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Neuheit! Innovation!! Revolution!!! schreit uns die Werbung an. Innovation! versprechen Politiker die Lösung anstehender Probleme. Innovation klingt verheißungsvoll und zeitgemäß, irgendwie modern. Das wollen wir doch mal sehen... Nicht Ideen zu zeugen, sie zu nutzen ist Sache der Innovation. Innovation schöpft aus dem, was mit Ideen geschaffen wurde. Im Grunde meint Innovation deshalb mehr nicht als den geplanten Diffusionsprozeß einer Idee bis zur Anwendung. Sie reklamiert von aller Kreativität die nützliche und nutzbringende für sich, führt verwertbare Ideen dem Markte zu und verweist alle…mehr

Produktbeschreibung
Neuheit! Innovation!! Revolution!!! schreit uns die Werbung an. Innovation! versprechen Politiker die Lösung anstehender Probleme. Innovation klingt verheißungsvoll und zeitgemäß, irgendwie modern. Das wollen wir doch mal sehen... Nicht Ideen zu zeugen, sie zu nutzen ist Sache der Innovation. Innovation schöpft aus dem, was mit Ideen geschaffen wurde. Im Grunde meint Innovation deshalb mehr nicht als den geplanten Diffusionsprozeß einer Idee bis zur Anwendung. Sie reklamiert von aller Kreativität die nützliche und nutzbringende für sich, führt verwertbare Ideen dem Markte zu und verweist alle anderen als wertlos ins Reich der Phantasie oder Kunst. Zugleich wird sie vom Markt getrieben, der nur für Neues noch aufmerkt. Innovation ist darum sowohl Kür als auch Pflicht der Moderne. Hinter ihre zunehmend beschleunigte Erneuerungssucht tritt der Sinn einer Idee zurück und wir wissen nicht mehr, was und warum wir erneuern.
Autorenporträt
Dipl.-Päd. Dipl.-Ök. Georg Fischer ist Marketing- und Organisationsberater der denkstelle Unternehmensberatung, Wuppertal. Dipl.-Ök. Marcus Henrik Bösel ist Kundenberater bei der SEA Werbeagentur, Düsseldorf.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.04.2000

Selbst schöne dicke Erfindungen lassen das Lächeln gefrieren
Nichts Neues bei der Innovation: Ohne Kreativität geht selbst der schönste Unternehmensvorsatz baden

Jeder kennt sie: sinnlose Produkte, die niemand braucht. Ganz im Sinne der Aufklärung hierüber bietet diese Zeitung in ihrer Technik-Beilage Prominenten Gelegenheit, ihr Verdikt über solche Dinge auszusprechen. Und doch sind diese Waren keineswegs zwecklos. Ihren Herstellern und Vertreibern bringen sie Umsätze und Erlöse, und nicht zuletzt die Kritiker haben sie wohl zuvor erst erworben, bevor sie deren Nutzlosigkeit erkannten.

Innovationen gelten schon seit geraumer Zeit als Motor allen Wirtschaftens, so dass kein Unternehmen mehr ohne auszukommen glaubt. An dieser Stelle setzen Georg Fischer und Marcus H. Bösel an. Sie versprechen keine raschen Lösungen und verweigern dem eiligen Leser die schon verzweifelt gesuchte Zusammenfassung mit den zentralen Handlungsanleitungen. Fischer und Bösel beginnen mit umständlichen Begriffsklärungen, locken den nach Wegweisung suchenden Manager in komplizierte Texte, lassen ihn mit schwierigen Fremdwörtern ohne mitgeliefertes Glossar allein, um schließlich, nachdem die Verwirrung beim Leser fast komplett ist, Fragen zu stellen. Fragen nach dem Sinn von Innovationen, ihrem Ursprung; doch wo bleiben die Antworten, wie der vom Wettbewerb gehetzte Unternehmer rechtzeitig vor seinen Konkurrenten neue Produkte auf den Markt bringen kann?

Diejenigen Leser, die den Band nicht nach den ersten Kapiteln genervt weglegen und allenfalls noch die innovative Marketingleistung von Autoren und Verlag anzuerkennen vermögen, können allmählich erkennen, worauf es Fischer und Bösel ankommt. Dass, wenn jede kleine Neuerung und Produktpflege schon als Innovation daherkommt, echte Innovationen schon aufgrund der begrifflichen Übersättigung kaum noch wahrgenommen und dargestellt werden können und - weitaus fataler - für wirkliche Verbesserungen und Novitäten die Anreize schwinden, weil offenbar schon die Schaumschlägerei eines neuen Weißmachers genügt, um Erfolg zu haben. Die Autoren wecken Zweifel, ob die gängige Instrumentalisierung von Innovationen tatsächlich zu den entsprechenden Ergebnissen führt. Stattdessen weisen sie nach, dass durch personelle und organisatorische Maßnahmen allenfalls ein günstiges Umfeld erzeugt werden kann.

Für Fischer und Bösel lassen sich Innovationen nicht "managen", da sie letztlich weder plan- noch organisierbar sind. Sie beruhen auf Freiheit, Kreativität und Ideen. "Kreativität" ist das Fundament, auf dem Innovationen errichtet werden. Kreatives Tun bringt Ideen zur Welt, von denen die Innovation einige ausgewählte zu wirtschaftlichen oder strukturellen Erfolgen umsetzt. Führt also Kreativität ohne auswertende Innovation immerhin noch zu Kunst oder Philosophie, so ist Innovation ohne kreative Einfälle schlicht nichts. Aus dieser Einsicht resultieren nach der Überzeugung der Autoren bessere Produkte. Nicht, was der Markt noch aufnehmen könnte, sollte Leitmotiv sein, sondern Probleme und Defizite, die nach Lösungen suchen. Passe beides zusammen, fänden sich die Abnehmer beinahe von selbst.

Man muss nicht jedem Argument zustimmen, das Fischer und Bösel entwickeln. So mag man gerade in den nicht zuletzt durch geschickten Lobbyismus durchgesetzten Impfpflichten die geniale Idee sehen, den nahezu ungefährdeten Absatz der verschiedenen Seren über ein Jahrhundert hinweg zu sichern, zumal die Autoren selbst bei ihren begrifflichen Anstrengungen Innovation als "Veränderung eines Systems von Funktionsbeziehungen beschreiben". Insoweit schließt die Innovation das Drehen an verschiedenen Stellschrauben (seien sie technologischer, gesellschaftlicher, institutioneller oder anderer Art) ein. Und wer weiß, ob das heutige Niveau der Seuchenbekämpfung erreicht wäre, wenn die entsprechende Vorsorge in der zweiten Hälfte des neunzehnten und zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts allein von der Kaufkraft der Menschen mit geringem Einkommen abhängig gewesen wäre.

Derartige Einwände schmälern jedoch nicht den Wert des Buches. Schön ist vor allem, dass dessen Darstellung der Bedeutung von Freiheit, Kreativität und Ideen seine Referenzfälle nicht bei wirtschaftlich erfolgreichen Produkten sucht, sondern bei Werken, die zweifellos Ergebnis kreativen Schaffens sind, nämlich schöngeistiger Literatur. Das verschafft dem Band nicht nur ein Schriftenverzeichnis, das für Sachbücher, zumal mit ökonomisch interessierter Leserschaft, singulär sein dürfte, sondern führt bei der Lektüre auch zu ganz neuen Einsichten.

Selbstverständlich liefert das Buch keine Blaupausen für Innovationen. Es stärkt allerdings das Bewusstsein dafür, auf welchen Voraussetzungen sie beruhen. Daran sollte man sich stets erinnern, wenn der alltägliche Stress und Erfolgsdruck das Bedürfnis wachsen lassen, Innovationen doch erzeugen zu wollen. Eine Antwort wird allerdings gegeben, doch diese ist für das gesamte Buch typisch: Benjamin Franklin wurde nicht vom Blitz erschlagen, weil sein Experiment aufgrund glücklicher Umstände gelang. Der mit Hilfe eines regennassen Drachens "angelockte" Blitz fuhr ihm, der das trocken gehaltene Ende der Schnur hielt, nicht in die Hand, sondern sprang tatsächlich wie vermutet in den Boden. Franklins umfangreichen Beobachtungen, die ihn auf seine Theorie vertrauen ließen, seinem Mut und seinen Visionen, vor allem aber seinem Glück verdanken wir eine Innovation unbestreitbaren Nutzens.

THOMAS KREUDER

Georg Fischer, Marcus H. Bösel: "Warum Benjamin Franklin nicht vom Blitz erschlagen wurde". Westdeutscher Verlag, Opladen,Wiesbaden 1999. 360 S., br., 49,80 DM.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Glücklicherweise hat sich Rezensent Thomas Kreuder nicht von den ersten Kapiteln abschrecken lassen, die den Leser mit "schwierigen Fremdwörtern" und "umständlichen Begriffsklärungen" verwirren. Am Ende scheint er es nämlich doch mit Gewinn gelesen zu haben. Die Autoren wollen darlegen, dass sich Innovationen nicht herbei `managen` lassen. Sie gelingen vielmehr am ehesten, wenn man einfach nach einer Lösung für ein Problem sucht und nicht nur nach einer Ware, die sich absetzen läßt. Kreuder freut sich über diese Ansicht und findet es besonders "schön", dass als hervorragende Beispiele für die Bedeutung von Freiheit, Kreativität und Ideen Werke der "schöngeistigen Literatur" genannt werden. Das Buch liefert natürlich keine Anleitungen für Innovationen, "stärkt allerdings das Bewußtsein dafür, auf welchen Voraussetzungen sie beruht", resümiert der Rezensent.

© Perlentaucher Medien GmbH