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Dissidente Partizipation verfolgt den Kurs, den der akademisch gewordene Feminismus seit den frühen I970er-Jahren genommen hat. Angesiedelt an den Schnittstellen von Wissenschaftssoziologie, Hochschulforschung, wissenssoziologischer Diskursanalyse und feministischer Theorie, fragt das Buch ebenso nach dem feminist turn von Wissenschaft wie nach dem academic turn von Feminismus. Analysiert werden die widersprüchlich verlaufenden Prozesse der akademischen Verdichtung und Verstetigung von feministischem Wissen, dessen Produktion als und Transformation in ein akademisch intelligibles Unternehmen…mehr

Produktbeschreibung
Dissidente Partizipation verfolgt den Kurs, den der akademisch gewordene Feminismus seit den frühen I970er-Jahren genommen hat. Angesiedelt an den Schnittstellen von Wissenschaftssoziologie, Hochschulforschung, wissenssoziologischer Diskursanalyse und feministischer Theorie, fragt das Buch ebenso nach dem feminist turn von Wissenschaft wie nach dem academic turn von Feminismus. Analysiert werden die widersprüchlich verlaufenden Prozesse der akademischen Verdichtung und Verstetigung von feministischem Wissen, dessen Produktion als und Transformation in ein akademisch intelligibles Unternehmen im Kontext der mächtigen Mikrostrukturen der Normalwissenschaft sowie der gegenwärtigen Transformationen von Universität und Wissenschaft. Angeleitet sind diese Analysen von der These, dass Teilhabe die prekäre Voraussetzung für Veränderung ist. Diese Bedingung der Möglichkeit feministischen wissenschaftlichen Wissens zeitigt eine Reihe von intellektuellen und institutionellen Aporien, andenen sich die Praxis dissidenter Partizipation entscheidet.
Autorenporträt
Hark, SabineSabine Hark, geboren 1962, ist Soziolog:in und Professor:in für Gender Studies. Hark ist Mitherausgeber:in der Zeitschrift Feministische Studien und leitet das Zentrum für Interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung (ZIFG) an der TU Berlin.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 16.06.2006

So prekär wie heute
Sabine Harks Wissenschaftsgeschichte des Feminismus

Die Soziologin Sabine Hark hat sich in ihrer Potsdamer Habilitationsschrift des Feminismus als Diskursgeschichte angenommen. Das könnte spannend sein, denn es geht nicht nur um den Wandel der Geschlechterrollen, sondern auch um die jüngste Universitätsgeschichte. Hinzu kommt ein verändertes Verständnis des Verhältnisses von Wissenschaft und Gesellschaft, das zunächst der Etablierung des Faches geholfen hat und nun im Rahmen der Wissenschaftssoziologie neue Einsichten ermöglicht. Hark ist das alles bewußt, und ihr Fokus ist vielversprechend. Daß am Ende aus allen Fakten und Theorien primär langweilige Selbstbehauptungsansprüche hervortreten, verdeutlicht die methodischen Gefahren einer mehrfachen wissenschaftlichen Distanzlosigkeit.

Dieser Eindruck wird durch stilistische und analytische Schwächen vermittelt, die das Buch durchziehen. In der Sache bietet es einen Überblick über die allmähliche akademische Institutionalisierung feministischer Perspektiven in der deutschen Forschungslandschaft und besonders an der Universität. Im Rahmen einer internationalen gesellschaftlichen Bewegung entstehen im Verlauf der 1970er Jahre auch an verschiedenen deutschen Universitäten zunächst informelle Projekte und Arbeitskreise. Viel später, nämlich 1986, wird in Frankfurt die erste reguläre Frauenforschungsprofessur eingerichtet.

Hark rekonstruiert Programmschriften, Zwischenrufe und Grabenkämpfe aus den drei vergangenen Jahrzehnten. Vieles davon war fürs politische Tagesgeschäft geschrieben und ist intellektuell reizarm. Wo die Vorlagen besser sind, vermißt man teils originelle Fragen der Autorin, teils nennenswerte Ergebnisse. Ist es wirklich würdig, Bekenntnisse solcher Art auszuloben: "Ich bin der Ansicht, wir müßten damit beginnen, unsere Denkkategorien als sehr spezifische Momente in Raum und Zeit zu begreifen"? Wen überrascht, daß "die Zukunft von Feminismus tatsächlich eine stets offene Frage (ist)"? Daß sich der Feminismus mit seiner akademischen Institutionalisierung transformiert hat, war ernsthaft nicht anders zu erwarten. Als Beitrag zur Wissenschaftssoziologie ist das über weite Strecken zu unpräzise.

Sabine Hark, Spezialistin für Queer Theory, ist zu nah an ihrem Gegenstand. Sie ist zu involviert, um den von ihr gesteckten wissenschaftssoziologischen Rahmen analytisch gewinnbringend auf das Feld zu übertragen und dabei Entdeckungen zu machen. Sie hat es als Gefahr gesehen und weist es dem Leser gegenüber fairerweise in der Einleitung aus. Irgendwann schlägt im Buch die Perspektive um, die Autorin zitiert ihre eigenen Forschungen als Teil der zeitgenössischen Diskursgeschichte. Am Ende überführt Hark die Wissenschaftsgeschichte in die Gegenwart, schließt sich den von ihr beobachteten Traditionen der Frauen- und Geschlechterforschung im wissenschaftspolitischen Wir-Ton an: Unvermittelt reduziert Hark unter den Lesern den Adressatenkreis und fordert von "uns" Disloyalität gegenüber den Disziplinen. Das ist aber kein allgemeiner wissenschaftsethischer Aufruf zur Originalität, sondern richtet sich speziell an die politisch-akademische Mitstreitergemeinde im Klassenkampf der Disziplinen: Wir gegen die Großen!

Aber auch dort, wo der Ton historischer bleibt, überzeugt die Darstellung nicht. Denn die Analyse beschränkt sich an entscheidenden Stellen darin, intellektuell vage Pointen zu setzen und im Ungefähren eines dialektischen Jargons zu bleiben: Immer wieder liest man über "zahllose und unerkannt gebliebene Widersprüche", über "Gegenläufigkeiten" und "Aporien" des Feminismus, Dinge werden als "prekär" oder "paradox" bezeichnet. Aus all diesen nicht zu Ende gedachten Ansätzen aber folgt nichts. Was heißt das für sich genommen schon - "prekär"?

Das Fach Frauen- und Geschlechterforschung hat sich mittlerweile institutionalisiert, es ist zur Disziplin geworden. Es gibt Handbücher, Zeitschriften und einen Kanon. Weil es sich als prinzipiell widerständige Bewegung versteht, tun sich die Protagonisten mit diesem Prozeß der akademischen Normalisierung teilweise schwer und bestehen auf Dissidenz, ihrem Anders-Denken. Das will auch der Titel des Buches ausdrücken. Aber wie denken sie? Über die Moden und den Selbstbehauptungswillen des Fachs gibt das Buch Auskunft; neue Themen, Akteure und Autoren erscheinen und verschwinden. Über deren Überzeugungen und die Kämpfe ums Territorium erfährt man bei Hark viel - wenig oder nichts aber zu den Methoden ihrer Forschung.

MILOS VEC

Sabine Hark: "Dissidente Partizipation". Eine Diskursgeschichte des Feminismus. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 2006. 457 S., br., 16,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

Für gestandene Frauenrechtlerinnen scheint dieses Buch kein ganz perfektes Geschenk zu sein. Hilal Sezgin jedenfalls berichtet nicht nur von der in diesem Buch der Politikwissenschaftlerin Sabine Hark verhandelten Unterscheidung von Feminismus und der "harmloseren" Genderforschung, sie weist auch auf die Aporie eines sich im akademischen Bereich etablierenden Feminismus hin, in dessen Wirkungskreis sie das Buch ansiedelt. Die Frage, wer hier wen beeinflusst und verändert hat, findet Sezgin hinreichend gerade dadurch beantwortet, dass die Autorin sich nicht auf eine Vereinfachung der Sachlage einlässt. Durch die von Hark bemühten Statistiken, die den Erfolg des akademischen Feminismus relativieren, will sich Sezgin nicht beirren lassen und setzt lieber auf die "verschiedenen Blickwinkel", die die Autorin anbietet, den Einbezug entscheidender strategischer und sozialer Faktoren und den dargebotenen Materialreichtum aus weltweit geführten feministischen Debatten. Richtig genervt ist die Rezensentin mitunter von der auch durch die beharrlich verfolgte poststrukturalistische Methode des Buches befeuerte Häufung von offen gelassenen Fragen. Doch liege das eben auch in der Natur der komplexen Sache.

© Perlentaucher Medien GmbH