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Mit großer Erzählkunst und analytischer Schärfe schildert Peter Heather das Nachleben des Römischen Reiches von seinem Untergang im Westen bis ins Mittelalter. Eine neue und aufsehenerregende Geschichtserzählung, wie die mittelalterliche Welt entstand.
In seinem fulminant geschriebenen Buch bietet Peter Heather eine neue Gesamtdarstellung Roms, die von 476 n. Chr. bis zum Jahr 1000 reicht. Er zeigt, wie sich neue Reiche auf dem Territorium des ehemaligen Römischen Reiches bildeten und neue Kriegergesellschaften entstanden. Auch wenn die Einheit des alten »Imperiums« zerstört war, so war der…mehr

Produktbeschreibung
Mit großer Erzählkunst und analytischer Schärfe schildert Peter Heather das Nachleben des Römischen Reiches von seinem Untergang im Westen bis ins Mittelalter. Eine neue und aufsehenerregende Geschichtserzählung, wie die mittelalterliche Welt entstand.

In seinem fulminant geschriebenen Buch bietet Peter Heather eine neue Gesamtdarstellung Roms, die von 476 n. Chr. bis zum Jahr 1000 reicht. Er zeigt, wie sich neue Reiche auf dem Territorium des ehemaligen Römischen Reiches bildeten und neue Kriegergesellschaften entstanden. Auch wenn die Einheit des alten »Imperiums« zerstört war, so war der Traum seiner Wiederherstellung nach wie vor lebendig. Und doch mussten alle Versuche von so unterschiedlichen Herrschern wie Theoderich, Justinian und Karl dem Großen, das Römische Reich zu erneuern, scheitern. Erst im 11. Jahrhundert gelang es den Barbaren, durch die Stärkung des Papsttums eine neue Ordnung zu begründen, die zum Ausgangspunkt unserer westlichen Geschichte wurde.

Autorenporträt
Peter Heather wurde 1960 in Nordirland geboren. Er studierte Geschichte am New College Oxford. Lehrtätigkeit am University College, London und der Yale University. Er unterrichtete mittelalterliche Geschichte am Worcester College in Oxford. Zurzeit ist er Professor für mittelalterliche Geschichte am King's College in London.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 04.10.2014

Römische Metamorphosen

Wie viele Bataillone hat der Vatikan? Peter Heather schreibt die Frühgeschichte des Papsttums als Nachfolger des antiken Weltreichs.

Von Andreas Kilb

Wir befinden uns im Jahr 476 nach Christus. Gerade hat Odoaker, der Anführer der ausländischen Heerestruppen in Italien, den letzten weströmischen Kaiser Romulus Augustulus in Pension und dessen Diadem und Purpurmantel nach Konstantinopel geschickt. Ganz Westrom, in mehrere Kleinreiche zerstückelt, wird jetzt von Barbaren regiert... Ganz Westrom? Ja, doch, aber in den Tiefen des Balkans macht sich ein junger Ritter bereit, diesen Zustand zu beenden und die römische Macht zu erneuern: Theoderich, Anführer einer Schar ostgotischer Krieger samt Anhang, heute noch ein Landräuber im Dienst des Kaisers Zenon, morgen schon Herrscher über Italien und Pannonien, zuletzt "der Große" mit Prunkgrabmal in Ravenna, von Priestern und Senatoren verehrt, von Franken und Langobarden gefürchtet, ein Römer von altem Schlag, wenn man von dem Umstand absieht, dass er Gote war.

Das ist ungefähr der Ansatz von Peter Heathers Buch über "Die Wiedergeburt Roms": Das Römische Reich stirbt, aber im Augenblick seines Todes verwandelt es sich in eine Idee, ein - wie man heute sagen würde - Projekt, an dem sich eine Generation nach der anderen abarbeitet, ohne es je ganz wiederbeleben zu können. Die herrschende Geschichtswissenschaft, angefangen mit dem einflussreichen Peter Brown, liest die Spätantike und das Frühmittelalter, also die Zeit von 476 bis etwa zur Jahrtausendwende, durch die begriffliche Brille der "Transformation", der zahllosen friedlichen und langwierigen Übergänge zwischen der alten und der neuen Ordnung der Welt. Dem hält Heather ein Geschichtsmodell entgegen, das auf der Plattentektonik fußt: aufgestaute Spannung wird explosionsartig freigesetzt; das resultierende Erdbeben sorgt für zunächst stabile Verhältnisse. So war es beim unfriedlichen Ende Westroms ("Der Untergang des Römischen Weltreichs", 2005), so bei der langen Reihe der Völkerwanderungen ("Invasion der Barbaren", 2009).

Der Kniff des neuen Buches liegt darin, dass Heather nicht Strukturen, sondern Personen in den Mittelpunkt rückt - als Ersten den bereits erwähnten Theoderich, dann, zwei Generationen später, den Oströmer Justinian (für die ältere Historiographie ebenfalls "der Große") und schließlich, über den Abgrund zweier Jahrhunderte hinweg, jenen großen Karl, der sich am Weihnachtstag des Jahres 800 im Petersdom vom Papst zum Kaiser krönen ließ. Alle drei waren außer Eroberern auch Reformer: der Ostgote durch die Wiedererweckung der traditionellen Formen des Römertums, der Byzantiner durch die Sammlung des klassischen römischen Rechts im "Codex Iustinianus", der Franke durch die Renaissance des lateinischen Bildungsideals, die er seinem Reich verordnete.

Und alle drei waren zugleich Getriebene: Theoderich durch den nagenden Zweifel an der Legitimität seiner Herrschaft, der von der Zentralmacht in Konstantinopel geschürt wurde und am Ende zum Untergang des Gotenreichs in Italien führte; Justinian durch die Katastrophe des Nika-Aufstands, bei dem ein großer Teil seiner Hauptstadt mitsamt der alten Hagia Sophia in Trümmer ging; und Karl durch die schiere Ausdehnung seines Reiches, dessen innerer Organisationsgrad mit dem Tempo seiner Expansion nicht hatte Schritt halten können.

Und alle drei mussten scheitern. Das ergibt sich für Heather zwingend aus der Tatsache, dass weder die militärischen noch die administrativen Voraussetzungen der römischen Weltmacht ihren Untergang überlebt hatten. Theoderich musste mit einem kleinen Germanenheer, Justinian mit ethnisch gemischten Söldnern, Karl mit wechselnden fränkischen Aufgeboten operieren. Über Steuereinnahmen, die denen der römischen Kaiser vor dem fünften Jahrhundert entsprachen, verfügte keiner der Restauratoren des Imperiums. Justinians Eroberungen überstanden kaum die ersten Jahre nach seinem Tod, Karls Frankenreich löste sich unter seinen Enkeln in drei Teile auf, und was mit Theoderichs Goten geschah, kann man in Felix Dahns "Ein Kampf um Rom" nachlesen.

Und hier zieht Heather das historische As aus dem Ärmel, das schon der Untertitel seines Buchs vorgezeigt hat: das Papsttum, den eigentlichen Nutznießer der gescheiterten Versuche, Rom wieder zu Rom zu machen. Die Personen- und Ereignisgeschichte wird also doch wieder zur Strukturhistorie. Das Problem ist, dass das erst nach dreihundertfünfzig von insgesamt vierhundertachtzig Textseiten geschieht. Und dass sich Heather, kaum dass er aus den Thronsälen der Karolinger und ihrer Nachfolger in die Hallen und Aulen der Kurie spaziert ist, so heillos in den Quisquilien der Entstehung des Kirchenrechts verheddert, dass ihm für die Darstellung der äußeren Umstände, unter denen sich der Aufstieg der Päpste zu geistlichen Imperatoren des Abendlands vollzog, zu wenig Raum bleibt.

Der Kampf der Reformer aus Cluny gegen Salier und Staufer wird beiläufig abgehandelt; manches, wie den Gang nach Canossa, redet Heather auch einfach nur klein. Wenn er am Ende feststellt, das zweite Römische Reich der Päpste, dessen Beginn er im elften Jahrhundert ansetzt, bestehe nun schon doppelt so lange wie sein Vorgänger, spricht er bestenfalls eine Halbwahrheit aus, denn die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen bieten dem Papsttum nun seit fünfhundert Jahren Paroli, und die weiten Räume der östlichen Orthodoxie hat der Bischof von Rom nie erobern können. "Die Wiedergeburt Roms" ist eine zähe Lektüre, trotz Heathers Versuchen, die Abfolge von Namen, Zahlen und Fakten dadurch aufzulockern, dass er Cassiodor, den Kanzler Theoderichs, als "spin doctor" oder die auf Justinian und Theodora gemünzten Anekdoten aus Prokops "Geheimgeschichte" als Kreuzung aus dem "Exorzisten" und "Deep Throat" bezeichnet. Dazu kommen Ungenauigkeiten im Ausdruck - was ist "schwere Artillerie" bei den Franken? - und Unsauberkeiten der Übersetzung ("Die Bedeutung, ein Römer zu sein", lautet eine Kapitelüberschrift).

Das Entscheidende ist, dass es Heather nicht gelingt, die Biographien seiner Protagonisten und die Geschichte des Papsttums analytisch zu verzahnen. Was hat Karl der Große von Theoderich - dessen Reiterstatue er aus Ravenna nach Aachen mitnahm -, was haben die Päpste von Karl gelernt? War es kein bloßer innerer Reformprozess, sondern der Kampf um Selbstbehauptung gegen die militärische Bedrohung durch die deutschen Kaiser und die geistliche durch die Häresie, der das Papsttum auf die Höhe seiner Deutungsmacht hob? In früheren Büchern hat Peter Heather auf solche Fragen triftige Antworten gegeben. Hier hat er den Bogen seines Expertentums überspannt.

Peter Heather: "Die Wiedergeburt Roms". Päpste, Herrscher und die Welt des Mittelalters.

Aus dem Englischen von Hans Freundl und Heike Schatterer. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2014. 544 S., Abb., geb., 32,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.10.2014

Kämpfe um Rom
Peter Heather zeigt, wie die Weltmacht des Papsttums das römische Imperium beerbte. Ein großes Epos,
das seit den Tagen von Gibbon und Gregorovius nicht mehr so glühend ausgebreitet wurde
VON GUSTAV SEIBT
Papst Clemens II. amtierte nur zehn Monate lang – von Weihnachten 1046 bis Oktober 1047 –, doch von ihm stammt der Begriff für das höchste Amt der katholischen Christenheit: papatus, Papsttum. Davor hatte es nur einzelne Päpste (papae) gegeben. Kurz danach verglich der Kardinal Petrus Damiani die Kirche mit dem römischen Imperium: „Wie sich schon in alten Zeiten der irdische Senat bemühte, die ganze Vielzahl der Völker dem Römischen Reich untertan zu machen, so sollten nun die Diener des apostolischen Bistums, die geistlichen Senatoren der universalen Kirche, es zu ihrem einzigen Bestreben machen, durch ihre Gesetze das Menschengeschlecht Gott zu unterwerfen, dem wahren Kaiser.“
  Und so geschah es. Die kommenden Jahrzehnte sahen dramatische Kämpfe der Päpste mit Kaisern und Königen, vor allem aber eine Verrechtlichung, Bürokratisierung, Disziplinierung der Kirche und ihrer Gläubigen, die sie zur machtvollsten europäischen Institution seit dem Untergang des weströmischen Reiches im Jahre 476 machte. Nun konnte der Zölibat endgültig durchgesetzt werden, die Völker zahlten der Kirche zehn Prozent des Bruttosozialprodukts (den „Zehnten“) für ihren Unterhalt, ein Drittel des europäischen Grundbesitzes geriet in kirchliche Hände, die Kirche ließ sich seit 1215 einmal im Jahr von jedermann die Sünden beichten. Kirchenbauten wurden sakrale Räume, die fortan nicht mehr für einfache Versammlungen in Dörfern und Städten genutzt werden durften; das Kirchenrecht stellte sich gleichberechtigt neben die aus der Spätantike überlieferten, für alle weltlichen Belange maßgeblich werdenden Codices des Kaisers Justinian. Das war der Stand des 13. Jahrhunderts, der allen Krisen zum Trotz erst durch die Reformation im 16. Jahrhundert wieder in Frage gestellt werden konnte.
  Wie es dazu kam, das erzählt das neue Buch von Peter Heather. Es ist der dritte Band einer Reihe, die der Londoner Althistoriker mit dem Kampf zwischen Rom und den Germanen vom ersten bis vierten Jahrhundert beginnen ließ und die er fortsetzte mit einem wuchtigen Band über die Völkerwanderungen vom vierten bis zum zehnten Jahrhundert. In diesen Krisen war der Westteil des Imperiums zugrundegegangen und hatten sich flüchtige Barbarenreiche gebildet. Bei den wandernden, von Raub und Söldnerdiensten lebenden Heerkönigtümern hatten sich, so Heather in einem der nüchternen Vergleiche, für die er berühmt ist, nie stabile Nachfolgeregelungen mit Erstgeburtsrechten festlegen lassen, sondern wie bei der Mafia immer der Tüchtigste, der Brutalste durchsetzen müssen.
  Solche Herrschaften beruhen nicht auf einer regulären Steuerbasis und gesicherter Legitimität, sie müssen Loyalität in jeder Generation neu erkämpfen und durch Landverteilungen belohnen. Daher sind die Barbarenreiche am Anfang oft weitläufig, um später immer kleiner und schwächer zu werden. Denn die wichtigste Ressource, das zu verteilende Land, geht rasch zu Ende; man nannte das früher feudale Zersplitterung. Allenfalls ein Grenzreich wie das frühe Deutschland des 10. Jahrhunderts, das frisches Eroberungsgebiet verteilen konnte, vermochte das Ende der vormodernen Herrschaftsformen hinauszuzögern. Selbst der oströmische Verwaltungsstaat der Spätantike entkam unter dem Druck von aggressiven Nachbarreichen wie Persien und dem Islam dem neu-archaischen Mechanismus nicht, auch er musste seine Grenzen von landbesitzenden Kriegern verteidigen lassen. Das ist die sozial- und kriegshistorische Kulisse für die drei Anläufe, das weströmische Reich zu erneuern, die den Hauptgegenstand von Heathers Buch darstellen. Sie verbinden sich mit den Titanengestalten von Theoderich dem Großen (455-526), dem König der Westgoten, der seine Residenz in Ravenna nahm, von Justinian (482-565), dem byzantinischen Kaiser, der Nordafrika und Italien zurückeroberte, und von Karl dem Großen (748-814), dem Frankenkönig, der sich im Jahre 800 vom Papst in Rom zum ersten germanischen Kaiser eines erneuerten römischen Reiches krönen ließ.
  Ihre Geschichte entfaltet Heather nicht als notwendige Abfolge, sondern als verwirrenden, dreifachen, dreimal gescheiterten Versuch mit all der faktischen Unsicherheit, die eine zerstückelte Quellenlage mit sich bringt. Es sind einige der großartigsten Geschichten, die die Weltgeschichte zu bieten hat, mit „Kämpfen um Rom“, die nicht umsonst immer wieder auch Romanstoffe wurden. Wer sich hier schon auskennt, wird Heathers eigenständig prüfende, durchweg quellen- und forschungsnahe Originalität bewundern, auch wenn er nicht alle Resultate teilt. Der Neuling aber erlebt ein Epos, das seit den Tagen von Edward Gibbon und Ferdinand Gregorovius nicht mehr so glühend ausgebreitet wurde. Schon die einleitende Szene, die Reichshauptstadt Konstantinopel um 465 mit den Augen des zehnjährigen Gotenprinzen Theoderich zu schildern, der als Geisel am byzantinischen Kaiserhof aufgezogen wird und sie erstmals durch die Riesenmauern des Kaiser Theodosius betritt, um sogleich ihre kaum zu erobernde Stärke zu erkennen, ist glanzvoll.
  Die Entstehung der mittelalterlichen Welt kann man auf zwei Arten erzählen: von der Zukunft her, also von den Barbarenvölkern aus, die später die europäischen Nationen gründeten. Das ist die Erzählung des Nordens. Oder aber vom sinkenden, sich immer wieder erneuernden Rom aus, von der nie ganz sterbenden Antike, und das ist die Erzählung des Südens. Heather liefert wie einst Edward Gibbon, nach zwei Jahrhunderten, in den vor allem deutsche Historiker das nördliche Epos schrieben, wieder die Erzählung des Südens: Er zeigt das Mittelalter als fortgesetzte Antike, als verwandeltes Rom.
  Viel spricht dafür, dass der mediterrane, mittelmeerische Ansatz der Dramatik dieses Jahrtausendprozesses gerechter wird als die Zukunftshistorien vom „Eintritt der Germanen in die Weltgeschichte“, die allzu optimistisch von kulturellen Lernprozessen und nationalen Erbfolgen handeln. Der Historiker, der sich auf den römischen Standpunkt stellt, begreift den Epochenbruch, den der Islam des sechsten und siebten Jahrhunderts bedeutete, viel schärfer. Hier wurde die Mittelmeerwelt abrupt geteilt und innerhalb von zwei Generationen nach Norden gedreht. Immerhin war es der deutsche Welthistoriker Leopold von Ranke, der Mohammed und Karl den Großen in einem Atemzug behandelte wie später der Belgier Henri Pirenne. Wenn es bei Heather eine Lücke gibt, dann ist es die etwas zu summarische Erwähnung der islamischen Revolution.
  Wie aber konnte aus den Zusammenbrüchen flüchtiger Barbarenreiche und vor dem Horizont der islamischen Eroberung ausgerechnet ein theologisch-bürokratisch-finanzgestütztes Weltkirchensystem entstehen? Es bezeichnet Heathers Rang als Historiker, dass er sich nicht von verschwommenen nachträglichen Notwendigkeiten blenden lässt, die auf das erste eben ein zweites Rom folgen lassen. Der Aufstieg der römischen Kirche seit dem elften Jahrhundert war imposant, aber nicht zwangsläufig. Sie beruhte auf der karolingischen Bildungsinfrastruktur, also der Arbeit Karls des Großen. Er schuf jenes Netz von reichen Klöstern und Kathedralen, die den Zusammenbruch seiner Nachfolgereiche überdauerten und sich mit Hilfe weltlicher Verbündeter, vor allem der deutschen Kaiser, aus den Kleinkriegen der Adelskirche befreien konnten, nicht zuletzt in Rom selbst.
  Dort hatte die reiche Ausstattung, die Karl den Päpsten gewährt hatte, das Bischofsamt zunächst zur Beute habgieriger Lokalgeschlechter werden lassen – am Ende waren es „Barbaren“, also nördliche Monarchen und deutsche und französische Kleriker, die das „Papsttum“ mit strenger Frömmigkeit neu gründeten und dabei erstmals begrifflich fassten, auch mit Hilfe von Geschichtsfiktionen wie der Konstantinischen Schenkung. Rom siegte ein letztes Mal und warum? Weil seine Kultur, und damit die Möglichkeit rationaler Herrschaftsbildung, auswärts zwischengelagert worden war.
  Im zwölften Jahrhundert begann die letzte, verwandelte Phase der römisch-imperialen Antike, die dann im sechzehnten Jahrhundert ein germanischer Mönch von der Elbe aus zum Einsturz brachte. Vielleicht schreibt Peter Heather auch noch den vierten Akt dieses Riesendramas. Schon jetzt aber kann der erstaunte Leser festhalten: Der junge Ire hat den großen Stil der Geschichtsschreibung auf den Kontinent zurückgebracht, so wie einst im achten Jahrhundert irische Missionare das Christentum in Germanien einpflanzten.
Die wichtigste Ressource
der alten Barbarenreiche
war das zu verteilende Land
Am Ende waren es „Barbaren“
aus dem Norden, die das
„Papsttum“ neu gründeten
Peter Heather:
Die Wiedergeburt Roms. Päpste, Herrscher und die Welt des Mittelalters.
Aus dem Englischen von Hans Freundl und Heike Schlatterer. Verlag Klett-
Cotta, Stuttgart 2014.
544 Seiten, 32,95 Euro. E-Book 25,99 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Freudig begrüßt Rezensent Gustav Seibt Peter Heathers dritten Rom-Band. Der Londoner Althistoriker untersuche hier die Versuche, das weströmische Reich im Mittelalter zuerneuern, informiert der Kritiker, der bewundert, wie gelungen Heather mit der brüchigen Quellenlage umgeht. Allein die Eingangsszene, in der der Autor die das Konstantinopel im Jahre 465 aus den Augen des zehnjährigen Theoderich schildert, ringt dem Rezensenten höchste Anerkennung ab. Selten hat Seibt ein solch schillerndes Epos gelesen, wie es Heather hier quellentreu, aber doch originell ausbreitet. Einzig und allein die Erwähnung der islamischen Revolution ist dem Kritiker ein wenig zu kurz geraten.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Der britische Historiker Peter Heather zählt zu den bedeutendsten Kennern der Spätantike und des Frühmittelalters. In seinem neuen Buch beleuchtet er das Spannungsverhältnis zwischen Kaiser und Papst, bei dem die Kirche die Definitionsmacht inne hatte.« Manfred Papst, Neue Zürcher Zeitung am Sonntag, 26.10.2014 Manfred Papst NZZ am Sonntag 20141026