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B "Woher kommen Sie?", fragte er. "Von vielerorts." Paulo Coelho S Nach 10.000 Jahren der Sesshaftigkeit kehren wir im elektronischen Zeitalter zur Nomadenkultur zurück. Dieses Buch ist eine Expedition quer durch die Arbeits- und Lebenswelt von heute und eine Streitschrift für die neue Kultur der Beweglichkeit. Der Nomade und Schriftsteller Galsan Tschinag durchwandert jedes Jahr gemeinsam mit seinem Volk die Steppen der Mongolei. Der Manager Daniel Goeudevert hat schon dutzende Male Wohnort und Arbeitsplatz gewechselt - zusammen mit seiner Familie. Der Softwarespezialist Jörg Bodenbender…mehr

Produktbeschreibung
B "Woher kommen Sie?", fragte er. "Von vielerorts." Paulo Coelho S Nach 10.000 Jahren der Sesshaftigkeit kehren wir im elektronischen Zeitalter zur Nomadenkultur zurück. Dieses Buch ist eine Expedition quer durch die Arbeits- und Lebenswelt von heute und eine Streitschrift für die neue Kultur der Beweglichkeit. Der Nomade und Schriftsteller Galsan Tschinag durchwandert jedes Jahr gemeinsam mit seinem Volk die Steppen der Mongolei. Der Manager Daniel Goeudevert hat schon dutzende Male Wohnort und Arbeitsplatz gewechselt - zusammen mit seiner Familie. Der Softwarespezialist Jörg Bodenbender zieht mit seinem Know-how von Projekt zu Projekt - und findet seine Heimat bei einer Freelance-Agentur. Der Journalist Alexander T. legt als "Liebesnomade" auf der Suche nach seinem persönlichen Glück mehrmals im Monat Zehntausende von Kilometern zurück. Die Gesellschaft von heute ist eine moderne Nomadengesellschaft. Wir sind Jobnomaden, Liebesnomaden, Werte- oder Glaubensnomaden. Wie funk tioniert eine Welt, in der Mobilität zur zentralen Existenzbedingung wird? Was geht uns verloren? Vor allem aber: Wo liegen die Chancen eines Lebens ohne Grenzen und lebenslange Verpflichtungen?
Autorenporträt
Gundula Englisch ist Filmautorin und Inhaberin der Produktionsfirma Via Film & TV in München. Im Oktober 2000 zeigte 3sat innerhalb der Reihe "Die Zukunft der Arbeit" ihren Beitrag "Arbeit in Bewegung. Unterwegs in die mobile Welt von morgen".
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.11.2001

Ausbruch aus dem vergoldeten Käfig
Wie moderne Nomaden die Fesseln der Bevormundung abstreifen und sich Job um Job suchen
GUNDULA ENGLISCH: Jobnomaden. Wie wir arbeiten, leben und lieben werden. Campus-Verlag, Frankfurt 2001. 224 Seiten, 49,00 Mark.
Das Wort „Nomade” löst auf Anhieb eher unangenehme Gefühlsregungen aus: Nomaden sind unzivilisierte, wilde Stammesgemeinschaften, haben kein Zuhause, kein Dach über dem Kopf, sind archaische Völker, die in entlegenen Weltgegenden umherschweifen und mühsam das Lebensnotwendige für sich und ihre Herden zusammenkratzen müssen. Ebenso nahe liegt es, dass auch der Begriff „Jobnomade” erst einmal negative Assoziationen hervorruft: Heimatlos, beziehungsunfähig und wurzellos ziehen die neuen E-Lancer, Projektarbeiter, die neuen, selbständigen Lebensunternehmer auf eigene Rechnung und auf eigenes Risiko durch die virtuelle Welt der Jobangebote, mit vorübergehenden Andockmöglichkeiten an ein Unternehmensprojekt. Sie sind mobil, flexibel, zum Ein- und Aussteigen jederzeit bereit – und natürlich für keine sozial stabilisierende, verlässliche Gemeinschaftsaufgabe mehr zu gebrauchen. Ellenbogenmentalität. Kalter Egoismus. Elitäre Abkapselung.
Retter der alten Regimes
So sehen die allfälligen Untergangsszenarien der institutionellen Besitzstandswahrer aus, der Retter des Ancien Régime, in dem sie sich so schön gemütlich eingerichtet hatten: Gewerkschafter, Politiker, Verbandspräsidenten, Kirchenfürsten, Manager mit ungebrochenem Glauben an die eigene Machtvollkommenheit. Aber alte Macht bröckelt.
Nomaden entziehen sich zum Beispiel der nur innerhalb von definierten Staatsgrenzen ausübbaren Kontrolle durch diese staatlichen Organe, was etwa den Berbern in Nordafrika Verfolgung und Missachtung einträgt. Jobnomaden entziehen sich sowohl dem Zugriff von Gewerkschaften und deren Normvorstellungen einer zwangssolidarisierenden Abhängigengemeinschaft alten Industrie-Musters, als auch dem Zugriff der Patrone von Konzernen und Unternehmen, die alten Kontrollillusionen des „Alles-im-Griff”-Habens nachhängen. Die Arbeit der Zukunft wird eine andere sein als die Arbeit der Vergangenheit, die zu tun wir uns so sehr angewöhnt haben: Nach einem Boss zu rufen, der uns sagt, was wir tun sollen – und uns dafür bezahlt, dass wir tun, was uns aufgetragen wurde. Oder Parteipolitikern zuzutrauen, dass sie im Grunde besser wüssten, was uns nutzt und frommt, und dieses Wissen dann in Gesetze wie das gegen die sogenannte Scheinselbständigkeit gießen, was sich nun für viele Jobnomaden als existenzgefährdend erweist.
Das alles sind die impliziten Schlussfolgerungen, welche die Filmemacherin und Publizistin Gundula Englisch mit ihrem spannend zu lesenden, Mut machenden Buch nahe legt. Im Fahrwasser von Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung segeln uns in diesen Szenarien einer bewegten Arbeitswelt zunächst und in wiederkehrenden Abständen allerlei Repräsentanten eines bunt gemischten, nomadisierenden Völkchens entgegen, dem zuzuhören sich lohnt. Etwa dem Mongolen Galsan Tschiang, der unter dem Sowjetregime zur Zwangssesshaftigkeit vergattert und nach Leipzig zum Germanistikstudium beordert wurde, jetzt aber, als 55-Jähriger, das neue Nomadentum in der Mongolei wiederbelebt und das alte Volk der Tuwa über 2000 Kilometer in seine alte Heimat, das Altai-Gebirge zurückgeführt hat.
Ein Wanderer durch Raum und Zeit also, der beide Welten kennt. Er sagt zum Beispiel über die sogenannte westliche, zivilisierte Gemeinschaft, dass sie ihm manchmal vorkomme „wie eine Herde wild gewordener Tiere. Jeder will mehr haben. Jeder will den anderen übervorteilen. Jeder will das Land, den Staat, allen Besitz wegtragen und einzäunen. Der sesshafte Mensch will sich abtrennen, will alles von allem abkapseln, lebt verstückelt, sieht und kennt nur Teilstücke.” Galsan Tschiang ist zuversichtlich, dass durch das westliche Jobnomadentum „unsere beiden Kulturen zusammenfließen”. Seine Botschaft lautet: Sesshaftigkeit macht borniert und dumm.
Ebenso provozierend wie zugleich vielversprechend sagt der Jobnomade Alexander Stenzel in diesem Buch: „Wenn du das tust, was du gerne tust und dich nicht von äußeren Zwängen abhängig machst, dann ist die Sicherheit überall, wo du bist. Sicherheit im Sinne von Reichtum und Statussysmbolen ist doch nur Ersatzhandlung, wer darauf baut, baut auf Treibsand.” Der Mittdreißiger Stenzel hat keinen festen Arbeitsplatz, kein Auto, nicht einmal ein feste Bleibe, nur eine E-Mail-Adresse. Sein ganzes Hab und Gut passt in zwei Reisetaschen. Früher verkaufte er Surf-Mode in Kalifornien, heute geht er ganz in seiner Tätigkeit als Künstler auf. Nicht innere Unruhe treibt ihn um, sondern die Freude am Experimentieren mit immer neuen Tätigkeiten und Leidenschaften.
Das sind zwei Prototypen – einmal der des wiederentdeckten alten, einmal der des neuen, modernen Jobnomanden. Wir lernen in diesem Buch noch eine ganze Reihe anderer „Arbeiter in Bewegung” kennen – von den über alle Welt verstreuten, virtuellen Arbeitsteams des Technologiekonzerns Cisco Systems mit ihren „Vorgenetzten” bis zu den beiden Wandergesellinnen, die eine Töpferin, die andere Steinmetzin, die auf ihrer Walz eine uralte Tradition gleichsam als Vorbild für die Arbeitswelt von morgen wiederbeleben. „Was ich bis jetzt erreicht habe, ist, dass sich mein Blickwinkel um 180 Grad erweitert hat, nicht nur bei der Arbeit, sondern vor allem im Umgang mit Menschen”, sagt die Töpferin.
Lebenslanges Lernen – das ist die Kernbotschaft dieses Buches, untermauert und anschaulich untermalt mit vielerlei Beispielen und klugen Kommentierungen. Die Botschaft lautet, dass der traditionelle, nomadische Arbeitsalltag wie auch die neuen Arbeitsformen der modernen, virtuell vernetzten Freelancer vor allem zur Horizonterweiterung beitragen, dass sie Nachhaltigkeit, Generalistentum und die Pflege immaterieller Werte wie Erfahrung, Wissen und Beziehungen fördern. Und dass diese Arbeitsweise eine Beschränkung der materiellen Güter auf das Wesentliche verlangt: Offenheit, Vielfalt und Verbundenheit und vor allem Verantwortung sind die Schlüsselbegriffe nomadischer Arbeitsformen – heute hier, morgen dort, immer vernetzt mit Familie, Freunden, Firma.
Wer nun das nahe liegende Argument ins Feld führen mag, nicht jede und nicht jeder könne mit dieser neuen (Arbeits-)Kultur der Beweglichkeit Atem und Schritt halten, dem sei erwidert, dass zum Beispiel der Prototyp des männlichen Industriefacharbeiters, die alte, sich in Gewerkschaften organisierende Arbeiterelite, vor 150 Jahren auch nur eine Minderheit von gerade mal 15 Prozent aller Arbeitenden ausmachte. Diese Minderheit aber kreierte das Leitbild der Erwerbstätigkeit, das bis ins 21. Jahrhundert hineinwirkt.
Alte, falsche Gewissheiten
Im Zuge von Globalisierung, Digitalisierung und Individualisierung nimmt der – westliche – Mensch einen weiteren, großen Schritt auf dem langen Weg aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit heraus. Deswegen, so legt Gundula Englisch nahe, ist es auch so sinnlos, alten Gewissheiten nachzuhängen, vergangenen Stabilitäten nachzujammern. Das, so die Autorin, waren allemal – in der Arbeitswelt – stabile Verhältnisse im oft goldenen Industriekäfig, die Sicherheit um den Preis der Abhängigkeit und Unmündigkeit verhießen. Unsere Nachfahren könnte angesichts solcher historischen Überlieferung dereinst ähnliches Schaudern ergreifen wie uns beim Gedanken an längst vergangene Zeiten, da Menschen, mit dem Nötigsten versorgt, noch als Sklaven ihr Dasein fristeten.
Dass der die Fesseln der Moderne abstreifende Mensch sich als Bürger von der Politik nicht länger für dumm und unmündig verkaufen lassen will, ist auch eine, für manche Parteigranden durchaus lästige Begleiterscheinung der aktuellen Entwicklung, die aber von der bisherigen Zuschauer- zur künftigen Beteiligungsdemokratie führen könnte. Dass der „Beziehungsnomade” von morgen auch feine Antennen für die Partnerschaft entwickeln muss, damit er den anderen so gut versteht wie sich selbst, das verheißt vielleicht sogar neue Qualitäten von Liebe und Partnerschaft, die freier sein könnten von alten Erstickungs- und neurotischen Zwangsmustern.
Vision der Mobilität
Gundula Englisch hat es mit diesem Buch geschafft, mitzuformulieren an der Massenphantasie, an der Vision für die nachindustrielle Gesellschaft, die es nach Charles Leadbeater, dem englischen Management- und Tony-Blair-Berater in seinem soeben erschienenen Buch „Der mobile Mensch. Warum wir mehr Unternehmergeist brauchen” (DVA 2001) auszubuchstabieren gilt. Eine Vision ist nach Leadbeater dann erfolgreich, wenn sie eine spürbare Verbesserung des alltäglichen Lebens der Menschen anstrebt. Die Massenphantasie des Industriezeitalters lautete so: Wer hart arbeitet und sparsam ist, der bekommt seinen Lohn in Form von Sicherheit, einem stetig steigenden Einkommen und einem stabilen, ruhigen Lebensabend. Das Buch von Gundula Englisch enthält, unter manchen anderen, eine solche zukunftsweisende Vision: Alle Menschen sind potenzielle Unternehmer; man muss ihnen nur die Chance geben, ihre Fähigkeiten zu entfalten. Und jeder Mensch hat das Recht auf ein Umfeld, das ihn befähigt, seine kreativen Ideen freizusetzen. Eine Idee, von der zum Beispiel unsere Steuer- und Sozialgesetzgebung so weit entfernt ist wie unser Milchstraßensystem vom nächsten. Dass jeder Mensch über mehr Potenzial verfügt, als er selbst und seine „Vorgesetzten” je vermuteten, diese Erkenntnis erschließt sich vielleicht nicht zuletzt auch durch Gundula Englischs vortreffliches Buch. DAGMAR DECKSTEIN
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Positiv bewertet Dagmar Deckstein das "spannend zu lesende, Mut machende" Buch der Publizistin Gundula Englisch. Für die Rezensentin enthält das Arbeitsmodell des mobil Arbeitenden - jenseits der Szenarien von Entfremdung und Beziehungslosigkeit sowie der Negativ-Bewertung des Begriffs "Jobnomade" - auch Chancen und Möglichkeiten: Jobnomaden entzögen sich Norm und Kontrolle und stellten sich ihrer Kreativität und Eigenverantwortlichkeit. "Sesshaftigkeit macht borniert und dumm", meint der Mongole Galsan Tschiang, einer der Prototypen des Nomadentums, die Englisch neben wandernden Handwerkerinnen und den virtuellen Mitarbeitern des Konzerns "Cisco Systems" vorstellt. Die Autorin entwickle mit ihrem "vortrefflichen" Buch die nachindustrielle Vision weiter, die der Blair-Berater Charles Leadbeater in seinem Buch "Der mobile Mensch. Warum wir mehr Unternehmergeist brauchen" entwarf: dass "jeder Mensch über mehr Potenzial verfüge, als er selbst und seine 'Vorgesetzten' je vermuteten".

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