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Unsere Medien sind immer wieder voll von Berichten über schier unfassbare Verbrechen. Und wir fragen uns, was sich abspielt im Gehirn von Menschen, die andere Menschen entführen, foltern, vergewaltigen oder ermorden. Die Geiseln nehmen, um politische Ziele durchzusetzen. Oder die ihre Kinder jahrzehntelang einsperren, um sie zu missbrauchen und zu quälen. Wie entsteht " das Böse ", und wodurch könnte man es vielleicht verhindern? In diesem Buch geht es um eine besondere Dimension solcher Verbrechen - nämlich um die erstaunliche Faszination, die das Böse hervorruft. Denn obwohl die Taten…mehr

Produktbeschreibung
Unsere Medien sind immer wieder voll von Berichten über schier unfassbare Verbrechen. Und wir fragen uns, was sich abspielt im Gehirn von Menschen, die andere Menschen entführen, foltern, vergewaltigen oder ermorden. Die Geiseln nehmen, um politische Ziele durchzusetzen. Oder die ihre Kinder jahrzehntelang einsperren, um sie zu missbrauchen und zu quälen. Wie entsteht " das Böse ", und wodurch könnte man es vielleicht verhindern?
In diesem Buch geht es um eine besondere Dimension solcher Verbrechen - nämlich um die erstaunliche Faszination, die das Böse hervorruft. Denn obwohl die Taten schrecklich sind, üben sie oft eine faszinierende Wirkung auf andere Menschen aus. Sogar die Opfer selbst werden nicht selten davon erfasst. Welche bizarren Kapriolen vollzieht das Gehirn, wenn sich eine Allianz zwischen Tätern und Opfern bildet? Wie lässt es sich erklären, dass normale Menschen zu brutalen Vergewaltigern, Mördern, Entführern oder Hochstaplern eine positive Bindung entwickeln?
Borwin Bandelow, der seit Jahrzehnten als Psychiater tätig ist und sich auskennt mit den Abgründen der menschlichen Seele, untersucht an zahlreichen Beispielen die merkwürdige Faszination des Bösen. Er beschreibt Fälle, die er selbst behandelt hat, und berichtet über Täter, Opfer und Zeitzeugen, die er interviewt hat, darunter
- eine frühere Geliebte des Serienmörders Jack Unterweger,
- den Vergewaltiger und Mörder Frank Schmökel, der von zahlreichen Frauen im Hochsicherheitstrakt Besuch bekommt,
- eine Frau, die acht Jahre lang von einem Sexgangster gefangen gehalten wurde,
- eine Frau, die monatelang in der Dschungelhölle Nicaraguas gefangen war und über die Beziehungen zu ihren Entführern spricht,
- ein überlebendes Opfer des Kannibalen Jeffrey Dahmer,
- einen ehemaligen Mitstreiter des Terroristen Andreas Baader,
- Deutschlands berühmtesten Hochstapler Gert Postel,
- die Frau, nach der das Stockholm-Syndrom benannt wurde,
- eine Krankenschwester, die fünf ihrer Patienten tötete.
Autorenporträt
Bandelow, Borwin
Prof. Dr. med. Dipl.-Psych. Borwin Bandelow arbeitet an der Psychiatrischen Klinik der Universität Göttingen. Er behandelt seit vielen Jahren Angstpatienten und ist einer der weltweit führenden Angstforscher. Von ihm stammen zahlreiche fachwissenschaftliche Bücher und Aufsätze. Darüber hinaus veröffentlichte er bei Rowohlt für ein breites Publikum 'Das Angstbuch' (rororo 61946), 'Celebrities' (rororo 62275) und 'Das Buch für Schüchterne' (rororo 62254).
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.06.2013

Geheimnisvolle Allianzen zwischen Täter und Opfer
Sind so viele Finsterlinge und Todesengel: Borwin Bandelow sucht Erklärungen für und Therapien gegen das Böse

Der 1951 geborene Borwin Bandelow ist jenseits seiner wissenschaftlichen Publikationen durch eine Reihe populärer Sachbücher (zuletzt: "Wenn die Seele leidet" und "Das Buch für Schüchterne"), durch unentwegte Interviews in Zeitungen, Zeitschriften und im Hörfunk sowie durch dauerhafte Fernsehpräsenz zum volksaufklärenden Außendarsteller der deutschen Psychiatrie geworden - seine Homepage eröffnet aktuell mit Fotos, die den ubiquitären Mediziner zusammen mit Markus Lanz, bei dem er am 29. Mai zu Gast war, und mit Eckart von Hirschhausen zeigen, in dessen Sendung "Quiz des Menschen" er gleich am Tag danach erschien.

Solche Bildschirmdichte ist immer auch ein sicheres Indiz dafür, dass es wieder ein neues Bandelow-Buch gibt, das präsentiert sein will. Dieses Mal heißt es "Wer hat Angst vorm bösen Mann?", bezieht im Untertitel - "Warum uns Täter faszinieren" - Käufer wie Leser so einvernehmlich wie vereinnahmend gleich mit ein, während die Homepage des Göttinger Professors in lakonischer Exklamation darüber aufklärt, worum es sich beim neuen Werk handelt: "Bestseller!"

Das Zeug dazu haben die dreihundertfünfzig Seiten dieses Breviers menschenmöglicher Bösartigkeiten allemal. Unter schaurig-schönen Kapitelüberschriften wie "Satans sympathische Seiten", "Sexsklaven" oder "Die Seele des Terrors" treten denn auch furchtbar viele Finsterlinge aus Vergangenheit und Gegenwart auf. Eine Diktatorenriege etwa mit Hitler, Kim Jong-il samt Sohn und Nachfolger Kim Jong-un oder dem hierzulande weniger berüchtigten, weil eben ziemlich unbekannten Turkmenenherrscher Sparamyrat Nijasow. Die Terroristentruppe bilden unter anderen Usama bin Ladin und Andreas Baader.

Als Sektenführer paradieren der Scientology-Gründer Ron Hubbard oder Jim Jones, der seine Anhänger im November 1978 in den kollektiven Suizid trieb. Nicht zu vergessen Massen- und Serienmörder wie Jeffrey Dahmer, Jack Unterweger oder Anders Behring Breivik, Entführer, Kinderschänder und Vergewaltiger wie Wolfgang Priklopil, Phillip Garrido oder Marc Dutroux - mit Irene Becker oder Michaela Roeder schließlich auch gnadenlose "Todesengel" aus Kliniken und Pflegeheimen. Zwischen all diesen Übeltätern sei, so Bandelow, "ein geheimnisvolles Band geknüpft".

Wo aber Geheimnis herrscht, muss Diagnose her. Also erzählt der Autor zunächst die jeweilige Fallgeschichte, wobei er - etwa zur achtjährigen Entführung der Amerikanerin Colleen Stan durch den Sadisten Cameron Hooker - auf den lektürefördernden Gruselfaktor von Horrorszenarien keineswegs verzichten will. Für die jeweiligen Täter diagnostiziert er dann mal eine primär "narzisstische", mal eine vorwiegend "antisoziale" und mal eine "paranoide" Persönlichkeitsstörung - während die Opfer signifikant häufig sogenannte "Borderline"-Symptome entwickeln, also dazu neigen, sich selbst zu bestrafen, sich Vorwürfe zu machen und Unterwürfigkeit an den Tag zu legen.

Analytisch ist das Kapitel über langjährige Entführungen gewiss das aufschlussreichste des Buchs. Auch am Fall von Natascha Kampusch zeigt Bandelow dabei so sensibel wie präzise die entstehenden Abhängigkeitsmuster zum fast immer pädophil gestörten Täter, die das Opfer aus schierer Überlebensnot auch in die "Identifikation mit dem Aggressor" treiben. Das Unverständnis, mit dem Medien und Öffentlichkeit dem sogenannten "Stockholm-Syndrom" gerne begegnen - der Begriff verdankt sich der Solidarisierung zwischen schwedischen Bankräubern und ihren Geiseln vom Sommer 1973 -, bewirkt laut Bandelow gerade nach einem glückhaften Ausgang des Verbrechens nicht selten "die zweite Viktimisierung" eines oder mehrerer Opfer: Man glaubt ihnen das Leiden schlicht nicht mehr, weil sie vor der finalen Befreiung oft mehrere Möglichkeiten zur Flucht ungenutzt ließen. "Es war, als ob ich mit unsichtbaren Handschellen gefesselt war", notiert dazu Jaycee Dugard, eine Leidensgefährtin von Natascha Kampusch, in ihrer Autobiographie.

Der Mühe, die sich der Autor mit diesem Kapitel macht, steht manch bloß Flottes und Flüchtiges gegenüber. Die Geschichte der RAF etwa auf das Charisma des antisozialen und narzisstisch gestörten Andreas Baader zu reduzieren, ist abenteuerlich. Auch was man en passant über die Psyche von Selbstmordattentätern oder über Hitlers "Größenphantasien" erfährt, schindet eher Seiten, als sie zu füllen. Noch ziemlich am Anfang steht die hirnbiologische Forschung zum "bösen Mann" - und damit auch zur möglichen Therapierbarkeit des Bösen. Spannend aber ist es, was Bandelow darüber zu berichten hat.

JOCHEN HIEBER

Borwin Bandelow: "Wer hat Angst vorm bösen Mann?" Warum uns Täter faszinieren.

Rowohlt Verlag, Reinbek 2013. 352 S., geb., 19,95 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Hin- und hergerissen zeigt sich Jochen Hieber angesichts dieses neuen höchstwahrscheinlichen "Bestsellers" vom offiziellen Außendarsteller der Psychiatrie Borwin Bandelow. Dass der Doktor neben seinen Auftritten bei Lanz und Co noch Zeit findet, Bücher zu verfertigen, findet Hieber erstaunlich. Noch erstaunlicher findet er, dass das Ganze auch noch spannend ist, von einigen bösen Seitenschindereien mal abgesehen. Nein, über Breivik, Baader, Unterweger schreibt der Autor ganz famos, befindet Hieber, der, selber schaurig-schön erschüttert von allerhand geschickt gesetzten Gruselfaktoren, den Fallgeschichten und Diagnosen (multiple Persönlichkeitsstörung, klarer Fall) gerne lauscht. Und sogar analytisch überzeugt ihn der Professor, wenn er präzis das Stockholm-Syndrom erläutert.

© Perlentaucher Medien GmbH