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Seit fast eineinhalb Jahrzehnten und mit vier Gedichtsammlungen zählt Evelyn Schlag zu den unüberhörbaren Stimmen der zeitgenössischen Lyrik. Unverrückbar im Zentrum ihrer Verse stehen die Liebe und die Natur, die sie in einer zugleich ruhigen und dennoch drängenden Sprache feiert. Evelyn Schlag gelingen Gedichte, "die den Leser nicht nur ansprechen, sondern sich in ihn, Vers für Vers, einsprechen". (Rüdiger Görner, NZZ)

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Produktbeschreibung
Seit fast eineinhalb Jahrzehnten und mit vier Gedichtsammlungen zählt Evelyn Schlag zu den unüberhörbaren Stimmen der zeitgenössischen Lyrik. Unverrückbar im Zentrum ihrer Verse stehen die Liebe und die Natur, die sie in einer zugleich ruhigen und dennoch drängenden Sprache feiert. Evelyn Schlag gelingen Gedichte, "die den Leser nicht nur ansprechen, sondern sich in ihn, Vers für Vers, einsprechen". (Rüdiger Görner, NZZ)
Autorenporträt
Schlag, Evelyn
Evelyn Schlag, geboren 1952 in Waidhofen an der Ybbs, wo sie auch lebt. Sie studierte Germanistik und Anglistik und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. den Anton-Wildgans-Preis und den Österreichischen Kunstpreis. Bei Zsolnay sind zuletzt der Roman Die große Freiheit des Ferenc Puskás (2011) und der Gedichtband verlangsamte raserei (2014) erschienen. 2016 wurde ihr neuer Roman Yemen Café veröffentlicht.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.08.2002

Im Schatten der Sonnenuhren
Auf den Spuren Rilkes aus der Welt gehen: Evelyn Schlags Gedichtband „Brauchst du den Schlaf dieser Nacht”
In der Gegenwartsliteratur stößt man selten auf konsequent durchkomponierte Gedichtbände. Dieser hier liest sich tatsächlich als ein Buch, nicht als ein Sammelsurium einzelner Gedichte.
Mit mittlerweile fünf Gedichtbänden (neben mehreren Prosawerken) gehört Evelyn Schlag zu den wenigen Autoren, die sich kontinuierlich der lyrischen Form bedienen und ihre eigene Lyrik fortentwickeln. „Brauchst du den Schlaf dieser Nacht” ist der bisher beste Band der 1952 in Waidhofen an der Ybbs geborenen Österreicherin. Doch er fordert dem Leser einiges ab. Man muss dieses Buch, in dem sich kein einzelnes Gedicht als Glanzlicht hervordrängt, lesen wie einen Roman, in ihm herumgehen wie in einer Landschaft. Es ist auf einen einzigen Ton gestimmt. So groß die Bandbreite der Gedichte, so zahlreich die Orte, an denen sie spielen: es sind Spätsommergedichte. Noch ist es warm, noch ist alles in Blüte, noch glückt das Leben fast von allein. Aber das Wissen ist schon da, dass alles bald zur Neige geht.
Seine fast klassizistische Perfektion – und damit auch seinen elegischen Unterton – erhält der Band nicht zuletzt durch diese thematische Grundierung. Alles ist vollkommen – und gerade deshalb schmerzlich. Denn es kann nur noch schlechter, nicht mehr besser werden.
Dabei korrespondiert die jahreszeitliche Stimmung exakt mit der lebensgeschichtlichen des lyrischen Ichs. Das Ich, das durch diese Gedichte geht, ist um die fünfzig, in später, aber umso glücklicherer Ehe verheiratet, mit sich und seinem Leben zufrieden, eingebettet in ein Netz aus Freunden und literarischen Bezügen. Das kann einem manchmal auch auf die Nerven gehen. Immer dann, wenn es umschlägt in Saturiertheit und Selbstgefälligkeit. Dann werden selbst noch die weißen Arztsocken des Gatten besungen, die eheliche Liebe im stillgelegten Gemüsegarten eines herrschaftlichen Hauses vollzogen, „wo vor fünfzig Jahren / Die Dienstboten sich bückten”, die Kunstzeitschriften erwähnt, nebst Chaucer, Shakespeare und Ovid, die man sich mal schnell als Urlaubslektüre vorbeibringen lässt. Aber immer wieder sind diese Gesten der Selbstbeweihräucherung eingeholt durch die Form. Im Vergleich zu der Vielzahl gelungener Fügungen fallen sie kaum ins Gewicht.
Der wiegende Rhythmus trägt den Leser von Gedicht zu Gedicht, „Am späten Nachmittag dieses / Um Ewigkeiten zu kurzen Sommers”. Man beschreitet besonnte Landschaften, südlich geprägt, man setzt sich noch einmal, für ein letztes kleines Sommerfest, zu Tisch, zusammen mit vier Paaren, „vor verfallender Kulisse”: „genau wie im Religionsbuch / Unserer Kindheit so daß wir ihm glaubten und // Für kurze Zeit danach alles wie gezeichnet / Aussah und es zu jedem nur einen anderen gab / Und wir wußten wenn einer der beiden geht / Wird der andere stumm dunkel kalt”.
Die Angst vor dem Tod wird gebannt durch das blinde Vertrauen auf die Kraft der Worte, der wiederkehrende Zyklus der Jahreszeiten als Einübung ins Abschiednehmen gedacht. „Wir gingen unseren Lieblingsweg” bewegt sich haarscharf auf dem schmalen Grat der Prätention und hält am Ende doch die Balance. Während der geliebte Mann die erste Duineser Elegie rezitiert, schreitet die Frau im Schatten seiner Worte hinter ihm her, kostet schaudernd die Leere aus, die Rilkes Gedicht evoziert. Ein schönes Bild: „Und ich dachte mir / Auf diesem Kamm werde ich / Aus der Welt gehen / Auf der Spur / Deiner rezitierten Worte / Auf der Spur / Die du aus dem Totenreich gelegt hast / An einem Tag / Den ich jedes Jahr schon / Ahnungslos passiert habe”.
Die Verlockung des Fremdgehens, die sich in Evelyn Schlags letztem Gedichtband, „Das Talent meiner Frau”, noch Bahn brach, ist nun gänzlich sublimiert zu Literatur. „Laß uns nicht sagen woher wir kommen” ist ein wunderbar gewundenes, aber auch leicht verschrobenes Liebesvollzugsvermeidungsgedicht. Da tanzen zwei Dichter, ein Mann und eine Frau, so elegant umeinander herum, dass man bald merkt, das Ganze soll auf das Rilke-Zwetajewa-Modell hinauslaufen: „laß uns jeder das Gedicht darin / Hören das sich in ein Gedicht verlieben / Wird Werk das sich verschränkt weil / Alle anderen Schranken überhoch sind”.
„Brauchst du den Schlaf dieser Nacht?”, fragt man sich auf Hotelfluren, und ab einem gewissen Alter sagt man besser wahrheitsgemäß „ja”. Schön aber ist es, die Frage trotzdem zu stellen. Davon handelt dieses Buch.
MEIKE FESSMANN
EVELYN SCHLAG: Brauchst du den Schlaf dieser Nacht. Gedichte. Zsolnay Verlag, Wien 2002. 117 S., 15,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.02.2003

Gerhard sucht die Weine aus
Den Baumstamm umarmen: Evelyn Schlags neue Gedichte

Evelyn Schlags fünfter Gedichtband erzählt Geschichten. Vor allem von der Liebe erzählt er, von Urlaubserinnerungen an den Sommer in Italien, den Regen in Wales und die "Unsäglichkeit zweier Körper", vom Schwimmen und Lesen und Schreiben. Immer wieder geht es um Briefe, um eigene und fremde Gedichte und um die Nachbarschaft beider. Wie fortlaufende Tagebuchaufzeichnungen einer Liebenden an den Geliebten lesen sich die meisten dieser Texte, Selbstgespräch und Rechenschaft, Evokation vergangenen Glücks.

Wer diese versifizierte Liebesgeschichte liest, begleitet vor allem das eine "Ich das durch diese Gedichte geht". Ihr gegenüber hat man sich das Publikum ihrer mehrfach geschilderten Dichterlesungen zu denken und ihr zur Seite weitläufige Landschaften: "rechts mein sonniges Frankreich". An dessen Waldrändern, liest man, habe sie beim Wandern mit dem Geliebten "Alle halben Meter / Einen Stamm umarmt". Überhaupt erhalten wir über diese Ich-Erzählerin erstaunlich detaillierte Auskünfte. Daß sie mit einem Arzt verheiratet war, daß bei ihrem Auftritt in Lissabon der Bürgermeister zugegen war, daß sie einmal zwei Schafe besaß, die auf die Namen "Susan" und "Sonntag" hörten und daß, trotz der Umarmungen, "die / Jahreszeiten sich kaum Zeit nehmen / Für mich".

Aus so geringer poetischer Distanz werden nicht nur die kleinen Ereignisse des Alltags referiert, es wird auch die Begegnung der "schreibenden Frau" mit einem "Gefährten des perfekten Tags" heftig ersehnt, jenem "Mann / Der mich liebt". Mit diesem letzten, dem Herz-Wort des Bandes, gleitet der Bericht hinüber ins Bekenntnis: "und ich bin dir / Auf eine unbekannte Art treu so / Als hätte ich noch genauer gelernt / Dich richtig zu lieben / Und es ist deine Hand die ich / Im nächsten Moment erkenne / Die mich hält wenn ich erwache"; noch einige Zeit geht es so weiter, Seite um Seite, Gedicht auf Gedicht. Schön muß es sein, so geliebt zu werden. Was aber, als Brief gelesen, poetische Zartheit gewinnen könnte, wirkt als Gedicht prätentiös, zumal dort, wo sich die Poetisierung vor allem auf satztechnische Mittel beschränkt und beispielsweise die Schilderung "unseres Sommerfestes" ganz ungewollt erheiternd gerät: "Du suchst mit Gerhard der mich Kochen lehrte / Die Weine aus."

Überhaupt geht es, wo der hohe Ton erprobt wird, meist nicht gut aus. Was diese Texte als Formkunst behaupten, berührt vor allem den Umbruch, nicht die Verse, als die diese Zeilen sich verkleiden. Die Fallhöhe zwischen Ambition und Anlaß: in den feierlichen Großbuchstaben zu Beginn jeder Zeile wird sie so sichtbar wie im Spiel mit diversen Strophenformen, jenen terzinenartigen Dreizeilern etwa, die der prosaischen Variante wenig mehr voraushaben als eine oberflächliche Verrätselung der dann doch rasch wiederhergestellten syntaktischen Bezüge. Die derart immer neu gesetzte Prosa aber ermüdet nicht allein durch den immergleichen Sound, sondern auch durch das schiere Format; selbst die wechselnden Schauplätze zwischen New York und Brüssel ändern daran wenig. Das Gesetz der Serie zwingt vierzehn übervolle Strophen, jedesmal mit der Aufforderung "Laß uns" zu beginnen, sechs Druckseiten lang; zum Fliehen und Händehalten wird da ermutigt, leider auch dazu, "alle Straßen gleichzeitig" zu gehen, hinunter zum Fluß. Versuche, das Einerlei mit Reimen und Rhythmen zu beleben, bleiben zaghaft und verebben rasch. Was dieser Band versammelt, sind Notizen im poetischen Tagebuch, von denen ein paar zu hübschen Gedichten hätten werden können. "Ich hatte größte Musikalität und Mühe", lautet eines dieser Bekenntnisse. Das will ich glauben, beides.

HEINRICH DETERING.

Evelyn Schlag: "Brauchst du den Schlaf dieser Nacht". Gedichte. Zsolnay Verlag, München/Wien 2002. 120 S., geb., 15,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Wie eine Liebesgeschichte lesen sich Evelyn Schlags jüngste Gedichte, die es für Heinrich Detering leider an "poetischer Distanz" fehlen lassen. Ihm erscheinen die bekenntnishaften Notate, das fortlaufende Zwiegespräch mit dem Geliebten wie Tagebuchaufzeichnungen wenn auch poetischer Natur, die "zu ein paar hübschen Gedichten hätten werden können". Was sich im Brief oder im Tagebuch zart lese, wirke im Gedicht "prätentiös", mosert Detering. Der hohe Ton stört ihn, zumal er Schlags Formkunst teilweise als bloß "oberflächliche Verrätselung" empfindet, wo die syntaktischen Bezüge für kurze Zeit gestört und dann wieder hergestellt würden. Die Beschränkung auf "satztechnische Mittel" und der Hang zum Großformat, zur Serie erzeugen für Detering einen immergleichen Sound, den er ermüdend findet. "Schön muss es sein, so geliebt zu werden", ächzt er.

© Perlentaucher Medien GmbH
"In der Gegenwartsliteratur stößt man selten auf konsequent durchkomponierte Gedichtbände. Dieser hier liest sich tatsächlich als ein Buch, nicht als ein Sammelsurium einzelner Gedichte ... "Brauchst du den Schlaf dieser Nacht" ist der bisher beste Band der Österreicherin." Meike Fessmann, Süddeutsche Zeitung, 30.08.02 "Diese Gedichte fallen durch ihre wirkungsvolle Mischung von Dringlichkeit und Feinsinnigkeit, Leidenschaft und Resignation auf. Daß es diese Gedichte gibt, ist ein kostbarer Trost in der Sprachöde unserer Zeit." Rüdiger Görner, Die Presse, 05.10.02 "Großartig schlicht schreibt Evelyn Schlag von Liebe und Natur, vom Reisen und vom Vergehen der Zeit, von Bewegungen aller Art. (...) immer findet Evelyn Schlag das passende Sprachregister, im Schweben zwischen Spielerei und feinem Eigensinn." Franz Haas, Neue Zürcher Zeitung, 06.01.03