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Leben und Werk eines außergewöhnlichen Historikers Marc Bloch, 1886-1944, ist einer der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts. Seine Forschungen zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte haben die Geschichtsschreibung geradezu revolutioniert. Blochs Geschichtsauffassung war und ist eng mit den Sozialwissenschaften verknüpft: "Geschichte" erscheint bei ihm als Wissenschaft von den Menschen in der Gesellschaft. Das Soziale fungiert dabei gleichermaßen als Gegenstand und Perspektive einer Wissenschaft, die gesellschaftliche Realität erfassen will.

Produktbeschreibung
Leben und Werk eines außergewöhnlichen Historikers
Marc Bloch, 1886-1944, ist einer der bedeutendsten Historiker des 20. Jahrhunderts. Seine Forschungen zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte haben die Geschichtsschreibung geradezu revolutioniert. Blochs Geschichtsauffassung war und ist eng mit den Sozialwissenschaften verknüpft: "Geschichte" erscheint bei ihm als Wissenschaft von den Menschen in der Gesellschaft. Das Soziale fungiert dabei gleichermaßen als Gegenstand und Perspektive einer Wissenschaft, die gesellschaftliche Realität erfassen will.
Autorenporträt
Peter Schöttler, geb. 1950, ist Forschungsdirektor am Centre National de la Recherche Scientifique in Paris und Projektleiter am Centre Marc Bloch, dem deutsch-französischen Forschungszentrum in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 08.04.2000

Der Weg in den Widerstand
Zum Leben und Schreiben des Historikers Marc Bloch
Von kaum einer wissenschaftlichen Zeitschrift dürften so nachhaltige Wirkungen ausgegangen sein wie von den Annales, dem großen Projekt der französischen Geschichtswissenschaft, das Ende der zwanziger Jahre profund und vielseitig auf die seinerzeit viel traktierte „Krise des Historismus” reagierte. Die Begründer, Marc Bloch und Lucien Febvre – in der Folgezeit dann auch Fernand Braudel – verabschiedeten sich von der separatistischen Nationalgeschichtsschreibung und weiteten den Blick hin zur Sozial- und Mentalitätsgeschichte – zu einer interdisziplinären und vergleichenden Geschichtsbetrachtung.
Während Braudels wichtige Werke seit langem auch auf Deutsch vorliegen und regelmäßig aufgelegt werden, wird das Werk des Mediävisten Bloch erst seit einigen Jahren zugänglich gemacht. So gibt es inzwischen sorgfältige Editionen seiner – zu Klassikern der historischen Anthropologie avancierten – Hauptwerke Die wundertätigen Könige und Die Feudalgesellschaft, eine Bloch-Biografie von Ulrich Raulff sowie die Aktivitäten des Centre Marc Bloch in Berlin.
1997 fand an der Humboldt-Universität eine Tagung statt, deren Beiträge jetzt in einem Sammelband vorliegen. Sie porträtieren zum einen den Historiker Marc Bloch, zeichnen seine Methodik nach. Von besonderem Interesse ist dabei Blochs ambivalente Beziehung zu Deutschland, die 1908/09 mit einem einjährigen Studienaufenthalt in Berlin und Leipzig beginnt. Der Herausgeber Peter Schöttler betont in seinem Beitrag, wie akribisch Bloch in dieser Zeit die Standardwerke der deutschen Mittelalterforschung zur Kenntnis nimmt, deren Lektüre er später seinen Studenten ebenso ans Herz legt wie das Erlernen der deutschen Sprache. Doch sei er, bei aller Wertschätzung des akademischen Handwerks, mit dem er sich hier vertraut machte, „kein Freund der Deutschen geworden”. Allzu sehr habe ihn das Gebaren und die Titelsucht der deutschen Professoren abgestoßen, als dass er hier ein Vorbild hätte finden können. Gleichwohl fand, wie die im Anhang abgedruckten Buchbesprechungen zeigen, die deutsche Geschichtswissenschaft in dem überaus fleißigen Rezensenten Bloch über Jahre hinaus einen hellsichtigen Kommentator.
Die einzelnen Beiträge tragen wichtige Bausteine der Biografie Marc Blochs zusammen – einer Biografie, die geprägt war von beiden Weltkriegen, an denen Bloch aktiv teilnahm, und die den patriotisch gesinnten Juden schließlich in den Widerstand führte. Es ist überhaupt die politische Dimension dieses Lebens, die für die, in der Zwischenkriegszeit entstandenen, Arbeiten zum Mittelalter erhellend ist. Mit derselben Scharfsicht, mit der es dem Historiker gelingt, noch aus dem unscheinbarsten überlieferten Detail die Signatur einer ganzen Epoche herauszulesen, erkannte der Zeitgenosse Bloch geistesgegenwärtig die Bedeutung der französischen Niederlage.
In kürzester Zeit verfasste er seine Analyse der Situation, L’étrange defaite (Die seltsame Niederlage), woraus sich für ihn die Notwendigkeit ergab, sich der Résistance anzuschließen. Der Historiker, der nie direkt über den Nationalsozialismus schrieb, der seinem Unmut allenfalls Luft machte, wenn er die Hervorbringungen von NS-Historikern rezensierte, entfaltete ab 1941 unter diversen Decknamen eine rege Tätigkeit in verschiedenen Widerstandsbewegungen – zuletzt in Lyon. Dort wird er im März 1944 von der Gestapo verhaftet und drei Monate später bei einer Massenerschießung ermordet.
CHRISTIAN SCHULTE
PETER SCHÖTTLER (Hrsg. ): Marc Bloch. Historiker und Widerstandskämpfer. Campus Verlag, Frankfurt 1999. 279 Seiten, 48 Mark.
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08.04.2000, Süddeutsche Zeitung Der Weg in den Widerstand -- "Die Beiträge dieses Bandes tragen wichtige Bausteine der Biografie Marc Blochs zusammen."

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In diesem Band sind die Beiträge einer 1997 an der Humboldt-Universität gehaltenen Tagung zu Marc Bloch, die auch "wichtige Bausteine der Biografie" zusammentragen, enthalten, schreibt Christian Schulte. Der französische Historiker, dessen Werke inzwischen in einigen Editionen auch auf Deutsch vorliegen, war "kein Freund der Deutschen", jedoch war für ihn seit 1908, als er in Berlin und Leipzig studierte, die deutsche Geschichtswissenschaft ein wichtiger Referenzpunkt seiner eigenen Arbeit. Die daraus sichtbare "ambivalente Beziehung zu Deutschland" ist ein wichtiges Element der hier vorgelegten Aufsätze, meint Schulte. Blochs Weg in den politischen Widerstand war dem "patriotisch gesinnten Juden" durch seine Fähigkeit zur scharfsichtige Analyse nahegelegt; sie hatte ihn gelehrt, "noch aus dem unscheinbarsten überlieferten Detail die Signatur einer ganzen Epoche" zu identifizieren. Leider nennt Schulte keinen einzigen Namen der Autoren dieser Beiträge.

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