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Der Band enthält Offes wichtigste Beiträge der letzten 20 Jahre zur Demokratietheorie. Darin geht es um die Herausforderungen einer "liberalen", auf autonomer Entscheidung beruhenden staatlichen Ordnung an individuelle und kollektive Akteure, aber auch darum, inwiefern die Demokratie selbst durch soziale Entwicklungen und durch institutionelle Schwächen herausgefordert und gefährdet ist. Die in der jeweiligen Originalsprache (Deutsch / Englisch) zusammengestellten Studien zeigen darüber hinaus, welche Optionen für institutionelle Neuerungen bestehen und welche Probleme der Versuch, Institutionen "neu zu bauen", birgt.…mehr

Produktbeschreibung
Der Band enthält Offes wichtigste Beiträge der letzten 20 Jahre zur Demokratietheorie. Darin geht es um die Herausforderungen einer "liberalen", auf autonomer Entscheidung beruhenden staatlichen Ordnung an individuelle und kollektive Akteure, aber auch darum, inwiefern die Demokratie selbst durch soziale Entwicklungen und durch institutionelle Schwächen herausgefordert und gefährdet ist. Die in der jeweiligen Originalsprache (Deutsch / Englisch) zusammengestellten Studien zeigen darüber hinaus, welche Optionen für institutionelle Neuerungen bestehen und welche Probleme der Versuch, Institutionen "neu zu bauen", birgt.
Autorenporträt
Dr. rer. pol. Claus Offe ist Professor für Politische Wissenschaft und Soziologie an der Universität Bremen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.10.2004

Stunde der Technokraten
Grenzen der Reformierbarkeit von politischen Institutionen in Deutschland

Claus Offe: Herausforderungen der Demokratie. Zur Integrations- und Leistungsfähigkeit politischer Institutionen. Campus Verlag, Frankfurt am Main/New York 2003. 356 Seiten, 19,90 [Euro].

Claus Offe gehört zu jener Generation Politikwissenschaftler, die ab Mitte der sechziger Jahre - aufbauend auf der Rezeption der Autoren der Frankfurter Schule (insbesondere Horkheimers und Adornos "Dialektik der Aufklärung) - die Erkenntnisziele, Fragestellungen und Methoden der Kritischen Theorie für das Fach "Politikwissenschaft" zu erschließen suchte. Ziel seiner Untersuchungen zur Demokratieentwicklung in der Bundesrepublik war es stets, diesen Gegenstand nicht nur inhaltlich darzustellen, sondern auch theoretisch zu durchdringen und zu erfassen. Die hier vorliegenden kritischen Beiträge haben alle zum Ziel, dem normativen Anspruch der freiheitlichen und pluralistischen Demokratie die gesellschaftliche und politische Realität der Bundesrepublik als eine kapitalistisch strukturierte Ordnung gegenüberzustellen.

Es geht um die Herausforderungen der staatlichen Ordnung an individuelle und kollektive Akteure einerseits sowie um die Frage ihrer "inneren Aushöhlung" durch soziale Entwicklungen und institutionelle Schwächen andererseits. Dabei unterscheiden sich Offes Ansätze von denen orthodoxer Marxisten gerade dadurch, daß sie nicht den Anspruch erheben, damit diese Ordnung zu entlarven und zu überwinden, sondern Optionen für Neuerungen zentraler Institutionen und Prozesse des politischen Systems der Bundesrepublik aufzeigen und zur Erkenntnis und Umsetzung von neuen, die Wirklichkeit widerspiegelnden Formen demokratischer Emanzipation beitragen wollen. So gesehen liegt ihnen das Verständnis von einer auf sozialwissenschaftlicher Aufklärung beruhenden praktischen Wissenschaft zugrunde.

Im Mittelpunkt der Beiträge stehen die Gedanken zur Überwindung der von Offe schon in seinen frühen Arbeiten konstatierten Legitimationskrisen des Spätkapitalismus. Diese Systeme spiegeln einerseits das Grundmuster einer kapitalistischen Organisation der Ökonomie wider, das sie eher zu stabilisieren denn zu neutralisieren versuchen; andererseits lassen sie sich unter den Bedingungen des wohlfahrtsstaatlich regulierten Kapitalismus nicht mehr länger mit Hilfe eines "personalistisch interpretierten Klassenbegriffs" im Sinne der Abhängigkeit des politischen vom ökonomischen System erklären. Statt dessen ist ein Schema von drei "fundamentalen Systemproblemen", deren Bewältigung sich für das politische System zum interessen-unspezifischen, sachgerechten Imperativ verselbständigt hat, zum Bezugspunkt für die Analyse politisch-administrativer Handlungssysteme erhoben worden. Es umfaßt die Komplexe der "ökonomischen Stabilität", der "außenpolitischen, außenwirtschaftlichen und militärpolitischen Beziehungen" sowie der "Sicherung von Massenloyalität". Alle drei Komplexe zeichnen sich durch zwei Interdependenzregeln aus: Erstens droht sich ein Ungleichgewicht bei einem Komplex immer auch auf die beiden anderen auszudehnen. Zweitens ruft die zuverlässige Lösung einer Krise stets die Gefahr hervor, andere zu aktualisieren. In diesem Bezugssystem entfaltet der Staatsapparat aller spätkapitalistischen Gesellschaften die kompliziertesten Praktiken technokratischer Administration im Sinne eines umsichtigen Krisenmanagements und einer langfristigen "Vermeidungsstrategie" allein mit dem Ziel der Stabilisierung und Anpassung des Systems: den größten Anteil politischer Förderung ziehen diejenigen gesellschaftlichen Funktionsgruppen und institutionellen Sektoren auf sich, die nach den gegebenen Umständen am wirksamsten zur Verminderung von Risiken beitragen können.

Das Dilemma besteht für Offe und andere Anhänger der Kritischen Theorie darin, daß sie einerseits dem modernen Interventions- und Wohlfahrtsstaat konzedieren, daß er mit seinen vielfältigen Mitteln der Daseinsvorsorge zwar nicht die Legitimität, aber doch zumindest die stabilitätsnotwendige Massenloyalität des Systems sichern kann. Auf der anderen Seite stellt er die strukturelle Benachteiligung von allgemeinen, weniger organisations- und konfliktfähigen Interessen beispielsweise im Bereich Friedenserhaltung oder Umwelt sowie eine zunehmende Überforderung des spätkapitalistischen Staates durch die hohen Bedürfniserwartungen seiner Bürger fest. Beide Entwicklungen führen langfristig zu einer "Aushöhlung" der Demokratie durch anonyme soziale Prozesse und strukturelle Verschiebungen, bei denen andere als unter der letztinstanzlichen Kontrolle des verfaßten Staatsvolkes stehende Akteure maßgeblich an der Ausübung politischer Herrschaft beteiligt sind.

Auf dieser Analyse aufbauend, plädiert Offe für entschiedene Systemreformen, die sich zum einen auf Handlungsweisen, Kompetenzen und Orientierungen der politischen Elite, zum anderen auf die demokratischen Dispositionen des Massenpublikums der Staatsbürger beziehen. Für die erste Kategorie lauten die Desiderate vor allem größere Transparenz und Plausibilität effektiver und robuster innerer Souveränität, das Aufbrechen von Elitekartellen und Medienstrategien sowie ein größerer Elite-Konsens. Für die zweite Kategorie erschöpfen sich wohlgemeinte Ratschläge in Richtung eines aufgeklärten und interessierteren Wahlvolkes in dem Appell, daß die Bürger sich selbst von den Realitäten und Schwächen wie von den Möglichkeiten und Wünschbarkeiten der Demokratie machen, und von den Verpflichtungen, denen sie dann gemäß diesem Bild in ihrem Handeln folgen. Damit aber zeigt Offe auch schon die Grenzen der Reformierbarkeit spätkapitalistischer Systeme auf, denn in der sozialwissenschaftlichen Prognose gehörte auch er stets zu denjenigen, die eher ein Hangeln der politischen Herrschaft von Krise zu Krise voraussahen.

STEFAN FRÖHLICH

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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01.11.2003, Die Zeit, Was die Freiheit braucht: "Claus Offe hat über Jahrzehnte hinweg Theorie und Praxis der demokratischen Gesellschaften beobachtet."

14.01.2004, Frankfurter Rundschau, Lernen!:"Im Zentrum von Offes Denken steht die Einsicht, dass die Herausforderungen, vor die die Demokratie gestellt wird und die sie sich selbst stellt, nur durch ein intelligentes Institutionsdesign gelöst werden können."

22.10.2004, Frankfurter Allgemeine Zeitung, Stunde der Technokraten: "Die kritischen Beiträge haben alle zum Ziel, dem normativen Anspruch der freiheitlichen und pluralistischen Demokratie die gesellschaftliche und politische Realität der Bundesrepublik als eine kapitalistisch strukturierte Ordnung gegenüberzustellen."

Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Wie ist es in unserer Welt um die Demokratie bestellt? Hauke Brunkhorst hat bei Claus Offe Antworten gefunden, die keine Illusionen zulassen, wohl aber Hoffnung. Ein Großteil der Staaten sind heute Demokratien, aber darauf, so Offes Annahme, komme es heute nicht mehr an: Anders als früher sei nicht "Ausweitung" entscheidend, sondern die Qualität der Demokratie, und die schwankt. Man kann Demokratie nicht einfach globalisieren, da sie nach soziokulturellen Gegebenheiten verlangt, die nicht überall und jederzeit vorausgesetzt sind. Was also sichert den Bestand einer Demokratie von innen? Für Offe sind es nicht mehr allein die Institutionen der demokratischen Verfassung, die eine "ausgewogene Gewaltenteilung zwischen den Hauptakteuren Staat, Markt und Gemeinschaft" sichern können, sondern ein möglichst "dichtes Netz zivilrechtlicher Vereinbarungen". In diesem Punkt jedoch widerspricht ihm Brunkhorst. Denn indem er sich vom "normativen Grundgedanken" der Verfassung und damit von den Institutionen zur Sicherung der "Identität von Herrschenden und Beherrschten" abwende, untergrabe Offe den Boden dessen, was er beschützen wollen: den Egalitarismus.

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Was die Freiheit braucht
"Claus Offe hat über Jahrzehnte hinweg Theorie und Praxis der demokratischen Gesellschaften beobachtet." (Die Zeit, 01.11.2003)

Lernen!
"Im Zentrum von Offes Denken steht die Einsicht, dass die Herausforderungen, vor die die Demokratie gestellt wird und die sie sich selbst stellt, nur durch ein intelligentes Institutionsdesign gelöst werden können." (Frankfurter Rundschau, 14.01.2004)

Stunde der Technokraten
"Die kritischen Beiträge haben alle zum Ziel, dem normativen Anspruch der freiheitlichen und pluralistischen Demokratie die gesellschaftliche und politische Realität der Bundesrepublik als eine kapitalistisch strukturierte Ordnung gegenüberzustellen." (Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22.10.2004)