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Dieses Buch will Männer aus der Lethargie reißen, denn sie sind die Verlierer der herrschenden gesellschaftlichen Prinzipien. Die Frau als Opfer ist, laut Gruner, eine Schimäre, die höchst erfolgreich im breiten öffentlichen Bewusstsein verankert ist. Dagegen schreibt er an.

Produktbeschreibung
Dieses Buch will Männer aus der Lethargie reißen, denn sie sind die Verlierer der herrschenden gesellschaftlichen Prinzipien. Die Frau als Opfer ist, laut Gruner, eine Schimäre, die höchst erfolgreich im breiten öffentlichen Bewusstsein verankert ist. Dagegen schreibt er an.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.09.2000

Übervolles Tränenfässlein
Ein Mann weint sich über die Frauen aus
PAUL-HERMANN GRUNER: Frauen und Kinder zuerst. Denkblockade Feminismus. Eine Streitschrift. rororo, Reinbek 2000. 224 Seiten, 14,90 Mark.
Im ersten Jahrzehnt unseres neuen Jahrtausends profitieren junge Frauen von den Siegen der Frauenbewegung. Doch das Thema Feminismus ist für sie in den Hintergrund gerückt. Individualität ist angesagt, nicht kollektiver Kampfgeist. Viel Kampfgeist dagegen, stellvertretend für das männliche Geschlecht und das männliche Bewusstsein, demonstriert der Autor Paul-Hermann Gruner, der den Frauen und der Frauenbewegung mal gründlich die Meinung sagen will. Jenen nämlich, die sich auftrumpfend, unsensibel und selbstgerecht auf die Lorbeeren betten, die ihre Vorgängerinnen im Kampf um Gleichheit und Gleichberechtigung errungen haben.
Also zieht Gruner, Politikwissenschaftler, Autor, Redakteur und bildender Künstler, beredt und beleidigt ins Gefecht. Seine Hauptwerkzeuge seien Ironie, Sarkasmus, Satire, versichert der Klappentext. Gerne hört man die Botschaft, dass da einer der Frauenbewegung Schnitzer, Fehlschüsse, Defizite nachweisen will: Polemische Kritik auf diesem Feld ist keineswegs neu, doch stets aufs Neue interessant. Zunehmend aber verliert man während der Lektüre den Glauben daran, dass sich da ein streitbarer Geist mit der Frauenbewegung lustvoll auseinander setzen möchte.
Die besseren Menschen
Vielmehr füllt sich das Tränenkrüglein des unter Verletzung, Unterdrückung und Ungerechtigkeit leidenden männlichen Opfers bis zum Überquellen. Er verhält sich wie jene Zeitgenossen, die Paul Watzlawick in seiner „Anleitung zum Unglücklichsein” beschreibt – und setzt sich dabei dem gleichen Vorwurf aus, den er eingangs der „fest installierten Ignoranz der Frauenbewegung” macht. Sie nämlich sondere aus, was nicht zu ihren Denkschraffuren passe. Paul-Hermann Gruner tut das ebenso. Sein Buch enthält, flott formuliert, eine stattliche Reihe von Quellenangaben und Fußnoten, die in seine Denkmuster passen und die er einseitig interpretiert. Mit den Medien geht er hart ins Gericht, weil die vorwiegend den weiblichen Blickwinkel betonten.
Dafür gibt es Beispiele in jedem Kapitel. Besonders eindrucksvoll ist das zweite mit dem Tenor, Frauen seien die besseren Menschen, übernähmen aber keine Verantwortung. Darin dreht Gruner anerkannte und bekannte Defizite, etwa das Phänomen der „Nur-Hausfrau”, so hin, als (verab)scheuten Frauen generell den Aufstieg in Karrierepositionen.
Ähnlich verfährt er, wenn er sich mit dem, ebenfalls weithin bekannten, Phänomen des „schweigenden Mannes” befasst. Viele Gründe für das Schweigen der Männer und dessen Ursachen werden zitiert, und Gruner tut so, als seien ausschließlich die Frauen dran schuld, dass es den Männern die emotionale Sprache verschlagen hat. Auch im herrschenden Ehescheidungsrecht seien die Frauen stets die Gewinnerinnen, während sich mit dem Los der ausgetricksten, finanziell am Rand des Ruins stehenden Männer kaum ein Medium befasse.
Männliches Trugbild
Blödmänner, Männchen seien die Männer, die dem Trugbild anhingen, die Welt funktioniere zu ihren Gunsten – in seiner überzogenen Argumentation wirkt Gruner manchmal steinzeitlich. Mann solle es endlich nicht weiter der Frau Recht machen wollen, Mann solle endlich sich selbst menschen- und vernunftgemäß einrichten, fordert er am Ende. Schluss solle sein mit der massiven Verächtlichmachung eines gesamten Geschlechts.
Das allerdings gilt für das männliche wie das weibliche Geschlecht: Es gilt für das Menschengeschlecht. Defizite, Selbstgerechtigkeit, Rollenfixiertheit, Quotendenken, das zum Herrschaftsdenken verkommt – solche Fehlleistungen gibt es bei bewegten Frauen genauso wie bei bewegten Männern. Doch gar so einseitig wahrgenommen, wie es der Verfasser gerne hätte, werden sie nun wirklich nicht. Und dass Gruner eine satirische Giftnudel wie die australisch-englische Bestsellerautorin Kathy Lette offensichtlich buchstäblich beim Wort und ernst nimmt, ist ein weiteres Indiz dafür, dass ihm die ironisch-satirische Distanz zu seinem Gegenstand im polemischen Eifer abhanden gekommen ist.
Erst solle man „dieses Buch durchlesen, dann vernichten. Dann ärgern. Dann denken. Und das Gespräch suchen”. – So lautet die etwas abstrus formulierte Gebrauchsanweisung des Autors. Für den Gesellschaftskundeunterricht in der Schule könnte man seine Streitschrift gut einsetzen; das Thema sollte dann vielleicht heißen: „Die Empfindlichkeit des Mannes – Anmerkungen zur Individualität und zum Identitätsbewusstsein am Ende des Millenniums”. So etwas zieht immer.
BIRGIT WEIDINGER
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Eine lustvolle Auseinandersetzung mit den "Schnitzern, Fehlschüssen, Defiziten" der Frauenbewegung hätte sie gerne gelesen, betont die Rezensentin Birgit Weidinger. Darum aber handle es sich bei Paul-Hermann Gruners Polemik nicht. Stattdessen nichts als männliches Selbstmitleid, einseitige Polemik und "steinzeitliche" Argumente. Die Medien und Institutionen der heutigen Gesellschaft, so wohl die Grundthese des Buches, bevorzugen immer die Frauen, die wiederum eigentlich noch nicht einmal Karriere machen wollten. Also ruft Gruner zur Selbstermächtigung der Männer auf - und die Rezensentin kommt zu dem Schluss, dass diese Streitschrift bestenfalls als Anschauungsobjekt zum Thema "Die Empfindlichkeit des Mannes"