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Elias Khoury ist einer der tonangebenden Schriftsteller und Intellektuellen der arabischen Welt. Welche Geschichten, fragen seine Bücher, sind ans Licht zu holen, wenn es um die Entstehung des palästinensisch-israelischen Konflikts geht? Mit welchem Gebirge aus Leid, Schmerz und Gewalt muß es eine "Friedensordnung" für den Nahen Osten aufnehmen? Khourys neuer Roman führt zurück in die 1940er Jahre, die Zeit vor der palästinensischen Niederlage und der Gründung des Staates Israel. Er erzählt von der Liebe zwischen dem Palästinenser Mansur und der "traumbegabten" Libanesin Milia. Nach der Heirat…mehr

Produktbeschreibung
Elias Khoury ist einer der tonangebenden Schriftsteller und Intellektuellen der arabischen Welt. Welche Geschichten, fragen seine Bücher, sind ans Licht zu holen, wenn es um die Entstehung des palästinensisch-israelischen Konflikts geht? Mit welchem Gebirge aus Leid, Schmerz und Gewalt muß es eine "Friedensordnung" für den Nahen Osten aufnehmen? Khourys neuer Roman führt zurück in die 1940er Jahre, die Zeit vor der palästinensischen Niederlage und der Gründung des Staates Israel. Er erzählt von der Liebe zwischen dem Palästinenser Mansur und der "traumbegabten" Libanesin Milia. Nach der Heirat ziehen die beiden nach Nazareth. Als Mansurs Bruder Amin, der gegen die jüdische Einwanderung gekämpft hat, getötet wird, muß Mansur seine Rolle übernehmen. Milia hat Angst, Angst um ihn, Angst um ihr Kind. Sie ist schwanger. Bei der Geburt am 24. Dezember 1947 stirbt sie, indem sie aus ihrem letzten Traum nicht mehr erwacht - ein Traum, der sie noch sehen läßt, wie Mansur mit dem Säugling aus dem brennenden Jaffa auf ein griechisches Schiff flieht.
Autorenporträt
Khoury, EliasElias Khoury, geboren 1948 in Beirut, Romancier, Dramatiker, Literaturkritiker, Redakteur, lebt in Beirut. Er war Aktivist der palästinensischen Befreiungsorganisation Fatah und ist einer der tonangebenden Schriftsteller und Intellektuellen der arabischen Welt, Autor u. a. von zehn Romanen und drei Theaterstücken.
Rezensionen

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Äußerst angetan ist Reinhard J. Brembeck von dem nun unter dem Titel "Als schliefe sie" auf Deutsch erschienenen Roman des libanesischen Schriftstellers Elias Khoury. Erzählt wird die in den 1940er Jahren spielende Geschichte der griechisch-orthodoxen Christin Milia, die in rätselhaften Träumen und durch ihre Liebe zu ihrem Mann Mansur versucht, der Realität am Vorabend der Naqba, der Vertreibung der Palästinenser aus Galiläa im Jahre 1948, zu entfliehen. Khoury gelinge es exzellent, seine poetische Liebesgeschichte mit einem zwar dezidiert arabischen, aber nie parteiischen Blick auf den Konflikt zwischen Juden und Arabern zu verbinden, lobt der Rezensent. Darüber hinaus zeigt sich Brembeck begeistert von den zahlreichen hier zitierten Versen der arabischen Poesie, insbesondere des Dichters al-Mutanabbi. Auch wenn deutsche Leser vielleicht nicht alle literarischen, politischen und religiösen Anspielungen verstehen werden, kann Brembeck dieses ebenso fesselnde wie ergreifende Buch, in dem Khoury die Kunst des orientalischen Erzählens mit Erzähltechniken der westlichen Moderne verbinde, nur unbedingt empfehlen.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 02.03.2013

Arabische
Träume
Poesie und Politik: Elias Khourys
neuer Roman „Als schliefe sie“
Milia ist ziemlich eigen. Meist ist sie müde und sobald sie schläft, träumt sie. Träumt sich in ihre Vergangenheit hinein, in die ihrer Familie oder in die von Seltsamkeiten durchzogene Liebesgeschichte mit ihrem Mann Mansûr: „Eine kleine weiße Kerze. Ihr schwaches Licht flackert im Nebel. Die Kerze in der Hand, geht Mansûr dem Taxi voran. Der Wind peitscht seinen langen Mantel.“ Meist sind Milias Traumbilder rätselhaft, nur manches klärt sich erst Seiten später, viel bleibt dunkel. So leicht, wie die Gegenwart hier in den Traum gleitet, kehrt sie auch wieder zurück. Der 400-Seiten-Roman springt assoziativ hin und her zwischen Erinnerung und Zukunft.
  Milias Erfinder ist genauso eigen wie sie: Elias Khoury, 65 Jahre alt, gilt als einer der populärsten arabischen Autoren. Spätestens seit dem 2011 auf Deutsch erschienen Roman „Yalo“ ist er auch in Deutschland bekannt geworden. Khoury wurde in Beirut geboren und lebt dort. Er stammt aus einer griechisch-orthodoxen Familie, schreibt auf Arabisch, kämpfte in der Fatah für die Palästinenser, schrieb seine Dissertation in Paris, arbeitete für die PLO. All das prägt den Roman „Als schliefe sie“.
  Auch wenn die griechisch-orthodoxe Christin Milia im Zentrum steht und das Buch mit deren Hochzeit am 12. Januar 1946 in Beirut beginnt und mit ihrem Tod bei der Geburt ihres Kindes am 24. Dezember desselben Jahres in Nazareth endet, so schreibt Khoury alles andere als eine schlichte Liebesgeschichte. Sondern eine politisch aufgeladene Familiensaga am Vorabend der Naqba, der von den Palästinensern als Katastrophe empfundenen Vertreibung 1948 aus Galiläa. Doch die Konzentration auf die geradezu apolitische junge Frau und ihre Träume verhindert, dass sich das Buch ausschließlich um Khourys Obsession für Palästina dreht oder gar kämpferische oder judenfeindliche Züge annähme. Obwohl die Perspektive eine dezidiert arabische ist.
  Khoury liefert dabei eine weitere Liebesgeschichte – die zur arabischen Poesie und vor allem zu deren größtem Dichter al-Mutanabbî, der 965 ermordet wurde. Der schon ältere Mansûr ködert die von Lyrik besessene Milia auch deshalb, weil er beständig Verse zitiert. Vor allen von Klassikern, beginnend bei dem vorislamischen Weiberheld und Haudegen Imru’u al-Qays bis hin zu dem großen Skeptiker al-Ma’arrî, von dem auch das Motto des Buches stammt: „Tod ist ein langer Schlaf, aus dem es kein Erwachen gibt, und Schlaf ist ein kurzer Tod, aus dem der Mensch aufersteht.“ Dass Leila Chamaa diese Verszitate meist in eher unbeholfene Reime überträgt, ist der einzige Makel ihrer flüssigen Übersetzung.
  Viele dieser Zitate erscheinen ohne Autorennamen (der wird stillschweigend als bekannt vorausgesetzt), auch formt Khoury immer wieder Passage nach Versen und historischen Ereignissen. Wenn sich Milia und Mansûr darüber streiten, ob der stolze Panegyriker al-Mutanabbî ein Prophet war, wird die Ironie der Szene nur für den deutlich, der weiß, dass al-Mutanabbî „Möchtegernprophet“ bedeutet. Und wenn die beiden mitten im Winter unter Lebensgefahr übers verschneite und nebelige Libanongebirge zur Hochzeitsnacht nach Chtaura fahren , dann hat für diese Chiffre der Aussichtslosigkeit al-Mutanabbî in einem seiner berühmtesten Verse die Vorlage geliefert : „Wie die Berge des Libanon überqueren / In winterlichen Zeiten? / Der Winter ist zugleich ihr Sommer. / Der Schnee hat alle meine Pfade bedeckt, / Sie sind dunkel geworden, trotz ihrem Weiß.“ Ein deutscher Leser wird nicht alle literarischen, politischen, historischen und religiösen Anspielungen verstehen. Aber das macht nicht viel aus. Denn Khourys feines Gewebe aus Anspielungen liefert eine packende Erkundung jenes unseligen Konflikts zwischen Juden und Arabern, der bis heute Opfer um Opfer fordert.
  Khoury beschreibt das Heraufdämmern dieses Konflikts als Verlust einer im gewissen Sinn sogar toleranten, auf jeden Fall vital heterodoxen Kultur. Die, ohne sie zu verklären oder ihr nachzutrauern, dezidiert aus weiblicher Sicht beschrieben wird. Während Milia sich aber in ihren konsequent dunklen Traumvisionen in eine Jesusmutter-Maria-Rolle hineinverliert (ihr Kind wird an Weihnachten geboren), driftet Mansûr aus der Welt der Kultur und der Poesie in die Welt des Krieges ab. Khoury ist dabei nie parteiisch. Er gibt einen orientalischen Geschichtenerzähler, der sich alle Erzähltechniken der westlichen Moderne angeeignet hat. Dass der Leser in diesem Kaleidoskop der Stile, Traumfetzen und Erzählebene dennoch nicht den Faden verliert, ist Khourys Hang zur Redundanz geschuldet, die zwar manchmal aufdringlich wirkt, zuletzt aber die packende Gelassenheit und Stimmigkeit dieses Romans garantiert.
REINHARD J. BREMBECK
  
Elias Khoury: Als schliefe sie. Roman. Aus dem Arabischen von Leila Chamaa. Suhrkamp Verlag, Berlin 2012. 381 Seiten, 24,95 Euro.
  
    
Elias Khoury, geboren 1948 in Beirut, lebt und arbeitet als Autor und Journalist in seiner Heimatstadt. 2010/11 war er Fellow im Wissenschaftskolleg zu Berlin.
FOTO:  REGINA SCHMEKEN
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