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Die Zeit vergeht im Fluge, doch tat sie das immer schon? Welche Zeitvorstellungen begleiteten die alten Griechen und Römer durch den Tag? Welchen Begriff hatten sie von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Und wie beeinflusst ihr Zeitmaß noch heute unseren Alltag? Der Althistoriker Alexander Demandt zählt zu den wenigen seines Faches, die zugleich unterhaltsam und lehrreich zu schreiben wissen. In der ihm eigenen kurzweiligen Art bringt er uns eine Zeit nahe, die im wahrsten Sinne des Wortes ganz anders tickte als unsere.
Was wir schon immer über die Zeit wissen wollten: Demandt gibt
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Produktbeschreibung
Die Zeit vergeht im Fluge, doch tat sie das immer schon? Welche Zeitvorstellungen begleiteten die alten Griechen und Römer durch den Tag? Welchen Begriff hatten sie von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft? Und wie beeinflusst ihr Zeitmaß noch heute unseren Alltag? Der Althistoriker Alexander Demandt zählt zu den wenigen seines Faches, die zugleich unterhaltsam und lehrreich zu schreiben wissen. In der ihm eigenen kurzweiligen Art bringt er uns eine Zeit nahe, die im wahrsten Sinne des Wortes ganz anders tickte als unsere.

Was wir schon immer über die Zeit wissen wollten: Demandt gibt beredte Auskunft. Warum beginnt das Jahr am 1. Januar? Weshalb ist der September nicht der siebte (septem), sondern der neunte Monat? Warum fällt der Schalttag auf den 29. Februar und nicht auf den 32. Dezember? Wann wurde der Sonntag zum Ruhetag? Woher stammen die Namen unserer Wochentage? Seit wann gibt es unsere Zeitrechnung? Anhand vielfältiger Beispiele aus der antiken Überlieferung entwirft Demandt eine Kulturgeschichte der Zeit und schlägt den Bogen bis zur Gegenwart, die mehr denn je vom Takt der Zeit geprägt ist. Eine ebenso unterhaltsame wie anregende Zeitreise.
Autorenporträt
Alexander Demandt, geboren 1937 in Marburg, von 1974 bis 2005 Althistoriker und Kulturwissenschaftler an der Freien Universität Berlin. Zu seinem umfangreichen Werk gehören Bücher über das Römische Reich, über Wissenschafts- und Kulturgeschichte. Zuletzt erschienen bei Propyläen »Zeit«, »Über die Deutschen. Eine kleine Kulturgeschichte« und »Es hätte auch anders kommen können. Wendepunkte deutscher Geschichte«.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.10.2015

Siesta hält man um die sechste Stunde

Wer weiß schon, woher Halloween kommt: Alexander Demandts Kulturgeschichte der Zeit verbindet den großen Überblick mit einer Fülle von farbigen Miniaturen.

Von Uwe Walter

Ein besserer Gegenstand für eine Kulturgeschichte als die Zeit lässt sich kaum finden. Es gibt unveränderliche natürliche Vorgaben wie die Erdrotation, die Mondphasen und den Sonnenumlauf, ferner Gegebenheiten wie das Lebensalter und die Generationenfolge, die im menschlichen Leben verankert, individuell verschieden, aber insgesamt doch regelmäßig sind - und es gibt die zahlreichen Varianten von Gestaltung, Ästhetisierung, Rationalisierung oder eingreifender Veränderung. Deren Summe nennen wir Kultur. Sie manifestiert sich in der Sprache, in Praktiken, in Institutionen.

Mit der Geschichte der Zeitkultur befasst sich Alexander Demandt seit beinahe einem halben Jahrhundert. Der gelernte Althistoriker zählt längst zu den produktivsten Autoren kulturhistorischer Bücher mit epochenübergreifendem Horizont. Sein Fleiß, sein Gedächtnis, seine Zettelkästen sind legendär. Eine Fülle von "Erlebtem, Erdachtem und Erlesenem" wird vor dem Leser ausgebreitet, in pragmatischer Anordnung. Den Anfang machen Zeitbegriffe und Zeitmetaphern; es folgen Zeitsymbole und Zeitgötter. Da das vorderorientalische und das europäische Altertum auch für nahezu alle späteren Zeitkonzepte zumindest in Europa maßgeblich oder mindestens in ihnen erkennbar blieb, erhält diese Epoche den größten Raum; Ostasien oder Altamerika kommen deutlich knapper weg. Ab Kapitel drei gibt die Sache die Ordnung vor. Jeweils mit dem Altertum beginnend, werden Tag und Stunde, Woche, Monat und Jahr, Jahreszeiten, Ären und Jahreszählung sowie Feier- und Gedenktage vorgestellt. Gegen Ende unterstreicht ein Kapitel zu Lebenszeit und Altersstufen wieder die anthropologische Dimension von Zeit, bevor das Bemühen von Gesellschaften, Machthabern und Denkern in den Blick genommen wird, den Gleichfluss in Epochen und Perioden einzuteilen und zeitresistente Erinnerung herbeizuführen.

Besondere Aufmerksamkeit schenkt Demandt der reichen Geschichte der Uhren. Treffend erinnert er an ihre unterschiedliche Semantik: Während die Sonnenuhr die Einbindung unseres Zeiterlebens in die Natur unterstreicht, Wasser- und Sanduhr das Verrinnen der Zeit und damit die Begrenztheit des Lebens vor Augen führen, erweckt der regelmäßig kreisende Zeiger von Stunden, Minuten und Sekunden den Eindruck einer permanent fortlaufenden, von allen Einflüssen unbehelligten Zeit - weswegen Ernst Jünger die Sandder Räderuhr vorzog. Die höchst instruktiven Seiten hätten wohl noch gewonnen, wenn Zeichnungen die teils recht komplizierten Mechaniken nur literarisch bekannter Unikate, etwa der anaphorischen Kalenderuhr, ergänzten. In jedem Fall treffend hebt der Autor aber die sozialdisziplinierende Wirkung der allgegenwärtigen, immer genaueren Uhren seit dem späten dreizehnten Jahrhundert hervor.

Demandts Metier war einst die Spätantike. Sie zeige, heißt es einmal beiläufig, eine "ausgeprägte Vorliebe für Aufzählungen und für Listen aller Art". Das mag auf ihren Kenner abgefärbt haben; jedenfalls bezichtigt sich der Autor selbstironisch der Beschäftigung mit historischen Quisquilien. Und so erfährt man auf jeder Seite ungeheuer viel, allein schon über die Spuren alter Vorstellungen in Redewendungen. Allerheiligen hieß englisch einst "All Hallows' Eve". Daher kommt Halloween. Aha! Und "siesta" von der "hora sexta", der sechsten Stunde genau in der Mitte des Tages. Auch auf Paradoxien wird man aufmerksam gemacht: Je früher etwas auftritt, desto älter ist es, je jünger, desto später. Es gibt zahlreiche Miniaturen zu Motiven und Metaphern, vom Phönix aus der Asche, Skelett und Lebenslicht bis zur Sense und zum Schicksalsrad.

Böswillige mögen monieren, Demandts Hermeneutik sei die einer Registrierkasse. So aussagekräftige, aber auch erklärungsbedürftige Konzepte wie Jaspers' "Achsenzeit" und Kosellecks "Sattelzeit" werden lediglich aufgezählt, und von Blochs vieldiskutierter "Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen" ist gar keine Rede. Aber die höhere Weisheit des hier gewählten Zugriffs erschließt sich in einigen beiläufigen Bemerkungen. Demandt will nicht philosophischen oder begrifflichen Tiefsinn vermehren, er will vor dem Vergessen bewahren.

Zeitmessung und Kalender, einst nationale und individuelle Kultursymbole, seien in der Weltzivilisation zu universalen Gebrauchsinstrumenten geworden, die den Alltag in Tokio, Dubai und Tel Aviv ebenso uniform bestimmen wie in New York und London. Man kann Demandts an Daten und Spuren übervolles Inventar daher mit Gründen als Brandmauer gegen den kulturell-memorialen Entropietod der auch in ihren Zeitkonstruktionen globalisierten Welt lesen. Selbst dort, wo er recht schematisch Analogien und gleiche Muster in verschiedenen Epochen und Kulturen feststellt, setzt das Staunen über Ähnlichkeiten die Differenz doch voraus. Die Leistungen des Christentums beim Ordnen der Zeit herauszuarbeiten ist in diesem Sinn gewiss kein überflüssiges Unterfangen. Und Wissen um den Wandel ermöglicht zumindest ironische Distanz, wie ein schönes Beispiel zeigt: Die heute so gefeierte Avantgarde war zur Zeit der Landsknechte der verlorene Haufen.

Die Fülle und Flächigkeit der Mitteilungen produziert freilich auch Ungenauigkeiten, die bei einem Buch aus der Feder eines Althistorikers verwundern. So wurde in der römischen Republik niemand zum Senator gewählt, auch Gnaeus Flavius nicht. Die Römer vermieden meist die ritualisierte Erinnerung an katastrophale Niederlagen. Warum das so war, wäre eine interessante Frage. Jedenfalls waren die "schwarzen Tage" weniger zahlreich, als Demandt sie aufzählt. Keineswegs waren alle Triumphe aus der Zeit vor 173 erfunden, und der spätere Hannibal-Besieger Scipio erhielt mit fünfundzwanzig Jahren nicht "den Rang eines Konsuls", sondern ein außerordentliches Kommando. Mit "o tempora, o mores" wetterte Cicero nicht gegen Sittenlosigkeit, sondern gegen die Passivität der Res Publica im Angesicht einer angeblichen terroristischen Bedrohung durch Catilina. Und ein auf hundert Jahre geschlossener Friede war keineswegs sinnlos, obwohl nicht zugleich vermerkt war, wann er geschlossen wurde. Vielmehr meinen die hundert Jahre "auf alle Zeit", da sich kein Lebender mehr erinnern können sollte an das Ende des Kriegs und warum er geführt worden war.

Den Aphorismus geschichtlich grundierter Lebensweisheit pflegt Demandt seit geraumer Zeit. Kostproben finden sich auch hier reichlich. Die Armbanduhr zeige die Zeit im Handumdrehen, aber sie ist zugleich "unsere Handfessel an das soziale Netz, so wie zuvor die Uhrkette den besseren Herrn an die Gesellschaft band". An beiden Uhrentypen zeigt Demandt außerdem eine der von ihm geschätzten Regelmäßigkeiten in der Kulturgeschichte auf: Eine Neuerung löse die ältere Sache nicht einfach ab, sondern verwandele ihre Bedeutung, etwa von einer funktionalen zu einer ästhetischen oder programmatischen. Und auch historische Bonmots machen Freude, so Keplers Reaktion auf die Gregorianische Kalenderkorrektur, die im Reich erst 1700 verbindlich wurde: Protestanten lebten lieber im Widerspruch zur Sonne als im Einvernehmen mit dem Papst.

Insgesamt liegt ein Buch zum Rosinenpicken und Nachschlagen auf dem Tisch. Vieles, ja das meiste hat man gleich nach der Lektüre wieder vergessen. Anderes bleibt mit Glück haften.

Alexander Demandt: "Zeit." Eine Kulturgeschichte.

Propyläen Verlag, Berlin 2015. 592 S., geb., 26,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Rezensent Klaus Bartels lernt die Zeit kennen mit dem Althistoriker Alexander Demandt. Als weit ausgreifende Kulturgeschichte angelegt, erklärt das Buch dem Rezensenten nicht nur Cäsars Geniestreich der Einführung seines, des Julianischen Kalenders, sondern auch, was unsere Zeitkultur noch so ausmacht. Zitatreich, bunt, detailliert und immer wieder überraschend scheint Bartels die Lektüre, die ihn tatsächlich auch die Zeit vergessen lässt. Ob es um philosophische Zeitbetrachtung geht, um Zeitbegriffe, das Vergangene im Alltag oder die Wochentagefolge, immer spürt Bartels: Dieses Buch ist ein großer Wurf.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Demandts Kulturgeschichte der Zeit verbindet den großen Überblick mit einer Fülle von farbigen Miniaturen." Uwe Walter Frankfurter Allgemeine Zeitung 20151010