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Keine ausführliche Beschreibung für "Politische Schriften und Briefe Carl Friedrich Goerdelers" verfügbar.

Produktbeschreibung
Keine ausführliche Beschreibung für "Politische Schriften und Briefe Carl Friedrich Goerdelers" verfügbar.
Autorenporträt
Hans Mommsen, geboren 1930, war 1961 bis 1963 Referent am Institut für Zeitgeschichte in München und ab 1968 Professor für Neuere Geschichte in Bochum. Nach seiner Emeritierung 1996 hielt er sich u.a. als Gastwissenschaftler am United States Holocaust Memorial Museum in Washington auf. Er war Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der "Ausstellung Verbrechen der Wehrmacht. Dimensionen des Vernichtungskriegs 1941-1944". Hans Mommsen verstarb im November 2015.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 23.07.2008

Mommsens Nachtrag

Als vor fünf Jahren die Schriften und Briefe Carl Goerdelers erschienen, waren die Gedanken des von den Nationalsozialisten abgesetzten Leipziger Oberbürgermeisters und späteren Exponenten des konservativen zivilen Widerstandes gegen Hitler erstmals in großer Ausführlichkeit greifbar (Politische Schriften und Briefe Carl Friedrich Goerdelers, hrsg. von Sabine Gillmann und Hans Mommsen, München 2003). Goerdeler verfasste sowohl vor dem Attentat des 20. Juli 1944 wie auch in der Haft umfangreiche Denkschriften innen-, außen- und wirtschaftspolitischen Inhalts. Nach dem Staatsstreich hatte er das Amt des Reichskanzlers übernehmen sollen. Er wurde am 2. Februar 1945 in Plötzensee enthauptet.

Allerdings fehlte in der Edition von Mommsen und Sabine Gillmann jeder Hinweis - und sei es nur in einer Fußnote - auf eine bestimmte schriftliche Stellungnahme Goerdelers, die in der Haft entstanden war. Sie schien auf die gleichzeitig verfassten politischen Memoranden, in denen unter anderem eine Koalitionsregierung Hitler-Goerdeler ins Auge gefasst wurde, ein neues Licht zu werfen. Als wir die Ausgabe auf dieser Seite besprachen (F.A.Z. vom 18. August 2004), wiesen wir deshalb auf die nur selten überlieferte Äußerung Goerdelers hin: "Wenn wir das Vaterland über alles stellen, was doch unser Glaube ist, so haben wir den 20. Juli als ein endgültiges Gottesurteil zu achten. Der Führer ist vor fast sicherem Tode bewahrt. Gott hat nicht gewollt, dass Deutschlands Bestand, um dessen willen ich mich beteiligen wollte und beteiligt habe, mit einer Bluttat erkauft wird; er hat auch dem Führer diese Aufgabe neu anvertraut. Das ist alte deutsche Auffassung. Jeder Deutsche in der Reihe der Umsturzbewegung ist nunmehr verpflichtet, hinter den von Gott geretteten Führer zu treten, auch die Mittel, die einer neuen Regierung zur Verfügung gestellt werden sollten, rückhaltlos ihm zu geben; ob er sie nützen will, für brauchbar hält, entscheidet er."

Hans Mommsen schrieb daraufhin einen Brief an die Herausgeber dieser Zeitung, in dem er sich gegen die, wie er wähnte, "verzerrte Auslegung" und die "verleumderischen Urteile" unserer Besprechung verwahrte (F.A.Z. vom 17. September 2004). Unter seiner Herausgeberschaft seien ausschließlich die "authentischen Texte" Goerdelers publiziert worden, nicht dagegen jenes Schriftstück über das "Gottesurteil", das nur durch einen Bericht von Ernst Kaltenbrunner, dem Chef des Reichssicherheitshauptamtes, bezeugt sei.

Umso größer war die Überraschung, als man am vergangenen Samstag in der "Süddeutschen Zeitung" Mommsens nunmehr revidierte Darstellung des 20. Juli las: Stauffenberg habe zwar Vorbehalte gegen Goerdeler gehegt, sei aber dennoch bemüht gewesen, den Politiker einzubinden, "obwohl dieser noch immer das Attentat ablehnte und sich in der Haft zu der Vorstellung verstieg, in dessen Scheitern ein Gottesurteil zu erblicken". In einer fast identischen Formulierung hatte Mommsen sich indes schon am 15. November 2007 auf der Internetseite der "Welt" geäußert. Man wüsste gern, welche neuerlichen quellenkritischen Überlegungen diese Auffassung begründen: In Mommsens eigener Goerdeler-Ausgabe sind die entsprechenden Sätze ja nicht dokumentiert.

L.J.

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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 15.07.2004

Staatsbürger und Fremdbürger
Die politischen Schriften und Briefe Carl Friedrich Goerdelers
Ein kurioser Mensch, der Oberbürgermeister von Leipzig, Anfang 1932 von Kanzler Brüning zum Reichskommissar für die Preisüberwachung ernannt, von Papen im Amt bestätigt, von Schleicher (als potentieller Konkurrent) vor die Tür gesetzt - doch im November 1934 von Neuem berufen, da der Diktator die brillante Sachkenntnis des grundbürgerlichen und zugleich so energisch-betriebsamen Herrn zu schätzen schien: konservativ zwar, doch von sozialem Verantwortungsgefühl bewegt, deutsch-national bis ins Mark. Hitler schickte ein Flugzeug, um den Geschmeichelten nach Berlin zu holen. Als Goerdeler freilich im Sommer 1935 auf eine Erweiterung seiner Kompetenzen drängte, zog es der Führer vor, das Entlassungsschreiben zu unterzeichnen, das der hartköpfige Experte seinen Vorschlägen als eine Art Ultimatum beigefügt hatte.
Das Ermächtigungsgesetz hatte er als einen Akt der Befreiung begrüßt, wie Hans Mommsen in dem biographischen Essay berichtet, der den Zugang zu den beiden (vorzüglich edierten) Bänden mit den „Politischen Schriften und Briefen” Goerdelers öffnet. An der „Säuberung” nach dem angeblichen Putsch der SA des Condottiere Röhm, bei der auch Schleicher erledigt wurde, Goerdelers Gegner im Schacher um die Nachfolge Papens, schien er keinen Anstoß zu nehmen, obschon die Mordbefehle des „obersten Gerichtsherrn” den Rechtsstaat beiseite fegten: in stiller Allianz mit den Generalen - der Sündenfall der militärischen Elite. Vom Amt des OB trat er 1936 zurück, empört über die Beseitigung des Denkmals von Felix Mendelssohn.
Den Frieden retten
Danach bereiste er im Auftrag von Robert Bosch und des Hauses Krupp die Welt. Seine ausführlichen Berichte - die er den Industrie-Magnaten, den Generalen von Fritsch, Beck, Halder und Thomas, aber auch dem mächtigen Göring schickte - bezeugen seine Aufmerksamkeit für die Gewohnheiten auch der kleinen Leute, seine Sympathien für die französische, mehr noch für die angelsächsische Gesellschaft. Zugleich demonstrieren sie - Mommsen weist darauf hin - eine naive Neigung zu Illusionen. Bis zum Einbruch der Wehrmacht in Polen glaubte Goerdeler unbeirrt, dass der Friede zu retten sei, wenn sich die Westmächte zu einer Revision des Versailler Vertrages bereit zeigten: „Der teuerste Frieden”, mahnte er, sei „immer noch billiger als der gewonnene Krieg.” Übrigens schickte er seine Denkschriften auch dem Hauptmann Wiedemann, einst Kompaniechef Hitlers, nun dessen Adjutant. Da er seinen Pappenheimer kannte, dachte er nicht daran, dem Führer die Memoranden vorzulegen (und zog sich 1939 als Generalkonsul nach San Francisco zurück).
Seine Aufzeichnungen nach einer Palästina-Reise im Sommer 1939 erreichten die Reichskanzlei gewiss nicht: ein hohes Lied für die Leistungen der jüdischen Siedler, die das karge Land aufblühen ließen. Bei seinen Exkursionen an die Ostfront registrierte er hernach mit Entsetzen die blutige Arbeit der Mordmaschine des Dritten Reiches. „Ich kann mir nicht denken”, schrieb er, „dass ein deutscher Mann, der überhaupt noch Gefühl im Herzen hat, annehmen kann, dass solche Ungeheuerlichkeiten sich nicht an unserem Volke rächen müssen.”
Doch in seinem Entwurf für eine Neuordnung Deutschlands vom Herbst 1941 wollte er die Staatsbürgerschaft nur einem beschränkten Kreis von Juden zuerkennen: den Kriegsteilnehmern und ihren Nachkommen, den Juden, die (oder deren Vorfahren) am ersten Juli 1871 die Reichsangehörigkeit besaßen, schließlich den getauften Juden, die am ersten August 1914 deutsche Staatsbürger waren. Alle anderen sollten als „Fremdbürger” gelten, mit gleichen Rechten wie sie jedem Ausländer zustehen. Die „Gettos in den besetzten Gebieten” aber seien „menschenwürdig zu gestalten”. Noch immer war er auf seine Weise „Zionist”, doch den jüdischen Staat verlegte er von Palästina nach Kanada oder Südamerika. Der moralische Schock der Verfolgung und Entrechtung der Juden hat den bürgerlich gezähmten Antisemitismus keineswegs aus der Seele des Mannes verbannt, der nach der Einsicht der wichtigsten Widerstandsgruppen das Kanzleramt übernehmen sollte.
Im Winter 1942/43 erwog er, dem Prinzen Louis Ferdinand von Preußen das Amt eines Reichsverwesers anzutragen (und entwarf unverzüglich eine Antrittsrede, obschon der Enkel des Kaisers von der deutschen Résistance Abstand hielt). Für sich selber konzipierte er eine Rundfunkrede zur Übernahme der Macht, die vor allem eines war: zu lang. Noch in der Gestapo-Zelle, halb verhungert, gefesselt an Händen und Füssen, war seine Redseligkeit nicht aufzuhalten: eine chronische Gefahr für die Mitverschworenen - obschon er sich (nach dem Urteil Joachim Fests) zugleich um ihren Schutz bemühte. Er wollte den Schurken und ihrem Führer die Wahrheit und nichts als die Wahrheit sagen. Zugleich lieferte er voller Eifer, dem Wunsch eines intelligenten Schergen im Reichssicherheitshauptamt gemäß, gründliche Studien für den Wiederaufbau des Reiches. Das Gefühl, noch immer wichtig zu sein, mag das grauenhafte Warten auf den Tod mitunter gnädig verschleiert haben.
KLAUS HARPPRECHT
SABINE GILLMANN, HANS MOMMSEN (Hrsg.): Politische Schriften und Briefe Carl Friedrich Goerdelers. K. G. Sauer, München 2004. 2 Bände, zus. 1295 Seiten, 48 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Klaus Harpprecht lässt bei seiner Besprechung der beiden Bände mit politischen Schriften Carl Friedrich Goerdelers dessen beruflichen und lebensgeschichtlichen Werdegang - vom Oberbürgermeister Leipzigs, 1936 aus Protest gegen die Beseitigung eines Felix-Mendelssohn-Denkmals zurückgetreten, bis zu seiner Hinrichtung in einem Gestapogefängnis - Revue passieren. Er lobt die beiden Bände als "vorzüglich ediert" und findet, dass sich in den Schriften sowohl Goerdelers genauer Blick auf die "kleinen Leute", wie seine "Sympathien" für die französische und englische Gesellschaft als schließlich auch seine "naive Neigung zu Illusionen" abbilden. Goerdeler habe nämlich bis zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges "unbeirrt" an die Möglichkeit zur Rettung des Friedens geglaubt, teilt Harpprecht mit.

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"Die reichhaltige Überlieferung der vielen Aufsätze, Denkschriften und Aufzeichnungen, die bislang nur teilweise publiziert waren und deren Überlieferung nicht immer sicher war, verlangt eine kenntnisreiche Auswahl und sorgfältige Kommentierung. Das leistet die Edition in vorbildlicher Weise..." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, Nr. 166, 20. Juli 2004)
"... den beiden (vorzüglich edierten) Bänden..." (Süddeutsche Zeitung, München, Nr. 161, 15. Juli 2004)
"Neben seiner editorischen Leistung ist es als neue politische Goerdelerbiografie zu würdigen [...]" (Politische Studien, München, Januar/Februar 2004)
"...vorbildlich zusammengestellt..." (Das Parlament, Berlin, Nr. 27, 28. Juni 2004)
"Man kann den Herausgebern nur dankbar sein für diese bedeutende Leistung." (Das Historisch-Politische Buch, Northeim, Nr. 5, 2004)