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In dieser Autobiographie beschreibt Alexander Schalck-Golodkowski sein ungewöhnliches Leben und lässt seine Leser hinter die Kulissen der Macht blicken. Er erzählt von seinem beruflichen Aufstieg und Fall, von Erfolgen und Niederlagen und seinen Erlebnissen in den höchsten Zirkeln der Partei- und Staatsführung. Er berichtet auch von seinen Begegnungen mit vielen bundesdeutschen Spitzenpolitikern und von den Erfahrungen, die er als Geheimdiplomat auf gesamtdeutschem Parkett sammelte.

Produktbeschreibung
In dieser Autobiographie beschreibt Alexander Schalck-Golodkowski sein ungewöhnliches Leben und lässt seine Leser hinter die Kulissen der Macht blicken. Er erzählt von seinem beruflichen Aufstieg und Fall, von Erfolgen und Niederlagen und seinen Erlebnissen in den höchsten Zirkeln der Partei- und Staatsführung. Er berichtet auch von seinen Begegnungen mit vielen bundesdeutschen Spitzenpolitikern und von den Erfahrungen, die er als Geheimdiplomat auf gesamtdeutschem Parkett sammelte.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 31.03.2000

Liebling der Saison
"Meine Macht war das Geld": Alexander Schalck-Golodkowski publiziert seine Erinnerungen

Ein Kapitalist mit menschlichem Antlitz, das ist Alexander Schalck-Golodkowski. Als Leiter des Geschäftsimperiums "Kommerzielle Koordinierung" hat er von 1966 bis 1989 alles veräußert, was in der DDR so zu haben war: Antiquitäten, Hafterleichterungen, guten Willen und vieles mehr. Als es dann im Dezember 1989 überstürzt ans Ausreisen ging, hat Schalck erst gut geplant und dann, kurz bevor er sich den eigenen Leuten entzog, spontane Abschiedstränen vergossen. Er weinte, aber er kam: zum BND, dessen Beamten er einige spannende Wochen bereitete. Was davon längst bekannt ist, hat er jetzt in seiner Autobiographie nochmals aufgeschrieben. Der Rowohlt-Verlag hat sie - gegen den Protest einiger Autoren des Hauses - veröffentlicht.

Von seinen Tränen ist in Schalcks Buch nicht die Rede, das gestern im Berliner Palais am Festungsgraben vorgestellt wurde. Von anderen Dingen ist auch nicht die Rede, wie das bei "Erinnerungen" üblich ist. "Wir haben von vorne angefangen", schreibt Schalck über die neue Heimat am Tegernsee, "meine Frau hat für unser Auskommen gesorgt. Am Anfang hat sie als Verkäuferin in einem bayerischen Möbelgeschäft gearbeitet." Das Ehepaar Schalck: ganz gewöhnliche Leute, Spielball der Geschichte in harter Zeit? Das nimmt sich bei der Lektüre wenig glaubwürdig aus, aber während Schalck aus der Einleitung seiner "Deutsch-deutschen Erinnerungen" vorlas, während er - etwas holprig, ungeübt im lauten Lesen - die offizielle Version seiner Geschichte darbot, wirkte er so offenherzig, dass es keine Überraschung gewesen wäre, hätte die Rührung ihn übermannt. Er dankte seinem Publikum - bei seinem Auftritt hatte es nicht geklatscht. Er saß gefasst dieser schweigenden Richterschar gegenüber und sprach, leicht berlinernd, von den vielen Leuten, "die eine feste Meinung über mich haben - und meistens keine gute". Schalck wirkte schüchtern. Ein Satz war es nicht: "Meine Macht", sagte er, "war das Geld." In den dreiundzwanzig Jahren seiner KoKo-Leitung hat er rund 26 Milliarden DM für die DDR erwirtschaftet. Weil er sich auf den Kapitalismus versteht und außerdem Gefühlsmensch ist, fanden er und seine Frau in Rottach-Egern ihre Zuflucht. Der ehemalige Zuckerbäckerlehrling steht sich gut mit dem örtlichen Konditor, der ihm, wie der "Tagesspiegel" schrieb, eine Warnung zukommen lässt, wenn wieder einmal ein Kamerateam anrückt.

Franz Josef Strauß soll an Schalck nur eines wirklich gestört haben: dass er - begeisterter Konspirateur, der er war - auch in geschlossenen Räumen eine Sonnenbrille trug. Im Übrigen waren Strauß und Schalck gleichgestimmte Seelen, die beide Sinn für die Devise hatten, dass der gute Staatsdiener zuerst sich selbst und die Seinen bediene. Sigrid Schalck-Golodkowski leitete die KoKo-Arbeitsgruppe "Sonderbeschaffung", die für die Belieferung von Wandlitz zuständig war. Die Kundschaft hat sich revanchiert: Alexander Schalck ist einer der ganz wenigen Ostdeutschen, die in der DDR zu Reichtum gekommen sind. Obendrein ist er einer der ganz wenigen gutsituierten Ostdeutschen, die ihren Wohlstand über die Wende hinwegretteten.

Sein Weg hat ihn von einem Geheimdienst zum nächsten und von einem hübschen See in Brandenburg an den auch sehr hübschen Tegernsee geführt. Welchen der beiden Seen die Ostdeutschen ihm mehr verargt haben, ist nicht ganz klar. Der Rowohlt-Verlag war jedenfalls ziemlich in Sorge, ob die Präsentation der Autobiographie im ehemaligen Berliner Osten ungestört vonstatten gehe. Aber die einzigen Ostdeutschen, die sich dann zu Wort meldeten, waren alte DDR-Funktionäre, darunter Günter Peters, der ehemalige Stadtbaudirektor des Berliner Magistrats, der vor zwanzig Jahren die Siedlung von Marzahn plante und jetzt Schalck in Dankbarkeit für sein Wirken ein Buch verehrte.

In Westdeutschland wird dem Devisenbeschaffer, der sich gegen das Wort "Beschaffer" seit Jahren vergeblich wehrt, vor allem vorgehalten, dass seine KoKo die Antiquitätenbesitzer mit rauhen und teils widerwärtigen Methoden um ihr Eigentum gebracht habe. Nur die westdeutschen Politiker ließen den charmanten Schalck nie ganz fallen. Der Mann, der soviel wusste, war für sie stets ein verlässlicher Verhandlungspartner gewesen. Manche Unbill, die andere Überläufer trifft, ist ihm erspart geblieben.

Günter Gaus hat anlässlich der Buchpräsentation eine Rede gehalten, in der er weniger Schalck, sondern in erster Linie die DDR verteidigte - nicht weil der Staat so schön gewesen sei, sondern weil "die Teilung einer Nation in Selbstgerechte und Sündenböcke auf einem Sockel aus Gleichgültigen" es dieser Nation sehr schwer mache, "ihre Geschichtsmächtigkeit zurückzugewinnen". Dabei werden Schalcks Erinnerungen den Deutschen auch nicht helfen. Aber er hat anschaulich beschrieben, wie Wandlitz mit Westware versorgt wurde.

FRANZISKA AUGSTEIN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 10.07.2000

Der stille Charme des Status quo
Alexander Schalck-Golodkowski stilisiert sich zum Kämpfer gegen das DDR-Regime, dem er so effizient diente
ALEXANDER SCHALCK-GOLODKOWSKI: Deutsch-deutsche Erinnerungen, Rowohlt Verlag, Reinbek 2000. 352 Seiten, 45 Mark.
Mittlerweile ist es schon fast zur Gewohnheit geworden, dass ungefähr alle sechs Monate ein weiterer SED-Kader aus der Versenkung auftaucht, weil er seine Memoiren geschrieben hat. Überraschungen birgt diese Publikationsflut nur insofern, weil festzustellen ist, dass der eine oder andere, der schon im stürmischen Herbst 1989 ein gesegnetes Alter erreicht hatte, noch unter uns weilt. In der Regel geben die greisen Herren ihre Lebensbeichte bei Verlegern heraus, die sich einer kleinen, aber treuen Leserschar verpflichtet fühlen. Alexander Schalck-Golodkowski, seinerzeit Herr über das mächtige Finanzimperium „Kommerzielle Koordinierung” (KoKo), unterscheidet sich vor allem in einer Hinsicht von seinen früheren ZK-Genossen: Schalck ist ein marktwirtschaftlich denkender Mensch. Deshalb erscheinen seine Memoiren auch nicht in irgendeinem kleinen Verlag für obskure sozialistische Erbauungsliteratur, sondern im angesehenen Haus Rowohlt.
Schalck-Golodkowski wird 1932 in Berlin geboren. Sein Vater ist ein russischer Emigrant, den es auf der Flucht vor den Bolschewisten erst nach Danzig und dann nach Berlin verschlägt, wo sich der ehemals wohlhabende Mann als Droschkenkutscher durchschlagen muss. Als er 1941 zum Militärdienst eingezogen wird, kommt der einzige Sohn des Ehepaars Schalck auf ein staatliches Internat. Seinen Vater sieht er das letzte Mal im Juli 1945, als dieser ihm mitteilt, dass er sich am kommenden Tag bei der sowjetischen Kommandantur in Berlin-Pankow melden müsse. Nach seiner Lehre in den Elektro-Apparate-Werken „J. W. Stalin” wird Schalck Feinmechaniker und tritt 1951 in die FDJ ein. Wenig später fängt er als Sachbearbeiter bei der Hauptabteilung Maschinenbau im Außenhandelsministerium an. Was dann folgt, ist eine beispiellose Karriere unter den Bedingungen der sozialistischen Aufbaugesellschaft.
Nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 steigt Schalck zum Abteilungsleiter auf, darf das erste Mal ins westliche Ausland reisen und wird bald darauf auch SED-Mitglied. Mit knapp dreißig Jahren avanciert er zum ersten Sekretär der Betriebsparteiorganisation und lernt so den Apparat von der Pike auf kennen. Im Frühjahr 1966 schlägt dann seine große Stunde, als auf Initiative des MfS die Entscheidung ergeht, die staatlichen Außenhandelsunternehmen aus der Planwirtschaft herauszunehmen und zu einem eigenständig wirtschaftenden Sonderbereich zusammenzufassen. Vorbild für das Vorhaben, eine „maximale Erwirtschaftung kapitalistischer Valuten außerhalb des Staatsplanes” zu erreichen, werden die deutsch-deutschen „Kirchengeschäfte”.
Anfang der sechziger Jahre hatte die DDR durch ihre Geschäfte mit dem Diakonischen Werk erstmals entdeckt, wie sich die chronisch defizitäre Zahlungsbilanz über den Häftlingsverkauf aufbessern lässt. Schalck wird „Offizier im besonderen Einsatz”, Staatsekretär und Leiter des eng mit dem MfS verflochtenen Unternehmenskomplexes. Mit großem Einfallsreichtum, teilweise unter Umgehung nationaler und internationaler Gesetze, baut der findige Schalck ein Firmenimperium auf, das gegen Ende der achtziger Jahre an die 230 Einzelbetriebe in In- und Ausland umfasst. Ganz dem Effizienzprinzip verpflichtet, beliefert KoKo Freund und Feind mit Waffen, entsorgt den Giftmüll des bundesdeutschen Gegners, organisiert die planmäßige Enteignung von Kunst und Antiquitäten und erzielt nicht zuletzt mit dem nie versiegenden Strom politischer Häftlinge Milliardengewinne.
Auch die Industriespionage gehört zu Schalcks Metier. Gleichzeitig fungiert er mit Beginn der sozialliberalen Koalition als geheimer Unterhändler der Regierung Honecker.
Heimlicher Held
Es war nicht zu erwarten, dass Schalcks persönliche Sicht mit der historischen Realität übereinstimmen würde, aber die Unverfrorenheit, mit der sich hier ein ehemals führender Exponent des Repressionsregimes zu einem Vorkämpfer der deutsch-deutschen Entspannung stilisiert, ist dann doch atemberaubend. Jenes extrem verzerrte Geschichtsbild erklärt auch, warum sich Schalck heute als Verlierer der Geschichte wähnt: Obwohl er die deutsche Wiedervereinigung doch überhaupt erst ermöglicht hat, erfährt er nach dem Untergang der DDR nicht etwa Dank der Nation, sondern wird mit Schimpf, Schande und Strafprozessen überzogen.
Leider verwechselt Honeckers früherer Bevollmächtigter jedoch Ursache und Wirkung, wenn er beschreibt, wie es im Zuge der deutsch-deutschen Wirtschaftsverhandlungen zu einer allmählichen Annäherung der ideologischen Gegner kam. Die bekannte Formel „DM gegen humanitäre Leistungen”, die Schalck mit der für ihn typischen Kaltschnäuzigkeit als Durchbruch für die deutsch-deutschen Beziehungen preist, war keine Erfindung der Entspannungsfreunde und Menschenrechtsbeauftragten im MfS, sondern wurde durch die ökonomische Zwangslage, sprich durch die ständig steigende Auslandsverschuldung diktiert. Zu zaghaften Liberalisierungen und marginalen Zugeständnissen in der Menschenrechtsfrage fand sich die DDR überhaupt nur dann bereit, wenn der innere und äußere Druck zu groß geworden war. Immerhin machen diese deutsch-deutschen Erinnerungen aber auch deutlich, dass die späte bundesrepublikanische Deutschlandpolitik dem Zynismus der DDR-Führung eher noch Vorschub leistete, als dass sie ihn zu kontrollieren suchte.
Nachdem Schalck und Strauß im Jahre 1983 über Bouletten und Schweinshaxen den rettenden Milliardenkredit eingefädelt hatten, entwickelte sich die Bundesrepublik zu einer Zeit, als sich im gesamten Ostblock Erosionserscheinungen bemerkbar machten, zu einem letzten Garanten des Pankower Politbürokratismus. Während auf der Ebene des geheimen „Kanal Schalck” über Transittrassen und das Gemeinschaftsprojekt einer Wagenwaschanlage in Berlin-Rummelsburg debattiert wurde, hatten die ostdeutschen Bürgerrechtler das Nachsehen. Am Ende übte der diskrete Charme des Status quo eine derart große Faszinationskraft aus, dass die bundesdeutsche Politik die revolutionären Ereignisse von 1989 fast noch verschlafen hätte.
Die Bundesrepublik sei an einer Destabilisierung der DDR nicht interessiert, erklärte Kanzleramtschef Rudolf Seiters wenige Wochen vor Beginn des Massenexodus. Erst zur Jahreswende 1989/90 wurde der Unterhändler Schalck, der inzwischen von der DDR-Staatsanwaltschaft mit Haftbefehl gesucht wurde, fallen gelassen und dem BND übergeben. Seitdem hängt der Mann von kolossaler Statur, der mit seinem früheren Chef Mielke auch die Vorliebe für schwere bürgerliche Küche teilt, in der behaglichen Atmosphäre eines bayerischen Luftkurortes seinen Erinnerungen nach und sinniert über die Ungerechtigkeit der Welt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Apologie dieser biederen Kaufmannsseele auch im Westen Zuspruch findet, fällt es doch gerade vielen Westdeutschen nach wie vor schwer, die dunkle Kehrseite der „deutsch-deutschen Symbiose” zur Kenntnis zu nehmen und deren moralische Kosten zu benennen. Jenen Kreis von Uneinsichtigen und Vergesslichen dürfte es vermutlich auch wenig stören, dass sich Schalck im Nachspann bei seinen westdeutschen Anwälten bedankt, anstatt sich bei den ostdeutschen Opfern zu entschuldigen.
ANNETTE WEINKE
Die Rezensentin ist Historikerin an der Universität Potsdam.
Zeitzeuge: Alexander Schalck-Golodkowski.
SZ
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als "Persilschein in eigener Sache" liest der Rezensent mit dem Kürzel "eg." dieses Buch des ehemaligen DDR-Devisenbeschaffers, seinen Selbstrechtfertigungen aber mag er ganz und gar nicht folgen. Und was schlimmer ist: Er findet Schalck-Golodkowskis Systeme der Geldbeschaffung über die "KoKo" (die "kommerzielle Koordinierung") nicht mal so raffiniert, wie es früher immer hieß und beschreibt sie als simple Nothilfen für eine Wirtschaft, die nicht laufen wollte. Immerhin nimmt er aber an, dass immer noch DDR-Millionen in den Tresoren Schweizer und österreichischer Banken liegen. Moralisch verwerflich findet der Rezensent dabei nach wie vor, dass sich die DDR gerade auch humanitäre Leistungen gut bezahlen ließ. In einem Punkt aber, so der Rezensent, verschleiere Schalck-Golodkowski die Wahrheit nicht: Als der bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauss der DDR einen Milliardenkredit besorgte, half er auch nach der Interpretation des Autors den Kollaps des Systems zu verhindern.

© Perlentaucher Medien GmbH