichsten Kunsthistoriker unserer Zeit werden lassen.
Autorenporträt
Prof. Dr. Werner Hofmann, Gründungsdirektor des Museums des 20. Jahrhunderts in Wien und viele Jahre als Direktor der Hamburger Kunsthalle mit international beachteten Ausstellungen hervorgetreten, ist Autor einer Vielzahl von Büchern und Aufsätzen zur Kunstgeschichte. Seine Vorschläge zur Revision der Moderne haben ihn zu einem der einflussreichsten Kunsthistoriker unserer Zeit werden lassen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.03.2011

Illusionen müssen sabotiert werden
Werner Hofmann führt auf eindrucksvolle Weise durch die abendländische Bildwelt des Phantastischen

Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch zählt zu den Meisterwerken phantastischer Kunst. Nackte Sünder werden auf die Saiten von Riesenharfen gespannt, Gnome sitzen in Monsterohren, stachelige Riesenkugeln schwimmen in verfremdeten Landschaften. Überall finden sich Bruchstücke vertrauter, wirklicher Welt, die den Einstieg ins Bildreich von Bosch erleichtern, das sich dann aber als völlig bizarre Welt entpuppt. In der Kunstgeschichtsschreibung sind epochenübergreifende Studien über die verschlungene Geschichte der phantastischen Kunst selten.

Das mag seinen Grund darin haben, dass das Phantastische, einmal von der Kette gelassen, nur schwer zu bändigen ist und sich über alle gewohnten Erzählmuster historischer Darstellung hinwegsetzen wird. Auch muss, wer ein solches Buch schreiben will, zwar ein erfahrener Sucher von Künstlern der Abgründe sein, die Wege der klassischen Bildtradition aber ebenso gründlich begangen haben. Werner Hofmanns Weg durch die abendländische Bildwelt des Phantastischen führt vom Mittelalter über die grandiose Sabotage illusionistischer Errungenschaften der italienischen Renaissance im Barock bis zur beißenden Verachtung gläubiger Antikenverehrung bei englischen Romantikern wie William Blake. Zuletzt bricht dann der Sturm subversiver Kunst des 20. Jahrhunderts los, die Hofmann bis in den Dadaismus und Surrealismus verfolgt.

Bei Hofmann sind diejenigen Künstler nicht zu finden, deren Malerei sich in idealen oder realen Welten des Wirklichen bewegt: kein Raffael, kein Rubens, kein Caravaggio, zu schweigen von Poussin. Michelangelo tritt nur als einer der größten Schöpfer illusionistischer Bildsprache auf, deren sich die phantastische Kunst dann plündernd für ihre Gegenwelten bediente. Dafür begegnen wir Brueghel, Hercules Seghers, William Blake, James Ensor und Odilon Redon.

In Paul Klee und Max Ernst sieht Hofmann schließlich die Vollender und auch das bildmächtigste moderne Künstlerpaar des Phantastischen. Hofmann vermeidet in seiner Analyse eines verrätselten Werks wie Max Ernsts "Europa nach dem Regen" jede politische Zuspitzung. Den Titel hatte Ernst für seine geisterhaft wüste Landkarte des unkenntlich gewordenen Europa 1933 gewählt. Ähnlich endzeitlich verdorrte Landschaften von Hercules Seghers, drei Jahrhunderte früher entstanden, zeigen in einer solchen Zusammenschau mit Max Ernst ihre Schönheit.

Eine Studie über das Phantastische in der Kunst ist Schwelgerei in Bildern und Qual der intellektuellen Verortung. Hofmann benennt die großen Polaritäten, zwischen denen sich das Phantastische seinen Raum zu schaffen hatte: Der Boden, auf dem seine Bildwelten gediehen, waren die im Kunsturteil ausgesprochenen Verbote des Abweichens vom Kanon. Bereits erstes künstlerisches Tasten in der Skulptur wurde als monströse Verzerrung göttlicher Schöpfung verdammt. Die theologische Polemik von Bernhard von Clairvaux, der sich über den Fratzenschmuck in romanischen Klöstern Südfrankreichs empörte, wandelte sich in ein ebenso machtvolles Tabu, als im Tafelbild der Renaissance die Wirklichkeit im perspektivisch gebauten Bildraum gefeiert wurde.

Zuletzt raubte der akademische Spott Goethes und Winckelmanns dem Phantastischen seine Rechte. Auf diesem von antiker Rhetorik, mittelalterlicher Theologie und klassizistischer Ästhetik gut gesättigten Gelände unternimmt Hofmann seine Wanderungen. Mit sichtlichem Genuss sucht er die Wege des Überlebens, listigen Umgehens und Ausweichens, auf denen das Phantastische in Malerei, Zeichnung und Grafik die herrschende Bildwelt illusionistischer Kunst unentwegt unterlief. Das Buch lädt zu Entdeckungen ein, etwa wenn die wohlüberlegt pervertierten Antikenutopien von Piranesi den theatralisch zusammenstürzenden Kathedralräumen des jung verstorbenen Exzentrikers François de Nomé begegnen.

Hofmanns beeindruckende Studie ist das Werk eines klassischen Museumsmannes und bleibt den Spuren musealer Kunst auch treu. Phantastik und Illusionismus leben in seiner Darstellung vom Leben des anderen. Auf das Verhältnis dieses ungleichen Paares ist sein Blick vor allem gerichtet. Das führt zu einer dialektischen Ausschließlichkeit, die zwar bis in die klassische Moderne zweifellos Gültigkeit beanspruchen darf, sich aber im späten 20. Jahrhundert und der Gegenwart kaum durchhalten ließe.

HANS JAKOB MEIER

Werner Hofmann: "Phantasiestücke". Über das Phantastische in der Kunst.

Hirmer Verlag, München 2010. 320 S., geb., Abb., 98,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.12.2010

Aus dem Garten der Lüste
Ein Buch der Gelehrsamkeit und der Anschauung: Die „Phantasiestücke“ des Kunsthistorikers Werner Hofmann
Dass eine Abbildung tatsächlich abbildet, was sie abbilden soll – diesem Glauben wohnt schon so viel Phantastisches inne, dass man annehmen muss, das Phantastische sei in jeder Kunst, auch in der mimetischen, von vornherein enthalten. Trotzdem sollen das Phantastische im Allgemeinen und die phantastische Kunst im Besonderen eine eigene Kategorie in der Beschreibung von ästhetischen Werken bilden. Die Grundlage des „Phantastischen in der Kunst“ sei, wie Werner Hofmann, einst Direktor der Hamburger Kunsthalle und einer der einflussreichsten Kunsthistoriker im deutschen Sprachraum, in seinem jüngsten Buch erklärt, die Abweichung von der Norm, „die dem mimetischen Hauptweg sein angemaßtes Monopol streitig macht“. Aber was kann eine Abweichung von der Norm sein, wenn das Abweichende schon in der Norm selbst enthalten ist?
Werner Hofmann kennt dieses Problem, aber er weicht ihm auf diskrete Weise aus, indem er den Bogen des Phantastischen soweit wie möglich spannt, bis hin zu so elementaren Gegensätzen wie dem zwischen dem von Tag, an dem die Orientierung leicht fällt, und Nacht, die voller Verwirrung und Rätsel ist. Und so beginnt das Werk, das anspruchsvolle Monographie und höchst anschaulicher Bildband zugleich ist, im Mittelalter: mit einer Formensprache, die sich am „soliden Körper des Illusionismus“ als „subversiver Parasit“ geltend mache. Zu erkennen sei sie etwa im Hortus deliciarum der Äbtissin des Stiftes Hohenburg im Elsass (1165/1175): als Gegenüber von Regel und Regellosigkeit, von idealtypischer Allegorie und fabulierender Eigenbrötelei, wie es sich in vier Gestalten unterhalb des eigentlichen Bildes artikuliert, die ihren eigenen, offenbar gottlosen Neigungen nachgehen.
„Phantasiestücke“ nennt Werner Hofmann sein Werk, in diesem Titel klingen E. T. A. Hoffmanns „Fantasie-Stücke nach Callots Manier“ aus dem Jahr 1813 an, und mit ihnen die Abwendung von der imitatio naturae und die Hinwendung zum wilden Reichtum der inneren Bilder. Aber lässt sich die romantische Phantastik des frühen neunzehnten Jahrhunderts mit der Dämonologie des Mittelalters, und sei es des späten Mittelalters überhaupt vergleichen? Ja, sagt Werner Hofmann, denn die Geschichte der phantastischen Kunst verlaufe nicht kontinuierlich, sondern springe von einer „inselhaften Formprovinz“ zur anderen, und immer handele es sich dabei um „Gegenentwürfe zur empirischen Schöpfung“.
So viel Kontinuität selbst im Diskontinuierlichen hat ihren Preis, und er gibt sich nicht nur darin zu erkennen, dass in einem solchermaßen weit gefassten Begriff des Phantastischen vieles aufgeht, was sonst mehr oder mühsam auseinandergehalten wird: das Groteske und das Satirische, die Karikaturen und die Traumfiguren, die Übertreibungen und das Surreale. Vielmehr laufen auch die Gestaltungsprinzipien durcheinander: Wenn das Spätmittelalter Dämonen malt, dann tut es das, weil es innerhalb eines geschlossenen Weltbildes an dessen Vernünftigkeit irrewird. Das ist etwas ganz anderes als die Suche nach inneren Wahrheiten, wie sie die Romantik betreibt, und diese wiederum unterscheidet sich sehr von der Feier der subjektiven Willkür, die der Surrealismus betreibt.
Werner Hofmann hält sein Werk dennoch zusammen. Das geschieht weniger, indem er überall – in Sandro Botticellis Illustrationen zu Dantes Inferno, in den Wucherungen der Architektur bei Piranesi, in den absurden Kulissen Giorgio de Chiricos – die „Abweichung“ und das „Durchbrechen der Konvention“ entdeckt (was die Kunstgeschichte in eine Vorgeschichte der Moderne verwandelt). Vielmehr beschreibt er diese Abweichungen. Er bettet sie in ihren Zusammenhang, teilt sie motivgeschichtlich und verfolgt sie in ihren Momenten, bis sich tatsächlich so etwas wie ein Wissen um die von ihm beschworenen „aesthetic attitudes“ herausbildet, um Bildtechniken, um die Herangehensweisen an das künstlerische Material, die einander, die Stile und die Epochen übergreifend, zumindest ähneln – denn sie verdanken sich ja demselben Wissen über Körper und Farben, Formen und Gestaltungsmittel.
Und noch etwas rechtfertigt, ästhetisch betrachtet, die Entscheidung für die „Abweichung“ und deren Geschichte als tragender Kategorie dieses Werkes: die schiere Opulenz der Bebilderung, die dieses Prinzip erlaubt, der bunte Reichtum an Formen und Farben, die skurrilen Figuren und absurden Einfälle. Das Phantastische in der Kunst – das ist Überschwang, Verschwendung, scheinbar sinnlose Vergeudung von gestalterischer Energie, und das blanke Vergnügen an so viel Überfluss in großem Format hält dieses Buch auch dann noch zusammen, wo es kunsthistorisch ein wenig fragwürdig wird.
Und noch etwas muss erwähnt werden: die Kraft und die Genauigkeit, die in Werner Hofmanns Analysen zu einzelnen Kunstwerken stecken. Dass das Ergreifende in Hieronymus Boschs „Der Garten der Lüste“ in der kühnen Alltäglichkeit liegt, mit der Menschen wie Fabelwesen darin auftreten, das könnte der Betrachter ohne Hofmanns Fingerzeige ebenso leicht übersehen wie das innige Verhältnis von Charakterzeichnung und Karikatur, wie es in Leonardos Zeichnungen erscheint. Pieter Bruegels verkehrte Welt, vom Geist der zu seiner Zeit gerade entstehenden Finanzwirtschaft beseelt, besitzt ein Gegenüber im Manierismus der späten Renaissance in Italien.
Und großartig ist, was Werner Hofmann über das „Lernen des Verlernens“ weiß, über die Verwirrung aller Maßstäbe bei Johann Heinrich Füssli und William Blake – und über den Zusammenhang von Einbildungskraft und Läuterung.
Mit Odilon Redon (1840 bis 1916) erreicht die phantastische Kunst bei Werner Hofmann die ästhetische Moderne – und mit ihm hört die Abweichung auf, eine solche zu sein, auch wenn sich der Autor noch hundert Seiten nimmt, um seine Geschichte, über Salvador Dali, René Magritte und Max Ernst bis zu Joseph Beuys und Jeff Wall, zu ihrem Ende zu bringen. Denn Odilon Redons Bildideen kreisen um „Einzelgänger“, radikal individuelle Erscheinungen, die in völlig heterogenen, meist unirdischen und oft (sub-)marinen Zusammenhängen auftreten.
Es ist in diesen Bildern nichts mehr da, wovon der Gegenstand eine Abweichung sein könnte – stattdessen taucht eine Ahnung von einer anderen, höheren geistigeren Welt auf, die dann, eine Generation nach Odilon Redon, bei Kandinsky oder Klee etwa, den eigentlichen Impuls zur Moderne bildet. Das wäre dann, streng genommen, ein Kapitel weniger der phantastischen als vielmehr der spirituellen Kunstgeschichte. THOMAS STEINFELD
WERNER HOFMANN: Phantasiestücke. Über das Phantastische in der Kunst. Hirmer Verlag, München 2010. 320 Seiten, 98 Euro.
Die phantastische Kunst will nicht
weniger sein als „Gegenentwurf
zur empirischen Schöpfung“
Pieter Bruegels verkehrte
Welt ist vom Geist der noch
jungen Finanzwirtschaft beseelt
Die „Hommage an Goya“ des französischen Malers Odilon Redon (1840-1916) Foto: bpk
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Für so ein Buch bringt der Autor alles Nötige mit, findet Rezensent Hans Jakob Meier: Klassische Museumsbildung und eine Ader für das Abgründige. Derart gut ausgestattet gelingt es Werner Hofmann laut Meier, dem Leser die abendländische Bildwelt des Phantastischen vom Mittelalter bis zum Surrealismus zu eröffnen. Nach Rubens und Raffael braucht der Rezensent gar nicht zu suchen, dafür begegnet er Brueghel, Blake, Ensor, Max Ernst und vielen anderen in Hofmanns schwelgerischen, mit der Schwierigkeit der intellektuellen Verortung kämpfenden Bildanalysen. Außerdem weiß der Autor ihm die Mittel und Wege des Phantastischen aufzuzeigen, sich immer wieder gegen die Wirklichkeit oder das klassizistisch Akademische zu behaupten. Der Autor zeigt sich ihm dabei bemüht, seinen Genuss mit dem Leser zu teilen, indem er zu Entdeckungen einlädt und die enge Beziehung von Phantastik und Illusionismus beschreibt.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Souverän spielt Werner Hofmann als genauer Beobachter auf der Klaviatur des Phantastischen ohne dabei selbst ins Bodenlose abzuheben. Die durchgehend brillante, phantastisch zu nennende Abbildungsqualität macht das Buch zu einem ganz besonderen Lesevergnügen."
arthistoricum.net