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In diesem gefeierten und preisgekrönten Roman nimmt Eiríkur Örn Norðdahl den Leser mit auf einen wilden Parforceritt durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die leidenschaftliche Dreiecksbeziehung zwischen der jüdischen, in Island aufgewachsenen Litauerin Agnes, dem antriebslosen Geisteswissenschaftler Ómar und dem selbstherrlichen Neonazi Arnór ist gleichermaßen skurril wie grandios erzählt. Als Langzeitstudenten Ómar seinen Abschluss schafft, steuert die Beziehung mit Agnes auf eine Katastrophe zu: Sie ist schwanger und weiß nicht, welcher der beiden der Vater des Kindes ist - Arnór oder…mehr

Produktbeschreibung
In diesem gefeierten und preisgekrönten Roman nimmt Eiríkur Örn Norðdahl den Leser mit auf einen wilden Parforceritt durch die Geschichte des 20. Jahrhunderts. Die leidenschaftliche Dreiecksbeziehung zwischen der jüdischen, in Island aufgewachsenen Litauerin Agnes, dem antriebslosen Geisteswissenschaftler Ómar und dem selbstherrlichen Neonazi Arnór ist gleichermaßen skurril wie grandios erzählt.
Als Langzeitstudenten Ómar seinen Abschluss schafft, steuert die Beziehung mit Agnes auf eine Katastrophe zu: Sie ist schwanger und weiß nicht, welcher der beiden der Vater des Kindes ist - Arnór oder Ómar. Die Beziehung zu Ómar wird immer angespannter, bis dieser zufällig dahinterkommt, dass Agnes ihn betrogen hat. Er dreht durch, steckt das Haus in Brand und nimmt den nächsten Flieger ins Ausland: Gut und Böse sind nicht mehr zu trennen.

2012 wurde »Böse« mit dem isländischen Literaturpreis ausgezeichnet.

Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Von Eiríkur Örn Norddahl lässt sich Matthias Hannemann gern an den Abgrund führen. Was der Rezensent da erblickt, ist der nie endende Rassismus in Europa. Darüber konstruiert der Autor die verrückte Dreiecksgeschichte dreier verführbarer Menschen, die Hannemann wiederum den "dünnen Firnis" der Zivilisation bewusst macht. Irritierend kommt ihm der Roman aber vor allem wegen seines flapsigen, assoziativen Stils vor, des lockeren Umgangstons, der dem Thema unangemessen scheint. Oder doch wieder nicht, überlegt der Rezensent, denn er sorgt dafür, dass der Leser in die Geschichte hineingezogen wird. Rasant ist das Buch in jedem Fall, gibt Hannemann zu verstehen, wenn es zwischen Sorgfalt und Hast wechselt, zwischen Historiografie und Pornografie und Holocaust.

© Perlentaucher Medien GmbH

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.11.2014

Pizzafahrer am Abgrund
Betont abgebrüht: Eiríkur Örn Norðdahls Roman "Böse" spielt in einem Europa des Rechtspopulismus

Es ist nicht jedermanns Sache, sich gleichzeitig mit einem Sex-Spielzeug und mit dem Holocaust zu befassen. Es ist geschmacklos. Oder eine Provokation. Der zwecks Luststeigerung an empfindsamer Stelle anzulegende Ring, den Ómar bei seiner Freundin Agnes findet, verschwindet wie ein liebgewonnenes Erinnerungsstück in der Hosentasche, um auf der Europareise von einem Mahnmal zum nächsten zum stummen Begleiter zu werden. Ómar denkt viel über den Holocaust nach, an manch einschlägigem Ort reckt er den rechten Arm, um zu wissen, wie sich das anfühlt. Das liegt daran, dass Agnes mit einem Neonazi ins Bett gestiegen ist.

Eiríkur Örn Norðdahls Roman "Böse" ist ein irritierendes Buch. Schon der betont abgebrühte, gegen die Ermüdung geschichtsübersättigter Leser ankämpfende Umgangston ("Hi! Hallo! L-E-S-E-N! Hören Sie mir noch zu?") erscheint dem Thema unangemessen - ebenso wie die folgende Passage: "Während dieses Buch entstand, starben gut 2000 Menschen, 200 000 Menschen. Sechs Millionen Juden. 17 Millionen Männer, Frauen und Kinder. Knapp 18 Millionen Menschen. Die Welt wird nie mehr so sein wie vorher. Okay, joke."

Andererseits ist dies jedoch auch ein Kniff, uns in die Geschichte hineinzuziehen. Hastig Heruntergeschriebenes wechselt lässig mit sorgfältig Ausformuliertem, Pornographisches mit Historiographischem, Gewitztes mit glaubwürdiger Schwere. Dazu blitzschnelle Assoziationen, kurz zum "Krebsgang" von Günter Grass, schnell zum Front National in "Second Life", zur "Holocaust-Industrie", zu Hitlers fehlendem Hoden oder zu Breivik, dem "vereinsamten Computernerd, der sich für einen Ritter aus dem Mittelalter hielt".

Und mittendrin die Schikanierung, Vergewaltigung und Ermordung der Juden von Jurbakas in epischer Länge. Der Vernichtungskrieg wird in solch krassen Bildern geschildert, wie wir es seit Jonathan Littells "Die Wohlgesinnten" nicht erlebt haben. Als könne man einer neuen, nicht traumatisierten Generation nicht mehr anders vom dünnen Firnis der Zivilisation berichten.

In den Passagen des Romans, die in der Gegenwart spielen, stellt uns Eiríkur Örn Norðdahl zunächst ein blasses Liebespaar vor. Der antriebslose Sprachwissenschaftler Ómar, Jahrgang 1981, jobbt wochentags als Pizzafahrer und samstags als Korrekturleser. Er liebt die etwas ältere Agnes, eine Studentin mit litauischen Wurzeln, verunsicherter Identität und dominanten Forschungsprojekten. Agnes sitzt an einer Masterarbeit, seit sie den Bachelor mit einer Studie zur "Kollaboration der Einwohner von Jurbarkas mit dem Einsatzkommando Tilsit" erlangte. Sie versucht, "den Rechtspopulismus in der isländischen Parteipolitik mit entsprechenden Tendenzen in der Politik auf dem europäischen Festland" zu vergleichen. Überall sieht sie: "Post-Nazis. Neo-Faschisten. Populisten. Rechtsextreme. Radikalkonservative, Rechtsaktivisten. Tea-Party-Anhänger. Christliche Rassisten. Ethnozentristen. Wächter Europas. Multikulti-Gegner. Ausländerhasser." Absurde Geschichtsdokumentationen und allerlei "Nazi-Kram" füllen zuhause ihre Regale.

Mitten in der isländischen Wirtschaftskrise droht Agnes, "die Reine", allerdings die Distanz zu verlieren. Oder ist das nur konsequent, wenn man auf Feldforschungsgrundlage komplexe Fragen beurteilen will? So oder so: Sie trifft den rechtsradikalen Doktoranden Arnór, die beiden landen nach einem frechen Skype-Vorspiel im Bett. Und Ómar fackelt das Haus ab, auf seine Art vollends enthemmt.

Die Dreiecksgeschichte, die Eiríkur Örn Norðdahl als Puzzle mit vielen verstreuten Teilen erzählt, führt den Leser in ein Europa, in dem die Xenophobie trotz aller Mahnmale und Dokus grassiert und Rechtspopulisten Zulauf bekommen. Vor allem aber rekonstruiert er die Biographien dreier verführbarer Menschen, um bis zum Showdown der Rivalen eine ganz eigene, von den Jahren des Grauens in Litauen bis in die Gegenwart Islands hineinreichende Geschichte des Holocausts zu erzählen.

Das Böse lockt überall. Streckenweise ist nicht mal zu sagen, welcher der Protagonisten gerade Sätze von sich gibt wie: "Haben wir jemals so fanatisch an etwas geglaubt, dass wir in einen Wolkenkratzer geflogen wären, um den Fortbestand unserer Ideale zu sichern? Wir sehnen uns danach, in einen Wolkenkratzer fliegen zu können. Uns in einem Bus in die Luft sprengen zu können. Für irgendetwas. Und sei es nur für ein besseres Fernsehprogramm." Sie sind unheimlich, weil die großen Ideale des Westens für viele tatsächlich an Glaubwürdigkeit verloren haben. Eiríkur Örn Norðdahl führt uns an einen Abgrund heran, ohne uns zu verraten, ob wir wieder zurückfinden können.

MATTHIAS HANNEMANN.

Eiríkur Örn Norðdahl: "Böse". Roman. Aus dem Isländischen von Betty Wahl und Tina Flecken. Tropen Verlag, Stuttgart 2014. 658 S., geb., 24,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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»Intelligenter und lesenswerter Kommentar zum Holocaust, seinen (medialen) Repräsentationen, seinen Nachwirkungen auf die Enkelgeneration und die isländische und gesamteuropäische Gesellschaft.« Gregor J. Rehmer, Literaturundfeuilleton.com, 25.8.2015 »Eirikur Örn Norðdahll hat ein grausames, zuweilen grausam komisches Buch darüber geschrieben, wie Ideologie und Geschichte unsere intimsten Sphären durchdringt. Böse.« Christian Buß, Spiegel online, 27.6.2014 »"Böse" ist so mutig wie entschlossen wie radikal. Und das liegt zunächst an der forschen, eloquenten Sprache, in der Eiríkur Örn Norðdahl zu Hause ist. ... Ganz nebenbei ist "Böse" auch ein rasanter Reykjavík-Roman: ein lesenswertes Buch also, gerade weil einem so oft die Worte im Hals stecken bleiben.« Nordis, November/Dezember 2014 »Eirikur Norðdahl katapultierte sich vor zwei Jahren mit dem voluminösen Roman "Böse" ins Zentrum der isländischen Literaturszene. "Böse" ist ein Gegenwartsroman über Xenophobie und zugleich ein Roman über den Holocaust. ... Norðdahls Roman "Böse" ist ein aufrüttelnder Beitrag zur heutigen Debatte.« Aldo Keel, NZZ, 9.8.2014 »Es ist zweifelsohne das ungewöhnlichste Buch dieser Saison: Ein Isländer namens Eirikur Örn Norðdahl hat es zuwege gebracht, einen Roman zu schreiben, der den Holocaust, die Wirtschaftskrise der Nullerjahre, das Erstarken der Neonazis in Europa und eine ungewöhnlich offenherzige Dreiecksliebesgeschichte souverän unter einen Hut bringt.« Profil, 4.8.2014 »"Böse" ist abgedreht, verrückt, eigenwillig, unverschämt gut. Wenn Sie Literatur schätzen, die ganze weit weg ist von dem, was man sonst so kennt, dann müssen Sie "Böse" lesen.« Denglers-Buchkritik, 21.7.2014 »Fordernde, berührende, wertvolle Lektüre.« Jochen Overbeck, Musik Express, 8/2014…mehr