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Eric, ein bekannter Filmkomponist, hat gerade einen bedeutenden Preis erhalten. Und doch teilt er seinem Produzenten daraufhin mit, daß er eine Auszeit nehmen will. Da ist die Trennung von seiner Frau, vor allem aber die Besinnung auf das, was ihm als Lebensziel immer vor Augen gestanden hat, nämlich ernste Musik zu schreiben. Er bricht alle Zelte in Zürich ab und zieht nach San Diego, um dort seine Sonaten zu komponieren.
Sein Produzent reißt ihn aus der kalifornischen Idylle, er braucht ihn für ein, wie er sagt, wichtiges Projekt, ein Film, für den allein er in der Lage sein würde, die
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Produktbeschreibung
Eric, ein bekannter Filmkomponist, hat gerade einen bedeutenden Preis erhalten. Und doch teilt er seinem Produzenten daraufhin mit, daß er eine Auszeit nehmen will. Da ist die Trennung von seiner Frau, vor allem aber die Besinnung auf das, was ihm als Lebensziel immer vor Augen gestanden hat, nämlich ernste Musik zu schreiben. Er bricht alle Zelte in Zürich ab und zieht nach San Diego, um dort seine Sonaten zu komponieren.

Sein Produzent reißt ihn aus der kalifornischen Idylle, er braucht ihn für ein, wie er sagt, wichtiges Projekt, ein Film, für den allein er in der Lage sein würde, die Musik zu komponieren. Ausgerechnet Bremgarten, sein Geburtsort soll Schauplatz des Films sein, der - überraschendes Detail für Eric - von seinem Halbbruder Ben finanziert wird. Beim Lesen des Drehbuchs taucht blitzartig die Erinnerung an seine Kindheit wieder auf, und eine in jeder Beziehung unerledigte Geschichte bricht heftig ihn ihm auf. Als es am Ende zu einer dramatischen, aber notwendigen Begegnung mit seinem Bruder kommt, versteht Eric, wie sehr unerledigte Geschichten die eigene Biographie vergiften können, und nur der zum Glück findet, der mit sich ins Reine kommt.
Autorenporträt
Silvio Blatter, 1946 in Bremgarten in der Schweiz geboren, lebt heute in Zürich und München. Er hat ein umfangreiches episches Werk vorgelegt. Seine Romane »Die Glückszahl« (FVA 2001), »Zwölf Sekunden Stille« (FVA 2004) und »Eine unerledigte Geschichte« (FVA 2006) erschienen in der Frankfurter Verlagsanstalt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.11.2007

Wo warst du, Halbbruder?
Silvio Blatters modernes Kain-und-Abel-Märchen

Die Geschichte von Kain und Abel ist oft erzählt worden. Der Konkurrenzneid zwischen Geschwistern überdauert offenbar jeden gesellschaftlichen Wandel und gibt immer neuen Anlass zu der Frage, die seit den ersten Seiten der Bibel allen Familienzwist begleitet: "Soll ich meines Bruders Hüter sein?" Kaum je wurde diese Frage freudig bejaht, was Künstlern immer wieder Anlass gegeben hat, das vertraute Thema des Bruderzwists neu zu arrangieren.

In seinem jüngsten Roman verknüpft der einundsechzigjährige Silvio Blatter den lebenslangen Streit ungleicher Brüder mit der Konkurrenz um dieselbe Frau - ein altes Thema auch dies. Das Milieu allerdings ist modern: Eric, ein erfolgreicher Schweizer Filmkomponist, so erzählt es das erste Kapitel, zieht an die kalifornische Küste, um endlich ernste Klaviersonaten zu schreiben, nachdem er in Europa mit den höchsten Preisen ausgezeichnet wurde. Anlass für diesen Rückzug ist, wie es plakativ heißt, "eine diffuse Untergangsahnung". Recht diffus bleibt nun freilich auch das weitere Geschehen. Denn während Eric eifrig, aber ohne rechten Erfolg in kalifornischer Sonne an seiner neuen Komposition arbeitet, einen vagen Flirt mit der hübschen Elaine beginnt und den sportversessenen einheimischen Jugendlichen zusieht, erreicht ihn ein Hilferuf seines Zürcher Agenten: Diese Bitte "schlug wie ein Sandsack in meine seltsame Idylle".

Wie auch immer es um die Vergleiche bestellt sein mag: Eric, der insgeheim das Scheitern seiner Sonaten fürchtet, lässt sich schnell auf das neue Angebot ein, wieder fürs Kino zu arbeiten. Die Bedingungen freilich sind brisant: Der Film spielt in seiner Heimatstadt, dem kleinen aargauischen Bremgarten an der Reuss - Leser von Blatters früheren Romanen kennen den Schauplatz bereits aus seiner großen Trilogie, deren erster Band "Zunehmendes Heimweh" 1980 erschien und die acht Jahre später durch "Das sanfte Gesetz" abgeschlossen wurde. Als Finanzier des Films tritt, und das ist eine kleine Pikanterie, Erics jüngerer Halbbruder Ben in Erscheinung, den Eric schon immer als Konkurrenten um die mütterliche Liebe empfunden hat und der auch noch mit seiner geschiedenen Frau liiert ist.

Das sind keine paradiesischen Zustände, doch Blatter, der im Laufe der Jahre zu einem elegischen Ton gefunden hat, erzählt keine Geschichte von alttestamentlicher Gewalt. Ein gebrochenes Nasenbein ist der größte körperliche Schaden, den die beiden Brüder, leidlich versöhnt, einander am Ende zufügen. Bis zu dieser - gemessen am biblischen Vorbild - fast gewaltlosen Lösung der geschwisterlichen Konkurrenz ist freilich ein langer, mitunter etwas langweiliger Weg zurückzulegen. Eine zweite Erzählebene führt nämlich in die Kindheit der beiden Brüder. Es ist die provinzielle Atmosphäre der fünfziger Jahre, in der sie aufwachsen, umgeben von skurrilen Verwandten, Unmengen von Singvögeln und schrulligen Nachbarn. Erics größter Kummer ist seine Vaterlosigkeit, ist er doch lange vor der Heirat seiner Mutter zur Welt gekommen. Niemand scheint etwas über seine tatsächliche Herkunft zu wissen, die Mutter schweigt beharrlich, und der knurrige Großvater erzählt ihm jahrelang dieselbe Geschichte, dass er den Enkel einem durchreisenden Teppichhändler abgekauft habe.

Mit solchen Erfindungen lässt sich allerdings kein Familienzusammenhalt schaffen, und so zieht sich Eric immer mehr zurück, flüchtet sich ans Klavier oder auf den Dachfirst, wo er sich in Phantasien verliert. Viele Wunschväter erschafft er sich in diesen Tagträumen; tapfere Helden und liebevolle Lehrer, die nichts mit seinem freundlich-schwachen Stiefvater gemeinsam haben, der ein durch und durch alltägliches Leben führt. Die anhängliche Liebe seines Bruders übersieht Eric in all den Jahren und hält den Jüngeren mit der Bezeichnung "Halbbruder" beharrlich auf Distanz. Es ist eine empfindsame Entwicklungsgeschichte, die Blatter hier in der Tradition der großen Adoleszenzromane entwirft; von der Rebellion seiner literarischen Vorgänger, mögen sie nun Werther oder Heinrich heißen, ist der verträumte Eric indes weit entfernt. Das Ende seiner Jugendliebe überwindet er ebenso wie den Tod der geliebten Mutter, auch das Scheitern seiner Ehe bringt ihn nicht wirklich aus der Fassung.

Am Ende des Romans kommt es dann auch nicht zur großen Abrechnung zwischen den Brüdern, ebenso wenig aber einer zu dauerhaften Versöhnung. Wie geübte Klienten eines Beziehungstrainings versuchen die beiden ungleichen Männer vielmehr, ihre "unerledigte Geschichte", von der der Titel des Buches spricht, im Gespräch zu klären.

Nicht alle Handlungsfäden werden zusammengeführt, manches bleibt unerledigt. Erics lebenslange Suche nach seinem Vater wird geradezu mit einem Taschenspielertrick aufgelöst. Dass die genealogische Spur dabei vom schweizerischen Bremgarten ins norddeutsche Buxtehude führt, das so oft für schale Witze herhalten muss, mag lautmalerische Gründe haben - erzählerisch motiviert ist es kaum. Doch womöglich liegt darin sogar die zentrale Botschaft des Romans, die Einsicht nämlich, dass die Zufälligkeit und Banalität unserer alltäglichen Erfahrungen nicht mit der Wucht der alten Mythen mithalten können. Das macht zwar die Literatur nicht unbedingt besser, das Leben aber immerhin erträglicher.

SABINE DOERING

Silvio Blatter: "Eine unerledigte Geschichte".

Roman. Frankfurter Verlagsanstalt,

Frankfurt am Main 2006. 224 S., geb., 19,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Düsterer als in den früheren Romanen gehe es bei Silvio Blatter diesmal zu, konstatiert Rezensent Roman Bucheli. Er liest "Eine unerledigte Geschichte" als eine Art Nachtrag zu der schon älteren Romantrilogie des Autors, die ebenfalls im heimatlichen Aargau spielt. Wenn dort das Heimweh einen wenn auch negativen Bezugspunkt für den Helden geboten habe, sei von "Versöhnung" hier nichts mehr zu spüren. Der sich als gescheitert wahrnehmende Filmmusiker Eric, skizziert der Rezensent die Kernhandlung, werde am Ort seiner Kindheit von Erinnerungen an die Familie heimgesucht, insbesondere an die Abwesenheit des Vaters. Die Stimmung, so der Rezensent, habe sich in diesem Roman entschieden in Richtung Melancholie verschoben.

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