Produktdetails
  • Verlag: C. Bertelsmann
  • Seitenzahl: 94
  • Abmessung: 220mm
  • Gewicht: 222g
  • ISBN-13: 9783570126103
  • ISBN-10: 3570126102
  • Artikelnr.: 10327252
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 20.03.2002

Unserkind
Die ungewöhnliche Geschichte eines kleinen kranken Jungen
Es ist der sechste Dienstag im 5. Stock eines zehnstöckigen Gebäudes. Hier liegt der kleine Johannes in einem stählernen Bett, in einem kahlen Zimmer und hat mit der Gesundheit auch seine Freiheit verloren. Zwar darf er zwischen Roggenbrot, Zwieback und Toast wählen, aber einen Menüzettel, der die Wahl zwischen „Spritze” und „keine Spritze” anbietet, auf dem man „Hierbleiben” oder „nach-Hause-gehen” ankreuzen darf, den gibt es hier nicht. Und der Patient hat eine Saulaune, die er ziemlich rücksichtslos auslebt. Auch die ersehnte Heimkehr wird längst nicht so schön, wie in schlechteren Tagen erhofft. Geschenke, Anrufe, Postkarten, Besuche, sie alle vermögen nichts gegen das Gefühl der Fremdheit und die Unlust, den Kahlkopf und das aufgedunsene Gesicht eines Leukämiekindes unter lauter Gesunden und Verständnislosen spazierenzuführen. Dabei hat Johannes, genannt „Unserkind”, in der Erzählung Geborgen, ein ganz wundervolles und ungewöhnliches Zuhause. Zwei Väter, Pieter und Herman, geben ihm alle nur erdenkliche Liebe und Geborgenheit: Pieter, der Meteorologe, ist der Stillere, der Rücksichtsvolle, konzentriert im Beruf und im Haushalt. Herman ist ein Dichter und Schwärmer, er redet viel, und wenn er sich Sorgen um Johannes macht, zuviel. Aber Herman kann schwierige Fragen besser beantworten als Pieter, und wenn er seinen weiten alten Dichtermantel umlegt und wie eine Schutzmantelmadonna Johannes mit einhüllt, dann darf sogar über das Unsägliche geredet werden: über die Angst und die Frage, „wie es wäre, wenn ich nicht mehr da wäre?”
Benny Lindelaufs Geschichte ist kein bisschen sentimental, nicht symbolträchtig und bedeutungsschwer. Zwischen witzig-burschikosen Bemerkungen und versteckter Zärtlichkeit bleibt fürs Psychologisieren kein Platz. Die Tiefenschärfe entwickelt sich vielmehr aus einer ganz direkten Betrachtung und Anordnung der Ereignisse. Nur als dem Johannes wieder die ersten Haare auf dem Kopf sprießen, da streicheln die Väter die Stoppeln, und es ist wie im Frühling, wenn alles wieder zu wachsen beginnt. (ab 8 Jahre)
BARBARA
KORFF–SCHMISING
BENNY LINDELAUF: Geborgen. Aus dem Niederländischen von Eva Grambow. Omnibus Verlag 2002. 94 Seiten, 10 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Die Geschichte des leukämiekranken Jungen Johannes, der nach einem langen Krankenhausaufenthalt wieder zu seinen beiden Vätern nach Hause darf, aber dennoch schlechte Laune hat, bis seine Haare endlich wieder wachsen, findet Barbara Korff-Schmising kein bisschen sentimental und bedeutungsschwer. Die Geschichte lasse durch ihre direkte Betrachtung keinen Platz zum Psychologisieren. Und über die Angst vor dem Tod dürfe nur unter dem Schutzmantel des einen Papas geredet werden.

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