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Kulturelle, sprachliche und politische Beziehungen zwischen Frankreich und DeutschlandAus dem Inhalt: Die Arbeiten des Gallischen Herkules: Fünfhundert Jahre Verteidigung des Französischen - Die Sprache der Freiheit und ihre Feinde - Condillac und die Französische Revolution - Die Sprache der Freiheit und ihre Freunde - Das Französische gegen sein Genie verteidigen - Master of the Universe vs. Gallischer Herkules: Was kostet der Sieg? Deutsch-französische Sprach-Reflexionen: Ursprung und Genie der Sprache: Condillac, Herder und die Folgen - Der Stil ist der Mensch selbst: Hamann liest Buffon -…mehr

Produktbeschreibung
Kulturelle, sprachliche und politische Beziehungen zwischen Frankreich und DeutschlandAus dem Inhalt: Die Arbeiten des Gallischen Herkules: Fünfhundert Jahre Verteidigung des Französischen - Die Sprache der Freiheit und ihre Feinde - Condillac und die Französische Revolution - Die Sprache der Freiheit und ihre Freunde - Das Französische gegen sein Genie verteidigen - Master of the Universe vs. Gallischer Herkules: Was kostet der Sieg? Deutsch-französische Sprach-Reflexionen: Ursprung und Genie der Sprache: Condillac, Herder und die Folgen - Der Stil ist der Mensch selbst: Hamann liest Buffon - Europa, China und die Schrift: Destutt, Hegel und Humboldt - Indien und Amerika: Deutsche Sprachwissenschaft in Paris um 1800 - Die Sprache des Feindes: Französischunterricht nach dem Ersten Weltkrieg - Eine Niederlage des Denkens: La Pensée gegen la pensée allemande. "In seinem neuen Buch klärt Trabant uns auf über die Reichweite der GeSetzgebung, die den Sprachgebrauch in bestimmten öffentlichen Bereichen reglementiert. Vor allem aber wird nach der Lektüre der Aufsätze zur Sprachtheorie und -geschichte einsichtig, wie die Aspekte von Sprache als Mittel der Erkenntnis, der Kommunikation und der Politik unauflösbar verwoben sind. (.) In erster Linie betrifft dies das Verhältnis von Sprache und Macht, das in Frankreich aus der Sprache ein Politikum und aus der Politik eine sprachliche Angelegenheit macht." Süddeutsche Zeitung
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.10.2002

Lustvolle Hörigkeit
Jürgen Trabant berennt die sprachliche Maginotlinie
Den Bemühungen des französischen Gesetzgebers, Anglizismen per Verordnung und mittels eines Kataloges inländischer Entsprechungen von der Sprache fern zu halten, widmet man diesseits des Rheins gerne einen ironischen Seitenblick. Und ist sich doch auch ein wenig unsicher, ob sich das Modell nicht zu kopieren lohnte. Man denke nur an die geballte Empörung, als plötzlich die Telefonrechnungen in einem schwer verständlichen neudeutschen Kauderwelsch gehalten waren. In Frankreich wäre das kaum passiert: Dort spricht man auf amtliche Anordnung nicht vom Computer, sondern vom „ordinateur”, und Roland Garros fällt die Entscheidung im „jeu décisif” statt im Tie-Break.
Doch was heißt „tie-break” wörtlich? Dem Berliner Romanisten Jürgen Trabant ist der Ausdruck immer unverständlich geblieben: „Welcher tie wird da gebrochen? Handelt es sich gar um eine ,Krawattenpause’?” Was also ist schlimm an der Ersetzung durch einen französischen Begriff, der nichts anderes als „Entscheidungsspiel” bedeutet?
Gar nichts, findet Jürgen Trabant. In seinem neuen Buch, einem engagierten Beitrag zum Abbau der „sprachlichen Maginotlinie” zwischen Deutschland und Frankreich, klärt er uns auf über die Reichweite der Gesetzgebung, die den Sprachgebrauch in bestimmten öffentlichen Bereichen reglementiert. Vor allem aber wird nach der Lektüre der Aufsätze zur Sprachtheorie und -geschichte einsichtig, wie die Aspekte von Sprache als Mittel der Erkenntnis, der Kommunikation und der Politik unauflösbar verwoben sind.
Ohren, die an Lippen hängen
In erster Linie betrifft dies das Verhältnis von Sprache und Macht, das in Frankreich aus der Sprache ein Politikum und aus der Politik eine sprachliche Angelegenheit macht. Sprache ist in Frankreich seit jeher eine Staatsaffäre: Die „Loi Toubon” aus dem Jahr 1994 reiht sich ein in eine lange Tradition gesetzgeberischer Maßnahmen, die ihren Anfang 1539 mit der Verordnung von Villers-Cotterêts nahm, mit der das Französische als Sprache der Gerichtsbarkeit eingeführt wurde und das bis dahin dominierende Latein ablöste.
Aus den historischen Wandlungen des Verhältnisses von Sprache und Politik durch die Jahrhunderte lässt sich eine Reihe von Schlüssen über das nationale Selbstverständnis ziehen. So verlief etwa die im europäischen Vergleich frühe nationalstaatliche Integration wesentlich über die Vereinheitlichung der Sprache. Auch in den Kapiteln über die geistigen Grundlagen und die Sprachpolitik der französischen Revolution macht sich Trabant die Position neuerer Forschungen zu eigen, wonach die Revolution „mehr eine Bewußtseins-, Kultur- und Sprachrevolution gewesen ist als eine ökonomische und soziale Umwälzung”.
Dem entsprach die von den Revolutionären ins Werk gesetzte Sprachpolitik, in der eine gezielte Umgestaltung des Französischen zur Sprache der Vernunft und der Aufklärung vorgenommen werden sollte. Denn wo sprachlich befestigte Vorurteile die rechte Einsicht verhinderten, konnte sich auch keine politische Freiheit verwirklichen. Das Französische sollte, dem revolutionären Selbstverständnis entsprechend, zur Sprache der Menschenrechte und der Freiheit weiterentwickelt werden.
Trabants linguistische Grundauffassungen und seine Überzeugung von einer „kulturellen Verantwortung” der Sprachwissenschaft konvergieren in dem wohl zentralen Beitrag des Bandes über „Ursprung und Genie der Sprache”. Denn die epistemologische Funktion der Sprache, die in differenzierten Interpretationen der Sprachursprungstheorien von Condillac bis Humboldt herauspräpariert wird, und die Tatsache ihrer jeweiligen Verschiedenheit gehören insofern zusammen, als Sprachen nicht gleichsam durchsichtige Medien zum Transport geistiger Inhalte sind, sondern sich durch ihre kognitive Verschiedenheit auszeichnen: Es sind „kostbare historisch-individuelle Gefäße des Miteinander-Denkens”, wie Trabant die Humboldtsche Einsicht reformuliert. Diese Gefäße zu pflegen, ist daher auch Aufgabe jeder Sprachgemeinschaft.
Die Bindung der Sprecher an ihre Sprache versinnbildlicht die Figur des „Gallischen Herkules”, der dem Band seinen Titel verleiht. Ikonographisch ist er ein Bruder des griechischen Herkules, wie dieser mit Löwenfell, Köcher, Bogen und Keule ausgestattet. Ihm folgt fröhlich eine Schar junger Männer, die im Wortsinn an seinen Lippen hängen: sie sind daran mit goldenen, bernsteingeschmückten Ketten gefesselt, die an ihren Ohren befestigt sind. Ein Bild für die „lustvolle Hörigkeit durch die Verführung der Sprache”, durch die das Französische seine Sprecher an sich bindet.
Sprache, das wird bei Trabant deutlich, ist vor allem auch ein sinnliches Medium. Bei ihrer Entstehung wie in ihren verschiedenen Ausprägungen sind als Erkenntnissinne beteiligt: das Auge bei der Gestensprache, das Ohr bei der Lautsprache, die Hand bei der Schrift. Die Passionen, denen sie ihre Entstehung verdankt, wirken noch nach Jahrtausenden der Akkulturation fort. Das mag erklären, weshalb mancher in Sprachdingen nicht leidenschaftslos bleibt. Heute feiert Jürgen Trabant seinen sechzigsten Geburtstag.
SONJA ASAL
JÜRGEN TRABANT: Der Gallische Herkules. Studien über Sprache und Politik in Frankreich und Deutschland. Francke Verlag, Tübingen 2002. 283 Seiten, 36, 90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Ein überaus interessantes Thema habe sich der Romanistikprofessor Trabant hier ausgesucht, findet der mit "lx" zeichnende Rezensent. Es gehe zum einen um die Erfolgsgeschichte des Französischen, das über die Jahrhunderte hinweg mit Macht und Politik verbunden gewesen sei. Zudem sei sein Einfluss auf andere Kulturen, wie eben auch auf die deutsche, von jeher enorm gewesen, so groß sogar, dass sie zeitweise einer "kulturellen Unterwerfung" geglichen habe - daher auch die Metapher des "gallischen Herkules". Im zweiten Teil des Buchs ist nach Auskunft des Rezensenten von den Besonderheiten der deutsch-französischen Sprachbeziehungen seit dem Dreißigjährigen Krieg die Rede.

© Perlentaucher Medien GmbH