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Marin Trenk zeigt, wie sich in den vergangenen 500 Jahren bis heute nicht nur fremde Lebensmittel und einzelne Speisen, sondern komplette Küchen erfolgreich ausgebreitet haben. Dabei erfährt man, wie heute in anderen Kulturen gekocht wird. Das Buch öffnet uns die Augen für die mitunter sonderbar anmutenden Tabus, mit denen wir manche Speisen belegen. Und es macht Lust, die vielen kleinen kulinarischen Inseln zu entdecken, an denen der Geschmack der Welt bisher vorübergezogen ist. Nicht zuletzt wirft der Autor einen Blick in die Zukunft kulinarischer Entwicklungen.

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Produktbeschreibung
Marin Trenk zeigt, wie sich in den vergangenen 500 Jahren bis heute nicht nur fremde Lebensmittel und einzelne Speisen, sondern komplette Küchen erfolgreich ausgebreitet haben. Dabei erfährt man, wie heute in anderen Kulturen gekocht wird. Das Buch öffnet uns die Augen für die mitunter sonderbar anmutenden Tabus, mit denen wir manche Speisen belegen. Und es macht Lust, die vielen kleinen kulinarischen Inseln zu entdecken, an denen der Geschmack der Welt bisher vorübergezogen ist. Nicht zuletzt wirft der Autor einen Blick in die Zukunft kulinarischer Entwicklungen.
Autorenporträt
Marin Trenk, geboren 1953, kannte schon als Jugendlicher nur ein Berufsziel: Ethnologe. Seit dem Jahr 2006 hat er einen Lehrstuhl für Ethnologie an der Universität in Frankfurt a. M.. Kurz darauf führte er am Institut das Forschungsgebiet »Kulinarische Ethnologie« ein. Er ist Mitglied im Kulinaristik-Forum und erforscht schwerpunktmäßig die thailändische Esskultur.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 11.04.2015

Heiliger Kolumbus der Bratpfanne

Als Kakao noch wildes Verlangen versprach und Helmut Kohl einmal die chinesische Küche bereicherte: Der Ethnologe Martin Trenk lädt ein zu einer Reise durch die globalisierte Esskultur.

Die Globalisierung ist ein großes Geschenk. In kapitalismuskritischen Blockupy-Kreisen mag dieses Verdikt einen Pflastersteinhagel nach sich ziehen. In der Küche aber ist es über jeden Zweifel erhaben. Allein die Vorstellung einer Welt, in der alle Volksstämme nur ihr eigenes Essen kennen, versetzt jeden vernunftbegabten, sein Sushi und seine Spaghetti, sein Curry und seine Paella liebenden Menschen in Angst und Schrecken. Doch warum essen wir das alles, warum kennt unsere Ernährung weder Staats- noch Kontinentalgrenzen? Diese universalistische Frage stellt sich der Frankfurter Ethnologieprofessor Marin Trenk in seinem neuen Buch, dessen Titel "Döner Hawaii" schon die Richtung vorgibt: Es soll um das große Ganze gehen, um eine historisch-kritische Entdeckungsreise durch die Esskulturen dieser Erde.

Mit der Frage, warum wir essen, was wir essen, könnte man Enzyklopädien füllen. Trenk belässt es bei dreihundert Seiten und muss deswegen die Geschichte der Prägung unseres Essverhaltens ganz grob in drei Wellen kulinarischer Globalisierung unterteilen. Er beginnt mit der Verbreitung unverarbeiteter Lebensmittel nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, obwohl die Globalisierung der Ernährung schon in babylonischen Zeiten mit dem interkontinentalen Gewürzhandel ihren Anfang nahm. Dann folgt der Siegeszug einzelner Speisen in der Zeit des späten Kolonialismus. Und schließlich rollt als dritte Welle die Übernahme ganzer Küchen dank der Massenimmigrationen im späten neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert an.

Der erste Teil ist klug und dicht geschrieben, wobei Trenk als ernsthafter Kulinarwissenschaftler natürlich keine Ressentiments im Sinn der "leyenda negra" kennt. Christoph Kolumbus ist für ihn ein globaler Held: "Als rundum positiv wird gelten können, dass als Folge seiner Entdeckungsfahrten ein Großteil der Menschheit sich besser und abwechslungsreicher ernähren konnte als jemals zuvor." Er schildert den Triumphmarsch des Chili rund um den Globus, der in Ländern wie Thailand innerhalb weniger Generationen zum Standardgewürz wurde.

Oder er ruft das mexikanische Nationalgericht Mole poblano als Zeuge einer gelungenen Internationalisierung des Essens auf. Denn es ist kein aztekisches Erbe, sondern eine wilde Mixtur aus Chilis, Tomaten, Schokolade, Erdnüssen, Mandeln, Anis, Koriander, Sesam, Pfeffer, Zimt, Nelke - also von Zutaten aus drei Kontinenten.

Auch in den beiden anderen Teilen gibt es immer wieder lichte Momente, etwa wenn Trenk die Auflösung der Grenzen von Ethnizität und Authentizität beim Ethnofood beschreibt: Japanisch ist für uns nicht das, was original japanisch ist, sondern das, was wir uns unter japanisch vorstellen. Deswegen gibt es so viele Sushi-Bars, die von Vietnamesen oder Thailändern betrieben werden, ohne dass sich jemand daran störte, weil in der Welt des Ethnofood "Wirt und Gast häufig eine Art Pakt" schließen. Der Wirt verlangt vom Gast keine Unterwerfung unter eine verordnete Authentizität, und der Gast fordert vom Wirt eine Form von Authentizität, die allein er selbst definiert.

Akademische Trockenluft ist nicht die Sache von Marin Trenk. Viel lieber erzählt er Anekdoten, berichtet vom ebenso berüchtigten wie liebestrunkenen Freibeuter Alexandre Olivier, der jeden Morgen seine heiße Schokolade trank, weil Kakao früher als Aphrodisiakum galt; oder er zitiert den Brief einer Versailler Hofdame von 1681, in dem das Schicksal der unglücklichen Marquise de Coetlogon geschildert wird: Sie "sprach der Schokolade während ihrer Schwangerschaft letztes Jahr im Übermaß zu, so dass sie ein Baby gebar so schwarz wie der Teufel". Dann wieder wird Helmut Kohl gewürdigt, der während eines Staatsbesuchs in China dank seiner Sozialisierung in deutschen China-Restaurants unbedingt Süßsaures essen wollte und damit die Köche des Zentralkomitees in tiefe Verlegenheit stürzte, weil sie das gar nicht kannten. Angeblich wird ein Gericht "Süßsauer à la Kanzler Kohl" bis heute in Pekinger Lokalen serviert.

Viel zu oft jedoch mündet der Anekdotenplauderton in sprachlicher Flapsigkeit, die man vielleicht gerade noch in einem Hörsaal, aber ganz gewiss nicht in einem solchen Buch hinnehmen möchte. Hier wird mit Fritten "richtig Kohle" gemacht, dort hat ein Produkt "eine verdammt kurze Halbwertzeit" oder ist "Fastfood zügig zu verdrücken". Immer wieder taucht das Schreckgespenst des hessischen Genitivs auf: Der Balkan ist "eine Region, wo sich über die Jahrhunderte römisch-mediterrane mit osmanischen und habsburgischen Einflüssen gemischt haben". Und von einem ordentlichen Professor sollte man in der Setzung der Vergleichspartikel verlangen dürfen, was man von jüngeren Gymnasialkindern selbstverständlich einfordert: "Ihren Verächtern zufolge verhält sich Tex-Mex zur Küche Mexikos nicht anders wie Eiernudeln mit Ketchup zu italienischer Pasta."

"Döner Hawaii" ist nicht nur sprachlich ein Buch mit Höhen und Tiefen. Der historische Teil über die Globalisierung des Essens nach der Entdeckung Amerikas ist spannend und schwungvoll geschrieben. Doch der Rest des Buches stochert mitunter ziellos im großen kulinarischen Globalisierungtopf herum und wird mit jeder Seite anekdotischer, sprunghafter, fahriger. Und wenn der Ethnologe erst zum Völkerpsychologen wird, um uns unsere Esssitten zu erklären, wird das Eis ganz schnell ganz dünn. Warum zum Beispiel haben die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg ihre eigenen kulinarischen Traditionen so radikal verleugnet, um sich schamlos, treulos, herzlos in die Arme fremder Küchen zu werfen?

Viele solcher Fragen stellt er andauernd, um sie dann doch nur mit Plattitüden zu beantworten. Nur ein Beispiel: "Spanien ist bekanntlich ein Land, wo die Menschen ihr Abendessen erst sehr spät zu sich nehmen." Deswegen gebe es dort die Tradition der Tapas als Aperitiv-Happen, die genau den Nerv unserer freiheitsliebenden Zeit träfen - ungezwungenes Essen in geselliger Runde. Anschließend subsumiert Trenk alles, was gerade greifbar ist, unter dem Begriff Tapas, von Sushi bis zu Dim Sum, was vollkommener Unfug ist. Dann geht es hopplahopp auch schon zum nächsten Gang. Und viel schneller als erwartet ist man am Ende des Buches angelangt, ohne dass der Wissensdurst und Erkenntnishunger wirklich gestillt wären.

JAKOB STROBEL Y SERRA

Marin Trenk: "Döner Hawaii". Unser globalisiertes Essen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2015. 297 S., br., 17,95 [Euro].

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»Marin Trenk räumt auf mit lieb gewordenen Vorurteilen über das globalisierte Essen.«Jutta Hoffritz, Die Zeit, 23.4.2015»Trenk weiß, warum sich der Maggi-Brühwürfel selbst in Westafrika durchsetzte (Faszination des weißen Lebensstils) und wieso ein Chicken Tikka Masala, ein Hühnchen in Tomatensoße, den Sieg Großbritanniens über die einstige indische Kolonie symbolisiert (ein Brite bestand auf viel Soße).«Katja Thimm, Der Spiegel, 14.3.2015