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Bei den traditionellen Festen der Leondouris ist Edna Gastgeberin und Mittelpunkt. Sie hält die weitläufige Familie zusammen. In ihrem Haus am vornehmen Beacon Hill, an der zum Seder gedeckten Tafel, erzählt sie Geschichten aus dem Leben der Vorfahren, die als Familienbesitz in den Jüngeren fortleben sollen. Ednas Erinnerungen reichen Jahrhunderte zurück, so weit, daß Familiengeschichte und jüdische Geschichte zu verschmelzen scheinen. Mittelpunkt ihrer Geschichten sind ihr Vater Joseph, der einst von der Levante nach Amerika gelangte, der Onkel, der stellvertretend für einen Politiker im…mehr

Produktbeschreibung
Bei den traditionellen Festen der Leondouris ist Edna Gastgeberin und Mittelpunkt. Sie hält die weitläufige Familie zusammen. In ihrem Haus am vornehmen Beacon Hill, an der zum Seder gedeckten Tafel, erzählt sie Geschichten aus dem Leben der Vorfahren, die als Familienbesitz in den Jüngeren fortleben sollen. Ednas Erinnerungen reichen Jahrhunderte zurück, so weit, daß Familiengeschichte und jüdische Geschichte zu verschmelzen scheinen. Mittelpunkt ihrer Geschichten sind ihr Vater Joseph, der einst von der Levante nach Amerika gelangte, der Onkel, der stellvertretend für einen Politiker im Gefängnis saß, die bittere Armut, in der die Familie jahrzehntelang im jüdischen Viertel von Boston lebte, und der märchenhafte Aufstieg, der einigen gelang. Sie erinnert sich an ihre erste große Liebe, die mit einem tragischen Unglück endete. Unter den Erwachsenen und Kindern am Tisch sitzt auch ihr Großneffe Marvin mit seiner zum Judentum konvertierten Frau und seinem Sohn, der seit einem Unfall behindert ist. Marvin liebt Frau und Kind und würde doch gern alles hinter sich lassen, um noch einmal von vorne anzufangen. In Adina, ihrer heranwachsenden Großnichte, entdeckt Edna eine "echte" Leondouri: Adina, die "Prinzessin", ist schön und klug, sie hat den Abenteuergeist ihres Urgroßvaters.
Schauplatz dieses farbigen Romans ist Boston mit seinen sich wandelnden Einwanderervierteln, den eleganten Stadtteilen und den Ferienorten an der Altlantikküste.
Anna Mitgutschs neuer Roman ist ein bewegendes Epos von der Sehnsucht nach Glück, ein Buch voller faszinierender Gestalten und Schicksale, das den Leser unwiderstehlich in seinen Bann zieht.
Autorenporträt
Anna Mitgutsch wurde 1948 in Linz geboren. Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität Salzburg. Dr.Phil. 1974 mit einer Dissertation über zeitgenössische englische Lyrik. Assistentin an der Amerikanistik der Universität Innsbruck, Lehrtätigkeit an britischen Universitäten (Hull University, University of East Anglia) und in Seoul, Südkorea.
Sie erhielt für ihr Werk zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den "Solothurner Literaturpreis".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.10.2003

Die unmögliche Glücksaufgabe
Anna Mitgutschs Roman eines Kampfes um Familienerinnerung

Wer zufällig das Glossar aufschlägt, sieht schon an den hebräischen und amerikanischen Eintragungen, daß es um Integration geht. An drei Festen, einem österlichen Seder, einem Thanksgiving-Essen und einem Begräbnis, mit je einer Hauptfigur in drei großen Kapiteln, wird die Geschichte einer jüdischen Sippe, Abkömmlingen eines sephardisch-askenasischen Ehepaars, in der Nähe Bostons dargestellt, wobei dem Leser die komplizierten demographischen Gegebenheiten kundig und unauffällig eingeprägt werden, vom ursprünglich jüdischen Dorchester, aus dem sie von der einziehenden schwarzen Bevölkerung vertrieben werden, bis zum vornehmen Beacon Hill und den Küstenorten am Meer, das für alle Figuren eine bedeutsame seelische Rolle spielt.

Zuerst muß sich der Leser immer wieder an der genealogischen Tafel, die dem Roman vorangestellt ist, vergewissern, in welchem Verhältnis die über dreißig Personen zueinander stehen. Doch dann wird die Geschichte plötzlich furchtbar lebendig. Ein Unfall beraubt die Erzählerin ihrer Jugend und naiven Lebensfreude. Mit einem Mal werden die sich in der amerikanischen Gesellschaft zurechtfindenden Juden vor ethische Entscheidungen gestellt. Die Intensität der Darstellung steigert sich jedesmal, wenn existentielle Bedrohungen eintreten, und da es an diesen nicht mangelt, wird der tragische Urgrund des Lebens unter der scheinbar unbekümmerten Oberfläche sichtbar. In jeder der drei Protagonisten bewirkt Schmerz die Menschwerdung, und damit die allgemeine Gültigkeit dieses Prinzips deutlicher wird, handelt es sich um drei unterschiedliche Altersstufen, eine Achtundachtzigjährige, einen Sechsundfünfzigjährigen und ein Mädchen von zwanzig.

Im ganzen wird die Geschichte einer Auflösung erzählt. In dem Maße, wie die Generationen voranschreiten, verflüchtigt sich die Orthodoxie immer mehr, die religiösen Gebräuche trivialisieren sich, das jüdische Wissen wird karger, der Familienzusammenhalt lockert sich, schwindet. Auch die gewonnene Einhelligkeit mit der amerikanischen Ideologie wird in Frage gestellt. "The pursuit of happiness", die Suche nach Glück, in der Verfassung ausdrücklich verankert, sei kein "Recht", heißt es, "sondern eine unmögliche Aufgabe". Der Leser wird Zeuge eines Kampfes um die Erinnerung.

Das Buch erinnert an einen Kontrastroman, "The streets of yesterday" von Sylvia Tennenbaum. Was Anna Mitgutschs "Familienfest" jedoch voraushat, sind literarische Qualitäten: Stil, verhaltene Melancholie, lyrische Passagen, wundervolle Stimmungsbilder und Landschaftsbeschreibungen. Was den Roman vollends auszeichnet, geradezu zum wohltuenden Einzelfall macht, das ist die authentische jüdische Thematik, die ohne Holocaust und Antisemitismus auskommt.

EGON SCHWARZ

Anna Mitgutsch: "Familienfest". Roman. Luchterhand Literaturverlag, München 2003. 416 S., geb., 22,50 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur FR-Rezension

"Endlich" ein Roman, in dem sich Leichtigkeit, Unterhaltung und Tiefgang vereinen, jubelt Werner Jung bei der Besprechung dieses Buchs, das von drei Generationen einer jüdisch-amerikanischen Familie erzählt. Der Rezensent freut sich über ein "geradezu unprätentiös-altbackenes", sehr "gelungenes Beispiel" für das Genre der Familiensaga, wobei ihm besonders gefällt, dass die Autorin trotz aller Nachdenklichkeit nicht "gründelt". Der Roman erzählt in drei Teilen von der alten Edna, ihrem Großneffen Marvin und ihrer Großnichte Alina. In der verzweigten Familiengeschichte geht es immer wieder um jüdische Identität in der amerikanischen Gesellschaft, erklärt Jung. Insbesondere der zweite Teil, in dem aus der Perspektive Marvins erzählt wird, ist für den Rezensenten eine der "beeindruckendsten Schilderungen" von amerikanischer "Alltagstristesse" zwischen Resignation und Ausbruchsfantasien. Jung preist das Buch als "wunderbaren Roman", der nicht nur jüdisches Leben in Amerika, sondern gleichzeitig "Erinnerung" und ihre "Erzählbarkeit" thematisiere.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Mitgutsch hat einen sehr weiblichen Roman geschrieben, wunderbar menschlich und tröstlich. Und auch wenn man das Gefühl hat, daß sich die ganze Geschichte in geschlossenen Räumen abspielt, in Häusern und Wohnungen, ist der Horizont unendlich weit - und diese weite Perspektive ist ein Kennzeichen ihres ganzen Werkes." Der Standard, Album, Ingeborg Sperl, 16.8.03