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Kindheit in Deutschland - ein Armutszeugnis
"Wollen wir uns damit abfinden, ein Land zu sein, in dem die Zahl armer Kinder Jahr für Jahr zunimmt? In dem schon Kinder im Grundschulalter sich abgeschrieben fühlen - von uns, von ihren Lehrern, oft sogar von ihren eigenen Eltern? 'Arme Kinder, reiches Land' erzählt von denen, die auf vieles verzichten müssen, die keine Kindheit, keine Schulerfolge und keine Hoffnung mehr haben. 'Arme Kinder, reiches Land' stellt beunruhigende Fragen, die uns alle angehen." Katja Riemann, UNICEF-Botschafterin
"Dass in einem reichen Land wie Deutschland zwei
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Produktbeschreibung
Kindheit in Deutschland - ein Armutszeugnis

"Wollen wir uns damit abfinden, ein Land zu sein, in dem die Zahl armer Kinder Jahr für Jahr zunimmt? In dem schon Kinder im Grundschulalter sich abgeschrieben fühlen - von uns, von ihren Lehrern, oft sogar von ihren eigenen Eltern? 'Arme Kinder, reiches Land' erzählt von denen, die auf vieles verzichten müssen, die keine Kindheit, keine Schulerfolge und keine Hoffnung mehr haben. 'Arme Kinder, reiches Land' stellt beunruhigende Fragen, die uns alle angehen."
Katja Riemann, UNICEF-Botschafterin

"Dass in einem reichen Land wie Deutschland zwei Millionen Kinder in Armut leben, ist erschreckend. Doch es geht nicht um Statistiken, es geht um individuelle Schicksale. Huberta von Voss gibt Kindern in Armut eine Stimme. Ihr Buch stellt notwendige Fragen. Und es zeigt Möglichkeiten zum Eingreifen, bevor es zu spät ist."
Bischof Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland
Autorenporträt
Huberta von Voss, Jahrgang 1967, hat als Journalistin gearbeitet, bevor sie als Sprecherin zu Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth wechselte. Zurzeit ist sie Gutachterin für menschenrechtliche Fragen im wissenschaftlichen Dienst des Bundestags. Von 1997 bis 2002 begleitete sie ihren Mann, Dr. Peter Wittig, an die Botschaften von Beirut und Nicosia. Sie lebt mit Ihrem Mann und ihren drei Kindern in Berlin.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.11.2008

Nicht nur Mitgefühl
Um beim Kampf gegen die Kinderarmut voranzukommen, muss ökonomisch argumentiert werden
Ein Thema, zwei Bücher und zwei sehr unterschiedliche Herangehensweisen: Kinderarmut in Deutschland. Huberta von Voss, die ehemalige Sprecherin von Rita Süssmuth, hat arme Kinder aufgesucht. Ihre Schicksale schildert sie in Kapiteln wie „Hunger und Hartz IV”, „Wunsch und Wirklichkeit” oder „Flucht und Sucht”. Die vielen Geschichten sind hin und wieder unterfüttert mit Zahlen und Fakten und, sicher, die meisten von ihnen sind auch ergreifend. Schließlich handelt es sich um arme Kinder, die nichts dafür können, dass sie in die falsche Familie hineingeboren wurden. Doch je mehr man diese Geschichten liest, umso mehr fragt man sich: Ja, und nun?
Voss mag ein mitleidendes Herz haben und sie hat viel recherchiert, doch das reicht nicht. Eher ärgerlich sind die vielen Verweise auf die eigene Situation: Wenn sie ein einsames Kind sieht, denkt sie an den gut betreuten Sohn zu Haus; bei der 22-jährigen ledigen Mutter fällt ihr die eigene Biographie als junge schwangere Frau ein. Zu betulich wirkt das Ganze, zu sehr erinnert es an Erzählungen ehrenamtlich tätiger Ehefrauen, die ihr soziales Herz entdecken und nun die Welt retten wollen.
Aber: Vielleicht tut man diesem Buch unrecht, vor allem wenn man es in den direkten Vergleich mit der Studie der Wirtschaftsjournalistin Ulrike Meyer-Timpe stellt. Hier spricht die Fachfrau. Die Zeit-Autorin beschäftigt sich seit Jahren mit sozialpolitischen Fragen. Auch Meyer-Timpe hat arme Kinder besucht und schildert ihr Schicksal. Dazu liefert sie einen Überblick über die wirtschaftlichen Hintergründe. Wer weiß schon genau, wie die Bundesregierung das Existenzminimum errechnet? Welche Statistiken dienen als Grundlage, welches Sozialgericht hat was wann zu sagen? Hochaktuelle politische Diskussionen, sei es nun über die Höhe des Kindergeldes, die Neuregelung bei den Hartz-IV-Beträgen oder die verschiedenen Schulreformen, werden aufgegriffen und erläutert.
Dies alles ist keine einfache Lektüre: Es hagelt Zahlen und Daten, dazu Zitate von Wissenschaftlern, Lehrern, Sonderpädagogen und anderen Spezialisten. Die Autorin liefert so beides ab: eine aufrüttelnde Lektüre und ein fundiertes Sachbuch. Die wichtigste Botschaft ist bitter, sie heißt: Kinderarmut ist zu teuer, als dass wir sie uns leisten könnten. Wer an den Kindern spart, muss eines Tages dafür bezahlen. Doch es geht auch anders. Meyer-Timpe berichtet von Langzeitstudien aus den USA, bei denen sich gezeigt hat: Jeder intelligent investierte Dollar in arme Kinder rechnet sich. Das Kosten-Nutzen-Verhältnis liegt bei 1:17.
Hierzulande mag man so etwas nicht hören. „Viele Deutsche”, so schreibt die Autorin, „empfinden es als inhuman, in Kindern vor allem zukünftige Steuerzahler und Arbeitskräfte zu sehen.” Genau darum geht es, neben aller Betroffenheit über arme Kinder, die sich nicht einmal ein warmes Mittagessen pro Tag in diesem reichen Land gönnen können: um den ökonomischen Schaden für die Gesamtwirtschaft. Noch ein Zitat: „Die Umweltbewegung hat es vorgemacht. Solange sie allein die Zerstörung der Natur und das Aussterben von Tier- und Pflanzenarten beklagte, gab es bestenfalls ein wohlmeinendes Nicken. Erst seitdem sie ökonomisch argumentiert und auf die Schäden für die Volkswirtschaft verweist, folgen plötzlich Taten.”
Ulrike Meyer-Timpe berichtet von Nachbarschaftshilfen und Mittagstischen für arme Kinder. Überall im Land regt sich der Bürgerwille, zumindest das ist erfreulich. Alle sind gefordert. Denn unbestritten ist: Jeden Tag werden arme Kinder geboren, mit Schicksalen wie David, der kerngesund, als Kleinkind in seiner Entwicklung zurückblieb, weil ihn seine junge Mutter aus Unwissenheit überhaupt nicht förderte. Schon Daniels Großmutter lebte von Sozialhilfe, gut möglich, dass er mit zehn Jahren als Berufswunsch angeben wird: „Ich werde Hartzer.”
Armut ist längst erblich in diesem Land. DOROTHEA HEINTZE
HUBERTA VON VOSS: Arme Kinder, reiches Land. Ein Bericht aus Deutschland. Rowohlt Verlag, Hamburg 2008. 224 Seiten, 14,90 Euro.
ULRIKE MEYER-TIMPE: Unsere armen Kinder: Wie Deutschland seine Zukunft verspielt. Pantheon Verlag, Berlin 2008. 208 Seiten, 12,95 Euro.
In Deutschland driften Arm und Reich immer weiter auseinander. Die Ungleichheit bei den Einkommen und die Armut – gerade auch von Kindern – haben hierzulande in den vergangenen Jahren nach einer OECD-Studie stärker zugenommen als in anderen Ländern. 2005 lebten demnach 10,5 bis 11 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsschwelle. Nicht nur die Berliner „Stiftung Jona” kümmert sich um bedürftige Kinder. dpa
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 28.11.2008

Aber stundenlang telefonieren ...

Huberta von Voss reist durch Elendsviertel in Deutschland und zeigt auf, dass für manche verwahrloste Kinder die Familie ein sehr gefährlicher Ort ist.

Von Uta Rasche

Eine Reise durch die Elendsviertel Deutschlands, fernab pulsierender Innenstädte und gepflegter Speckgürtel-Gemeinden, hat Huberta von Voss angetreten. Die Journalistin - selbst Mutter von vier Kindern - schildert, mit welchen Defiziten Jungen und Mädchen aufwachsen, deren Leben überschattet ist von Arbeitslosigkeit oder Krankheit der Eltern, von Überschuldung und Hoffnungslosigkeit, von Alkohol und Drogen, von Überforderung und Teilnahmslosigkeit, von Gewalt in der Ehe oder gegen die Kinder. Sie hat mehr als zwei Dutzend Einzelschicksale zusammengetragen und gewinnt Einblicke, die in ihrer Detailtreue die Augen öffnen für das vielfältige Versagen von Eltern und Institutionen.

Ihre Recherchen führen sie jedoch auch an die Orte, an denen engagiert und unbürokratisch geholfen wird, oftmals aus christlicher Motivation. Ihr Buch ist insofern ein Reiseführer an Orte der Hoffnung, und der Leser staunt anerkennend, wie viele Aktivisten der Nächstenliebe unverzagt - und oftmals auch unbezahlt - ihren Dienst verrichten. Da sind die Mitarbeiter des freikirchlichen Kinder- und Jugendwerks "Arche" mit seinen Kantinen und Kinderhorten in Berlin-Hellersdorf, Hamburg-Jenfeld und München-Moosach, das für warmes Essen, Bildung und Betreuung der Kleinsten sorgt. Da ist der katholische Pfarrer Franz Meurer, der in der Gemeinde St. Theodor in Köln-Vingst ein Nachbarschaftscafé organisiert und im Keller der Kirche Kleiderkammer, Lebensmittelausgabe und ein Möbellager für Bedürftige sowie Duschen und Waschmaschinen für Obdachlose unterhält. Da ist Hans-Jürgen Eggert, der mit seinem Verein "Der rettende Engel" jedes Jahr 200 bis 300 Menschen in der Uckermark hilft. Dort ist jeder Fünfte arbeitslos. In der Herbartschule in Essen-Katernberg sind nur zehn Prozent der Schüler deutscher Herkunft, doch von dem Projekt "Geige statt Gameboy", in dem die Schüler in Kooperation mit der Essener Philharmonie jedes Jahr ein Musiktheaterstück aufführen, profitieren alle.

Während das Buch im ersten Teil eine Fahrt durch die Republik ist, ist es im zweiten Teil auch eine Erkundung Berlins jenseits der bürgerlichen Viertel: Die Autorin lässt Straßenkinder vom Alexanderplatz aus ihrem früh verpfuschten Leben berichten und fragt einen Kinderarzt aus Moabit nach seinem Rezept gegen das Elend. Der kümmert sich um die entwicklungsverzögerten oder behinderten Kinder benachteiligter Eltern. Er plädiert für Elternschulen, die Grundregeln vermitteln sollten: dass man mit Kindern sprechen muss, damit sie sprechen lernen, dass man sie an die Hand nehmen muss, damit sie laufen lernen, dass man mit ihnen spielen muss, damit sie ihre Finger bewegen lernen, dass man sie waschen und anziehen muss, damit sie nicht krank werden, und dass sie andernfalls ärztliche Hilfe brauchen. In seiner Praxis gibt es einen Fundus gespendeter Kleider, damit er, falls ein Kind ohne Unterhose kommt, ihm eine geben kann.

Das Beängstigende und Frustrierende an dem Buch ist, dass deutlich wird, dass Verwahrlosung und Armut zumeist von Generation zu Generation weitergereicht werden. Vernachlässigte Kinder vernachlässigen wiederum ihre Kinder. Wer selbst keine Fürsorge und keine Liebe erfahren hat, kann dem eigenen Nachwuchs - zumeist viel zu früh in die Welt gesetzt - keine glückliche Kindheit schenken. Dabei sind die ausgewählten Einzelschicksale in der Mehrzahl keine Kinder aus Einwandererfamilien, sondern des deutschen Subproletariats. Deutlich wird auch, dass nicht Kinder an sich die Familien arm machen, sondern die Versäumnisse der Eltern: Ratenkäufe, mangelnde Bildung, fehlende Ausdauer bei der Arbeitssuche, eine Ehescheidung, deren Kosten nicht bedacht wurden, weitere Schwangerschaften, obwohl schon für die älteren Kinder das Geld kaum reichte.

Kinder, die in vermüllten Wohnungen leben, verfilzte Haare und kaputte Zähne haben und wochenlang nichts Richtiges zu essen bekommen, sind Extremfälle. Doch Eltern, die überrascht sind, dass ihnen der Strom abgestellt wird, wenn sie monatelang keine Rechnung bezahlen, und die nicht begreifen, dass es teuer ist, stundenlang mit dem Handy zu telefonieren, gibt es häufiger, als man sich in Zehlendorf vorstellen kann. Das leider etwas nachlässig lektorierte Buch vermittelt eine erschütternde Erkenntnis: dass die Familie, die unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes steht, für manche Kinder ein gefährlicher Ort ist.

Huberta von Voss: Arme Kinder, reiches Land. Ein Bericht aus Deutschland. Mit einem Vorwort von Eva Luise Köhler. Rowohlt Verlag, Hamburg 2008. 224 S., 14,90 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

In einer Mehrfachbesprechung widmet sich Johan Schloemann Büchern, die im Gewand der Sozialreportage Armut, Chancenlosigkeit und Gewalt zum Thema machen, die ihm aber in ihren Absichten und Wirkung nicht ganz geheuer geheuer sind. Ein Ausnahme bildet Huberta von Voss' Buch "Arme Kinder, reiches Land", für das die Autorin Hilfsprojekt besucht hat, die sich um Kinder kümmern, für die sich sonst niemand interessiert. "Sanft und zuhörend" gehe, die Autorin dabei vor, vielleicht sogar ein wenig "mütterlich" im Ton, doch Schoemann ist dies allemal lieber als der von anderen Publikationen forcierte Panikdiskurs.

© Perlentaucher Medien GmbH