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Jeden Tag machen Anna Maria Sofia und der kleine Wim einen Spaziergang. Sie nehmen immer denselben Weg. Wim ist zwar noch jung, aber trotzdem passt er auf die alte Anna auf und nicht umgekehrt. Er weiß schon eine ganze Menge über ihr Leben, sogar Dinge, die sie selbst vergessen hat. Und das sind sehr viele.

Produktbeschreibung
Jeden Tag machen Anna Maria Sofia und der kleine Wim einen Spaziergang. Sie nehmen immer denselben Weg. Wim ist zwar noch jung, aber trotzdem passt er auf die alte Anna auf und nicht umgekehrt. Er weiß schon eine ganze Menge über ihr Leben, sogar Dinge, die sie selbst vergessen hat. Und das sind sehr viele.
Autorenporträt
Edward van de Vendel, geboren 1964 in Leerdam/Holland, tätig als Lehrer, bevor er anfing zu schreiben. Mehrfache Auszeichnungen für seine Kinder- und Jugendbücher, Bilderbuchtexte und Gedichte mit u.a. Übersetzungen ins Französische und Deutsche. Der Autor lebt heute in Rotterdam.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 01.09.2006

Das Kind und die Frau, Hand in Hand
Ein Bilderbuch über eine besondere Freundschaft
Ein ungleiches Paar zieht da durch das Buch, der kleine Wim auf seinem Kettcar und die alte Frau mit raschem Schritt und vorgebeugtem Kopf. Es scheint, dass sie ihren Weg schon oft zusammen gegangen sind, denn Wim kennt das Ziel, den Friedhof mit den hohen Bäumen. Wie auf einem Laufband ziehen die beiden dahin, begegnen einer schwangeren Frau, fußballspielenden Jungen oder einem Liebespaar auf der Parkbank. Die Bilder von Ingrid Godon wirken wie Holz- oder Linolschnitte: nur wenige, reduzierte Formen stehen auf den freien Farbflächen; die Figuren setzen sich aus übermalten Farbschichten zusammen und lassen in ihrer Einfachheit Raum für Phantasie. Der Leser und Betrachter der Erzählung von Eward van de Vendel merkt sehr schnell, dass die Frau mit dem klingenden Namen Anna Maria Sofia in ihrer eigenen Welt lebt. Was sie wahrnimmt, will nicht mit dem Gesehenen zusammenpassen. Zum Liebespaar sagt sie „Dingdong” und wir sehen eine alte Standuhr. Über die Fußballer lacht sie und ruft „Fernsehen”; neben ihr erscheint nun ein rollbarer Fernseher im Bild; für den Bauch der schwangeren Frau findet sie das Wort „Keksdose”. Solche „falschen” Assoziationen rufen beim Leser Heiterkeit hervor, werden aber von Wim auf einer betont sachlichen Ebene korrigiert und erläutert. Der kleine Junge ist nicht nur Wegbegleiter, sondern auch liebevoller Betreuer und Helfer. Er kennt die Lebensgeschichte der Frau und weiß ihre eigenwilligen Vorstellungsbilder zu deuten. Mit Geduld und Verständnis reagiert er auf ihre scheinbar verrückten Worte und Bilder – nicht gerade eine geringe Anforderung an ein Kind.
Die Stärke des Bilderbuchs liegt in der Offenheit, mit der Themen wie Alzheimer und Altersdemenz angedeutet werden, ohne sie je genau zu benennen. Das Bilderbuch verdeutlicht zwar, dass Anna Maria Sofia anders ist als die anderen, dass sie ihre eigenen Wörter und Bilder besitzt, ob diese aber weniger wahr sind als die, die wir im Buch sehen, bleibt offen. Diese Offenheit entsteht auch durch eine bewusst reduzierte Bildästhetik, die auf eine subtile Weise das Thema des Buches aufgreift. Die „leeren” Bildkompositionen geben uns eine Idee von der Verlorenheit der alten Frau und können symbolisch für ihre Suche nach Orientierung stehen. Für den Betrachter bieten die Bilder emotionale Freiräume. Wenn beide, das Kind und die Frau, Hand in Hand über den Friedhof gehen und das Grab der Tochter suchen, nimmt die Illustratorin die Vogelperspektive ein und gibt den Blick frei für die unendliche Weite des Bildraumes.
Erst am Ende, wenn Wim Anna Maria Sofia nach Hause bringt, erfahren wir, woraus sich die enge Gedankenwelt der alten Frau zusammensetzt. „Dingdong”, „Fernsehen” und „Keksdose” sind Gegenstände ihrer unmittelbaren, täglichen Umgebung, die ihr vertraut sind und die sie draußen, in der für sie verwirrenden Welt, erinnert. Winkend fährt der kleine Wim aus dem Bild heraus – war es nicht nur ein ganz normaler Ausflug? (ab 4 Jahre)
JENS THIELE
EDWARD VAN DE VENDEL & INGRID GODON: Anna Maria Sofia und der kleine Wim. Aus dem Niederländischen von Rolf Erdorf. Carlsen Verlag 2006.
40 Seiten, 13,40 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Eine Dienstleistung der DIZ München GmbH
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Dem Rezensenten Jens Thiele gefällt, wie sich die Illustratorin dieses Kinderbuchs bildsprachlich an das Thema Alzheimer und Demenz annähert, ohne dass es wirklich benannt wird. Das bedeutet auch, dass die Krankheit der alten Frau, die mit ihrem kleinen Freund Wim einen Ausflug unternimmt, keiner Bewertung unterzogen wird. Es wird offen gelassen, ob ihre Art, die Wirklichkeit wahr zu nehmen, "weniger wahr" ist. Durch die "bewusst reduzierte Bildästhetik", lobt Thiele, entstehe ein Gefühl für die "Verlorenheit der alten Frau". Gleichzeitig werde der Phantasie des Betrachters Raum gegeben.

© Perlentaucher Medien GmbH