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Ariel Sharons Innen- wie Außenpolitik zielt allein darauf ab, die Identität und Infrastruktur des palästinensischen Volkes zu vernichten. Der "Politizid" läuft auf eine ethnische "Säuberung" Israels von den Palästinensern hinaus. Dies weist der renommierte israelische Soziologe Baruch Kimmerling nach und fordert seine Landsleute zum zivilen Ungehorsam auf: Ohne Versöhnung zwischen Israel und den Palästinensern werde der jüdische Staat zu einer Fußnote in der Weltgeschichte.

Produktbeschreibung
Ariel Sharons Innen- wie Außenpolitik zielt allein darauf ab, die Identität und Infrastruktur des palästinensischen Volkes zu vernichten. Der "Politizid" läuft auf eine ethnische "Säuberung" Israels von den Palästinensern hinaus. Dies weist der renommierte israelische Soziologe Baruch Kimmerling nach und fordert seine Landsleute zum zivilen Ungehorsam auf: Ohne Versöhnung zwischen Israel und den Palästinensern werde der jüdische Staat zu einer Fußnote in der Weltgeschichte.
Autorenporträt
Baruch Kimmerling, geboren 1939 in Rumänien, Übersiedlung 1952 nach Israel, ist Professor für politische Soziologie an der Hebräischen Universität Jerusalem und Gastprofessor an der Universität Toronto. Seit den 60er Jahren intensive Beschäftigung mit der israelischen Politik und dem Nahost-Konflikt. Zahlreiche Buchveröffentlichungen, regelmäßige Kolumen für die israelische Zeitung 'Haaretz'.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2003

Ariel Sharons langer Kampf
Ein israelischer Soziologe klagt seinen Premierminister im Namen der Palästinenser an
BARUCH KIMMERLING: Politizid. Ariel Sharons Krieg gegen das palästinensische Volk. Diederichs Verlag, München 2003., 224 Seiten, 19,95 Euro.
Ist Ariel Sharon ein israelischer Charles de Gaulle oder ein israelischer Slobodan Milosevic? Diese Frage stellt der Soziologe Baruch Kimmerling aus Israel in den Mittelpunkt seiner Analyse der Ära des israelischen Ministerpräsidenten. Er beantwortet seine Frage bereits im Titel seiner Anklageschrift „Politizid”, in der er seinem Premierminister den „politischen Genozid” am palästinensischen Volk vorwirft. Darunter versteht Kimmerling dessen Vernichtung als politisches und soziales Wesen durch „lokal begrenzte Massaker, die Eliminierung der Führung und der intellektuellen Elite, künstlich erzeugte Hungersnöte und gebietsweise Säuberungen”. Die erste Hälfte des Buches setzt sich mit der Zeit Sharons als General auseinander. In den 50er und 70er Jahren unternahm er brutale Vergeltungsaktionen, für die er massiv gerügt wurde. Kimmerling unterschlägt jedoch, dass diese Operationen auch die Reaktion auf Überfälle palästinensischer Eindringlinge waren. Aus diesem Grund beauftragte Premierminister David Ben-Gurion General Sharon im August 1953 mit der Gründung der Kommandoeinheit 101, die Vergeltungsaktionen in Jordanien und Ägypten durchführte. Nach der Ermordung von 69 palästinensischen Zivilisten im jordanischen Dorf Qibya am 14. Oktober 1953 wurde die Einheit aufgelöst, Sharon aber wurde Ben-Gurions Schützling und zum „Helden der Streitkräfte und der Jugendlichen”.
Kimmerling vermischt seine Schilderungen von Sharons kriegerischen Aktionen gegen die Palästinenser bisweilen mit seiner Analyse des israelisch-palästinensischen Konfliktes, wenn er auf die Siedlungspolitik, den Libanonkrieg sowie die erste und zweite Intifada verweist. Sharons „politischen Ruin” sieht der Autor im Massaker christlich-libanesischer Milizen in den palästinensischen Flüchtlingslagern Sabra und Shatila, für das der General die Mitverantwortung übernahm. Der daraus resultierende Rücktritt stellte allerdings keinesfalls das Ende seiner politischen Karriere dar.
Die langen Jahre, in denen Sharon zahlreiche Ministerämter inne hatte und den Siedlungsbau forcierte, beschreibt Kimmerling trefflich: Sharon wollte dadurch Israels Kontrolle über die besetzten Gebieten garantieren. Später führten sein unerwartetes politisches Comeback und sein Wahlsieg 2001 zum Ausbruch der zweiten Intifada. Die Schuld für das Scheitern der Friedenskonferenz weist der Autor jedoch Sharons Vorgänger Ehud Barak, aber auch Arafat zu.
In den Augen Kimmerlings steht Sharon als improvisierende Taktiker da, der die Ansicht vertritt, Israel müsse seine hasserfüllten arabischen Nachbarn, die nur dem Mächtigen Respekt zollen, einschüchtern. Nur dann könne das Land in Sicherheit leben. Als Stratege sei er kläglich bei dem Versuch gescheitert, eine palästinensische Miliz unter israelischer Verwaltung gegen die PLO aufzubauen. Auch ein großer Visionär sei Sharon niemals gewesen, so Kimmerling. Sogar Sharons Wahl zum Premierminister verdankt er in Kimmerlings Augen einer eher zufälligen politischen Konstellationen denn langfristiger Planung.
Der Autor gesteht Sharon immerhin zu, aus der Vergangenheit gelernt zu haben und innen- wie außenpolitische Legitimation zu suchen, etwa durch Shimon Peres oder George W. Bush. Seine massive Kritik am israelischen Premier lässt allerdings außer Acht, dass sich die meisten Israelis, wie auch die Pazifisten, in Krisenzeiten nach einem starken Führer und einer großen Koalition sehnen.
Baruch Kimmerling ist im eigenen Land umstritten, wie es die meisten seiner Kollegen auf Seiten der intellektuellen Linken und unter den „Neuen Historikern” sind: In Israel betrachtet man ihn als Verräter der gemeinsamen Sache. Er findet, dass sich die israelische Gesellschaft langfristig selbst zerstöre, wenn sie das Verhältnis zu den palästinensischen Nachbarn zerstört, doch dazu reicht die Weitsicht der verantwortlichen Politiker und Militärs seiner Ansicht nach nicht.
IGAL AVIDAN
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine reine "Anklageschrift" gegen Ariel Sharon erblickt Rezensent Igal Avidan in Baruch Kimmerlings Buch "Politizid". Wie er berichtet, wirft der israelische Soziologe seinem Premierminister einen "politischen Genozid" am palästinensischen Volk vor. Kimmerling zeige zunächst, dass sich Sharon schon als General in den 50er und 70er Jahren durch besonders brutale Vergeltungsaktionen ausgezeichnet habe. Allerdings unterschlage der Autor dabei, dass diese Operationen auch die Reaktion auf Überfälle palästinensischer Kommandos waren. Seine Schilderungen von Sharons kriegerischen Aktionen gegen die Palästinenser vermische Kimmerling bisweilen mit seiner Analyse des israelisch-palästinensischen Konfliktes. Insgesamt stelle Kimmerling Sharon als "improvisierenden Taktiker" da, der meine, Israel müsse die arabischen Nachbarn einschüchtern, damit das Land in Sicherheit leben könne. Dabei lässt Kimmerlings "massive Kritik" am israelischen Premier nach Ansicht Avidans außer Acht, "dass sich die meisten Israelis, wie auch die Pazifisten, in Krisenzeiten nach einem starken Führer und einer großen Koalition sehnen."

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