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Auf einem gestohlenen Flügel spielt Samir, genannt Sam, morgens klassische Musik, beim Freitagsgebet in der Moschee kämpft er mit Fantasien von blonden, nackten Teufelinnen, im Geschichtsunterricht träumt er von Rache für die mutige Anne Frank, amglücklichsten ist er jedoch, wenn er nachts mit seinem geliebten Bruder auf der Vespa durch Amsterdam brausen darf. So wächst Sam als Sohn marokkanischer Einwanderer im bunten De-Pijp-Viertel heran, bis sein großer Bruder, der von Betrug und Diebstahl lebt, verhaftet wird und für sechs Jahre in den Knast muss. Doch Sam verspricht ihm, allen…mehr

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Produktbeschreibung
Auf einem gestohlenen Flügel spielt Samir, genannt Sam, morgens klassische Musik, beim Freitagsgebet in der Moschee kämpft er mit Fantasien von blonden, nackten Teufelinnen, im Geschichtsunterricht träumt er von Rache für die mutige Anne Frank, amglücklichsten ist er jedoch, wenn er nachts mit seinem geliebten Bruder auf der Vespa durch Amsterdam brausen darf. So wächst Sam als Sohn marokkanischer Einwanderer im bunten De-Pijp-Viertel heran, bis sein großer Bruder, der von Betrug und Diebstahl lebt, verhaftet wird und für sechs Jahre in den Knast muss. Doch Sam verspricht ihm, allen Widerständen zum Trotz den Schulabschluss im bürgerlichen Elitegymnasium zu schaffen, und meistert ein Leben voller Kontraste mit viel Witz und Frechheit.
Autorenporträt
Mano Bouzamour, geboren 1991 in Amsterdam. Er studiert Geschichte und lebt als Klaviervirtuose und Autor in Amsterdam. "Samir, genannt Sam" ist sein autobiografischer Debütroman. Das Buch wurde in den Niederlanden als Roman einer neuen, urbanen Generation gefeiert, der Stoff wurde für Film, Theater und Hörspiel bearbeitet. Bouzamour schreibt jede Woche eine vieldiskutierte Kolumne in der Tageszeitung Het Parool.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.2016

Ein Junge will nach oben
Einwandererjugend in Amsterdam als Großstadtroman: Mano Bouzamours Debüt "Samir, genannt Sam"

Nichts ist schwieriger, als sich mit Gossensprache Gehör zu verschaffen, sich unverblümt auszudrücken, ohne aber vom Leser für unfähig gehalten zu werden, weil man sich vermeintlich nicht ausdrücken kann. Dass es doch bisweilen möglich ist, zeigt ein junger Autor aus dem Sprachgebiet des diesjährigen Ehrengastes der Frankfurter Buchmesse.

Dem Niederländer Mano Bouzamour gelingt nämlich genau das. Der 1991 in Amsterdam geborene und dort aufgewachsene Autor landete gleich mit seinem Debütroman "De belofte van Pisa" einen ganz großen Wurf. Das bereits 2013 in den Niederlanden erschienene Buch (F.A.Z. vom 2. Juli 2014) wurde für Bühne und Leinwand adaptiert und nun von Bettina Bach ins Deutsche übersetzt: unter dem Titel "Samir, genannt Sam".

Der von klassischer Musik begeisterte Klavierspieler Samir Zafar, ein Sohn muslimischer Marokkaner, wächst im Amsterdamer Stadtviertel De Pijp auf, zusammen mit seinen attraktiven Zwillingsschwestern Lina und Mina, einem wenig beachteten Großvater, der sein Schlafzimmer mit einem Harem von drei Frauen teilt, sowie einem älteren Bruder, dessen Name nie genannt wird. Als Samir ins bürgerliche Elitegymnasium Hervormd Lyceum aufgenommen wird, muss er dem Bruder im gleichnamigen Eiscafé "Das Versprechen von Pisa" geben: dass er die Schule ernst nehme und durchziehe. Als Gegenleistung verspricht der Bruder ihm Unterstützung und Beistand.

Dazu aber soll es nicht kommen; der große Bruder und dessen Kumpan Soussi werden wegen des Überfalls auf einen Geldtransporter verhaftet und zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Soussi gesteht und verrät seinen Mittäter vor Gericht, weshalb Sam, der ein inniges Verhältnis zu seinem Bruder pflegt, sich schwört, Rache zu nehmen. Während seiner Zeit auf dem Gymnasium, die ihn um die Erfahrung einiger Klavierkonzerte, eines skandalösen Betrugs, einer Ehrenrunde und zahlreicher sexueller Erfahrungen bereichert, hält er noch Briefkontakt mit dem inhaftierten Bruder und lernt zwei wohlhabende grundverschiedene Mädchen kennen. Sich zwischen den beiden zu entscheiden fällt Samir phasenweise sehr schwer: auf der einen Seite die vernünftige und verlegene Evelien, deren Eltern ihn aufgrund seiner Herkunft recht kritisch sehen, auf der anderen die selbstsichere, impulsive Kyra. Während des Wiederholungsjahrs freundet er sich mit Eis an, einem wohlhabenden Niederländer. Zur selben Zeit verschiebt sich sein Leben und löst sich aus dem zwielichtigen, ärmlichen, von Verbrechen geprägten bisherigen Umfeld, hin zum Umgang mit einer gebildeten und wohlhabenden Welt.

Als der Bruder nach sechs Jahren aus dem Gefängnis entlassen wird und in einem Sexshop zu arbeiten beginnt, wird schnell klar, dass das frühere Einverständnis in die Brüche gegangen ist. Durch die spätere Ausführung der angekündigten Rache an Soussi wird es endgültig zerstört. Auch Samirs Schulkamerad Eis wendet sich ab von ihm und hin zu seinem Bruder. Unterdessen besteht Samir nicht nur sein Abitur, sondern feiert auch den Beginn eines neuen Lebens: Er hat sich verändert und mit dem Racheakt vollends mit der Vergangenheit abgeschlossen. Der Auszug aus dem Elternhaus, einige Vertraute und sein nun hinreichend gefördertes Talent helfen ihm dabei. Der letzte Satz im Roman lautet: "Vergesst Pisa. Wir gehen ins Venezia." Er zeigt, dass Samir es geschafft hat.

"Samir, genannt Sam" ist ein berührendes Buch zwischen Wahnsinn und Vernunft, zwischen Vorurteilen und Integration, zwischen Vertrauen und Misstrauen. Hoffnung und Enttäuschung bei Freundschaften, in der Liebe und im alltäglichen Leben sind ständige Begleiter. Der Roman handelt auch von Reichtum und Armut. Die Botschaft, dass Veränderung schwer sein mag und unbequem, nicht immer einfach, aber lohnenswert, ist deutlich.

Bouzamours Jugendlichkeit ist an vielen Stellen zu spüren, er schreibt frech, mit Witz und unbequem. Er nimmt kein Blatt vor den Mund, übt Kritik - auch am Islam. Manchmal meint man, dass der Autor über seinen Text nicht genug nachgedacht hat, so unpassend, so überraschend wirken einige Stellen. Man würde das in jedem anderen Roman als störend empfinden, übelnehmen - doch nicht bei Bouzamour. Dieser junge, naive, neuartige Stil des Schreibens wertet sein Werk vielmehr auf und lässt es einzigartig erscheinen.

Selten hat ein Roman so zu seiner Zeit gepasst. Ausgrenzung, misslungene Integration, Vorurteile und rechtspopulistische Probleme sind ebenso Thema wie Religionskritik oder Freizügigkeit. Man findet außerdem eine Hommage an Anne Frank, geschaffen durch Samir, der ihre Tagebücher umschreibt und das ermordete jüdische Mädchen überleben lässt, auch seines eigenen Gewissens wegen. Ein hingebungsvoller und experimentierender Umgang mit Sexualität und die Angst, sich zu binden, sich für eine Person entscheiden zu müssen, sind charakteristische, immer wieder auftretende Begleitthemen.

Perfekte Menschen sucht man in "Samir, genannt Sam" ebenso vergeblich wie durchweg bösartige. Es ist ein Roman, der aufwühlt, und eine neue Art von Großstadtroman.

TOBIAS BAYER

Mano Bouzamour: "Samir, genannt Sam". Roman.

Aus dem Niederländischen von Bettina Bach. Residenz Verlag, Salzburg 2016.

296 S., geb., 22,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Rezensent Tobias Bayer ist ganz aufgewühlt von dieser Art Schreibe impulsiv, naiv, direkt. Die Geschichte eines Bruderpaars aus einem muslimisch geprägten Amsterdamer Viertel erzählt ihm Mano Bouzamour als Entwicklungsroman, angereichert mit Motiven der Rache, der Liebe zu zwei ungleichen Frauen und der Bildung. Dass der Autor auch Themen wie religiöse und ethnische Vorurteile, Ausgrenzung, Integration und Armut aufgreift und offen Kritik übt, scheint Bayer bemerkenswert. Vor allem aber hat es ihm der Stil des Buches angetan. Frech, witzig und manchmal überraschend naiv und unpassend schreibt der junge Autor drauflos. Für Bayer zeitgemäß und lesenswert.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.10.2016

Halbmondscheinsonate
Mano Bouzamours „Samir, genannt Sam“
Bloß nicht Opfer sein! Das ist der Grundton dieses erwachsenen Jugendromans aus dem Amsterdamer Viertel De Pijp, wo viele Familien marokkanischer Einwanderer wohnen. Hier lebt auch Sam, der seinen großen Bruder für dessen scheinbar unantastbare Coolness anhimmelt. Der arbeitet in einem Sushi-Imbiss, trägt aber eine goldene Rolex Submariner und setzt sich als Gauner mit gutem Herz erfolgreich dafür ein, dass Sam die aufstiegsrelevante Gymnasialbildung an einer Schule des Guteleutviertels erhält. Bis der Leitwolf des Kleinen nach dem Überfall auf einen Geldtransporter zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt wird und sein Welpe sich allein beweisen muss.
  Dass dieses Spitzbuben-Märchen in Holland ein Riesenerfolg wurde, um dessen Filmrechte hoch gepokert wurde, liegt nicht zuletzt an der Behauptung, es sei autobiografisch und somit vorbildhaft. Der schlagende Beweis für die Authentizität der Integrationsnovelle ist das Happy End: Wie der Autor Mano Bouzamour wird auch sein Protagonist „Samir, genannt Sam“ trotz denkbar ungünstiger Familienkonstellation ein bewunderter Klaviervirtuose.
  Tatsächlich verneint Bouzamours Alter Ego derartig konsequent alle Vorurteile, die man über migrantische Milieus hegen mag, dass es an ein Wunder grenzt. Der Sohn gläubiger Muslime, die nicht lesen und schreiben können, sucht sich ausgerechnet Anne Frank als Leitstern, wehrt sich gegen jede Form von Antisemitismus in seiner muslimischen Gang und sucht sich als Schulfreund den wohlhabenden, aber stotternden Juden Ei-Ei-Eisbrand Paars aus. Sam kommt mit den blasierten Zöglingen der Amsterdamer Oberschicht überwiegend bestens zurecht und führt ohne elterlichen Kreditkartenservice eine Dreiecksbeziehung mit den schärfsten Töchtern dieses Supershopping-Milieus. Bei dieser Konstruktion eines Ideal-Migranten ist man froh, dass Sams „Paradies“ wenigstens ein haschverqualmtes Jugendzentrum sprücheklopfender Kleinkrimineller ist, die statt Anne Frank Pornos lesen, mit Dartpfeilen auf Geert Wilders Konterfei werfen und lieber Controller für Ballerspiele im Stakkato drücken als weiße und schwarze Tasten.
  Aber zieht man mal ab, dass diese Räuberpistole mit Bachbegleitung entschieden zu schön ist, um wahr zu sein, dann bekommt die flott erzählte Botschaft ihres Autors eben doch etwas sehr Ermutigendes. Samir ist eine sympathische Trotzgestalt, ein einsamer Volksheld. Sein souveräner Umgang mit versteckten Rassismen und den Feindbildern der importierten Maghreb-Kultur, die Seelenruhe, mit der dieser Teenie fast immer die richtigen Entscheidungen fällt und sich nur spielerisch mit den Frustreaktionen marginalisierter Migrantenkinder befasst, das taugt für einen Traum von Gleichberechtigung. Wenn dabei die deprimierende Realität typischer Schicksale der zweiten und dritten Generation von Einwanderern ein wenig zu kurz kommt, dann verzeiht man es dieser Eulenspiegelei schnell und gerne. Denn in einem politisch vergifteten Klima mögen schöne Lügen heilender sein als traurige Wahrheiten.
TILL BRIEGLEB
Mano Bouzamour: Samir, genannt Sam. Roman. Aus dem Niederländischen von Bettina Bach. Residenz Verlag, Salzburg 2016. 296 Seiten, 22 Euro. E-Book 14,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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