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Schön sind sie alle, die "Sophisticated Ladies". Manche mussten sich von ihren Männern befreien und wurden zu Superstars wie Tina Turner oder Cher; andere kamen aus der Avantgarde wie Yoko Ono oder Laurie Anderson und waren plötzlich Pop; Frauen wie Marianne Faithfull oder Jane Birkin begannen als Anhängsel und wurden zu Ikonen; Unberührbare wie Charlotte Rampling oder Joni Mitchell schweben zwischen Ruhm und Vergessen; die "heimischen Girls" wie Senta Berger oder Pina Bausch zwischen Bodenständigkeit und Glamour.Konrad Heidkamp beschreibt einen Typus von Frauen, dem die derzeitige…mehr

Produktbeschreibung
Schön sind sie alle, die "Sophisticated Ladies". Manche mussten sich von ihren Männern befreien und wurden zu Superstars wie Tina Turner oder Cher; andere kamen aus der Avantgarde wie Yoko Ono oder Laurie Anderson und waren plötzlich Pop; Frauen wie Marianne Faithfull oder Jane Birkin begannen als Anhängsel und wurden zu Ikonen; Unberührbare wie Charlotte Rampling oder Joni Mitchell schweben zwischen Ruhm und Vergessen; die "heimischen Girls" wie Senta Berger oder Pina Bausch zwischen Bodenständigkeit und Glamour.Konrad Heidkamp beschreibt einen Typus von Frauen, dem die derzeitige Teenie-Schwemme als Farce erscheinen mag. "Sophisticated" kann nur sein, wer mit Stil zu seinen Wahrheiten und Fehlern steht, wer stolz und ein bisschen gelangweilt das Gefühl genießt, nichts mehr beweisen zu müssen. Konsumfaktor Jugend, Souveränitätsfaktor Alter? Es gibt keine Generation der "Sophisticated Ladies", aber fünfzehn Möglichkeiten, darüber nachzudenken, wie man älter wird, ohne alt zu werden.
Autorenporträt
Konrad Heidkamp (1947-2009) studierte Germanistik, Politik und Geschichte, war Gymnasiallehrer in München und Berlin. Als Musikkritiker schrieb er zuerst für die "taz", ging dann nach Hamburg, wo er für den "NDR" Jazzfeatures moderierte und als Redakteur der Wochenzeitung "DIE ZEIT" fürs Kinder- und Jugendbuch verantwortlich war.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 06.10.2003

Ewig schön
Älter werden, ohne zu altern: Konrad Heidkamp erkennt dieses Wunder bei berühmten Frauen über 50
Es passiert einem ja immer wieder, dass man ein Buch nur dann mit Gewinn liest, wenn man es nicht beim Wort nimmt. Geht es nach Konrad Heidkamp, dann porträtiert er nicht nur eine Galerie von fünfzehn berühmten Frauen – allesamt Film- oder Musikstars wie Catherine Deneuve, Cher, Marianne Faithfull, Annette Peacock oder Senta Berger. Heidkamp beansprucht vielmehr, an diesen von ihrer Umwelt und ihrem Publikum so umschwärmten und in jedem Fall begnadeten Frauen anschaulich zu machen, „wie man älter wird, ohne zu altern”.
Mit dem größten Recht ist jeder Courtoisie und vor allem jeder Anbetung daran gelegen, einer Frau (von Männern reden wir ein andermal) glaubhaft zu machen, dass sie mit den Jahren nicht älter wird: „Ich habe sie im Alter von sechzig Jahren gesehen”, schrieb Pierre de Brantôme über Diana von Poitiers, „ebenso schön von Angesicht, ebenso frisch und liebenswert wie im Alter von dreißig Jahren . . . Ich glaube, dass diese Dame nie gealtert wäre, selbst wenn sie das hundertste Lebensjahr erreicht hätte.” Ein solcher charmanter Enthusiasmus, der die ungnädige Biologie nicht heuchlerisch, sondern im liebenswürdigsten Sinn überzeugend dementiert, ist mit der höfischen Zeit nicht untergegangen. Allerdings hat ihr der heutige Drang nach immerwährender Jugendlichkeit eine neue, sehr viel prosaischere Wendung gegeben. Diesem Drang geht es mehr um die technische Überlistung der Biologie als um jenen seinerzeit von Brantôme bewunderten Prozess, in dem sich eine Frau mit dem Skandal des Älterwerdens so selbstsicher versöhnt, dass sie womöglich deswegen ewig „schön von Angesicht” bleibt.
Heidkamp zeigt in seiner Einleitung, dass er um die Unmöglichkeit einer nachhaltigen Versöhnung zwischen Schönheit und Alter weiß. „Alle Frauen, die behaupten, es störe sie nicht, dass sie älter werden, lügen”, zitiert er Catherine Deneuve. Doch bei den einzelnen Porträts verliert er diese Impertinenz des Alterns fast vollständig aus dem Auge, nicht weil die Frauen ihm diese Verdrängung vormachen, sondern weil seine Bewunderung für die Frauen ihm, dem hingerissenen Betrachter, die Illusion der Alterslosigkeit nahe legen. Nur leider gibt es zwar die ungebrochene Faszination, nicht aber den Stillstand der Zeit.
Nun haben es die meisten der fünfzehn Frauen tatsächlich verstanden, ihre Karrieren auf der Bühne oder Leinwand über Jahrzehnte hin bis heute fortzusetzen. Und allein mit dieser, historisch gesehen, unerhört lang andauernden Präsenz haben vor allem diejenigen unter ihnen wie Tina Turner, Cher, Charlotte Rampling oder Catherine Deneuve, deren Attraktivität neben dem Künstlerischen stets auch auf Schönheit und Sexappeal beruhte, in der Tat bewiesen, dass die Gesetze der Biologie kulturell dehnbar sind und die Brutalität der Verfallsdaten abgemildert werden kann.
Schon einem Teil ihrer berühmten Kolleginnen aus der Generation zuvor wie Jeanne Moreau, Peggy Lee, Juliette Greco oder Lauren Bacall war es gelungen, jenseits des 35. oder 40. Lebensjahrs nicht mehr automatisch aus dem Rampenlicht in die Austragsnischen des weiblichen Star Business abgeschoben zu werden: jene Nischen, in denen weibliche Ex-Stars vor allem den reifen Vamp, die hochstilisierte femme fatale, die Chansonnière mit der rauchigen Stimme oder ähnliche Kunstfiguren des sehr abgeklärten Ewigweiblichen geben mussten.
Heidkamp verleiht auch diesen Frauen der Vorgeneration das Etikett „Sophisticated Ladies” – womit er meint, dass sie, die in der Kriegs- und Nachkriegszeit berühmt wurden, in ihren Rollen und Songs schon in jungen Jahren „Glück und Trauer in der Schwebe” hielten und so die Melancholie des vorgezeichneten Abstiegs in einer männerdominierten Welt verkörperten. Ob er Frauen wie Jeanne Moreau oder Lauren Bacall mit dieser Charakterisierung trifft, ist das eine, das andere aber ist, dass er die von ihm in den Mittelpunkt gestellte Generation der Deneuve, Rampling oder Marianne Faithfull ebenfalls als „sophisticated ladies” bezeichnet. Und das ist für diese mit Sicherheit das falsche Etikett. Mit einem frühen Wissen um die unvermeidliche Tristesse der weiblichen Existenz in einem chauvinistischen Männerreich waren diese Frauen, die in den sechziger Jahren zu Stars wurden, wirklich nicht mehr geschlagen.
Wie aber diese Frauen mit dem Altern zu Rande kommen, bleibt bei Heidkamp offen. „Alt werden ist eine schreckliche Krankheit für Frauen”, klagte Jane Birkin mit dreiunddreißig. Zwanzig Jahre später kam sie mit jener reifen Weisheit, die auch keine Freude aufkommen lässt: „Es hilft, wenn eine Frau über fünfzig ist – man ist dann jenseits der Kritik.” Jenseits der Kritik: eine Kapitulation. Aber auch das verschafft keinen Einblick in den Prozess des Älterwerdens, und schon gar nicht erklärt es die erstaunliche Souveränität, mit der die meisten der fünfzehn Stars das Nachlassen ihres einst überragenden Glamours nach außen hin zu bewältigen scheinen.
Denn es bleibt dabei: mit Souveränität älter zu werden, ist eine Paradoxie. Wenn überhaupt, dann können wohl nur diejenigen älter werden, ohne zu altern, die sich auf produktive Weise eingestehen, dass sie mit den Jahren nicht nur älter, sondern unwiderruflich alt werden . . . Und wie groß ist die Gefahr, dass man die Bewältigung dieser Paradoxie nur vorgibt, gerade wenn man es wie diese Frauen versteht, seine Identität als Spiel mit dem suggestiven Schein zu inszenieren?
Dass der Blick des Autors nicht ins Innere der Frauen vorzudringen versucht, ist taktvoll. Doch dieser Takt ist zugleich unfreiwillig verräterisch. Das Lob „alterslos” verhüllt nicht, wovon es nicht sprechen möchte: dass das jugendfrische Alter vorbei ist. So widerlegt Heidkamp seine Behauptung, diese großartigen Frauen würden nicht alt werden, eben wegen seiner schwärmerischen Diskretion. Am Ende teilt man mit ihm die Bewunderung und hat viele interessante Details aus den Lebensstationen der fünfzehn Ladies gelesen, aber wenig zum Thema erfahren.
ANDREAS ZIELCKE
KONRAD HEIDKAMP: Sophisticated Ladies. Junge Frauen über 50. Rowohlt, Reinbek 2003. 278 Seiten, 24,90 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension

So "sophisticated", findet Susanne Messmer, sind sie gar nicht, diese "jungen Frauen über 50", die Konrad Heidkamp ihrer Ansicht nach hervorragend porträtiert. Nicht avanciertes Diventum, auch nicht, wie oft leichtfertig unterstellt, feministische Bewegtheit, sondern Individualität sei der kleinste gemeinsame Nenner von Laurie Anderson und Yoko Ono, von Nico und Cher, von Jane Birkin und Charlotte Rampling und den anderen Vorläufern weiblicher Selbsterfindung - so die Grundannahme von Heidkamps Porträtbuch, die Messmer "so manchen Geistesblitz" bescherte. Ob sie sich den gängigen Frauenbildern durch Androgynität entzogen wie Patti Smith oder durch Selbstzerstörung wie Marianne Faithful, oder ob sie mit den Identitäten spielten wie Catherine Deneuve - die Pionierinnen des selbstbestimmten Images taten das allein im Namen ihrer selbst, ohne viel politisches Tamtam. Und, lobt Messmer: "Die assoziative, ungefähre Art, mit der Heidkamp erzählt, passt gut zur Beiläufigkeit, mit der diese Frauen die Welt auf den Kopf stellten."

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