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Das Buch behandelt umfassend die wichtigsten Techniktheorien des 20. Jahrhunderts aus den Bereichen Philosophie, Anthropologie und Soziologie. Die Autorin entwickelt eine Systematik von Theorietypen innerhalb dieses Diskursfeldes und verdeutlicht und überwindet dabei die Aporien, in welchen die Debatte um »Mensch und Technik« bislang gefangen blieb.
Systematische als auch historische Dimensionen der Technikphilosophie werden berücksichtigt, bis hin zu der Konstellation, in der sich Technikphilosophie und -soziologie heute präsentiert. Dabei gelingt es, die zur Zeit heftig ausgetauschten
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Produktbeschreibung
Das Buch behandelt umfassend die wichtigsten Techniktheorien des 20. Jahrhunderts aus den Bereichen Philosophie, Anthropologie und Soziologie. Die Autorin entwickelt eine Systematik von Theorietypen innerhalb dieses Diskursfeldes und verdeutlicht und überwindet dabei die Aporien, in welchen die Debatte um »Mensch und Technik« bislang gefangen blieb.
Systematische als auch historische Dimensionen der Technikphilosophie werden berücksichtigt, bis hin zu der Konstellation, in der sich Technikphilosophie und -soziologie heute präsentiert. Dabei gelingt es, die zur Zeit heftig ausgetauschten Argumente in Kernspaltungs-, Bio- und Informationstechnologien theoriegeschichtlich verortbar werden zu lassen und die Wege einer Techniksoziologie zu weisen, die apokalyptische Ängste ebenso umschifft wie technikgestützte Heilsversprechen.

Inhaltsverzeichnis:
I. TECHNIK ALS EIN MITTEL DES MENSCHEN
1. Technik und Selbsterkenntnis: Zur Technikphilosophie des neunzehnten Jahrhundert
2. Technik aus der Sicht der Philosophischen Anthropologie
3. Kritik der technischen Rationalität
4. Zusammenfassung

II. ENTFESSELTE TECHNIK
1. Die Perfektion der Technik
2. Totalität der Technik
3. Der Philosoph, der die Bombe ernst nimmt
4. Anthropotechnische Zukunftsszenarien
5. Zusammenfassung

III. SPIELRÄUME DER TECHNIK
1. Technikgeschichte und biologische Evolution
2. Neuzeitliche Technik: Die bewußte Umschaffung der Welt
3. Soziologie der Artefakte
4. Zusammenfassung
Fazit: Dimensionen technischer Evolution
Literaturverzeichnis
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.09.2003

Wenn das Mittel zum Zweck in die Pubertät kommt
Sie hätte besser die Gebrauchsanweisung gelesen: Susanne Fohler sucht den Platz der Dinge in der Welt des Menschen
„Wir sind zwar mit Ontologien, Theologien und vor allem Dämonologien der Technik reich bedacht; aber gerade das hat schnell den Überdruß erweckt, nach dem man das Wort ‚Technik‘ nur noch aus dem Munde des Technikers hören möchte.” Es war Hans Blumenberg, der 1959 sein Unbehagen angesichts der damals knapp ein Jahrhundert alten philosophischen Rede über die Technik so auf den Punkt brachte.
Blumenberg bekannte seinen Überdruss nicht zufällig in jenen Tagen. Die medientechnische Mobilmachung des Zweiten Weltkriegs und deren Nachgeschichte in Form von Kybernetik und Informationstheorie hatte de facto die bisherige Selbstauslegung des technischen Zeitalters demoliert. Wo die überkommenen Deutungskategorien durch das bloße Funktionieren selbststeuernder Maschinen zerfielen, wurde schlagartig auch die ganze Enge der philosophisch-anthropologischen Frage nach dem Technischen offenbar. Eine ganze Epochenhermeneutik am Leitfaden des Begriffs des Menschen und der Großdifferenz von Natur und Kultur trat ins Stadium ihres Verendens.
Blumenbergs Satz dämmerte in der Schwellenzeit jener Gegeneinsicht, die das Wissen vom technisch-medialen Sockel von Kulturen und aller Diskursivität heraufführte. Seither ist auch und gerade der archäologische Blick für Technikvergessenheit gereift. Diese beherrscht insbesondere die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nicht mehr abreißende Rede über das Technische selber.
Susanne Fohlers Doktorarbeit „Techniktheorien” sucht, an dieser archäologischen Zäsur und deren Erkenntniswert vorbei, die großen Schauplätze der Bewältigungsversuche des Technikproblems rein systematisch zu rekonstruieren. Zu lesen ist die Geschichte von der erfolgreichen Übernahme der zunächst philosophisch und anthropologisch besetzten und verschleppten Jahrhundertfrage durch die Techniksoziologie und die Soziologie der Dinge.
Machtergreifung der Krücken
Seit Ernst Kapp der veränderten technisch-kulturellen Lage Tribut zollte und 1877 den angeschlagenen Hegelianismus durch seine Reformulierung der Bildungsgeschichte des Selbstbewusstseins als Technikgeschichte zu retten suchte, kannte die Arbeit an der Deutung des Technischen nach Fohler im wesentlichen drei Positionen. Der Deutungshorizont von „Technik als ein Mittel des Menschen”, für sie gleichsam die Urposition der Technikphilosophie, reicht von der Organprojektionslehre Kapps über die Mängelwesenhypothese der philosophischen Anthropologie Gehlens bis zu den verschiedenen Rationalitätskritiken der Frankfurter Schule.
Als Gegenpol dazu wuchs, im Gleichschritt mit der technisch-medialen Absetzung des Menschen, ein Diskurs über die „entfesselte Technik”. Mit ihm wurde Technik als autonome Größe von Geschichte und als totale Kulturtatsache eingesetzt. Er formierte sich zunächst in den ideologischen Arsenalen der Weimarer Republik, als Phantasma eines neuen maschinischen Menschentums und in den Untergangsszenarien der Konservativen Revolutionäre. In den Zenit ihrer Deutungsmacht kam diese Position erst nach dem Technologieschub des Zweiten Weltkriegs dank Jacques Elluls Untersuchungen zur Technomorphose der menschlichen Beziehungen, Günther Anders’ Phänomenologie der prometheischen Scham und der Umwertung der technophoben Visionen in den anthropotechnischen Zukunfsszenarien des KI-Forschers Hans Moravec oder im Evolutionssteuerungsprogamm J. B. S. Haldanes.
Die dritte Position, die Fohler isoliert, arbeitet sich an der gegenseitigen Durchdringung des Menschlichen und des Technischen ab. Deren reinste Prägung, die Technik- und Dingsoziologie von Hans Linde bis Bruno Latour, fokussiert auf die Schematisierungskraft von Sachen für gesellschaftliche Beziehungen. Sie analysiert das Geflecht von technischen und sozialen Tatsachen. Mit ihr dringt das Faktum einer hybriditären Kultur bis in die diskursiven Kommandozentralen ihrer Selbstwahrnehmung vor.
Leider ist Fohlers Buch über weite Strecken im antitechnischen Affekt deutscher Philosophie und Soziologie stecken geblieben. Es wiederholt noch einmal die hierzulande lange vorherrschende Trägheit, jenseits der tradierten geistesgeschichtlichen Vorauslegungen die Effekte technisch-medialer Tatsachen für die Ordnung des Wissens in Betracht zu ziehen. Ohne jede archäologische Sensibilität und unter erstaunlicher Abstandnahme von historischer Kontextualisierung wird lang und breit Theorienacherzählung im Konjunktiv getrieben. Die Faszinationsgeschichte des Technischen, die in den Tiefengrund unserer Epochalität vordringt, ist weiter ungeschrieben.
ERICH HÖRL
SUSANNE FOHLER: Techniktheorien. Der Platz der Dinge in der Welt des Menschen, Wilhelm Fink Verlag, München 2003. 295 Seiten, 36,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Erich Hörl würde die Doktorarbeit von Susanne Fohler wohl nur mäßig benoten; anstatt der "Faszinationsgeschichte des Technischen" nachzuspüren, werde nämlich "lang und breit Theorienacherzählung im Konjunktiv getrieben": Technik als menschliches Werkzeug, "entfesselte Technik" und schließlich die Hybridität von Mensch und Technik - laut Autorin die drei Hauptpositionen der Deutung des Technischen vis a vis des Menschlichen, deren Hoheit von der Philosophie und Anthropologie nach und nach auf die Soziologie übergegangen sei. Zu wenig für den Rezensenten, der Kontextualisierung und "archäologische Sensibilität" vermisst und Hohler überdies "im antitechnischen Affekt deutscher Philosophie und Soziologie stecken" sieht.

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