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Im Leben des jugendlichen Ich-Erzählers läuft streng genommen wenig rund: Die Mutter ist mit einem dreizehn Jahre jüngeren Tankwart durchgebrannt, für den stark dem Alkohol zusprechenden Vater, von ihm nur »Chef« genannt, gehören Prügel zu den gängigen Erziehungsmethoden. Seine ältere Schwester - die »Mönchsrobbe« - hat sich in eine fiebrige Frömmigkeit geflüchtet. Unser Held ist einer, der eine große Klappe hat und nie weint; der seine Träume und Verletzlichkeiten hinter seiner unerschütterlichen Arroganz versteckt, obwohl er jeden Tag Niederlagen einstecken muss und sogar von der schönen,…mehr

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Produktbeschreibung
Im Leben des jugendlichen Ich-Erzählers läuft streng genommen wenig rund: Die Mutter ist mit einem dreizehn Jahre jüngeren Tankwart durchgebrannt, für den stark dem Alkohol zusprechenden Vater, von ihm nur »Chef« genannt, gehören Prügel zu den gängigen Erziehungsmethoden. Seine ältere Schwester - die »Mönchsrobbe« - hat sich in eine fiebrige Frömmigkeit geflüchtet. Unser Held ist einer, der eine große Klappe hat und nie weint; der seine Träume und Verletzlichkeiten hinter seiner unerschütterlichen Arroganz versteckt, obwohl er jeden Tag Niederlagen einstecken muss und sogar von der schönen, unnahbaren Chiara, in die er sich verliebt, Prügel bezieht. Mit seiner Großspurigkeit geht er seiner Umgebung schwer auf die Nerven. Aber dann zeigt ihm ein Schicksalsschlag, der die Familie trifft, dass er dem Vater und der »Mönchsrobbe« näher steht als gedacht. Und vielleicht ist er sogar Chiara nicht ganz so gleichgültig, wie es zunächst erscheint...Die Geschichte eines Einzelgängers und Maulhelden, liebevoll, charmant und großartig humorvoll erzählt. Eine Figur, die in ihrer Tragikomik zu Herzen geht und die sich im Laufe des Textes immer mehr den Respekt des Lesers erwirbt: als jemand, der mit unerschütterlicher Naivität und großem Herzen niemals aufgibt.Nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2013
Autorenporträt
Christian Frascella, 1973 geboren in Turin, hatte verschiedene Jobs, u.a. als Ingenieur, Fabrikarbeiter und Telefonist. Heute lebt er als freier Schriftsteller in Turin. 2012 erschien in der FVA sein mehrfach ausgezeichneter erster Roman »Meine Schwester die Mönchsrobbe«, der in Deutschland auf der Shortlist des Jugendliteraturpreises stand. 2013 folgte sein Roman »Sieben kleine Verdächtige«, 2015 sein Roman »Bet empört sich«.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Maike Albath entdeckt in diesem Adoleszenz-Roman des Debütanten Christian Frascella nichts Neues. Was der Autor und sein Held darstellen, hat Albath schon vor gut zehn Jahren in den Texten der "Gioventu cannibale", jener jungen italienischen Autorenschule, die mit schnellen Schnitten, Dialogen und schrägen Figuren den Entwicklungsroman a la Salinger zu erneuern versuchten, gelesen. Frascella, meint sie enttäuscht, vermag dem nichts hinzuzufügen. Die Macho-Posen seines Vorort-Helden mit der dicken Hose gehen ihr ganz schön auf die Nerven. Annette Kopetzkis in italienischem Jugendslang bewanderte Übersetzung kann daran auch nichts ändern.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2012

Einsam wie ein Gott
Christian Frascella singt witzig das Lob des Machos

Regelmäßig kehrt er wieder, der Vorwurf mangelnder Wirklichkeitssättigung der Literatur. Dass von Deckungsgleichheit der beiden Sphären tatsächlich keine Rede sein kann, zeigt sich besonders prägnant am gemeinen Großmaul. Wie oft begegnet uns diese Spezies in der nackten, kalten Wirklichkeit - und wie selten in der Literatur! Das hat gute Gründe, denn für enervierende Verlierer-Charaktere, wohlgemerkt: keine subversiven Pikaros, lassen sich Sympathien nur schwer wecken. Perfiderweise ist die Lernresistenz in diesem Fall systemisch: Jede Blamage bestärkt das gemeine Großmaul lediglich in der Verachtung für die Umwelt. Die eigene Überlegenheit, so belügt und isoliert es sich immer weiter selbst, sei für andere eben unerträglich.

Christian Frascella hat es nun aber doch gewagt, einen solchen Maulhelden in die Literatur einzuführen. Wir lernen den siebzehnjährigen Ich-Erzähler bei einer Schulhofschlägerei kennen. Seinen Kampfstil weiß er nicht ausgiebig genug zu loben ("mein rechter Haken konnte verteufelt schmerzhaft sein"), bevor er einräumen muss, ziemlich kläglich zu Boden gegangen zu sein, während der Mitschüler keinen Kratzer davontrug. Am nächsten Tag freilich erfährt er, dass der Gegner Stunden später mit Schädelbruch in die Notaufnahme eingeliefert worden sei, was sein Weltbild wieder gerade rückt: "Wie hatte ich bloß daran zweifeln können?" Jetzt fällt ihm ein, wie es eigentlich gewesen ist: "Wenn ich mich recht erinnerte, war es mein eigener Entschluss gewesen, mich einen Augenblick hinzulegen, wahrscheinlich schon im Wissen um den Schädelbruch. Ich hatte ihm erlaubt, mir noch zwei, drei kleine Tritte zu verpassen, weil er mir leidtat." Mit geschwollener Brust stolziert er durch die Schule: "Absichtlich rempelte ich so viele Leute an wie möglich." Natürlich hat man ihn mit der Schädelbruch-Geschichte bloß hereingelegt. Ihm bringt die Angelegenheit eine Strafsuspendierung ein, die er zum Anlass nimmt, die Schule ganz zu schmeißen: "Ich war allein wie ein Gott, ein zweifelhafter, gefährlicher Gott."

Fortan geht er seiner Familie gehörig auf die Nerven, dem hartherzigen, aber frisch verliebten Vater, seiner Schwiegermutter in spe sowie der gutmütigen, frömmelnden - daher "Mönchsrobbe" genannten - und neuerdings ebenfalls verliebten Schwester: "Meine Mitbewohner waren in Herzensangelegenheiten verwickelt. Sie flirteten! Das passte mir nicht. Es passte mir ganz und gar nicht. Ich zog an der Zigarette wie Humphrey Bogart." Dass es ihn selbst, verlacht von der Dorfjugend, zu der schönen Chiara hinzieht, die zudem seine Machonummer zu durchschauen scheint, überspielt der Held mit besonders viel Sarkasmus. Immer wieder legt er sich mit Stärkeren an, bezieht Prügel, blamiert sich. Ebenso oft aber definiert er die Geschehnisse für sich zum Sieg um. Das immerhin muss man ihm zugestehen: Er ist einer, der nicht aufgibt. Und immer deutlicher erblickt auch der Leser hinter dem Panzer aus Arroganz eine sensible, verletzliche Seele.

Überhaupt sind im Hinblick auf den Realismus zwei Einschränkungen zu machen. Frascellas Protagonist ist rekordverdächtig schlagfertig, was den humoristischen Reiz des Buches erheblich steigert, und zudem macht er schließlich eine Wandlung durch: beides in der nackten, kalten Wirklichkeit nicht unbedingt die Regel. Psychologisch scheint der Fall wenig Rätsel aufzugeben: Geborgenheit und Liebe existieren für den Helden nicht mehr, seit die Mutter mit einem Tankwart durchbrannte und der bis zu seiner Neugeburt als Liebhaber allenfalls Gelegenheitsjobs ausübende, ansonsten in der Hängematte palettenweise Bier löschende Vater, genannt "Chef", seinen Sohn allein mittels Härte erziehen zu müssen glaubt.

Zwar betritt der Roman stilistisch nicht eben Neuland. Christian Frascella, Turiner des Jahrgangs 1973, erzählt seine Coming-of-Age-Geschichte schlicht und linear, aber schwungvoll und gut pointiert. In Italien, wo der Macho noch geehrt wird, avancierte der tragikomische und letztlich doch liebevolle Roman über die ADHS-Version von Salingers Holden Caulfield zum Bestseller.

OLIVER JUNGEN

Christian Frascella: "Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe". Roman.

Aus dem Italienischen von Annette Kopetzki. Frankfurter Verlagsanstalt, Frankfurt 2012. 319 S., geb., 22,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 18.07.2012

Lehrjahre eines Aufschneiders
Christian Frascellas Debütoman „Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe“ spielt mit den Elementen des Bildungsromans
Es ist so ähnlich wie bei einer dieser Tröten, die bei Fußballspielen oder Karnevalsumzügen reißenden Absatz finden: Am Anfang ist das gellende Geräusch aufrüttelnd und ganz erfrischend, aber nach einer Weile geht es einem unsäglich auf die Nerven. Ewig auf demselben Ton herumzunudeln, ist allerdings das Prinzip dieses Romans und zugleich die Pathologie des Helden. Der namenlose 17-jährige Ich-Erzähler gefällt sich dreihundert Seiten lang in Macho-Posen, prahlt herum, spielt sich auf, übertreibt und flunkert. Seine Vorbilder stammen allesamt aus Filmen, die von „Pulp Fiction“, „Die Waffen der Frauen“ über „Terminator“, „Haie der Großstadt“ und „2001: Odyssee im Weltraum“ bis zu „Rollerball“ und „Chinatown“ reichen.
  „Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe“ lautet der Titel des Debüts von Christian Frascella, der 1973 in Turin geboren wurde und mehr als eine Eigenschaft mit seinem Helden teilt. Frascella siedelt die Geschichte zwischen 1989 und 1990 an. Während in Berlin die Mauer fällt, überstürzen sich auch am Schauplatz des Romans die Ereignisse. In einem gesichtslosen Vorort von Turin, der aus einer Kirche, einer Bar, einer Piazza plus Drogendealer und bescheidenen Wohnhäusern besteht, fliegt der Ich-Erzähler wegen einer Prügelei aus der Schule. Seine Mutter ist längst mit einem Tankwart über alle Berge, sein Vater, den er „Chef“ nennt, liegt biertrinkend in der Hängematte. Der Chef ist immer noch erziehungsberechtigt und befiehlt dem beschäftigungslosen Sohn, wenigstens im Großmarkt zu jobben. Der Sohn gehorcht, hält aber an seinem Rollenmodell fest: Wenn er mit seiner Umgebung in Kontakt tritt, dann in Form von widerborstigen Sprüchen und Beleidigungen, die er in Harrison-Ford-Manier oder mit Mickey-Rourke-Gehabe vorbringt – das ist der Tröten-Ton dieses Romans.
  Grausam quält der Held seine ältere Schwester Francesca, die aus Verzweiflung über die abwesende Mutter in die Kirche rennt und dort immerhin einen übergewichtigen Verehrer aufgabelt. Die Lethargie des Vaters wird ebenfalls durch die Liebe vertrieben: Die Managerin Virginia haucht dem Mittvierziger neue Lebensgeister ein. Von dem Sohn ihres Liebhabers bekommt sie dafür ätzende Bemerkungen serviert. Aber, wie könnte es anders sein, auch dieser erfährt die domestizierende Kraft des weiblichen Geschlechts. Chiara, Feinkostspezialistin im Supermarkt, 19-jährig und damit Lichtjahre entfernt von dem hormontrunkenen Erzähler, gefällt ihm, obwohl er zunächst nichts anderes tut, als sie zu beschimpfen. Bevor Chiara unter der rauen Provinzcowboy-Schale das empfindsame Jungengemüt hervorzaubert, muss der unverwüstliche Aufschneider mehrere Bewährungsproben bestehen: eine Schlägerei mit dem Dorf-Champion, ein Darts-Turnier in der Bar und die Probezeit in einer Blechfabrik. Doch dann kommt sein Vater mit einer Leberblutung ins Krankenhaus, und der Erzähler reift zum Mann.
  Frascella legt eine Schrumpfform des Bildungsromans vor, aufgemöbelt durch Zeitkolorit und satirische Elemente. Damit schließt er an eine Tendenz an, die vor knapp zwanzig Jahren unter männlichen italienischen Debütanten groß in Mode war. Etliche junge Männer schrieben damals über junge Männer, die mit den Zukunftsentwürfen ihrer Eltern kurzen Prozess machten und auf eigene Art erwachsen werden wollten. Am Anfang standen 1994 Niccolò Ammaniti mit „Branchie“, Enrico Brizzi mit „Ein verdammt starker Abgang“ (auf Dt. 1997) und Giuseppe Culicchia mit „Knapp daneben“ (auf Dt. 1998). Salingers „Fänger im Roggen“ im Hinterkopf lieferten sie schnodderig erzählte Geschichten mit schnellen Schnitten, Ping-pong-Dialogen und schrägen Figuren.
  Genau wie die bei Einaudi erschienene Anthologie „Gioventù cannibale“ (1996), in der an Pulp und Splattermovies orientierte Nachwuchsautoren aus der Gruppe der sogenannten „Kannibalen“ vertreten waren, spiegelten auch die ästhetisch anschlussfähigeren Entwicklungsromane die Bedürfnisse einer neuen Lesergeneration und waren äußerst erfolgreich. Brizzis Debüt verkaufte sich eine Million Mal und wurde in 24 Sprachen übersetzt, „Knapp daneben“ fand weit über 100 000 Leser, beide Bücher wurden verfilmt. Lakonischer im Tonfall war dann Paolo Noris Roman „Weg ist sie“ von 1999 (auf Dt. 2000). Aldo Nove probierte mit seiner zarten Jugendgeschichte „Amore mio infinito“ (2003) eine Art Neo-Neo-Realismus aus.
  In allen diesen Büchern geht es um die emanzipatorische Kraft der ersten Liebe oder den Reifeschub durch die erste Enttäuschung. Frascella, rund zehn Jahre jünger als seine Kollegen, knüpft formal und inhaltlich an diese Art der Selbsterkundung an, ohne etwas Neues zu wagen. Von Originalität keine Spur – weder in der Figurenzeichnung noch in den Beschreibungen der Familienverhältnisse noch in der Zuspitzung der Handlung. Einen etwas markanteren Charakter gewinnt der Roman in den Schilderungen des Fabrikalltags, wo die Arbeiter mit neokapitalistischen Maßnahmen in Schach gehalten werden.
  In seinen besten Momenten lässt Frascella seinen Helden so reden, als steckte eine geladene Knarre in seiner Hosentasche. Dass diese aufgesetzt coole Sprechweise auch auf Deutsch eine gewisse Kraft entfaltet, liegt an der glänzenden Übersetzung von Annette Kopetzki, der kein Jugendslang Italiens fremd ist. Doch jenseits dessen hat „Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe“ wenig zu bieten. Es sind die Lehr- und Wanderjahre eines wütenden jungen Mannes mit einer voraussehbaren Schlusswendung. Am Ende kommt es eben doch auf die Frauen an.
MAIKE ALBATH
 
Christian Frascella: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe. Roman. Aus dem Italienischen übersetzt von Annette Kopetzki. Frankfurter Verlagsanstalt 2012, 320 Seiten, 22,90 Euro.
Hauptsache cool: Von der Mackerromantik italienischer Jugendlicher erzählt Frascella in einem Ton, der authentisch ist, aber auf Dauer nervt.
Foto: Johannes Simon
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