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Schmidt hat alles: Nach seiner vorzeitigen Pensionierung ist der frühere Anwalt Direktor einer Stiftung; eine Aufgabe, die ihn auf Reisen um die Welt schickt. Seine Hoffnung auf ein Enkelkind scheint sich zu erfüllen, die Frauen liegen ihm nach wie vor zu Füßen. Einerseits. Andererseits hat ihn Carrie, seine jugendliche Freundin, wegen eines anderen, jüngeren verlassen. Jetzt erwartet sie ein Kind und weiß nicht, wer von beiden der Vater ist. Auch Schmidts Tochter Charlotte zieht sich immer mehr zurück, in ihre eigene Welt aus Teilnahmslosigkeit und Hass. Dabei droht sie nicht nur, sich selbst…mehr

Produktbeschreibung
Schmidt hat alles: Nach seiner vorzeitigen Pensionierung ist der frühere Anwalt Direktor einer Stiftung; eine Aufgabe, die ihn auf Reisen um die Welt schickt. Seine Hoffnung auf ein Enkelkind scheint sich zu erfüllen, die Frauen liegen ihm nach wie vor zu Füßen. Einerseits. Andererseits hat ihn Carrie, seine jugendliche Freundin, wegen eines anderen, jüngeren verlassen. Jetzt erwartet sie ein Kind und weiß nicht, wer von beiden der Vater ist. Auch Schmidts Tochter Charlotte zieht sich immer mehr zurück, in ihre eigene Welt aus Teilnahmslosigkeit und Hass. Dabei droht sie nicht nur, sich selbst zu zerstören. Einziger Lichtblick ist Alice, eine Frau, die er vor Jahren bewundert hat, und die plötzlich wieder in sein Leben tritt. Doch haben die beiden eine Vergangenheit, die eine gemeinsame Zukunft nicht ganz leicht macht... Wieder schießt Schmidt nicht selten übers Ziel hinaus und steht sich oftmals selbst im Weg. Was, wenn nach all den Jahren der Liebe und der Einsamkeit die größteHerausforderung noch vor ihm liegt: Was, wenn es an der Zeit ist, sich zu ändern? Mit seiner ganz eigenen Leichtigkeit erzählt Begley, der große Romancier, von Zeiten des Aufbruchs und der Angst, loszulassen und dabei vollends zu verschwinden.
Autorenporträt
Louis Begley, 1933 in Polen geboren, arbeitete bis 2004 als Anwalt in New York. Als Schriftsteller wurde er mit seinem Roman Lügen in Zeiten des Krieges weltweit bekannt. Seine Bücher wurden in 18 Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet.

Christa Krüger übersetzte u.a. Werke von Louis Begley, Penelope Fitzgerald und Richard Rorty. Sie lebt und arbeitet in Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 13.11.2011

Ein Mann wird leiser
Eigentlich wollte er erwachsen werden. Aber wie? Schmidt ist wieder zurück - im neuen Roman von Louis Begley

So, wie er hier auf diesem Foto am Tisch sitzt, irgendwie sorgfältig und weltläufig und ganz bei der Sache, aber gleichzeitig schon auch gelassen, also wie jemand, der seit langem weiß, was er will, und den deshalb das, was um ihn herum geschieht, nicht mehr aus der Ruhe bringt, so schreibt Louis Begley auch seine Bücher. Das neueste heißt "Schmidts Einsicht", der dritte Teil aus dem Leben von Albert Schmidt, verwitweter Pensionär, Antisemit und komplizierter Vater: eine Figur, die mittlerweile so fest zum Personal der amerikanischen Ostküstenliteratur gehört wie Nathan Zuckerman (Roth) oder Harry Angstrom (Updike). Man will einfach wissen, wie es weitergeht mit diesen Typen.

Vor ein paar Jahren saß Begley bei der Frankfurter Buchmesse auf der Bühne und stellte einen neuen Roman vor: "Schiffbruch", darin geht es um einen älteren Schriftsteller aus Amerika, eine junge französische Journalistin und den Sex zwischen den beiden, und weil das in verschiedenen Konstellationen so gut wie in allen Büchern Begleys vorkommt, vor allem in den "Schmidt"-Romanen, konnte man schon etwas ungeduldig werden. Aber dann schlug Begley, er trug einen graublauen Tweedanzug, seine Beine übereinander, kurz blitzten seine roten Strümpfe auf - niemand auf dieser Buchmesse war an diesem Tag besser angezogen. Begley, damals, 2003, gerade siebzig geworden, saß so beherrscht und höflich und cool da, es war schon ein Bildungserlebnis, ihm nur dabei zuzusehen.

Natürlich haben dieser Anzug und die Socken und das sorgfältige Dasitzen etwas mit den Romanen von Louis Begley zu tun. Ihre Welt ist eine sehr privilegierte Welt richtiger Strümpfe und Anzüge und einer Haltung, die nur schwer zu verrücken ist. Und sie wäre weniger präzise ausgemessen, diese Welt, und ihre Haltung nicht so genau konturiert, wenn Begley sich nicht so genau in beidem auskennen würde.

Die Lebensprägung, als kleiner jüdischer Junge mit seinen Eltern den Krieg in Polen überlebt zu haben, ist das eine, eine Erfahrung, die Begley schreibend bewältigt. Das andere aber sind die Jahrzehnte danach, bis heute: als Flüchtling über den Umweg Paris in New York anzukommen, in Harvard Jura zu studieren und in der schneeweißen Welt einer sehr guten New Yorker Anwaltskanzlei aufzusteigen. Das hat Begleys Instinkte geschärft. Und es hat seinen wahrscheinlich schönsten Roman hervorgebracht: "Ehrensachen" von 2007, ein jüdischer Immigrantensohn unter den Kindern der amerikanischen Elite, ein Meisterwerk der feinen Unterschiede.

Aber je älter Begleys Schmidt wird, desto klarer erkennt man diese Karrierekonturen auch an ihm, nur umgedreht eben. Schmidt ist das Establishment und probiert aus, wie weit er gehen kann. Der neue Roman beginnt jetzt dort, wo der letzte, "Schmidts Bewährung", 2001 aufgehört hatte: Albert Schmidt, verkracht mit seiner Tochter, weil sie in eine jüdische Familie eingeheiratet hat, verwitwet seit Jahren, versöhnt mit seiner Ex-Freundin Carrie, einer Kellnerin aus puertoricanischer Familie, dieser Schmidt hat sich in die schöne Alice verliebt. Sie ist die Frau eines Kollegen, der bis zu seinem mysteriös frühen Tod das Pariser Büro der Anwaltskanzlei geleitet hat, deren Partner Schmidt bis zur Pensionierung war, und sie ist, anders als Carrie, die schwanger ist und mit ihrem Freund auf Schmidts Anwesen kurz vor der Spitze von Long Island wohnt, nicht dramatisch jünger als er. Nur zwölf Jahre.

Es ist 1995 in "Schmidts Einsicht", dann 1996, 1998, 2001, am Ende 2008, die Gegenwart des Autors ist in die Gegenwart Schmidts eingebrochen, stärker als je zuvor. Als der zweite Teil erschien, standen die Türme des World Trade Centers noch, jetzt sieht man sie noch einmal fallen, erlebt, in knappen Passagen, die fürchterlichen Bush-Jahre, auch Bernie Madoff kommt kurz vor, vor allem aber sieht man Barack Obama auftauchen und liest, wie Schmidt, der mehr Ressentiments hat als Manhattan Einwohner, sich dazu entschließt, ihn zu unterstützen. (Im wahren Leben ist Begleys Frau, die Schriftstellerin Anka Muhlstein, 2008 amerikanische Staatsbürgerin geworden, um Obama zum Präsidenten wählen zu können.)

Und Begley sitzt so gelassen vor dieser Gegenwart, erzählt seinen Schmidt so konzentriert in diese dramatische Zeit hinein - es fällt kaum ein überflüssiges Wort. Der Roman ist derartig sparsam geschrieben, dass selbst die Anführungszeichen für die vielen, vielen Dialoge fehlen. Neulich, in einem feinen Fernsehporträt des Schriftstellers auf Arte, hat ein ehemaliger Anwaltskollege gesagt, Begley habe allein durch seine leise Stimme und die Art, wie er in einen Raum hineinkam, Autorität ausgeübt. Mit dem Schriftsteller Begley ist es genauso. Er schreibt mit leiser Stimme, und diese leise Stimme schildert dann Ungeheuerlichkeiten, eine nach der anderen. Und man ist auf eine glückliche Weise dankbar dafür, wie lange Begley überlegt, bis er einen Satz schreibt. Es wirkt jedenfalls so.

Am Ende des neuen Romans wird Schmidt die schrecklichsten Dinge erlebt und ausgelöst haben, er fällt mit seiner Tochter Charlotte tief in einen Abgrund hinab und stößt auch Alice weit von sich, als die sich ihm öffnet, und nur die Zeit, die immer weiter verstreicht, was sollte sie auch sonst tun, ist gnädig mit Schmidt, der immer einsamer wird, aber nicht ablassen kann davon, andere Menschen so zu behandeln, als säße er noch in seiner Kanzlei. Alles, was er vom Leben weiß, muss einmal durch dieses Büro hindurch, das aus seinem Innenleben geworden ist. Déformation professionnelle sagt man wohl dazu - bei Begley heißt es, als Schmidts Tochter in der Geschlossenen gelandet ist und der Vater irgendwie wieder Kontakt zu ihr bekommen möchte: "Charlotte wußte, daß seine einzigen handgeschriebenen Briefe Beileidsbekundungen waren." Was für ein kleiner, genialer Satz. Neun Worte und zwei demolierte Leben.

Es gibt dann auch Sätze wie "Wenn wir zusammen sind, will sie nichts als ficken, und sie fickt wie ein tanzender Derwisch" in diesem Roman, aber sie werden weniger, weil Schmidt und seine Freunde (Gil, der Regisseur, und Mike, der Milliardär, der Schmidt in seiner Stiftung beschäftigt) älter werden. Sex ist zwar immer noch die Leitwährung im menschlichen Austausch dieser Männer, Sex und vielleicht noch das Essen in teuren Restaurants und Geld natürlich auch - aber die Einsamkeit wird immer größer und die Furcht vor dem Tod genauso. "Vielleicht klingt es albern, aber es ist wahr: Ich bin erwachsen geworden, ich bin jetzt anders", sagt Schmidt zu Alice, da ist er 77 Jahre alt, und ohne das Ende zu verraten: Es ist noch nicht zu spät für ihn.

Und es ist auch nicht das Ende von Schmidt, weil man so ganz nicht daran glauben kann, dass dieser Mann, ein Mann der Elite und der Clubs, ein Mann, der erst durchatmen kann, wenn genug von seiner Sorte und deren Kinder um ihn herum sind, dass dieser bornierte und genauso gebeutelte Mann wirklich verstanden hat, was in seinem Leben falsch gelaufen ist. Und warum das Richtige richtig lief.

"Redete er über seine sogenannten Gefühle?", fragt sich Schmidt irgendwann - um dann, auf der letzten Seite, im letzten Satz dieses Romans, ja zu sagen zu seinem neuen Leben, dessen Regeln er aber nicht mehr bestimmt. Zum ersten Mal. Man möchte deswegen unbedingt wissen, wie es weitergeht mit diesem Schmidt.

TOBIAS RÜTHER

Louis Begley: "Schmidts Einsicht". Übersetzt von Christa Krüger. Suhrkamp-Verlag, 415 Seiten, 22,90 Euro

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.12.2011

Hiob in Manhattan
Louis Begley schickt in „Schmidts Einsicht“ seinen Helden
durch private und weltpolitische Katastrophen
Dass dieser Roman aufs Ganze gehen wird, ahnt man schon am Beginn, der die Liebe des Helden zu seinem Land mit der Liebe zu einer Frau verbindet. Am Silvestermorgen des Jahres 2008 sehen wir Albert Schmidt, den pensionierten New Yorker Anwalt, erwartungsfroh und voller Angst den letzten Tag des Jahres begrüßen. Es war für ihn so „beschissen“ wie das ganze Jahrzehnt. Schmidt ist mittlerweile 78. Nun aber hofft er, sein Leben könne sich noch einmal zum Guten wenden. Denn heute soll Alice aus Paris ankommen, die französische Lektorin, um die er vor dreizehn Jahren schon einmal geworben hat.
Louis Begley, der 1933 in Polen geboren wurde und als 57-jähriger Anwalt mit dem Roman „Lügen in Zeiten des Krieges“ debütierte, erzählt in „Schmidts Einsicht“, seinem dritten Roman über den Juristen mit dem griesgrämigen Gesicht, die vergangenen dreizehn Jahre seines Helden als eine Katastrophengeschichte, die auf Erlösung zusteuert. Alle Motive, die man aus Begleys Werk kennt, findet man auch hier: die Auseinandersetzung mit dem Judentum, die Bigotterie der Ostküsten-High-Society und des juristischen Establishments, die Abgrenzungsmechanismen der weißen Protestanten gegen die aufstrebenden Einwanderer.
Überraschend ist das feine Netz biblischer Motive, das den Roman zusammenhält. Er erzählt von einer doppelten Läuterung: der Läuterung Nordamerikas und der Läuterung des Helden. Albert Schmidt, der sich immer wieder antisemitischer Regungen verdächtig macht, wird auf eine harte Probe gestellt. Am Ende erweist er sich als ein moderner Hiob, der sich selber prüft: ob er trotz aller Schicksalsschläge ein besserer Mensch werden kann.
Zwei glückliche Tage und die Silvesternacht mit Alice bilden die Rahmenhandlung. Der letzte Tag und die letzte Nacht des Jahres 2008 machen als langer Prolog das Glücksversprechen deutlich, das Alice für ihn bedeutet, mit dem ersten Tag des neuen Jahres als Epilog. Schmidt ist aufgeregt wie ein Pennäler. Aber auch die selbstbewusste Französin, Diplomatentochter und Witwe eines reichen amerikanischen Juristen, fürchtet sich vor dem Sex. Sie habe nicht mehr den Körper einer Fünfzigjährigen, den er kenne, alles sei „schlaff und lasch“ geworden, warnt sie ihn, bevor sie endlich miteinander ins Bett sinken, aus dem Schmidt stolz und glücklich wieder emporsteigt.
Die erste Nagelprobe ist bestanden, und auch die zweite klappt. Die beiden sind zur Silvesterparty bei Mike Mansour eingeladen, dem jüdischen Exil-Ägypter, der es mit Finanzgeschäften zum Milliardär gebracht hat. In „Schmidts Bewährung“ war er der Konkurrent um die Gunst der puertoricanischen Kellnerin Carrie. Nun aber ist er einer seiner besten Freunde. Schmidt arbeitet mittlerweile als Leiter der Stiftung Mike Mansours. Die eine Hälfte der Woche verbringt er in Manhattan, die andere auf Long Island, wenn er nicht im Namen der Stiftung durch Osteuropa reist. Alice versteht sich bestens mit seinen Freunden. Doch etwas Dunkles muss vor dreizehn Jahren geschehen sein, das zwischen ihnen steht. In der Silvesternacht bittet sie ihn, noch einmal über alles nachzudenken.
Was Begley dann erzählt, ist mehr als eine amouröse Komplikation, mehr als die Katastrophengeschichte zweier Familien, die mit alttestamentarischer Wucht von Krankheiten, Tod und Unfällen heimgesucht werden. Der Roman entwirft das Sittengemälde einer Gesellschaft, in der Reichtum an die Stelle göttlicher Allmacht getreten ist und alle Stabilitätsfaktoren, die einmal zu einem glückenden Leben gehörten, gefährdet sind. Wie ein abgehalfterter Parzival torkelt Schmidt auf der Suche nach neuem Glück durch sein Leben. Und er findet es an den verblüffendsten Stellen: etwa dort, wo er Carrie mit einem früheren Nebenbuhler in seinem Poolhaus wohnen lässt und ihnen verspricht, er würde die Ausbildung all ihrer Kinder finanzieren, nicht nur des einen, dessen Vater er sein könnte und das Albert heißt. Und auch seine Tochter Charlotte findet nach einer Fehlgeburt und tiefer Depression zu neuem Lebensglück, als sie das Bild der heilen Familie aufgibt. Dass sie gerade dann durch einen Unfall ums Leben kommt, ist einer der Schicksalsschläge, die Schmidt verkraften muss.
Die Welt, die Begley beschreibt, ist eine Welt ohne Gott, auch wenn die meisten Protagonisten Juden sind oder jüdische Wurzeln haben. Dass es eine „Ehrensache“ ist, sein Judentum nicht abzulegen, auch wenn man es nicht praktiziert, hat Louis Begley im gleichnamigen Roman beschrieben. Nun schickt er Albert Schmidt durch die Hölle seiner Ressentiments nicht nur gegen Juden, sondern auch gegen „schmutzige“ Bulgaren, um ihn am Ende geläutert ans Tageslicht zu befördern. Die Wegmarken der jüngeren amerikanischen Geschichte durchziehen den Roman, vom Vietnamkrieg über die beiden Golfkriege bis hin zu Abu Ghraib und Guantánamo. Schmidts Hoffnung auf „Erlösung und Reinigung“ verbindet sich mit der Präsidentschaft Obamas.
Im Empfinden seiner Hauptfigur überschneiden sich weltpolitische und persönliche Katastrophen. Es geht – für den Helden wie sein Land – um Schuld, Scham, Reue, Umkehr und Vergebung. Doch der Plauderton des Gesellschaftsromans unterhöhlt die gedankliche Strenge. Das „Furchtbare“, das vor Jahren zwischen Alice und Schmidt geschehen ist, stellt sich als schlechter Sex heraus. Darüber kann man wirklich hinwegkommen.
MEIKE FESSMANN
Louis Begley
Schmidts Einsicht
Roman. Aus dem Englischen von Christa Krüger. Suhrkamp Verlag, Berlin 2011. 415 Seiten, 22,90 Euro.
Louis Begley geht in seinem dritten Roman über Albert Schmidt aufs
Ganze. Foto: Anita Schiffer-Fuchs
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension

Gähnende Langeweile hat Louis Begley mit seinem neuen Schmidt-Roman bei Eberhard Falcke ausgelöst, wofür dieser sich mit einer Fundamentalkritik an dem Schriftsteller rächt, den er für völlig missverstanden respektive überschätzt hält. Meist nämlich rechne die Kritik es Begleys Romanen positiv an, wie oberflächlich und leer die Welt der Finanzanwälte in ihnen erscheint, doch Falcke erkennt darin den Substanzmangel des Autor selbst. Begley will nichts und niemanden entlarven, ist Falcke überzeugt, er glaubt tatsächlich, dass jemand, der Geld und einen Harvard-Abschluss in der Tasche hat, kein schlechter Mensch sein kann. Und deswegen sei die Oberfläche des saturierten Lebens auch alles, was Begley interessiere: "Mein Haus, mein Garten, mein Geld, meine Großzügigkeit, meine Frauen und was ich mit ihnen im Bett mache." Das ergibt vielleicht eine Dividende, zuckt Falcke die Schultern, aber doch kein Leben.

© Perlentaucher Medien GmbH
»Die heftigen Erschütterungen, mit denen Louis Begley den Text kontrapunktisch durchsetzt, bannen den Leser bis zur letzten Seite.«
Sandra Kegel, Frankfurter Allgemeine Zeitung 12.11.2011