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Produktdetails
  • Verlag: FISCHER Scherz / Fretz und Wasmuth
  • Originaltitel: La vie interdite
  • Seitenzahl: 285
  • Abmessung: 215mm
  • Gewicht: 446g
  • ISBN-13: 9783502101109
  • ISBN-10: 3502101108
  • Artikelnr.: 23970802
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 03.06.2000

Was nach dem Ende bleibt
Jenseitsgeplauder à la Didier van Cauwelaert
Didier van Cauwelaerts neuer Roman beginnt eine Stunde und 28 Minuten nach dem Tod des Ich-Erzählers: Jacques Lormeau hat um sieben Uhr früh das Zeitliche gesegnet und muss wenig später feststellen: Vom Ende keine Spur. Er weilt – wenn auch unsichtbar und außerhalb seines Körpers – noch immer fest auf Erden, und zwar jeweils dort, wo man gerade an ihn denkt.
Da Jacques ein netter Bursche war und sehr jung (mit 34 Jahren) gestorben ist, gestaltet sich sein posthumes Dasein einigermaßen hektisch. Er eilt auf Umwegen von seiner still trauernden Gattin Fabienne zu seiner bald anderweitig versorgten Geliebten Naila, und von dort in die wirre Gedankenwelt Mademoiselle Toussaints, die auf ihre alten Tage den Buddhismus entdeckt hat und dem armen Verblichenen auf seiner letzten Reise als Geistführerin beistehen will.
Was weiter mit ihm geschehen soll, weiß Jacques nicht, doch wie es sich für einen anständigen Ich-Erzähler gehört, unterhält er den Leser mit hübschen Geschichten. Er serviert Kindheitserinnerungen und Kleinstadtabenteuer, gewürzt mit Situationskomik und tiefsinnigen Sprüchen über das Sein und das Nichtsein.
Leicht verdauliche Kost, möchte man meinen, aber Didier van Cauwelaert strebt nach Höherem. Deshalb verpasst er seinem hobbyphilosophisch behauchten Werklein im allerletzten Kapitel ein postmodernes Sahnehäubchen. „Ich bin leer”, lesen wir da, „ein unbeschriebenes Blatt. Wenn mein Autor an etwas anderes denkt, verliere ich das Zeitgefühl, und mir ist klar, dass meine Existenz mit jedem Satz, in den er mich einfängt, dahinschwindet. ”
Aha: Cauwelaert möchte uns auf die Fiktionalität seines Helden hinweisen, darauf, dass das Roman-Ich nur aus Worten besteht und Jacques mit der letzten Zeile gleichsam einen zweiten Tod stirbt. Leider scheitert der Versuch, den Text mit diesem Finale in die Kategorie „selbstreflexive Prosa” zu hieven. Zu plump ist der Zaubertrick und zu belanglos das Geplauder auf den 384 Seiten davor.
„Ob die Leute, die den Roman nach seiner Veröffentlichung kaufen, mir ein wenig Leben geben, mich während der Lektüre zu sich rufen”, fragt bang der sich auflösende Jacques Lormeau. Kaufen? Wieso?
SACHA VERNA
DIDIER VAN CAUWELAERT: Auf Seelenspitzen. Roman. Aus dem Französischen von Doris Heinemann. Fretz & Wasmuth Verlag, München 2000. 286 Seiten, 39,90 Mark.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Als "Jenseitsgeplauder" bezeichnet Sacha Verna diesen aus dem Französischen übersetzten Roman. Der aus der Perspektive des bereits Verschiedenen vom Tod-Sein und aus seinem Leben berichtende Ich-Erzähler liefert, laut Verna, kaum mehr als Plaudereien: Da gibt es die trauernde Gattin, die bald einen anderen findet und eine zum Buddhismus bekehrte ältere Dame, die sich ihm als "Geistführerin" anbietet, dazu Kindheitserinnerungen und sowohl komische als auch tiefsinnige Sprüche aus dem Sein und Nichtsein in einer Kleinstadt. Hätte der Autor am Schluss dem Ganzen nicht noch ein "postmodernes Sahnehäubchen" verpasst, in dem er die Fiktionalität seines Protagonisten heraushebt, dem nur durch das Schreiben des Schreibers und das Lesen des Lesers Leben eingehaucht wird, wäre das alles nicht mehr als "leicht verdauliche Kost". Und eigentlich ist es das auch mit diesem eher "plumpen Zaubertrick" geblieben, befindet Verna.

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