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Albert Speer bleibt die rätselhafteste Persönlichkeit der NS-Führungsspitze. Er war der Chefarchitekt des Dritten Reiches und Adolf Hitlers enger Vertrauter. Speer baute die Reichskanzlei, erfand die "Lichtdome" und wurde schließlich 1942 zum Rüstungsminister ernannt. Doch er selbst bezeichnete sich als "unpolitisch", nannte Hitlers Judenhass eine "Schrulle", und die Verschwörer des 20. Juli setzten Speers Namen auf ihre Kabinettsliste. Joachim Fest hat Albert Speer bei der Abfassung seiner "Erinnerungen" und der "Spandauer Tagebücher" als Lektor unterstützt. Zwischen 1966 und 1981 führten die…mehr

Produktbeschreibung
Albert Speer bleibt die rätselhafteste Persönlichkeit der NS-Führungsspitze. Er war der Chefarchitekt des Dritten Reiches und Adolf Hitlers enger Vertrauter. Speer baute die Reichskanzlei, erfand die "Lichtdome" und wurde schließlich 1942 zum Rüstungsminister ernannt. Doch er selbst bezeichnete sich als "unpolitisch", nannte Hitlers Judenhass eine "Schrulle", und die Verschwörer des 20. Juli setzten Speers Namen auf ihre Kabinettsliste.
Joachim Fest hat Albert Speer bei der Abfassung seiner "Erinnerungen" und der "Spandauer Tagebücher" als Lektor unterstützt. Zwischen 1966 und 1981 führten die beiden zahlreiche ausführliche Gespräche, deren Inhalt (und zum Teil Wortlaut) Joachim Fest anschließend schriftlich festhielt. Die auf diese Weise entstandenen Aufzeichnungen werden jetzt zum ersten Mal veröffentlicht und liefern eine einzigartige Nahaufnahme Albert Speers. Sie sind ein wichtiger Beitrag zur Psychologie der nationalsozialistischen Führung und zugleich ein bedeutendes Dokume
Autorenporträt
Joachim Fest - Publizist und Historiker - geboren 1926 in Berlin, studierte Jura, Geschichte und Germanistik. Ab 1963 war er Chefredakteur des Fernsehens beim NDR und veröffentlichte eine Studie über die Führungsfiguren der NS-Herrschaft. Von 1973 bis 1993 war er als Herausgeber der "FAZ" tätig. 2006 erhielt Joachim Fest den Henri Nannen Preis für sein Lebenswerk und starb in Kronberg im Taunus.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 25.04.2005

Manager des Grauens
Hitlers Architekt und Rüstungsminister Albert Speer war entgegen einem verbreiteten Klischee ein Mann ohne Gefühle
Drei neue, drei gute, sehr gute Bücher über Albert Speer, den Liebling Hitlers, den Reichsarchitekten, später zudem Reichsminister für Bewaffnung und Munition und anderes mehr, Scheinwerfer auf Teile bizarrer Innenwelten, Erinnerungen von Speers Kindern, dazu bislang unbekannte Funde von Archivaren und Reflexionen von Menschen, die Aufschluss gesucht haben bei Speer über Mechanismen der Schreckensherrschaft - man liest das alles mit Beklemmung, irritiert, fasziniert, am Ende ratlos. Wir wissen nun eine Menge mehr über das Deutschland zur Zeit nationalsozialistischer Herrschaft. Doch verstehen wir wirklich mehr davon?
Wir lernen viel über die Schwierigkeit des Verstehens selbst, vielleicht sogar etwas über die Unmöglichkeit endgültigen Verstehens. Es könnte sein - die verwegene These drängt sich auf -, dass ein Verstehen der Nazis im Wachstum eines immer besser begründeten, immer präziser beschriebenen, immer detailreicher ausgestatteten Nichtverstehens besteht.
Neben den Büchern erwartet uns die suggestive Macht klug ausgedachter Bilderfolgen. Am 9., 11. und 12.Mai werden wir uns vor dem Fernseher den vier Folgen (zwei Teile am 12. Mai) von Heinrich Breloers großartiger Faction-Dokumentation „Speer und Er” aussetzen. Zwei der drei hier vorzustellenden Bücher haben die Fernseh-Produktion begleitet, sind aus ihr hervorgegangen. Über die Filme wird heftig diskutiert werden. Für diese Diskussionen sind die Bücher unentbehrlich, weil sie mehr sind als bloße Begleitbücher, mehr transportieren als in die Filmfassungen einging. Sie gehören von nun an zur Forschungsliteratur, zur Literatur über Albert Speer, den „kultivierten Nazi”, wie er genannt worden ist. Seine Recherchen fasst Breloer in „Speer und Er. Hitlers Architekt und Rüstungsminister” zusammen: „Am Ende war er der Manager des Grauens.”
Das Buch, das Breloer zusammen mit Barbara Hoffmeister geschrieben hat, beruht auf den Drehbüchern, erweitert sie und arrangiert ihr Material neu. Es ist ein spannungsreiches Werk, das für sich selbst steht. Dies zeichnet das Buch aus: Es verharrt nicht im Abernten und Weiterverwerten bereits vorliegender Arbeiten, es zeigt die Ergebnisse einer Rechercheleidenschaft, die angetrieben wird von der Obsession, der deutschen Schreckensgeschichte des 20. Jahrhunderts neue Erkenntnisse abzugewinnen.
„Der kultivierte Nazi”
Als vor allem anderen verstörend erweist sich Breloers präzis und überzeugend geführter Beweis von Speers Organisation, Planung und Ausbeutung mehrerer Konzentrationslager, darunter des Lagers Auschwitz. Da zeigt sich, dass der „kultivierte Nazi” vor dem Nürnberger Tribunal und als Autor autobiografischer Bestseller ein Lügner, als Handelnder ein phantasie- und gefühlloser Verbrecher war. Da hilft auch die nur pathologisch zu erklärende Spaltung des nach 20 Jahren aus der Haft entlassenen Verantwortungs-, nicht Schuldbekenners wenig, der sich zum Selbstschutz in zwei Personen aufteilte. Die eine sagte über die andere (als sei er selbst jetzt nur Beobachter und nicht früher ursächlich Handelnder gewesen): „Er hätte wissen können, wenn er gewollt hätte.” Nur das. Nicht einmal, auch gespalten: „Er hat das in Gang gesetzt, er hat das benutzt.”
In den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts wurde in der Psychologie ein Wort erfunden, das den Persönlichkeitstyp kennzeichnet, zu dem Speer gehört: Alexithymie. Übersetzt bedeutet es die Unfähigkeit, Gefühle zu lesen und zu empfinden, erst bei sich selbst, dann bei anderen. Gefühlsblindheit ist ein anderes Wort für dieses sich epidemisch in der Welt ausbreitende Phänomen. Wenn wir die stockend-abgehackte, maskiert-distanzierte Redeweise Speers bedenken, die in seinen aufgezeichneten Interviews zu hören war, dann ist es nicht falsch spekuliert, wenn wir ihn dem Stamm dieser Alexithymen zurechnen. Mitleidlose Gefühlsblindheit, nicht zu verwechseln mit Temperamentlosigkeit, gehörte zur seelischen Ausstattung der Nazigrößen und ihrer Knechte. Auch unter diesem Gesichtspunkt gehört Speer ganz und gar zum inneren Kreis der Terrorbande.
Liest man, mit dem Konzept Alexithymie im Kopf, den zweiten Band, den Breloer mit Rainer Zimmer verfasst hat, dann erschließt sich mehr, als die Texte allein enthalten. „Unterwegs zur Familie Speer” bringt die Gespräche in ihrem ganzen Umfang, die Breloer für die Filme geführt hat. Abgedruckt sind die Interviews mit drei Kindern Speers und einem Neffen, dazu Protokolle der Unterhaltungen mit Zeitzeugen und Experten. Seine Arbeitsweise beschreibt Breloer im Vorwort: „Meine Fragen an die Kinder Albert Speers waren immer auch zugleich Fragen an mich selbst.” In diesem Satz zeigt sich eine Haltung, die auf keiner Seite der beiden Bände aufgegeben ist und der sie ihre Faszination verdanken.
Es sind die ständig stumm mitlaufenden Fragen „Wie hätte ich selbst als Täter mich in vergleichbaren Situationen verhalten? Was hätte eine solche Familiengeschichte mit mir als einem Nachkommen angerichtet?” Es sind die Fragen einer Generation, die versucht, der Panzerung durch Gefühlsblindheit zu entkommen. Es ist diese Haltung, durch die der Interviewer dem Geschehen nahe kommt, ohne in die Falle des „Alles verstehen heißt, (fast) alles zu verzeihen” zu geraten. Zurückhaltend formuliert Breloer: „Im Verlauf der vielen Gespräche und durch die Lektüre von immer mehr Akten, Dokumenten und wissenschaftlichen Untersuchungen hat sich mein Bild des Generalbauinspektors und Rüstungsministers Albert Speer deutlich verfinstert.” Breloers Methode führt zu der heutzutage angemessenen Form der Objektivität.
Joachim Fest, Lektor und Redakteur der Erinnerungen Speers und Autor von dessen Biografie, hat nun noch einen Band über den gut erzogenen, doch gar nicht so kultivierten Nazi herausgebracht. Es ist, nicht nur im Licht von Breloers Funden betrachtet, ein Buch der Skepsis, ein Buch über Lug und Trug, die Fest immer gewittert hatte, die er aber, trotz aller Wachsamkeit, nie in Gewissheit überführen konnte. Fest ist auch einer der Gesprächspartner in Breloers Interview-Sammlung, und er lässt da an seinem Ärger über den Manager des Grauens keinen Zweifel. Gleichwohl sind seine Aufzeichnungen nach den Gesprächen mit Speer aufschlussreich. Der Traum jedes Historikers schien sich ihm erfüllt zu haben: Der Mensch, dessen Geschichte er beschreiben wollte, saß ihm leibhaftig gegenüber, war zu allen Auskünften bereit. Nach mancher Aufforderung zur Auskunft sagte Speer zwar: „Ich will es nicht.” Oder: „Stellen Sie mir doch nicht immer diese unbeantwortbaren Fragen” (deshalb der Titel des Buches), aber Geschichte, so erfahren wir, schreibt sich nicht durch Nähe wie von selbst. Solche Historie, Fest weiß das nun, ist immer auch Täuschung und, für den Autor, Enttäuschung. Trotzdem, gerade deswegen, sind viele der Notizen Fests für weitere Diskussionen unentbehrlich.
Drei Bücher, die Geschichte, deutsche Schreckensgeschichte, ungeheuer reich und genau konstruieren und rekonstruieren: Die unabschließbare Analyse der Wunde, die Nazideutschland uns allen zugefügt hat, wird nicht mehr auf sie verzichten können.
KLAUS PODAK
HEINRICH BRELOER: Speer und Er - Hitlers Architekt und Rüstungsminister. Propyläen Verlag, Berlin 2005. 416 Seiten, 24,95 Euro.
HEINRICH BRELOER: Unterwegs zur Familie Speer. Begegnungen, Gespräche, Interviews. Propyläen Verlag, Berlin 2005. 608 Seiten, 24,95 Euro.
JOACHIM FEST: Die unbeantwortbaren Fragen. Gespräche mit Albert Speer. Rowohlt Verlag, Reinbek 2005. 268 Seiten, 19,90 Euro.
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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Auch wenn sein Image als "anständiger Nazi" längst als irrige Verklärung enttarnt ist, Albert Speer bleibt ein "Faszinosum", erklärt Rezensent Christoph Jahr. Im vorliegenden Band, der die gemeinsam mit Wolf Jobst Siedler geführten Gespräche mit Albert Speer dokumentiert und kommentiert, erscheine Speer als jemand, der auf die Fragen "mit beinahe reflexhafter 'Schuldbereitschaft bei gleichzeitiger Unfähigkeit, ihr analytisch zu begegnen'" und als "ein Gefangener hochsinnig gestanzter Formeln" antworte. Seine Neigung zum Pathos habe der "Meister der Inszenierung und Selbstinszenierung" Speer begünstigt, insofern als es ihm nach 1945 gelang, "auch als Sünder der Erste zu sein". Insgesamt erschließt der Band in den Augen des Rezensenten jedoch nichts wirklich Neues, was die Zeit zwischen 1933 und 1945 anbelangt. Vielmehr erhärtet sich nach Meinung des Rezensenten der Verdacht, Hugh R. Trevor Ropers Behauptung, Speer sei "nicht bösartig oder niederträchtig, sondern einfach nur 'leer'" sei zutreffend. Eindeutige Zustimmung von Seiten des Rezensenten erfährt schließlich Joachim Fests Einsicht, "dass 'gerade in dem unausmessbaren Unterschied zwischen der kultivierten Erscheinung und der fatalen politischen Rolle Speers' das eigentlich Beunruhigende liegt".

© Perlentaucher Medien GmbH
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Joachim Fest schreibt in einem Stil, der das Prädikat 'meisterhaft' von der ersten bis zur letzten Zeile verdient. "Literaturen"